Mit einer 125 Jahren erfolgreichen Lackgeschichte gehört die Firma CD-Color GmbH & Co. KG, ein Unternehmen der DörkenGroup, zu den führenden Premium-Herstellern im Bereich, Lacke, Lasuren und Spezialdispersionen.
Im Herstellungsprozess dieser Produkte spielen Rührwerke, sogenannte Dissolver, zum Dispergieren eine entscheidende Rolle und befinden sich in entsprechend großer Anzahl im Einsatz. Allerdings gehen von den Rührwerken zahlreiche Gefährdungen für die mit den Anlagen betrauten Mitarbeiter aus. Da Arbeitssicherheit für alle Tochterunternehmen der DörkenGroup einen hohen Stellenwert einnimmt, bestand schon seit langem der Wunsch, auch das Sicherheitsniveau der Dissolver bei Bestandsanlagen deutlich zu erhöhen.
Gefährdungen an Dissolvern
Dissolver bestehen aus einer oder zwei angetriebenen Rührwellen, die mit unterschiedlichen Rührern versehen werden und in einen Behälter eintauchen (siehe Abbildung 1). Mit diesen Rührwerken werden Stoffe zu homogenen Zubereitungen verarbeitet oder Feststoffe dispergiert.
Beim Arbeiten an Rührwerken treten neben den Gefährdungen durch die eingesetzten Stoffe, den elektrischen Gefährdungen und der potentiellen Explosionsgefahr vor allem verschiedene mechanische Gefährdungen auf:
- Fangstellen an den Rührwellen und Rührscheiben
- Verletzungsgefahr an den rotierenden Rührscheiben
- Quetschstellen durch Deckelkonstruktionen und Absaughauben
Bei vielen Dissolvern ist es prozessbedingt erforderlich bei laufendem Rührwerk Rohstoffe in den Behälter zuzuführen. Weiterhin ist es je nach Ansatzmenge im Behälter oder der Behältergröße notwendig, die Eintauchtiefe der Rührscheiben zu variieren. Es kann somit auch die Situation eintreten, dass ein Anlaufen der Rührwellen möglich ist, obwohl der Rührer nicht im Produkt oder Behälter eingetaucht ist. Aber selbst wenn die Rührscheiben im Produkt vollständig eingetaucht sind, sind Verletzungen nicht ausgeschlossen. So kann es vorkommen, dass beim Befüllen der Behälter komplette Säcke, Teile davon oder Werkzeuge aus Versehen hineinfallen. Schnell kann ein Nachfassen weitreichende Folgen haben.
Stand der Technik erreichen
Bei der Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilungen ist entsprechend der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) beziehungsweise §4 des Arbeitsschutzgesetzes der Stand der Technik anzuwenden. Da für Dissolver bis heute keine Sicherheitsnorm (C‑Norm) existiert, wurde zunächst die Empfehlung „Teleskopartiger Rührwellenschutz“ der BG RCI aus dem Jahre 2006 als Grundlage für die Anpassung der Bestandsanlagen an den Stand der Technik nach BetrSichV (vgl. auch BekBS 11141) herangezogen. Durch die Anbringung des teleskopartigen Rührwellenschutzes konnten allerdings nicht alle Gefährdungen entsprechend den Anforderungen der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG beseitigt werden. In Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro Günter Noelle und dem Sachverständigen für Fertigungstechnik Dr. Michael Loddoch wurde der Rührwellen-schutz daher weiter optimiert. In enger Abstimmung mit den betrieblichen Verantwortlichen konnte der Rührwellenschutz so ausgeführt werden, dass der Zugriff zur Fangstelle am Rührwerk und den Rührscheiben während des Betriebs nicht möglich ist beziehungsweise verhindert wird.
Dazu wurde der Rührwellenschutz um einen Deckel mit Schütte, Einfüllöffnung und integrierter Absaugung ergänzt. Die Öffnung wurde so gestaltet, dass entsprechend den Anforderungen der DIN EN ISO 13857 die Sicherheitsabstände gegen das Erreichen des Gefährdungsbereiches eingehalten werden (Handschutz). Die Maschenweite beträgt 30 x 50 mm. Zum Reinigen kann die Schütte bei Anlagenstillstand entnommen werden.
Abbildung 2 zeigt die wesentlichen Bestandteile des Deckels:
- Die Teleskopelemente umkleiden die Rührwelle vollständig oberhalb des Deckels (1).
- Ein Pneumatikzylinder drückt den Deckel mit reduzierter Geschwindigkeit auf den Behälter (2).
- Eine Zeitverzögerung verhindert ein Öffnen des Deckels beim Abschalten während der Nachlaufzeit des Rührwerkes. Sofern möglich, kann alternativ über einen Stillstandswächter ein sichererer Halt des Rührwerkes überwacht werden (3).
- Eine Höhenverriegelung des Deckels, die ein Starten des Rührwerkes beim Anheben beziehungsweise bei angehobenem Deckel unterbindet.
- Ventilsteuerung gegen das unbeabsichtigte Absinken des pneumatisch gehaltenen Deckels.
- Deckel mit abnehmbarer Schütte, Schutzgitter und Absaugung (4, 5)
Durch die aufgeführten Maßnahmen konnte das Sicherheitsniveau deutlich erhöht werden. Im Zuge der sicherheitstechnischen Umbaumaßnahmen sind weitere ergänzende Maßnahmen vorgesehen:
- Der Umbau der Bedientableaus auf eine Zweihandschaltung im Arbeitsbereich der Beschäftigten, um ein Quetschen zwischen Deckel und Behälter zu verhindern.
- Eine Erkennung, die das Anliegen eines Deckels auf Behältern unterschiedlicher Durchmesser und Höhen manipulationssicher erkennt.
Die bereits vorhandene Sicherheitstechnik wie die Behälterarretierung mit Spannkrafterkennung, um ein Mitdrehen des Behälters zu vermeiden (Behältererkennung), die Absaugung, die Not-Halt-Einrichtungen und der abschließbare Hauptschalter bleiben unverzichtbare Bestandteile des gesamten Sicherheitskonzepts.
Fazit
Durch die Gesamtheit der beschriebenen Maßnahmen können Rührwerke, insbesondere Bestandsanlagen, an den Stand der Technik angepasst und das Sicherheitsniveau wesentlich erhöht werden. Einschränkungen in der Bedienbarkeit der Dissolver sind nicht zu erwarten beziehungsweise mit Blick auf das erreichte Schutzniveau zu vernachlässigen. Diese Maßnahmen sind geeignet, um in eine zukünftige C‑Norm einzufließen.
1 Bekanntmachungen zur Betriebssicherheit (BekBS) 1114 „Anpassung an den Stand der Technik bei der Verwendung von Arbeitsmitteln“; Ausgabe: März 2015 GMBl 2015 S. 33 1 [Nr. 17/18], korrigiert: GMBl 2015 S. 542 [Nr. 27]
Die Umsetzung der Schutzmaßnahmen am Dissolver der CD-Color GmbH erfolgte in Zusammenarbeit mit
- Günther Noelle Ingenieure,
www.gnoelle-ingenieure.de - Dr. Michael Loddoch, Sachverständige
– Engineering – Consulting, www.loddoch.com
Autor: Sebastian Badziong
Sicherheitsingenieur, M.Sc.,
Dörken Service GmbH
sbadziong@doerken.de