Die grundlegende Rechtsnorm für die Betriebssicherheit ist die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). Sie regelt die Anforderungen an die Sicherheit und den Schutz der Gesundheit von Beschäftigten bei der Verwendung von Arbeitsmitteln sowie an den Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen.
Arbeitsmittel sind bei der Arbeit eingesetzte Anlagen, Maschinen, Geräte und Werkzeuge. Das können Handwerkzeuge und Geräte wie Hammer oder Leitern, aber auch hochautomatisierte Arbeitsmittel wie Industrieroboter, autonome Flurförderzeuge oder fertigungstechnische Anlagen, beispielsweise in der Automobilindustrie, sein.
Zu den überwachungsbedürftigen Anlagen zählen zum Beispiel Aufzüge, Dampfkessel, Lager für brennbare Flüssigkeiten, Druckbehälteranlagen und Tankstellen. Die in der BetrSichV enthaltenen Anforderungen an überwachungsbedürftige Anlagen schließen auch den Schutz anderer Personen im Gefahrenbereich ein. Die Sicherheit überwachungsbedürftiger Anlagen wird zudem seit Juli 2021 mit einem separaten „Gesetz über überwachungsbedürftige Anlagen“ (ÜAnlG) geregelt.
Zurzeit wird an einer Verordnung zum ÜAnlG gearbeitet, die einen Anlagenkatalog mit konkretisierenden Anforderungen enthält.
Technische Regeln
Die Anforderungen der BetrSichV werden durch technische Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) konkretisiert. Der Ausschuss für Betriebssicherheit (ABS) ermittelt den Bedarf zur Konkretisierung der BetrSichV und erarbeitet die Regeln, die nach einer rechtsförmlichen Prüfung und Freigabe durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl) veröffentlicht werden.
Technische Regeln sind nicht rechtsverbindlich. Bei der Anwendung der technischen Regeln kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Anforderungen der BetrSichV erfüllt sind. Hier greift die sogenannte Vermutungswirkung. Darüber hinaus werden im ABS Empfehlungen zur Betriebssicherheit (EmpfBS) zu wichtigen Fragestellungen erarbeitet. Sie sind abgestimmte Aussagen zu aktuellen Fragen der Betriebssicherheit. Technische Regeln und Empfehlungen des ABS sollen dem Arbeitgeber Hilfestellungen für die Gefährdungsbeurteilung sowie die Ermittlung der zu treffenden Maßnahmen geben.
1000er-Reihe der TRBS
Das Regelwerk des ABS enthält allgemeine, gefährdungsbezogene sowie spezifische Regeln zu bestimmten Arbeitsmitteln. Allgemeine Regeln finden sich in der 1000er-Reihe und behandeln Sachverhalte, die Gültigkeit für das gesamte Regelwerk haben, sowie Verfahrensregeln. Beispiele für diese Regeln: TRBS 1111 „Gefährdungsbeurteilung“ sowie die TRBS 1201 „Prüfungen und Kontrollen von Arbeitsmitteln und überwachungsbedürftigen Anlagen“.
2000er-Reihe der TRBS
Die 2000er-Reihe bildet die gefährdungsbezogenen Regeln. Diese geben Hilfestellung bei der Ermittlung sowie Bewertung von Gefährdungen. Darüber hinaus unterstützen sie beim Ableiten von Schutzmaßnahmen. Zu dieser Reihe gehört zum Beispiel die TRBS 2111 „Mechanische Gefährdungen“. Spezifische Regeln für Arbeitsmittel und überwachungsbedürftige Anlagen bilden die 3000er-Reihe.
3000er-Reihe der TRBS
Das sind zum Beispiel die TRBS 3121 „Betrieb von Aufzugsanlagen“ und TRBS 3146/TRGS 746 „Ortsfeste Druckanlagen für Gase“. Texte sind auf den Webseiten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) verfügbar. Die BAuA nimmt die Geschäftsführung des ABS wahr und wirkt fachlich bei der Erarbeitung des Regelwerks mit.
Für Betriebssicherheit verantwortlich
Verantwortlich für die Erfüllung der BetrSichV ist der Arbeitgeber. Er kann sich dabei von fachkundigen Personen unterstützen lassen und ihm obliegende Aufgaben übertragen, zum Beispiel Aufgaben im Rahmen der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung. Die Fachkunde erreichen die zuständigen Personen durch eine entsprechende fachliche Berufsausbildung und ‑erfahrung. Eine zeitnah ausgeübte berufliche Tätigkeit im Arbeitsumfeld schafft die notwendige Expertise und die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen gewährleistet, dass die Fachkenntnisse aktuell gehalten werden.
Bei überwachungsbedürftigen Anlagen, an denen keine Beschäftigten arbeiten, bleibt der Betreiber für den Schutz anderer Personen im Gefahrenbereich dieser Anlagen verantwortlich. Ein Beispiel dafür sind Aufzugsanlagen in Wohnanlagen, wenn diese gewerblichen oder wirtschaftlichen Zwecken dienen.
Gefährdungsbeurteilung
Zentrale Anforderung der BetrSichV ist die Gefährdungsbeurteilung. Diese bezieht sich auf die Verwendung von Arbeitsmitteln durch die Beschäftigten bei ihrer Tätigkeit und die Ableitung erforderlicher Arbeitsschutzmaßnahmen. Die technische Regel TRBS 1111 „Gefährdungsbeurteilung“ konkretisiert die Anforderungen der BetrSichV.
Die Gefährdungsbeurteilung soll bereits vor Auswahl und Beschaffung von Arbeitsmitteln begonnen werden. Dabei ist die Eignung der Arbeitsmittel für die jeweiligen Arbeitsaufgaben unter Beachtung der vom Hersteller vorgesehenen bestimmungsgemäßen Verwendung sicherzustellen. Der Arbeitgeber trägt auch Verantwortung dafür, dass die zur Verfügung gestellten und verwendeten Arbeitsmittel den für sie geltenden Produktsicherheitsvorschriften entsprechen. So müssen beispielsweise Maschinen im Anwendungsbereich der Europäischen Maschinenrichtlinie mit dem CE-Zeichen gekennzeichnet sein und über eine EU-Konformitätserklärung verfügen. Darüber hinaus muss eine Betriebsanleitung seitens des Herstellers mitgeliefert werden. Weitergehende Informationen diesbezüglich enthält die EmpfBS 1113 „Beschaffung von Arbeitsmitteln“.
Bei der Gefährdungsbeurteilung sind sowohl Gefährdungen zu berücksichtigen, die bei der Verwendung von Arbeitsmitteln durch die Arbeitsmittel selbst auftreten können, zum Beispiel Lärmemissionen, aber auch Gefährdungen aus den Arbeitsumgebungsbedingungen. Dazu zählen zum Beispiel Hitze, Nässe, Beleuchtung und Gefährdungen durch Arbeitsgegenstände, an denen Tätigkeiten mit Arbeitsmitteln durchgeführt werden, wie Gefährdungen durch Instandhaltungsarbeiten an oder unter angehobenen Fahrzeugen.
Erforderliche Schutzmaßnahmen können insbesondere aus TRBS 1111, aus den vorliegenden gefährdungsbezogenen Regeln (2000er-Reihe) und spezifischen Regeln für Arbeitsmittel und überwachungsbedürftige Anlagen (3000er-Reihe) abgeleitet werden.
Prüfungen von Arbeitsmitteln
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sind auch Art und Umfang der erforderlichen Prüfungen von Arbeitsmitteln sowie Fristen der wiederkehrenden Prüfungen zu ermitteln (§ 3 Absatz 6 BetrSichV). Ferner muss der Arbeitgeber festsetzen und festlegen, welche Voraussetzungen die zur Prüfung befähigten Personen erfüllen müssen, die von ihm mit Prüfungen von Arbeitsmitteln zu beauftragen sind. Weitere Informationen dazu enthalten die TRBS 1201 und TRBS 1203.
Dokumentationspflicht
Arbeitgeber müssen die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung dokumentieren. Erforderliche Angaben innerhalb der Dokumentation sind mindestens:
- bei der Verwendung der Arbeitsmittel auftretende Gefährdungen,
- zu ergreifende Schutzmaßnahmen,
- wie die Anforderungen der BetrSichV eingehalten werden, wenn von den Technischen Regeln abgewichen wird,
- Art und Umfang der erforderlichen Prüfungen und die Fristen der wiederkehrenden Prüfungen und
- das Ergebnis der Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen.
Die Dokumentation darf sowohl schriftlich als auch in elektronischer Form vorgenommen werden. TRBS 1111 Anhang 2 enthält Empfehlungen für die Dokumentation der Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung mit ausgewählten Beispielen.
Unterweisung und Anweisungen
Bevor Beschäftigte Arbeitsmittel erstmalig verwenden, hat der Arbeitgeber seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausreichende und angemessene Informationen anhand der Gefährdungsbeurteilung in einer für sie verständlichen Form und Sprache zur Verfügung zu stellen. Das betrifft unter anderem Informationen über vorhandene Gefährdungen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln, erforderliche Schutzmaßnahmen sowie Verhaltensregelungen und Maßnahmen bei Betriebsstörungen, Unfällen und zur Ersten Hilfe bei Notfällen. Hinzukommend sind tätigkeitsbezogene Unterweisungen durchzuführen. Außerdem sind schriftliche Betriebsanweisungen für die Verwendung des Arbeitsmittels gemäß § 12 Absatz 2 BetrSichV in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache an geeigneter Stelle zur Verfügung zu stellen.
Vollzug der Anforderungen
Für den Vollzug der Anforderungen gemäß BetrSichV sind die zuständigen Arbeitsschutzbehörden der Bundesländer verantwortlich. Die Leitlinien zur BetrSichV (LV 35) dienen dabei sowohl als Handlungshilfe für staatliche Arbeitsschutzbehörden als auch als Hilfestellung für Arbeitgeber bei der Erfüllung der Forderungen der Betriebssicherheitsverordnung.
Autorin:
Dipl.-Ing. Marlies Kittelmann
Autor:
Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)