Maschinen, die heute etwa in Produktion, Fertigung oder im Recycling eingesetzt werden, bedienen aus technologischer Sicht hohe Anforderungen. Doch wie ist es um die Sicherheit der Menschen bestellt, die mit ihnen arbeiten? Klar ist: Für alle, die tagtäglich in der Industrie an komplexen technischen Systemen tätig sind, ist Maschinensicherheit elementar: Sie legt die Basis für einen maximalen Schutz an Leben und Gesundheit.
Fach- und Führungskräften in Unternehmen ist heute bewusster denn je, dass sie Verantwortung tragen für eben diese Sicherheit der Beschäftigten. Dabei sind ethische Standards von hoher Bedeutung – aufgrund dieser muss der Arbeitsschutz von Menschen grundsätzlich oberste Prämisse haben. Ferner werden – in Zeiten des Arbeitskräftemangels – auch ökonomische Aspekte immer wichtiger: Fallen Mitarbeitende aufgrund von Verletzungen aus, stehen Firmen häufig vor erheblichen Problemen. Nicht zuletzt drohen erhebliche juristische Konsequenzen, wenn Sicherheitsstandards verletzt wurden. Jeder Unfall wird seitens der Berufsgenossenschaften genau untersucht.
Zwar sind die Unfallzahlen seit den 1990er-Jahren aufgrund intensiver Bemühungen für mehr Sicherheit deutlich gesunken. Doch auch heute ereignen sich noch etwa 43.000 Unfälle pro Jahr bei der Bedienung von Maschinen (Statistik der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung aus dem Jahr 2021). Der Anteil der tödlich verlaufenden Arbeitsunfälle, der sich bei der Bedienung von Maschinen ereignet, lag demnach bei 7 %.
Was sind die größten Risiken?
- Gefahr, von einer Maschine erfasst zu werden: Geraten Menschen beispielsweise auf ein Förderband oder werden Körperteile eingezogen, so enden Unfälle schnell mit schweren Verletzungen oder sogar tödlich.
- Verletzungen der Extremitäten: Gerade an Walzen, Pressen oder Häckslern ist das Risiko groß, dass Arme oder Hände gequetscht, erheblich verletzt oder – im schlimmsten Fall – abgetrennt werden.
- Gefahr durch sich lösende Teile: Wenn sich Bestandteile der Maschine oder der zu verarbeitenden Teile – etwa wegen Materialermüdung – unkontrolliert lösen und möglicherweise in hoher Geschwindigkeit umherfliegen, liegt darin erhebliches Risikopotenzial.
- Gefahr durch Austreten von Stoffen (Emissionen): Dämpfe, Flüssigkeiten, Strahlung oder biologische Gefahren bergen erhebliche Risiken.
Barrieren und Schutzsysteme
Den naheliegendsten Schutz an Maschinen stellen manuelle Absicherungsmaßnahmen dar: Zu denken ist an physische Barrieren beispielsweise in Form von Schutzzäunen oder Maschinenschutzgittern: Solche feststehenden, trennenden Vorrichtungen verhindern einen direkten Kontakt von Menschen mit Maschinen – zumindest schränken sie diesen ein.
Je nach Produktionsablauf ist es jedoch nicht immer möglich, eine Distanz zwischen Menschen und Maschinen zu schaffen: In diesem Fall müssen Maschinen gesondert abgesichert werden. So sorgen Not-Halt-Schalter und Reißleinen für einen sofortigen Stopp der Maschine.
Allerdings setzen diese Maßnahmen die Handlungsfähigkeit der betroffenen Mitarbeitenden oder ihrer Kolleginnen und Kollegen voraus, was etwa im Falle von Schockzustand oder Bewusstlosigkeit nicht gegeben ist. Zusätzlich sollten Unternehmen daher auf automatisierte und berührungslos wirkende Sicherungssysteme setzen. Diese sind nach Möglichkeit so konfiguriert, dass sie einen Schutzmechanismus bereits auslösen, bevor Mitarbeitende in eine Gefahrensituation geraten.
Automatisierte Schutzsysteme
Zu den automatisierten Schutzsystemen zählen funkbasierte Personenschutzsysteme sowie Lichtschrankensysteme:
- In der Praxis bewährt haben sich funkbasierte Personenschutzsysteme: Sie basieren auf dem Signal eines Transponders (Funk-Kommunikationsgerät), der am Körper getragen wird. Befindet sich die Person in einer Gefahrenzone, wird ein Signal gesendet: beispielsweise zur automatischen Stillsetzung der Maschine. Funkbasierte Schutzsysteme können in der Fertigung, im Recycling oder in der Automobilindustrie integriert werden und kommen zum Einsatz, wenn manuelle Not-Halt-Schalter nicht ausreichen.
- Lichtschrankensysteme: Hier emittiert der Sender einen Lichtstrahl in Richtung des Empfängers, der auf der gegenüberliegenden Seite des Gefahrenbereichs platziert ist. Wenn eine Person in den Bereich zwischen Sender und Empfänger eintritt, wird der Lichtstrahl unterbrochen, ein Not-Halt-Signal ausgelöst und die Maschine angehalten oder verlangsamt. Zum Einsatz kommen die Systeme in der Fertigung oder der Logistik. Allerdings können sie durch Verschmutzung oder Material im Bereich des Gitters gestört werden und falsche Alarme verursachen.
Weitere berührungslos wirkende Schutzsysteme beruhen beispielsweise auf Radar, Lidar oder optischer Bildverarbeitung. Hier wird intensiv an KI-basierter Auswertung geforscht. Eine große Herausforderung ist derzeit noch die Gewährleistung einer zuverlässigen Unterscheidung zwischen Objekten und Personen im Sensorbereich.
Manipulation von Einrichtungen
Übrigens: Ein erheblicher Teil der Unfälle an Maschinen ist auf Manipulationen an Sicherheitseinrichtungen zurückzuführen. Dies bedeutet: Diese werden abmontiert, überbrückt oder anderweitig außer Kraft gesetzt. In vielen Fällen wird dies darauf zurückgehen, dass die Bedienbarkeit der Maschine nur so uneingeschränkt möglich ist – der Schutz wird als störend empfunden. Auch kommt es häufig vor, dass funktionale Störungen der Maschine sich nur beseitigen lassen oder eine Maschine nur gereinigt werden kann, indem Teile der Schutzvorrichtung entfernt werden.
Hier gilt es, bereits bei der Konzipierung von Schutzmaßnahmen darauf zu achten, dass die Handhabbarkeit der Maschine nicht eingeschränkt wird. Grundsätzlich helfen betriebliche Regelungen, die klare Handlungsanweisungen für den Umgang mit Störungen geben, Manipulationen an Schutzeinrichtungen zu reduzieren. Keinesfalls dürfen Veränderungen an Schutzvorrichtungen mit dem Argument toleriert werden, dass die Produktion weiterlaufen muss.
Das Sicherheitsbewusstsein stärken
Hinter folgenreichen Unfällen stecken häufig Bedienungsfehler oder Unachtsamkeit. Daher gilt es, entsprechende Risiken zu identifizieren, die schwerwiegende oder sogar lebensbedrohende Folgen haben können. Schulungen und Unterweisungen sind daher eine elementare Grundlage, um den Mitarbeitenden bestehende Risiken vor Augen zu halten – und über Schutzmaßnahmen zu informieren.
Das gilt auch für deren Verhalten bei Störungen und Notfällen: Die Beschäftigten müssen vorbereitet werden, damit sie Sicherheits- und Gesundheitsgefahren erkennen und entsprechend den vorgesehenen Schutzmaßnahmen handeln können.
Insbesondere ist sicherzustellen, dass vorhandene Sicherheitstechnologien richtig gehandhabt werden. Da beispielsweise Transponder von den Angestellten selbst überprüft, aufbewahrt und angelegt werden müssen, gilt diesem Punkt ein besonderes Augenmerk. Somit wird deutlich: Ohne die aktive Mitwirkung der betroffenen Menschen nutzt auch das beste Sicherheitssystem nichts.
Maschinensicherheit: gesetzliche Vorgaben
Insbesondere die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG setzt in der EU einheitliche Standards: Sie regelt innerhalb der Europäischen Union die entsprechenden Anforderungen an die Produktion und den Einsatz von Maschinen. So werden klar definierte Anforderungen an die Konstruktion und Herstellung von Maschinen festgelegt, um ein hohes Maß an Sicherheit für Benutzer zu gewährleisten. Hersteller müssen auch eine technische Dokumentation bereitstellen, die alle relevanten Informationen zu Produkten enthält, einschließlich der Sicherheitsanforderungen. Grundsätzlich ist es Betreibern von Maschinen zu empfehlen, auf Sicherheitssysteme zu setzen, die von Berufsgenossenschaften oder anderen Organen zertifiziert wurden. So ist garantiert, dass alle Anforderungen eingehalten werden.
Ziel: Vision Zero
Mit der Vision Zero steht das Ziel einer Welt ohne schwere Unfälle. Die global aufgestellte Community motiviert Firmen und Organisationen weltweit, auf eine Welt ohne Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten hinzuarbeiten.
Hinter der Initiative stehen Organisationen, die sich auf außerordentliche Weise für dieses Ziel engagieren. Umgekehrt verfolgen Unternehmen, die sich an der Vision Zero Community beteiligen, konsequent das Ziel, die sieben Goldenen Regeln des Präventionsmanagements anzuwenden – und so Sicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden zu fördern.
Diese sind:
- Leben Sie Führung – zeigen Sie Flagge
- Gefahr erkannt – Gefahr gebannt
- Ziele definieren – Programm aufstellen
- Gut organisiert – mit System
- Maschinen, Technik, Anlagen – sicher und gesund
- Wissen schafft Sicherheit
- In Menschen investieren – Motivieren durch Beteiligung
Mehr Informationen über die Vision-Zero-Initiative unter visionzero.global/de
Autoren:
Heike Munro, Geschäftsführerin, und Klaus Moschner, Leiter Technologie und Entwicklung,
U‑Tech Gesellschaft für Maschinensicherheit mbH
Foto: © U‑Tech Gesellschaft für Maschinensicherheit
Beispiel: Personenschutzsysteme im Recyclingbetrieb
In Recyclingbetrieben werden Materialien über Förderbänder nach Sorten getrennt und anschließend zu Ballen gepresst: für Beschäftigte ein Arbeitsplatz mit hohem Sicherheitsrisiko. Bei Kanalballenpressen verlaufen Arbeitsunfälle oft tödlich, denn Mitarbeiter sind hier meistens alleine im Einsatz. Geraten sie in den Pressenschacht und können den Pressvorgang selbst nicht mehr stoppen, helfen mechanische Sicherheitssysteme wie Reißleinen in den seltensten Fällen. Wie also können Betriebe diese Unfälle vermeiden?
Das U‑Tech Press Personenschutzsystem ist speziell auf den Einsatz an Förderbändern und Pressen ausgelegt. Auf modernster Funk-Technologie basierend, bewirkt es eine automatische Abschaltung der Anlage, sobald sich ein Mitarbeiter in einen vorher definierten Gefahrenbereich bewegt. Wie das funktioniert? Der Mitarbeiter trägt einen der speziellen U‑Tech Transponder am Körper. Betritt er nun die Gefahrenzone, sendet das Antennenmodul einen Impuls an die Steuereinheit, welche die Maschine automatisch abschaltet.
Wichtig ist für Betriebe auch die Frage der Zertifizierung: U‑Tech Press wurde 2015 von der IFA – dem Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung – nach den europäischen Normen DIN EN 61496–1 und DIN EN ISO 13849–1 zertifiziert.