Auch für gewerblich genutzte Fahrzeuge gelten die Arbeitsschutzbestimmungen, so fordert es das Arbeitsschutzgesetz. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um ein Fahrzeug handelt, das ausschließlich betrieblich eingesetzt wird oder um einen zugewiesenen Dienstwagen, der auch privat genutzt werden darf. In diesen Fällen hat der Unternehmer die Fahrzeuge bei Bedarf, mindestens jedoch einmal jährlich, nach Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 70 „Fahrzeuge“ (bisher BGV D29) auf ihren betriebssicheren Zustand prüfen zu lassen. Pool-Fahrzeuge, auf die die Mitarbeiter bei Bedarf zurückgreifen können, sind ebenso Arbeitsmittel und müssen in einem betriebssicheren Zustand sein.
Betriebssicherheit feststellen
Die Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 70 fordert, dass gewerblich genutzte Fahrzeuge regelmäßig einer sogenannten UVV-Prüfung durch einen Sachkundigen zuzuführen sind. Viele Verantwortliche halten diese Forderung der Berufsgenossenschaften für überzogen – vermeintlich wird nur die ordnungsgemäße Befestigung der Handy-Halterung überprüft. Doch tatsächlich geht es um viel mehr, nämlich um die Betriebssicherheit von Fahrzeugen. Diese umfasst nicht nur die Verkehrssicherheit, sondern auch die Arbeitssicherheit.
Der arbeitssichere Zustand ist bei allen sicherheitsrelevanten Bauteilen zu kontrollieren, auf die sich der Fahrer bei seiner täglichen Arbeit verlassen muss. So etwa die ordnungsgemäße Befestigung von Einbauregalen oder Trenngittern am Fahrzeugaufbau, denn bei einem Unfall muss die Verschraubung in der Lage sein, die enormen Massenkräfte der Ladung aufzufangen.
UVV-Prüfung
Gewerblich genutzte Fahrzeuge sind jährlich einer UVV-Prüfung (Sachkundigen-Prüfung) zu unterziehen, um den betriebssicheren Zustand festzustellen. Als Hilfsmittel enthält der DGUV-Grundsatz 314–003 „Prüfung von Fahrzeugen durch befähigte Personen/Sachkundige“ eine Auswahl an Prüflisten. Diese erheben jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern sind je nach Fahrzeugtyp und Ausstattung zu ergänzen. Eine Vielzahl an Punkten muss durch den Sachkundigen kontrolliert werden, dazu zählen unter anderem:
Prüfbereich Verkehrssicherheit
- Warnweste, Warndreieck, Verbandkasten
- Beleuchtung
- Warn- und Blinkanlage
- Scheibenwisch-Waschanlage
- Bremsanlage
- Lenkung
- Stoßdämpfer
- Bereifung
Prüfbereich Arbeitssicherheit
- Vorrichtungen zur Ladungssicherung, zum Beispiel Einbauregale, Trenngitter, Zurrösen
- Anbauteile, zum Beispiel Klapptritte, Hecktürleiter, Dachträger, Ladebordwand
Nur von Sachkundigen
Mitarbeiter von Kfz-Fachwerkstätten, Technischen Überwachungsorganisationen oder des eigenen Betriebes sind befugt, die UVV-Prüfung durchzuführen. Voraussetzung ist, dass sie auf Grund der fachlichen Ausbildung und Erfahrung ausreichende Kenntnisse auf dem Gebiet der Fahrzeugtechnik haben, um den betriebssicheren Zustand beurteilen zu können. Die Arbeitsschutzvorschriften, Unfallverhütungsvorschriften und allgemein anerkannten Regeln der Technik müssen bekannt sein.
UVV-Prüfungen lassen sich mit wenig Aufwand erledigen, wenn die ohnehin fälligen Hauptuntersuchungen und Service-Inspektionen mit einbezogen werden. Die verschiedenen Möglichkeiten werden nachfolgend dargestellt.
Hauptuntersuchung einbeziehen
Die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) schreibt regelmäßige Hauptuntersuchungen vor. Bei einem Pkw-Neufahrzeug ist die Hauptuntersuchung nach 36 Monaten, danach in regelmäßigen Abständen von 24 Monaten erforderlich. Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5t sind alle 12 Monate vorzuführen. Ein Kfz-Sachverständiger untersucht das Fahrzeug auf Vorschriftsmäßigkeit und überprüft beispielsweise Brems- und Lenkanlage oder Räder und Reifen auf technische Mängel. War die Hauptuntersuchung mängelfrei, dann ist die Verkehrssicherheit festgestellt. „Für unsere Fahrzeuge haben wir mit der Kfz-Werkstatt einen Servicevertrag abgeschlossen,“ erläutert Sicherheitsfachkraft Michael Rath (Name geändert) und erklärt: „Bei der jährlichen Hauptuntersuchung wird gleichzeitig auch die Arbeitssicherheit kontrolliert. Mit einem Werkstattbesuch ist die HU und die UVV-Prüfung erledigt – das spart uns Zeit und Kosten.“
Geschickt: Jahresinspektion nutzen!
Speziell für Pkw und Krafträder regelt die DGUV Vorschrift 70 in der Durchführungsanweisung, dass die Verkehrssicherheit anstelle der Hauptuntersuchung auch durch eine Inspektion in der Kfz-Fachwerkstatt festgestellt werden kann. Da heutige Fahrzeuge ohnehin alle 12 bis 24 Monate zur Inspektion in die Werkstatt müssen, bietet es sich an, der Werkstatt zusätzlich den Auftrag zur Durchführung der UVV-Prüfung (Prüfbereich Arbeitssicherheit) zu erteilen. In diesem Fall ist die UVV-Prüfung mit der Inspektion durchgeführt.
Dokumentation
Stellen Sie sicher, dass die Werkstatt auf der Rechnung die UVV-Prüfung und damit auch den arbeitssicheren Zustand des Fahrzeuges bestätigt. Das unterzeichnete Prüfprotokoll sollten sie zu den Akten nehmen und am Fahrzeug die UVV-Prüfplakette anbringen lassen – als Nachweis, dass die UVV-Prüfung durchgeführt wurde.
Neufahrzeuge
Bei Neufahrzeugen ist vor der erstmaligen Verwendung keine Prüfung der Betriebssicherheit erforderlich. Auch dann nicht, wenn vom Fahrzeughersteller vor der Auslieferung Zubehör, wie etwa Trenngitter oder Einrichtungen zur Ladungssicherung eingebaut wurde. Wird ein solches Fahrzeug jedoch nach der Auslieferung mit Ein- oder Aufbauten nachgerüstet, ist die Prüfung auf Arbeitssicherheit erforderlich. Schließlich hängt die Sicherheit des Mitarbeiters von der ordnungsgemäßen Montage ab.
Sicht- und Funktionskontrolle
Die Straßenverkehrsordnung fordert von jedem Fahrer ein verkehrssicheres Fahrzeug und verlangt von ihm eine Sicht- und Funktionskontrolle vor Fahrtbeginn. Gleiches regelt für gewerblich genutzte Fahrzeuge die DGUV Vorschrift 70. Täglich vor Arbeitsbeginn beziehungsweise vor Fahrtantritt hat der Fahrer den ordnungsgemäßen Zustand des Fahrzeuges zu kontrollieren, damit Mängel frühzeitig erkannt und behoben
werden können. Der DGUV Grundsatz 314–002 „Prüfung von Fahrzeugen durch Fahrpersonal“ enthält Checklisten, die sich in der Praxis bewährt haben.
Einweisung und Führerscheinkontrolle
Mit dem selbstständigen Führen von Fahrzeugen darf der Arbeitgeber nur Mitarbeiter beschäftigen, die entsprechend unterwiesen sind. Unterweisungsinhalte können zum Beispiel das Verhalten bei Unfällen, das Bergen oder Abschleppen sowie die Absicherung einer Unfallstelle sein. Wie die UVV-Prüfung muss auch die jährliche Unterweisung dokumentiert werden.
Jeder Mitarbeiter, der ein Firmenfahrzeug fährt, ist verpflichtet, regelmäßig seinen Führerschein vorzulegen. Dies gilt auch bei der einmaligen Fahrt mit dem Poolwagen. Bei zugewiesenen Fahrzeugen empfehlen die Berufsgenossenschaften eine Führerscheinkontrolle mit Dokumentation in Abständen von sechs Monaten.
Warnwestenpflicht
Der Unternehmer ist verpflichtet, Kraftfahrzeuge mit geeigneter Warnkleidung für wenigstens einen Beschäftigten auszurüsten. Ist das Fahrzeug ständig mit Fahrzeugführer und Beifahrer besetzt, dann sind zwei Warnkleidungen mitzuführen. Das Mitführen einer Warnweste war in Deutschland bis zum 30.06.2014 nur in gewerblich genutzten Fahrzeugen vorgeschrieben. Seit dem 01.07.2014 schreibt die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) das Mitführen einer Warnweste – unabhängig von der Zahl der mitfahrenden Personen – in allen Kraftfahrzeugen vor. Bei einem Unfall oder einer Pannensituation sollte die Warnweste schon vor dem Verlassen des Fahrzeugs angezogen werden – denn Eigenschutz geht vor! Erst dann sind weitere Maßnahmen, wie das Aufstellen des Warndreiecks, durchzuführen.
Unfallbeispiel: Leiterhalterung bricht
Ein Mitarbeiter wollte einen Lkw für die Beladung vorbereiten. Zum Besteigen der Ladefläche nutzte er die am Lkw angebrachte Aufstiegsleiter. Plötzlich brach die Halterung der Leiter und der Mitarbeiter stürzte zu Boden. Durch den Aufprall zog er sich eine Fraktur des rechten Knies zu. Die defekte Halterung wäre wahrscheinlich durch eine UVV-Prüfung festgestellt worden. Der Unfall – mit all seinen Folgen – hätte sich dann nicht ereignet.
Gültigkeitsbereich
Betriebssicher müssen alle Fahrzeuge sein, die dem Geltungsbereich der Unfallverhütungsvorschrift unterliegen. Dazu gehören maschinell angetriebene Fahrzeuge, unter anderem Personenkraftwagen, Lastkraftwagen, Kraftomnibusse, Speziallastkraftwagen wie Feuerwehrfahrzeuge und sogar Krafträder. Ausgenommen sind Fahrzeuge, die zur Verwendung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland bestimmt sind oder Privatfahrzeuge, die dienstlich oder geschäftlich genutzt werden.
Wo steht was – Checkliste für gewerblich genutzte Fahrzeuge
- UVV-Prüfung mit Dokumentation: DGUV Vorschrift 70, §57
- Fahrzeugkontrolle durch den Fahrer: DGUV Vorschrift 70, §36, StVO, §23 und StVZO, §31
- Fahrereinweisung: DGUV Vorschrift 70, §35
- Ladungssicherung: DGUV Vorschrift 70, §37
- Warnwesten: DGUV Vorschrift 70, §§31, 56 und StVZO, §53a (2)
- Fahrzeugprüfung durch Fahrpersonal: DGUV Grundsatz 314–002
- Fahrzeugprüfung durch befähigte Personen/Sachkundige: DGUV Grundsatz 314–003
- Hauptuntersuchung: StVZO, §29
- Befähigte Personen: Technische Regel für Betriebssicherheit TRBS 1203
- Prüfung von Arbeitsmitteln: Betriebssicherheitsverordnung, §14
- Führerscheinkontrolle: DGUV Vorschrift 70, §35, StVG (Straßenverkehrsgesetz), §21 und StVZO, §31