Die Auswertung der Unfallanzeigen offenbart die typischen Gefahrenstellen. Besonders unfallträchtig sind unübersichtlich gestaltete Kreuzungsbereiche, an denen die Sicht eingeschränkt ist – dort sind Zusammenstöße vorprogrammiert. Verkehrswege, die von Fußgängern und Flurförderzeugen gemeinsam genutzt werden, sowie schmale und zugestellte Wege bilden weitere Unfallschwerpunkte. An Tordurchfahrten kommt es ebenfalls immer wieder zu brenzligen Situationen, weshalb auch dort besondere Vorsicht geboten ist.
Dieser Beitrag befasst sich mit den grundlegenden Anforderungen an die sichere Gestaltung von Verkehrswegen und zeigt anhand von Praxisbeispielen, wie die Sicherheit durch bauliche und technische Maßnahmen erhöht werden kann.
Grundlegende Anforderungen
Verkehrswege sind innerbetriebliche Bereiche, die für Fußgänger- und Fahrzeugverkehr bestimmt sind. Diese Wege sind nach den Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) sowie den zugehörigen Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) zu planen und zu errichten. Vorgaben, etwa zur Breite, Höhe und Kennzeichnung von Verkehrswegen, enthält die Arbeitsstättenregel ASR A1.8.
Dementsprechend sind Verkehrswege übersichtlich und möglichst geradlinig zu führen. Kreuzungen und Einmündungen sollen einsehbar gestaltet sein. Sind diese Vorgaben nicht umzusetzen, sind verkehrssichernde Maßnahmen zu ergreifen. Hierzu zählen zum Beispiel die Errichtung von Abschrankungen oder die Montage von Spiegeln und Hinweisschildern. Detaillierte Anforderungen an Fußböden und Beleuchtung finden sich in weiteren ASR, die auszugsweise vorgestellt werden.
Höhe über Verkehrswegen
Bei Wegen für den Fußgängerverkehr soll die lichte Höhe 2,1 Meter betragen und darf 2 Meter nicht unterschreiten. Im Bereich von Durchgängen und Türen im Verlauf von Verkehrswegen darf eine Höhe von 1,95 Metern nicht unterschritten werden. Bei wesentlichen Umbauten ist zu prüfen, ob die lichte Mindesthöhe von 2,1 Meter umgesetzt werden kann.
Bei Verkehrswegen für Transportmittel ergibt sich die Mindesthöhe aus der größten Höhe des Fahrzeugs einschließlich Ladung in Transportstellung sowie dem stehenden oder sitzenden Fahrer. Zu dieser Höhe ist ein Sicherheitszuschlag von mindestens 0,2 Metern anzusetzen. Weitere Details sind der ASR A1.8 zu entnehmen.
Breite von Verkehrswegen
Ein grundlegender Sicherheitsaspekt beim Transport ist die Breite von Verkehrswegen. Sie richtet sich nach der Art und Nutzung, insbesondere wird unterschieden zwischen Last- und Personenverkehr. Die Mindestbreiten für den Fußgängerverkehr hängen von der Anzahl der Personen ab, die den Verkehrsweg benutzen. Beispielsweise:
- Bis 5 Personen: 0,90 Meter
- Bis 20 Personen: 1,00 Meter
- Bis 200 Personen: 1,20 Meter
Werden Verkehrswege ausschließlich von Fahrzeugen benutzt, so richtet sich deren Mindestbreite nach der Breite des Transportmittels oder des Ladegutes und nach dem seitlichen Sicherheitsabstand von 0,5 Metern pro Seite. Bei Lastverkehr in beide Richtungen kommt noch ein Begegnungszuschlag von 0,4 Metern hinzu.
Werden die Wege gemeinsam von Fahrzeugen und Fußgängern benutzt, dann sind die seitlichen Sicherheitsabstände mit 0,75 Meter anzusetzen (siehe Infokasten mit Beispielrechnungen zur Bestimmung der Mindestbreite).
Kennzeichnung und Abgrenzung
Ergeben sich im Verlauf von Verkehrswegen Gefährdungen aufgrund unübersichtlicher Betriebsverhältnisse, sind die Verkehrswege deutlich erkennbar zu kennzeichnen. Eine Kennzeichnung kann entfallen, wenn die Verkehrswege durch feststehende Betriebseinrichtungen, zum Beispiel Regalreihen, eindeutig bestimmt sind und sich dadurch keine Gefährdungen ergeben. Kommt die Gefährdungsbeurteilung jedoch zum Ergebnis, dass Bodenmarkierungen alleine nicht ausreichen, dann sind Geländer oder Leitplanken zur Abgrenzung zwischen Wegen für den Fußgänger- und Fahrzeugverkehr oder zwischen Verkehrswegen und umgebenden Arbeits- und Lagerflächen zu installieren.
Anforderungen an Fußböden
Generell müssen Verkehrswege eine ebene und trittsichere Oberfläche aufweisen, um Gefährdungen durch Stolpern, Stürzen oder Wegrutschen zu vermeiden. Abdeckungen, Ablauföffnungen oder Ablaufrinnen müssen so gestaltet sein, dass hierdurch keine Stolpergefahren entstehen. Innerhalb einer zusammenhängenden Fußbodenfläche sollte die Beschaffenheit und damit auch die Rutschhemmung in etwa gleich sein.
Am günstigsten ist es, wenn im gesamten Bereich ein und derselbe Fußbodenbelag verwendet wird, um eine einheitliche Rutschhemmung zu erzielen. Bei der Auswahl des Fußbodens ist die Art und Häufigkeit der auftretenden Belastung auf Verkehrswegen zu berücksichtigen. Der Oberflächenbelag ist den maximalen Beanspruchungen entsprechend zu wählen. Weitere Anforderungen zur Gestaltung sowie eine Zuordnungstabelle mit geeigneten Fußböden für unterschiedliche Verkehrswege und Arbeitsbereiche enthält die ASR A1.5 „Fußböden“.
Sichere Lichtverhältnisse
Verkehrswege in Gebäuden und im Freien sind so zu beleuchten, dass eine sichere Benutzung gewährleistet wird. Insbesondere muss auf Verkehrswegen in Gebäuden eine blendfreie und ausreichende Beleuchtung sichergestellt sein. In Anhang 1 der ASR A3.4 „Beleuchtung“ sind für ausgewählte Verkehrsflächen sowie Tätigkeiten, Arbeitsplätze und Arbeitsräume die erforderlichen Beleuchtungsstärken aufgeführt. So gilt auf Verkehrsflächen mit Fahrzeugverkehr eine Beleuchtungsstärke von 150 Lux als ausreichend.
Praxisbeispiel Bodenmarkierungen
Üblicherweise werden auf dem Hallenboden Wegemarkierungen mittels Farbauftrag oder mittels einer farbigen Zwei-Komponenten-Kunststoffmasse hergestellt. Letztere Methode ist sehr dauerhaft, insbesondere gegenüber der Abnutzung durch Staplerbetrieb.
Eine Alternative bieten selbstklebende Wegemarkierungen für Innenbereiche. Sie sind einfach und zeitsparend aufzubringen und mit einer rutschfesten und reflektierenden Oberfläche versehen. Darüber hinaus sind verschiedene Symbole und Kennzeichnungsschilder verfügbar.
Personen- und Lastverkehr trennen
Je nach betrieblicher Situation sowie nach Anzahl und Art der eingesetzten Transportmittel kann sich die Unfallgefahr für Fußgänger immens erhöhen – dann reicht eine Bodenmarkierung alleine nicht aus. In diesem Fall kann nur eine strikte Trennung der Verkehrswege die Gefahr des Zusammentreffens von Fußgängern mit Flurförderzeugen verhindern. Feste Abgrenzungen lassen sich entweder durch Geländer aus Stahlprofilen oder aus flexiblem Kunststoff realisieren. Letztere Ausführung bietet den Vorteil, dass sich das Geländer bei einem Anstoß zunächst verformt, dann aber wieder in die Ausgangsform zurückbildet. Durch diesen Memory-Effekt werden die Kosten für Reparaturen und Austausch reduziert.
Temporäre Abgrenzungen
Mitunter müssen bei zeitlich befristeten Arbeiten die Verkehrswege von Arbeitsbereichen voneinander getrennt werden, um ein Hineinlaufen der dort tätigen Mitarbeiter in die vorbeifahrenden Transportgeräte zu verhindern. In diesem Fall bieten sich Fahrwegsbegrenzungen in Form von variablen Sicherheitsbarrieren an. Solche Trennsysteme bestehen meist aus einem Absperrgurt aus PVC-beschichtetem Glasfasergewebe mit verstärkten Polyestergurten und einem Aufwicklungszylinder. Spezielle Schwerlastausführungen sind verfügbar, die im Notfall sogar die Aufprallenergie eines Staplers aufnehmen und so ein Hineinfahren in den abgesperrten Bereich verhindern können.
LED-Spot für Kreuzungen
Vor allem in Kreuzungsbereichen wird durch eine eingeschränkte Sicht die Unfallgefahr erhöht. Eine Sicherheitseinrichtung in Verbindung mit einem LED-Spot kann die Verkehrsteilnehmer vor solchen Gefahrensituationen warnen. Hierzu wird eine Sensortechnik mittig über der Kreuzung installiert, die permanent jede Bewegung im Kreuzungsbereich überwacht. Sie ist in der Lage, zwischen Fußgängern und Fahrzeugen zu unterscheiden und deren Bewegungsrichtung zu erkennen. Anhand der Blinkfolge des auf dem Boden projizierten Lichtes kann der Staplerfahrer nun erkennen, ob sich ein Fußgänger oder ein anderes Fahrzeug der Kreuzung nähert:
- Schnelles Blinken: Fußgänger nähert sich
- Langsames Blinken: Fahrzeug nähert sich
Kreuzungssicherung durch Projektion
Eine weitere Warneinrichtung nutzt die allgemein bekannten Verkehrsregeln des Straßenverkehrs und projiziert unterschiedliche Verkehrszeichen auf den Boden. Der Projektor zeichnet beispielsweise einen Zebrastreifen in den Kreuzungsbereich. Das markante Projektionsbild signalisiert den Verkehrsteilnehmern, dass die Überquerung des Kreuzungsbereiches für den Fußgänger freigegeben ist. Nähert sich nun ein Fahrzeug der Kreuzung, wechselt der Zebrastreifen in ein Warnzeichen „Verbot für Fußgänger“ und verbietet den Fußgängern, den Kreuzungsbereich zu betreten.
Speed Limit auf Verkehrswegen
Jeder Staplerfahrer kennt die kritischen Stellen im Betrieb, an denen besondere Vorsicht geboten ist: Durchfahren von Regalanlagen, Produktionsbereichen oder Tordurchfahrten. Dort ist mit Fußgängern und anderen mobilen Arbeitsgeräten zu rechnen, die plötzlich den Fahrweg kreuzen können. Solche kritischen Streckenabschnitte können mittels einer speziellen Sensorik entschärft werden. Hierzu werden am Verkehrsweg Sensoren angebracht, die Signale aussenden. Erreicht nun der heranfahrende Stapler den Sendebereich, wird automatisch die Fahrgeschwindigkeit reduziert. Nach dem Durchfahren dieser markierten Bereiche kann der Stapler mit normaler Geschwindigkeit weiterfahren.
Mindestbreite von Verkehrswegen: Zwei Beispiele
Welche Mindestbreite ein Verkehrsweg haben muss, hängt vor allem von seiner Art und Nutzung ab. Zwei Beispielrechnungen:
- Nur Lastverkehr
Die Breite des Staplers beziehungsweise des Ladegutes beträgt 1,2 Meter. Bei Staplerverkehr in beide Richtungen ergibt sich eine Mindestbreite des Verkehrsweges von:
0,5 Meter + 1,2 Meter + 0,4 Meter + 1,2 Meter + 0,5 Meter = 3,8 Meter
(Sicherheitsabstand + Staplerbreite + Begegnungszuschlag + Staplerbreite + Sicherheitsabstand)
- Gemeinsamer Last- und Personenverkehr
Die Breite des Staplers beträgt 1 Meter, die des Ladegutes 1,4 Meter. Bei Last- und Personenverkehr ohne sich begegnende Transporte ergibt sich eine Wegbreite von:
0,75 Meter + 1,4 Meter + 0,75 Meter = 2,9 Meter
(Sicherheitsabstand für Mischverkehr + Ladegutbreite + Sicherheitsabstand für Mischverkehr)
Sicherheitstipps für Fußgänger
- Nur die festgelegten Fußgängerwege benutzen.
- Keine Abkürzung nehmen – auch dann nicht, wenn der vorgegebene Weg länger ist.
- An unübersichtlichen Kreuzungen aufmerksam sein und, falls vorhanden, Panoramaspiegel benutzen.
- Warnsignale, Warnschilder und Zugangsverbote beachten.
- Nähert sich ein Stapler, dann Blickkontakt mit dem Fahrer aufnehmen.
- Nicht im Gefahrenbereich eines Staplers aufhalten und nie hinter einem rangierenden Arbeitsgerät vorbeilaufen.
- Unbedingt Warnweste und Sicherheitsschuhe tragen – es dient der eigenen Sicherheit!
- Gegenseitige Rücksichtnahme senkt nicht nur das Unfallrisiko, sondern verbessert auch das Verkehrsklima.
Zwei Unfallbeispiele
Typische Unfallsituationen auf Verkehrswegen sind das Anfahren oder Quetschen von Personen durch Flurförderzeuge, wie folgende Beispiele zeigen:
- Klaus M. war auf dem Weg zum Büro des Schichtleiters. Abgelenkt durch ein Telefonat lief er beim Durchschreiten des Hallentors in den Fahrweg. Ein vorbeifahrender Stapler erfasste sein rechtes Fußgelenk, ein Trümmerbruch war die Folge.
- Anstatt den ausgewiesenen Fußweg zu benutzen, nahm Gerd K. eine Abkürzung über den Verladebereich und lief hinter einem Stapler vorbei – plötzlich setzte das Gerät zurück. Gerd K. konnte nicht rechtzeitig zur Seite springen und wurde überrollt. Er verstarb noch an der Unfallstelle.