Die Klägerin hatte am Unfalltag an einem traditionellen Promotionsumzug teilgenommen, bei dem der frisch gebackene Absolvent in einem sogenannten Doktorwagen gefahren wurde. Zwei Kolleginnen zogen den Wagen, die Klägerin schob. Auf dem Rückweg zum Institut verspürte sie ein Unwohlsein, sackte in sich zusammen und stürzte rücklings auf den Bürgersteig.
Stolperunfall oder Schwindelanfall?
Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, weil die Klägerin nach ärztlicher Feststellung an schlecht eingestelltem Bluthochdruck leide, der zu dem Schwindelanfall geführt habe. Die Klägerin wandte dagegen ein, dass sie gestolpert sei und der Unfall nicht auf den Blutdruck zurückgeführt werden könne. Die dagegen erhobene Klage wurde abgewiesen. Für den Promotionsumzug an sich bestehe schon kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz, entschied das Gericht. Die Veranstaltung habe keinen betrieblichen Charakter. Vielmehr sei sie Ausdruck der persönlichen Freude in einem besonderen Rahmen und diene dem Erhalt einer langen studentischen Tradition. Hinzu komme, dass der Sturz nicht durch ein Stolpern beim Schieben des Wagens, sondern durch die innere Ursache eines Schwindelanfalls verursacht worden sei. Zeugenaussagen hätten bestätigt, dass der Klägerin beim Gehen unwohl geworden sei. Sie habe gestöhnt, sei zusammengesackt und auf den Hinterkopf gefallen. Diese Abfolge des Geschehens passe nicht zu einem Stolpern beim Vorwärtsgehen (Urteil vom 02.07.2020, Az. L 6 U 30/18).
Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ist, dass ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis einen Körperschaden verursacht hat. Ein Unfall aus innerer Ursache liegt dagegen vor, wenn dieser infolge einer krankhaften Erscheinung oder der Konstitution der versicherten Person und damit nur zufällig während der Arbeit eintritt. Innere Ursachen sind typischerweise Kreislaufkollaps, Herzinfarkt oder epileptischer Anfall.
Oftmals kommt als Unfallursache sowohl eine versicherte äußere Einwirkung als auch eine unversicherte innere Ursache in Betracht. Ausnahmsweise ist die versicherte Tätigkeit dann die wesentliche Unfallursache, wenn betriebliche Umstände zu Art oder Schwere der Verletzung beigetragen haben. Beispielsweise ist ein Sturz wegen eines Schwächeanfalls auf ebenem Boden kein Arbeitsunfall. Stürzt der Versicherte aber von einer Leiter und zieht sich deshalb schwerere Verletzungen zu, so liegt ein Arbeitsunfall vor.