Krane sicher zu bedienen ist kein leichter Job. Jeder Kran ist anders. Außerdem reagiert die Kransteuerung mehr oder weniger sensibel auf die Steuerbefehle des Kranführers. Erschwerend kommt hinzu, dass Lasten nicht immer einfache Formen besitzen. Komplexe geometrische Lasten wie beispielsweise Maschinenteile oder Betonfertigelemente offenbaren oft einen dezentralen Schwerpunkt, wodurch das richtige Anbringen der Anschlagmittel erschwert wird. Zuletzt bleibt noch zu klären, wie die Seile, Ketten oder Rundschlingen an der Last befestigt werden können. Sind keine Anschlagpunkte am zu transportierenden Bauteil vorgesehen beziehungsweise vorhanden, muss der richtige Anschlagpunkt erst noch geschaffen werden. Ringschrauben und Lastböcke in verschiedenen Ausführungen stehen dem Kranführer beziehungsweise Anschläger grundsätzlich zur Verfügung. Diese müssen – ebenso wie der Kran und die Lastaufnahmeeinrichtungen – regelmäßig geprüft und unter Berücksichtigung der Herstellerangaben bestimmungsgemäß verwendet werden.
Tragische Unfälle
Das folgende Unfallbeispiel beschreibt einen tragischen Arbeitsunfall, der sich vor einiger Zeit in einem Fertigungsbetrieb ereignet hat.
Unfallhergang eins:
Von Gehäuseglocke getroffen
In einem metallverarbeitenden Betrieb wurde eine schwere Gehäuseglocke aus Gusseisen umgesetzt. Das Gehäuse besaß einen Durchmesser von mehreren Metern und wog etwa 12 Tonnen. Es wurde mithilfe eines Brückenkrans innerhalb der Fertigungshalle befördert. Die Last selbst wurde an einer Doppeltraverse angeschlagen, die wiederum am Kranhaken befestigt war. Das Umsetzen der Last war notwendig, weil das Gehäuse an einem anderen Platz weiterbearbeitet werden sollte. Noch bevor das Gehäuse abgesetzt wurde, riss plötzlich einer der verwendeten Lastböcke, mit der das 12 Tonnen schwere Bauteil an der Traverse befestigt war. Unglücklicherweise stand Herr K. unmittelbar neben der Last und wurde von dieser getroffen, als sie plötzlich zur Seite schwenkte. Er wurde sofort mit dem Rettungswagen in das nächste Krankenhaus gebracht. Dort verstarb er kurze Zeit später aufgrund innerer Verletzungen.
Abgeleitete Maßnahmen
Brückenkran, Lasttraverse und die eingesetzten Anschlagmittel wurden regelmäßig durch einen Sachkundigen geprüft. Gleiches traf auch für die Lastböcke zu, die mit der Last verschraubt waren. Der gerissene Lastbock war vermutlich durch vorherige Fehlanwendungen überlastet worden; nur so konnte es zum Absturz der Gehäuseglocke kommen. Für die beteiligten Mitarbeiter war der Schaden am Lastbock vorher nicht zu erkennen gewesen. Zum Zeitpunkt der letzten Sachkundigenprüfung war der Lastbock offenbar einwandfrei. Aufgrund des tödlichen Unfalls wurden alle weiteren Lastböcke demontiert und auf mögliche Schäden untersucht. Die Beschäftigten wurden anhand der Betriebsanweisung des Lastbock-Herstellers erneut unterwiesen. Zugleich wurde die Gefährdungsbeurteilung aktualisiert: Das Arbeitsverfahren wurde geändert, sodass der Aufenthalt von Personen neben der Last auf ein Minimum reduziert werden konnte.
Sicherheitshinweise für schraubbare Anschlagpunkte
Schraubbare Anschlagpunkte und Lastböcke unterliegen der europäischen Maschinenrichtlinie. Sie müssen deshalb den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen der Richtlinie unter Berücksichtigung der einschlägigen Normen (zum Beispiel DIN EN 1677–1: 2009-03 und DIN EN 12100: 2011-03) entsprechen. Der Benutzer hat vor dem Gebrauch von schraubbaren Anschlagpunkten die Betriebsanweisung des Herstellers zu lesen und zu beachten. Falsch montierte oder beschädigte Lastböcke können zu schweren Unfällen und Schäden führen. Entscheidend ist, dass die zulässige Tragfähigkeit des Anschlagpunktes (WLL = Working Load Limit) nicht überschritten wird. Achtung: Bei unsymmetrischer Last muss die Tragfähigkeit eines Anschlagpunktes mindestens dem Lastgewicht entsprechen! Es dürfen ferner keine technischen Änderungen an den Lastböcken vorgenommen werden. Außerdem ist der Kontakt mit aggressiven Chemikalien, Säuren und deren Dämpfen zu vermeiden. Beim Anheben der Last hat der Kranführer auf eine stabile Lage zu achten. Ruckartiges Anheben bewirkt starke Stöße und kann zu Schäden an den Lastaufnahmeeinrichtungen führen.
Befestigung und Schraubensicherung
Zur Befestigung der Anschlagpunkte ist eine plane Anschraubfläche erforderlich. Dazu muss die Gewindebohrung rechtwinklig angeordnet sein. Die Gewindeschraube des Lastbocks muss über die gesamte Schaftlänge in das zu hebende Bauteil eingebracht werden.
Beim Festschrauben sind die vom Hersteller vorgegebenen Anzugsmomente aufzubringen. Zu kontrollieren ist dies mit einem Drehmomentschlüssel. Als Schraubensicherung können flüssige Sicherungsmittel (zum Beispiel Loctite) oder formschlüssige Hilfsmittel (zum Beispiel Kronenmutter mit Splint, Kontermutter) verwendet werden.
Unsicherheitsfaktor Mensch
Aber auch wenn die Technik in Ordnung ist, bleibt immer noch der Mensch als Unsicherheitsfaktor übrig. Menschen verhalten sich nicht immer um- und vorsichtig. Natürlich muss der Kranführer gut ausgebildet und regelmäßig geschult sein. Aber selbst das ist keine Garantie dafür, dass Unfälle und Schäden dauerhaft vermieden werden.
Das folgende Unfallbeispiel verdeutlicht, dass es manchmal tatsächlich schlimmer kommt, als man denkt.
Lesen Sie nun, wie es bei einem anderen Unternehmen zum tödlichen Unfall eines Kranführers kam.
Unfallhergang zwei:
Kranführer eingequetscht
Am Unfalltag wollte Herr M. mithilfe eines Ladekrans seinen Lkw entladen. Ein alter Verteilerschrank sollte von der Ladefläche herunter befördert und in den Schrottcontainer auf dem Betriebshof geladen werden. Herr M. steuerte den Lkw-Ladekran mittels einer Funkfernsteuerung, die er um den Bauch trug. Er bestieg die Ladefläche und war dabei, die Last am Kranhaken anzuschlagen. Als er mit der eingeschalteten Fernsteuerung an einem Kranbauteil hängenblieb, schwenkte die Kransäule um und quetschte den Mitarbeiter ein. Dieser verstarb aufgrund seiner schweren Verletzungen.
Abgeleitete Maßnahmen
Der Unfall ereignete sich, da die Kransteuerung unfreiwillig betätigt wurde. Trotz Berührungsschutz der Funkfernsteuerung wurde der Stellhebel zum Schwenken des Kranauslegers derart unglücklich betätigt, dass der Mitarbeiter eingequetscht wurde. Der Unfall hätte verhindert werden können, wenn Herr M. zum Anschlagen der Last die Fernsteuerung mittels Not-Halt-Schalter außer Betrieb gesetzt hätte. Nach dem Anschlagen der Last und dem Heraustreten aus dem Gefahrenbereich hätte er den Not-Halt entsperren und den Kranbetrieb wiederaufnehmen können. Herr M. war langjähriger Kranführer. Er kannte den Kran und dessen Steuerung. Aufgrund des tödlichen Unfalls wurde die Betriebsanweisung für Lkw-Ladekrane überarbeitet und die Mitarbeiter wiederholt unterwiesen.
Grundsätzlich dürfen Krane nur von den jeweils vorgesehenen Steuerständen aus bedient werden. Das gilt für Brückenkrane ebenso wie für Lkw-Ladekrane. Krane mit Kabinensteuerung werden immer seltener. Häufig werden Flursteuerungen und Funkfernsteuerungen genutzt. Funkfernsteuerungen ermöglichen es dem Kranführer, die für die jeweilige Transportaufgabe bestmögliche Position einzunehmen.
Der ideale Standplatz
Der ideale Standplatz des Kranführers ist eben und frei von Hindernissen, sodass keine Sturzgefahr besteht. Zudem sollte der Kranhaken beziehungsweise die Last gut zu überblicken sein, ohne sich selbst im Schwenkbereich des Kranauslegers oder dem Gefahrenbereich der Kranbahnen beziehungsweise der Laufkatze aufhalten zu müssen.
Risiko: Versehentliche Steuerbefehle
Zunehmend arbeitet der Kranführer ohne einen Anschläger. Er befestigt die Last mithilfe der Lastaufnahmemittel also eigenständig am Kranhaken. Hierbei besteht die Gefahr der ungewollten Kranbedienung. Obwohl die Befehlseinrichtungen ohne Selbsthaltung ausgeführt und zusätzlich mit einem Schutzbügel oder dergleichen gegen ungewolltes Bedienen ausgerüstet sind, verbleibt jedoch immer ein geringes Restrisiko. Dieses ist umso größer, je unübersichtlicher die Arbeitssituation und beengter die örtlichen Verhältnisse sind. Stress und Hektik bei der Arbeit verstärken das Unfallrisiko meistens noch.
Vor dem Arbeitsbeginn …
Vor jedem Kraneinsatz ist die ausreichende Ladekapazität der Funkfernsteuerung zu prüfen. Beim Einsatz neuer Krane hat sich der Kranführer zuvor mit der Steuerung vertraut zu machen.
… und zum Abschluss
Um eine Kransteuerung durch Unbefugte zu vermeiden, ist der Kran nach Abschluss der Arbeiten in die Grund- beziehungsweise Parkstellung zu bringen und das Steuerungspult an einem sicheren Ort (zum Beispiel im Meisterbüro) aufzubewahren.
Bei Lkw-Ladekranen sind gegebenenfalls vorhandene Sicherungsbolzen für die Straßenfahrt einzulegen und zu sichern.
Autor: Markus Tischendorf
Aufsichtsperson der BG Energie Textil
Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM),
Präventionszentrum Hamburg
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Zusatz Contentverweis
Zur vertiefenden Lektüre
- Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
- UVV „Krane“
- Zimmermann, Bernd:
„Krane: Beschaffenheit – Ausbildung – Einsatz“, Dr. Ingo Resch-Verlag, 2015 - Bosselmann, Brunkhorst, Rossow:
„Ladekrane sicher führen“,
Verlag Heinrich Vogel, 2016 - Dr. Siegmann, Ernst-Otto:
„Sicheres Anschlagen von Lasten“,
Dr. Ingo Resch-Verlag, 2019
Sicherer Krantransport: So vermeiden Sie Unfälle!
- Machen Sie sich vor der Arbeit mit der Kranbedienung vertraut.
- Krane, Traversen, Seile, Ketten und schraubbare Anschlagpunkte
niemals überlasten. - Lastböcke mit dem richtigen Anzugsmoment festschrauben.
- Beachten Sie immer die Schwerpunktlage der Last.
- Vermeiden Sie ein ruckartiges Anheben beziehungsweise Absetzen der Last.
- Kransteuerung bei Rüst- und Nebenarbeiten ausschalten (Not-Halt-Schalter betätigen).
- Vermeiden Sie den Aufenthalt von Personen im Gefahrenbereich.
- Führen Sie Lasten möglichst nicht über Personen hinweg.
- Mängel an den Arbeitsmitteln der Führungskraft melden.
- Verhindern Sie die Kranbedienung durch Unbefugte.