1 Monat GRATIS testen, danach für nur 3,90€/Monat!
Startseite » Sicherheitsbeauftragter »

Arbeiten an elektrischen Anlagen

Arbeiten an elektrischen Anlagen
Immer diese Wischer!

In Deutsch­land ereignen sich immer wieder Unfälle bei Arbeit­en an elek­trischen Anla­gen. Dabei sind es oft Fach­leute mit reich­lich Beruf­ser­fahrung, die Ver­let­zun­gen durch Strom erlei­den, wie Erhe­bun­gen des Insti­tuts zur Erforschung elek­trisch­er Unfälle der Beruf­sgenossen­schaft Energie Tex­til Elek­tro Medi­enerzeug­nisse (BG ETEM) zeigen. Nicht zu ver­nach­läs­si­gen sind soge­nan­nte Wis­ch­er, denn selb­st ein kurzzeit­iger Strom­schlag im Nieder­span­nungs­bere­ich kann für den Men­schen gefährlich sein.

Ohne Elek­triz­ität ist unser mod­ernes Leben nicht mehr vorstell­bar. Die Anzahl elek­trisch­er Ein­rich­tun­gen und Geräte ist dementsprechend groß. Durch Maß­nah­men gegen direk­tes und indi­rek­tes Berühren ist der Anwen­der beziehungsweise Ver­brauch­er vor gefährlich­er Stromein­wirkung geschützt. Bei Elek­troar­beit­en kön­nen aber teil­weise gefährliche Sit­u­a­tio­nen ein­treten. Deshalb dür­fen diese Arbeit­en zur Ver­mei­dung von Arbeit­sun­fällen nur von „Elek­tro­fachkräften“ oder „elek­trotech­nisch unter­wiese­nen Per­so­n­en“ unter Ein­hal­tung ein­schlägiger Sicher­heit­sregeln durchge­führt wer­den. Gemäß der DGUV Vorschrift 3 „Elek­trische Anla­gen und Betrieb­smit­tel“ wer­den an Elek­tro­fachkräfte fol­gende Anforderun­gen gestellt:

  • fach­liche Ausbildung
  • Ken­nt­nisse und Erfahrungen
  • ein­schlägige Normenkunde
  • Fähigkeit, über­tra­gende Arbeit­en zu beurteilen
  • Fähigkeit zum Erken­nen von Gefahren

Die fach­liche Aus­bil­dung erfüllen in der Regel Per­so­n­en mit ein­er elek­trotech­nis­chen Beruf­saus­bil­dung (zum Beispiel Gesellen oder Fachar­beit­er), staatlich geprüfte Elek­trotech­niker, Indus­trie- und Handw­erksmeis­ter sowie Diplomin­ge­nieure, Bach­e­lor oder Mas­ter des Fachge­bi­etes Elek­trotech­nik. Die Frage zur notwendi­gen Qual­i­fika­tion ein­er Elek­tro­fachkraft führt in der Prax­is wieder­holt zu Schwierigkeit­en. Let­ztlich kann es eine Elek­tro­fachkraft für alle Arbeits­ge­bi­ete nicht geben! Hierzu soll fol­gen­des Beispiel dienen: Ein Beschäftigter, der bish­er als gel­ern­ter Elek­trik­er in der Hausin­stal­la­tion gear­beit­et hat, darf trotz sein­er Qual­i­fika­tion nicht im Bere­ich von Hochspan­nungsan­la­gen arbeit­en. Als hil­fre­ich erweist sich somit fol­gen­der Merk­satz: Der Begriff Elek­tro­fachkraft – im Sinne der DGUV Vorschrift 3 – ist gedanklich immer mit dem Zusatz „geeignet für ein bes­timmtes Arbeits­ge­bi­et“ zu verbinden.

Arbeiten im spannungsfreien Zustand

Im Bere­ich der Elek­trotech­nik wird zwis­chen Nieder­span­nung und Hochspan­nung unter­schieden. Nieder­span­nung schließt Wech­selspan­nun­gen von 50 Volt bis 1.000 Volt und Gle­ichspan­nun­gen von 75 Volt bis 1.500 Volt ein. Der Bere­ich der Hochspan­nung gren­zt ober­halb an den Bere­ich der Nieder­span­nung an, das bedeutet Wech­selspan­nun­gen ab 1.000 Volt (1 kV) und Gle­ichspan­nun­gen ab 1.500 Volt (1,5 kV). Die meis­ten Arbeit­en wie das Erricht­en, Ändern und Instand­set­zen von elek­trischen Anla­gen und Betrieb­smit­teln kön­nen im span­nungs­freien Zus­tand durchge­führt werden.

Die fünf Sicherheitsregeln für Arbeiten an elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln

Um eine Gefährdung beim Arbeit­en an elek­trischen Anla­gen und Betrieb­smit­teln zu ver­mei­den, sind die fünf Sicherheitsregeln

  • Freis­chal­ten,
  • gegen Wiedere­in­schal­ten sichern,
  • Span­nungs­frei­heit feststellen,
  • Erden und Kurzschließen,
  • benach­barte unter Span­nung ste­hende Teile abdeck­en oder abschranken

kon­se­quent einzuhal­ten. Die Unfall­er­fahrung zeigt lei­der, dass sich selb­st langjährig tätige Elek­tro­fachkräfte (also diejeni­gen, die es eigentlich bess­er wis­sen soll­ten) nicht immer an diese lebenswichti­gen Regeln halten.

Nach Auskun­ft des „Insti­tuts zur Erforschung elek­trisch­er Unfälle“ der Beruf­sgenossen­schaft Energie Tex­til Elek­tro Medi­enerzeug­nisse (BG ETEM) in Köln wird beson­ders gegen die erste (Freis­chal­ten) und dritte (Span­nungs­frei­heit fest­stellen) Sicher­heit­sregel ver­stoßen. Nach den Dat­en, die den Präven­tion­sex­perten vor­liegen, wurde von den Elek­tro­fachkräften bei fast jedem drit­ten Schadensereig­nis die Span­nungs­frei­heit an der Ein­satzstelle nicht kon­trol­liert. Bei jedem vierten Stro­mun­fall wurde die Anlage erst gar nicht freigeschaltet!

Auswirkungen von Stromschlägen unterschätzt

Dabei sollte jed­er Fachkraft im Unternehmen klar sein, dass auch Haushaltsstrom von 230 Volt (Wech­selspan­nung) zum Herzkam­mer­flim­mern beziehungsweise zum Tode führen kann. Ein Grund für unsicheres Arbeit­en beste­ht ver­mut­lich darin, dass Stro­mun­fälle im Nieder­span­nungs­bere­ich mit kurzen Durch­strö­mungszeit­en – soge­nan­nte Wis­ch­er – unter­schätzt wer­den. Schließlich gehen diese Strom­schläge oft glimpflich aus, manch­mal wer­den sie dem Arbeit­ge­ber noch nicht ein­mal gemeldet. Auch die Vorstel­lung der betrof­fe­nen Per­son bei einem Medi­zin­er unterbleibt.

Diese Prob­lematik ken­nt auch Markus Tis­chen­dorf: „Stro­mun­fälle bis etwa 230 Volt wer­den von eini­gen Elek­tro­fachkräften nicht ernst genom­men. Entwed­er aus Furcht vor neg­a­tiv­en betrieblichen Fol­gen oder aus Sor­glosigkeit“, bestätigt die Auf­sichtsper­son der Beruf­sgenossen­schaft Energie Tex­til Elek­tro Medi­enerzeug­nisse (BG ETEM) aus Ham­burg. Beson­ders ungün­stig wirkt sich unsicheres Ver­hal­ten aus, wenn es sich durch häu­figes Wieder­holen zu ein­er gefährlichen All­t­agsrou­tine entwick­elt. Außer­dem ist zu bedenken, dass sich der sor­glose Umgang mit Strom – beispiel­sweise bei Repara­turen an der Hausin­stal­la­tion – auf jün­gere Kol­le­gen und Auszu­bildende überträgt. Elek­tro­fachkräfte soll­ten stets Vor­bild sein, beson­ders beim Ein­hal­ten der Sicher­heit­sregeln und beim Tra­gen der Per­sön­lichen Schutzaus­rüs­tung. Nicht zulet­zt dadurch zeigt sich der Profi.

Gefährdungsbeurteilung und Unterweisung

Häu­fig stellt sich im Beruf­sall­t­ag die Frage, ob denn aus­ge­bildete Elek­trik­er jährlich zu den „Gefahren des elek­trischen Stroms“ belehrt wer­den müssen. Auch wenn der Begriff „Belehrung“ in diesem Zusam­men­hang etwas unglück­lich ist, fällt die Antwort des Sicher­heits­ber­aters Tis­chen­dorf ein­deutig aus: „Ja, alle Beschäftigten müssen vor Beginn ihrer Tätigkeit und danach in regelmäßi­gen Abstän­den zu den Gefahren am Arbeit­splatz unter­wiesen wer­den. Das gilt selb­stver­ständlich auch für Elektrofachkräfte.“

Ver­stoßen einzelne Mitar­bei­t­ende in schw­er­er Weise oder wieder­holt gegen ein­schlägige Sicher­heit­sregeln, sind die Unter­weisun­gen seit­ens des Arbeit­ge­bers zu inten­sivieren. Zur Erin­nerung: Der Arbeit­ge­ber hat eine Gefährdungs­beurteilung für das Arbeit­en an elek­trischen Anla­gen und Betrieb­smit­teln zu erstellen. Neben der Bew­er­tung des Unfall­risikos sind hier­bei die betrieblichen Schutz­maß­nah­men im Umgang mit dem elek­trischen Strom festzule­gen. Außer­dem ist zu beacht­en, dass Arbeit­en unter Span­nung (AuS) eine absolute Aus­nahme darstellen. Selb­st langjährige Elek­tro­fachkräfte dür­fen diese nicht allein wegen ihrer Beruf­saus­bil­dung durch­führen. Arbeit­en unter Span­nung sind stattdessen auss­chließlich durch speziell geschulte Elek­tro­fachkräfte und unter Beach­tung anerkan­nter Arbeitsmeth­o­d­en in begrün­de­ten Einzelfällen zuläs­sig. Wirtschaftliche Inter­essen, zum Beispiel von Seit­en des Auf­tragge­bers, reichen als Begrün­dung für das Arbeit­en unter Span­nung nicht aus.


Typisches Unfallbeispiel bei Arbeiten an elektrischen Anlagen

Eine Elek­trofir­ma sollte die Deck­en­beleuch­tung beim Kun­den erneuern. Dafür mussten neue Elek­troleitun­gen ver­legt wer­den. Am Auf­trag beteiligt waren zwei Gesellen und ein Auszu­bilden­der. Durch den Auf­tragge­ber fand eine Ein­weisung vor Ort statt, danach wurde der betr­e­f­fende Raum span­nungs­frei geschal­tet. Während der Anschlus­sar­beit­en berührte der Auszu­bildende mit der Hand ein blankes Leitungsende und erlitt kurzzeit­ig einen Strom­schlag (230 Volt). Durch den Schreck stürzte er von sein­er Leit­er und zog sich eine schwere Kopfver­let­zung zu.

Die spätere Unfal­l­analyse ergab, dass keine aus­re­ichende Sicherung gegen Wiedere­in­schal­ten an der Unter­verteilung vorhan­den war. Eine nachträglich nicht mehr zu ermit­tel­nde Per­son hat­te die Stromver­sorgung ohne Wis­sen über die Gefährdung der Handw­erk­er wieder zugeschal­tet. Ger­ade bei Nieder­span­nungsan­la­gen, die einem großen Per­so­n­enkreis frei zugänglich sind, müssen wirk­same Sicherungs­maß­nah­men etwa in Form von Wiedere­in­schaltsper­ren genutzt werden.


Zahlen, Daten, Fakten

  • Im Jahr 2019 ereigneten sich bun­desweit 32 tödliche Stro­mun­fälle in den Bere­ichen Indus­trie, Gewerbe und Haushalt (Quelle: VDE – Ver­band der Elek­trotech­nik, Elek­tron­ik und Infor­ma­tion­stech­nik e.V.)
  • In den Jahren 2015 bis 2019 ent­fie­len 48,2 Prozent der Stro­mun­fälle auf Elek­tro­fachkräfte – zum Ver­gle­ich: Im sel­ben Zeitraum erlit­ten nur 20,9 Prozent der elek­trotech­nis­chen Laien einen Stro­mun­fall (Quelle: Insti­tut zur Erforschung elek­trisch­er Unfälle, BG ETEM)
  • Die große Mehrheit der Stro­mun­fälle in Deutsch­land ereignet sich im Bere­ich der Nieder­span­nung, näm­lich 87,9 Prozent im Jahr 2019 (Quelle: Insti­tut zur Erforschung elek­trisch­er Unfälle, BG ETEM)

Lesen Sie zum Thema Stromunfälle auch: 

Wenn jede Sekunde zählt

Unsere Webi­nar-Empfehlung
Newsletter

Jet­zt unseren Newslet­ter abonnieren

Webinar-Aufzeichnungen

Webcast

Jobs
Sicherheitsbeauftragter
Titelbild Sicherheitsbeauftragter 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Sicherheitsingenieur
Titelbild Sicherheitsingenieur 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Special
Titelbild  Spezial zur A+A 2023
Spezial zur A+A 2023
Download

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de