Das Wort „Feinstaub“ ist im Zusammenhang mit der Gefährdung von Menschen durch Abgase von Kraftfahrzeugen in aller Munde. Aber was ist Staub eigentlich? Und was macht ihn so gefährlich? Ist jeder Staub gefährlich oder sind es nur bestimmte Arten von Staub? Um diese Fragen zu klären, bedarf es zuerst einer Definition der Begrifflichkeiten.
Jedes Material kann zu Staub werden
Allgemein gesagt, sind Stäube luftgetragene Partikel unterschiedlichster Herkunft. Stäube entstehen sowohl durch Prozesse in der Natur, zum Beispiel Verwitterungen, meistens aber durch Tätigkeiten von Menschen. Für den Menschen gefährlich sind die Partikel, die einatembar oder sogar lungen-(alveolen-)gängig sind, da sie Gesundheitsschäden hervorrufen können.
Einatembar sind Partikel mit einem Durchmesser von 10 µm bis 3 µm, diese werden in der Regel als E‑Staub bezeichnet. Lungengängig sind Stäube dann, wenn ihr Durchmesser kleiner 3 µm beträgt. Partikel mit einer Größe kleiner 0,1 µm werden als ultrafeine Stäube bezeichnet.
Alle uns bekannten Materialien können zu Staub werden. Bekannte Staub-Arten sind:
- Mineralischer Staub aus Gestein; dieser kann je nach Gesteinsart unterschiedliche Anteile an silikogenen und/oder Quarz-Anteilen enthalten,
- Holzstaub, insbesondere von Eiche, Buche, aber auch Tropenhölzern und auch üblichen Nadelhölzern, wie Kiefer, Fichte, Lärche,
- Metallstäube, die bei der Bearbeitung von Edelstählen (Cr, Ni), Eisen, Kupfer, Zink, Aluminium) und den verschiedensten Legierungen entstehen,
- Organische Stäube wie Mehl sowie Abriebe von Getreide oder Stroh, aber auch aus tierischen Rückständen (Kot),
- Verbrennungsemissionen wie Ruß,
- Abriebstäube, zum Beispiel von Reifen,
- Nanopartikel, die durch den Menschen hergestellt werden.
Eine besondere Form sind Stäube, bei denen nicht ein Partikel, sondern eine längliche Faser entsteht. Für lungengängige Fasern gilt die Faser-Definition der WHO mit einem Faserdurchmesser von 3µm, einer Faserlänge von 5 µm und einem Verhältnis von Länge zu Durchmesser von 3 : 1. Bekannte Faserstäube sind zum Beispiel Asbest, Künstliche Mineralfasern (Steinwolle, Mineralwolle, Glasfaser, Keramikfaser), aber auch Naturfasern wie Schafwolle, Federabrieb oder Zellulose können in lungengängiger Form auftreten. Selbst normaler Hausstaub enthält lungengängige Fasern.
Viele Stäube wirken auch als „Transportmittel“ für andere gefährliche Stoffe. So finden sich zum Beispiel in abgelagertem Staub auf Dachböden organische Bestandteile von Tieren oder Insekten oder in Holzstäuben alter Hölzer verschiedenste Holzschutzmittel. Beim Abschleifen oder Abbrennen von alten Farbschichten können Bleistäube oder andere Farbbestandteile frei werden.
Staub ist in den seltensten Fällen ein nur aus einer Komponente bestehender Stoff, sondern meist ein Gemisch unterschiedlichster Stoffe mit den verschiedensten Eigenschaften.
Staub ist für den Menschen gefährlich
Staub ist dann für den Menschen gefährlich, wenn er in die Atmungsorgane (Nase, Rachen Luftröhre, Bronchien und Lungenbläschen, die Alveolen) gelangt und sich dort entweder ablagert oder gefährliche Komponenten, die mittransportiert werden, freisetzt und diese in den Stoffwechsel gelangen.
Bis zu einem gewissen Grad verfügt der menschliche Organismus über die Fähigkeit, sich selbst vor Staubeinwirkungen zu schützen. So befinden sich in der Nase feine Haare, die größere Staubpartikel zurückhalten. Die Schleimhäute in Luftröhre und Bronchien können ebenfalls Staubpartikel zurückhalten und später wieder aus dem Körper entfernen. Und selbst Staubpartikel, die in die Alveolen gelangen, können von der körpereigenen Abwehr, den Phagozyten (Fresszellen) angegriffen und in vielen Fällen aufgelöst oder eingekapselt werden. Leider funktioniert das nicht immer. So können zum Beispiel Asbestfeinstfasern oder auch feinste Nanopartikel nicht eingekapselt werden und bei sehr großen Mengen an lungengängigen Stäuben kommt es zu Veränderungen im Lungengewebe. Diese Narbenbildung führt langfristig zum Verlust der Fähigkeit der Lunge zur Sauerstoffaufnahme.
Grenzwerte für Tätigkeiten mit Staub
Der Gesetzgeber hat deshalb Grenzwerte für Arbeitsplätze bei Tätigkeiten mit einatembarem Staub (E‑Staub) und alveolengängigem Staub (A‑Staub) festgelegt. Diese sind in der TRGS 900 im Kapitel 2.4 zu finden. Detaillierte Erläuterungen gibt noch die TRGS 504 „Tätigkeiten mit Exposition gegenüber A- und E‑Staub“. Der Grenzwert für E‑Staub liegt bei 10 mg/m³ Luftvolumen und der für A‑Staub bei 1,25 mg/m³ Luftvolumen. Für ultrafeine Stäube gibt es bisher keine Grenzwerte. Das Problem bei der Feststellung, ob diese Grenzwerte eingehalten werden, ist die Messung. Es gibt gegenwärtig keine sichere und einfach zu handhabende Messtechnik für E- und A‑Staub. Vor dem Einsatz der im Handel angebotenen „Partikelmessgeräte“ kann nur gewarnt werden, da sie für andere Messwerte, hier Umweltwerte, ausgelegt sind und zudem keinerlei Rückschlüsse über die Zusammensetzungen der in der Luft am Arbeitsplatz vorhandenen Stoffe zulässt. Hier können nur aufwendige Messungen durch akkreditierte Messstellen weiterhelfen. Einige Berufsgenossenschaften und Unfallkassen betreiben eigene Messstellen und können hier unterstützen. Auf die weiteren möglichen Gefährdungen durch Stäube, wie Brand- und Explosionsgefahr und Umweltgefahren, soll hier nur hingewiesen werden.
Wo treten Stäube am häufigsten auf?
Staubintensive Arbeiten sind
- alle Tätigkeiten, bei denen Material mechanisch trocken bearbeitet wird, wie
- Stemm‑, Schleif‑, Fräs- und Trennschneidarbeiten,
- trockenes Bohren,
- Abschlagen von alten Putzen,
- Brechen von Baustoffen in Recyclinganlagen,
- Strahlarbeiten mit Quarzsand oder Glaspartikeln,
- Abbrucharbeiten, insbesondere in Innenbereichen,
- Reinigungsarbeiten (trockenes Kehren),
- Entleeren von Sackware (Baustoffe, Mehl usw.) in Behälter,
- Schweiß- und Brennschneidarbeiten.
So werden bei trockenem Kehren auf einer Baustelle 8,4 mg/m³ A‑Staub erzeugt. Das Trennschleifen von Dachziegeln erzeugt 13,3 mg/m³ und das trockene Schneiden von Betonpflastersteinen 19,2 mg/m³ an A‑Staub, der dann auch noch hohe Anteile an krebserzeugenden Quarzfeinanteilen enthält (Quelle: BG Bau).
Stäube werden aber auch auf andere Weise in Arbeitsbereiche eingetragen, so durch Lüftungsanlagen, die nicht über geeignete Filtersysteme verfügen, oder durch Reifenabriebe und Verbrennungsabgase (Dieselmotorenemissionen) von Transportmitteln, die in geschlossenen Hallen eingesetzt sind.
Technische Schutzmaßnahmen
Grundsätzlich gilt, dass im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung für den jeweiligen Arbeitsplatz, die auszuführende Tätigkeit und den Arbeitsort durch den Arbeitgeber zu ermitteln ist, ob eine Gefährdung durch Stäube vorliegt und welche Schutzmaßnahmen zu treffen sind. Hierbei ist das in der Gefahrstoffverordnung verankerte S‑T-O-P-Prinzip zu beachten.
Die einfachste und wirkungsvollste Schutzmaßnahme ist, die Erzeugung von Stäuben aller Art zu vermeiden. Das ist aber auch die in der Praxis am schwersten durchführbare Maßnahme.
Eine weitere wirksame Schutzmaßnahme: Insbesondere bei Prozessen, wo Stoffe, die hohe Feinanteile enthalten, umgefüllt werden sollen, ist zu prüfen, ob diese durch granulierte Varianten ersetzt werden können oder solche Umfüllvorgange nur in geschlossenen Systemen vorzunehmen sind. Ein Beispiel hierfür ist der Einsatz von Siloware in der Bauwirtschaft für die Herstellung von Putzen und Estrichen. Hier wird das in einem Silo angelieferte Baustoffgemisch direkt am Silo mit Wasser vermischt und als Feuchtmaterial an die Verarbeitungsstelle befördert. Eine Gefährdung durch das sonst übliche Entleeren von Sackware in den Mischer entfällt.
Technische Schutzmaßnahmen, wie die Feucht- oder Nassbearbeitung von Materialen, zum Beispiel beim Schneiden von Steinen, reduzieren die Staubbelastung in hohem Maß. Gleiches gilt für die Niederschlagung von Staubemissionen bei Abbrucharbeiten oder in Tunneln durch Wassernebel- oder Wassersprühanlagen. Auch der Einsatz von Nasskehrmaschinen zur Reinigung von Böden ist hier hilfreich. Selbst die Benutzung der sogenannten „Kehrspäne“ als Bindemittel für Stäube kann eine geeignete Maßnahme zur Minimierung von Staubbelastungen sein.
Eine weitere, sehr wirkungsvolle Schutzmaßnahme ist die direkte Absaugung von anfallenden Stäuben an der Entstehungsstelle mit dafür geeigneten Industriestaubsaugern oder Entstaubern. Wichtig ist, dass durch die richtige Auswahl der Filter die kritischen Staubanteile auch sicher zurückgehalten werden. Auch sollte die Abluft von Industriestaubsaugern und Entstaubern möglichst direkt in das Freie geleitet werden um zusätzlich Gefährdungen zu vermeiden.
In Bereichen, in denen eine gezielte Erfassung von Stäuben an der Entstehungsstelle nicht möglich ist, kann durch eine geeignete Raumlufttechnik mit gezielter Luftführung und Filtrierung ebenfalls eine Minimierung der Staubanteile erreicht werden.
Organisatorische Schutzmaßnahmen
Durch organisatorische Maßnahmen, wie dem Untersagen des trockenen Kehrens, der Zugangsbegrenzung zu staubbelasteten Arbeitsbereichen, der strikten Trennung von Schutz‑, Arbeits- und Privatkleidung, und der regelmäßigen Unterweisung der Beschäftigten über die möglichen Gefährdungen durch Stäube und die notwendigen Schutzmaßnahmen kann der Arbeitgeber mögliche Gesundheitsschäden verhindern. Dazu gehört auch, dass mit Stäuben und anderen gefährlichen Stoffen belastete Arbeitskleidung nur in dafür geeigneten Wäschereien gereinigt wird und den Beschäftigten Wasch- und Duschmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden.
Auch die Pausenbereiche sollten so gestaltet sein, dass hier keine Belastung mit Stäuben zu erwarten ist. Zu den organisatorischen Schutzmaßnahmen gehört auch, die bei Erfordernis notwendige arbeitsmedizinische Vorsorge sicher zu stellen.
Atem- und Körperschutz
Wenn technische Schutzmaßnahmen nicht allein zum Erfolg führen oder aus den unterschiedlichsten Gründen nicht einsetzbar sind, bleibt als letzte Maßnahme nur noch der Einsatz von Persönlicher Schutzausrüstung, insbesondere Atemschutz und Körperschutz. Bei Atemschutz sind unterschiedliche Masken mit Partikelfiltern der Typen P2 und P3 je nach Einsatzbereich verwendbar. Körperschutz besteht in der Regel aus einem partikeldichtem Einwegschutzanzug Kat. III Typ 5, Schutzhandschuhen und – nicht zu vergessen – Augen- oder Gesichtsschutz. Bei letzterem sind Kombinationen mit Atemschutz, wie Vollmasken mit gebläseunterstützten Systemen der Typen TH2P oder TH3P, möglich.
Stäube aller Art sind gefährlich, wenn sie in den Körper und hier in die Lunge geraten. Die beste Vorsorge ist Staubvermeidung oder Staubminimierung.
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Autor: Dipl.-Ing. Ulf‑J. Schappmann
Sicherheitsingenieur VDSI
SIMEBU Thüringen GmbH
Informationen
Weitere Informationen finden Sie in der:
- Gefahrstoffverordnung
- TRGS 500 „Schutzmaßnahmen“
- TRGS 504 „Tätigkeiten mit Exposition
gegenüber A- und E‑Staub“ - TRGS 900 „Arbeitsplatzgrenzwerte“
Das können Sie als Sicherheitsbeauftragter tun
- Versuchen Sie, dass staubvermeidende oder staubminimierende Verfahren und Tätigkeiten angewendet werden.
- Kontrollieren Sie regelmäßig, ob die für den Arbeitsplatz geltenden Betriebsanweisungen und Schutzmaßnamen eingehalten werden.
- Sprechen Sie Mitarbeiter auf Fehlverhalten an. Weisen Sie darauf hin, wie gefährlich dieses Verhalten ist, indem Sie die Schwere möglicher Verletzungen aufzeigen. Unwissenheit schützt nicht vor gesundheitlichem Schaden!
- Machen Sie mit praktischen Demonstrationen die Gefahr erkennbar und begreifbar.
- Thematisieren Sie das Thema zusammen mit den zuständigen Vorgesetzten im Rahmen von Unterweisungen und Sicherheitskurzgesprächen. So tragen Sie dazu bei, dass sich richtiges Verhalten einprägt und durchsetzt.
- Prüfen Sie, ob die notwendigen Mittel zum Brandschutz und zur Ersten Hilfe vorhanden und gebrauchsfähig und ob die Mitarbeiter im Gebrauch geschult sind.