So oder so ähnlich wird leider bei Schallpegelmessungen manchmal verfahren. Wer es so aber nicht machen möchte, weil die Messungen per Smartphone für den Arbeitsschutz absolut untauglich sind, stellt sich die Frage: „Welches Messgerät kann und soll ich denn einsetzen?“ Diese Frage wird von Fachkräften für Arbeitssicherheit auch immer wieder angesprochen.
Ein Messgerät oder einen Hersteller können und dürfen wir (Berufsgenossenschaft) nicht empfehlen, aber ein paar Empfehlungen aussprechen, die eine Angebotsabfrage bei Herstellern erleichtert, das schon.
Dabei beschränken wir uns auf typische Messaufträge und ‑anfragen zur Ermittlung der Geräuschbelastung am Arbeitsplatz. Dies sind Messungen nach DIN EN ISO 9612 und/oder der DIN 45645–2.
Die wichtigste Anforderung an ein Messgerät ist dessen Einsatzbereich und die Frage: „Was möchte ich messen?“ (siehe Bild oben). Es ist ferner zu unterscheiden zwischen
- normgerechten Messungen als Grundlage für eine Gefährdungsbeurteilung oder
- orientierenden Überprüfungen, ob zum Beispiel eine fachkundige Messung beauftragt werden soll.
Hinweise für die Praxis
Für orientierende Überprüfungen ist ein einfaches integrierendes Messgerät der Klasse 2 nach DIN EN 61672–1 ausreichend. Die damit erhobenen Werte müssen weder dokumentiert noch aufbewahrt werden. Das Messgerät sollte die beiden für eine Einschätzung der Lärmbelastung wesentlichen Pegelgrößen erfassen, den Mittelungspegel LpAeq und den Spitzenschalldruckpegel LpC,peak.
Die normgerechten Messungen als Grundlage für die Gefährdungsbeurteilung sind durch eine fachkundige Person durchzuführen. Die genannten Messnormen stellen dem Grunde nach die gleichen Anforderungen an die Schallpegelmesser und die Kalibratoren. Die Schallpegelmesser müssen der Klasse 1 oder 2 nach DIN EN 61672–1 (vorzugsweise Klasse 1) entsprechen und der Kalibrator der Klasse 1 nach DIN EN IEC 60942. Zudem ist festgelegt, dass die komplette Messkette inklusive Kalibrator in Zeitabständen von nicht mehr als 2 Jahren überprüft werden müssen.
In Lärmbereichen werden die Messungen meist unter Anwendung des „vereinfachten Verfahrens für die Zuordnung der Genauigkeitsklasse“ gemäß TRLV Lärm bei tätigkeitsbezogenen Messungen ausgewertet und beurteilt. Bei dieser Vorgehensweise haben Schallpegelmesser der Klasse 1 den Vorteil, dass kein Zuschlag bei der Ermittlung des Expositionspegels zu erheben ist. Hingegen müssen bei diesem Verfahren die Messergebnisse bei der Bildung des Expositionspegels um 3 dB erhöht werden, wenn ein Klasse 2 Gerät eingesetzt wird.
Zusätzlich zu den genannten Messgrößen LpAeq und LpC,peak sollten mit dem Messgerät impulsbewertete Mittelungspegel LpAIeq zeitparallel erfasst werden können. Diese Messgröße wird bei Messungen unterhalb 80 dB(A) zur Bestimmung der Impulshaltigkeit der Geräuscheinwirkung benötigt.
Die Schallpegelaufzeichnung (Pegel-Zeit-Verläufe, gegebenenfalls Audioaufnahmen) kann in vielen Fällen sinnvoll sein, insbesondere bei diskontinuierlichen schalltechnischen Verhältnissen.
Soll bei der Auswahl eines geeigneten Gehörschutzes gemessen werden, ob das Geräusch zum Beispiel tieffrequent ist, wird als Messgröße der C‑bewertete Mittelungspegel LpCeq benötigt.
Spektralanalysen (Terz- oder Oktavanalysen) sind bei der Ausstattung des Messgerätes im Normalfall nicht erforderlich. Diese werden meist nur bei der Ermittlung von Einzeltönen oder bei der Dimensionierung von Schallschutzmaßnahmen benötigt.
Die Ausführungen stützen sich auf folgende wesentliche Regelwerke:
- Verordnung zur Umsetzung der EG-Richtlinien 2002/44/EG und 2003/10/EG zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdung durch Lärm und Vibrationen (LärmVibrationsArbSchV) vom
06. März 2007, (BGBl. I, Nr. 8), ausgegeben am 08. März 2007 - Technische Regeln zur Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (TRLV Lärm) vom September 2017, (GMBl. 34–35, S. 590), ausgegeben am 05. September 2017
- DIN EN ISO 9612: „Akustik – Bestimmung der Lärmexposition am Arbeitsplatz – Verfahren der genauigkeitsklasse 2 (Ingenieurverfahren)“, Ausgabe September 2009
- DIN 45645–2: „Ermittlung von Beurteilungspegeln aus Messungen – Teil 2: Ermittlung des Beurteilungspegels am Arbeitsplatz bei Tätigkeiten unterhalb des Pegelbereiches der Gehörgefährdung“, Ausgabe September 2012
- DIN EN 61672–1: „Elektroakustik – Schallpegelmesser – Teil 1: Anforderungen“, Ausgabe Juli 2014
- DIN EN IEC 60942: „Elektroakustik – Schallkalibratoren“, Ausgabe Juli 2018
Die Bedeutung der einzelnen Schallpegel
Mittelungspegel LpAeq:
Dieser Schalldruckpegel ist zeitlich energetisch gemittelt und mit der Frequenzbewertung „A“ aufgenommen. Dieser Mittelungspegel ist die Grundgröße im Arbeitsschutz zur Ermittlung der Lärmexposition.
Spitzenschalldruckpegel LpC,peak:
Der Spitzenschalldruckpegel ist der höchste Wert des Schalldruckpegels innerhalb des Messzeitraumes (Scheitelwert). Der Spitzenschalldruckpegel wird mit der Frequenzbewertung „C“ aufgezeichnet und dient der Erfassung und Beurteilung akut gehörgefährdender Schallereignisse (zum Beispiel Knalle, Schüsse, Explosionen).
Mittelungspegel, impulsbewertet LpAIeq:
Dieser Mittelungspegel ist zeitlich impulsbewertet gemittelt und wird zur
Bestimmung der Impulshaltigkeit eines Geräusches herangezogen.
Als Frequenzbewertung wird die „A“ Kurve herangezogen.
Mittelungspegel LpCeq:
Bei der Auswahl von Gehörschützern kann mit dieser Messgröße überprüft werden, ob ein Geräusch tieffrequent ist. Der Mittelungspegel wird zeitlich energetisch gemittelt und mit der Frequenzbewertung „C“ aufgezeichnet.
Frequenzbewertung:
Die Frequenzbewertung „A“ bildet im Schallpegelmesser die menschliche Hörschwelle nach, die „C“ Bewertung die Schmerzschwelle.
Autor: Dipl.-Phys. Markus Haaß
Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe
Prävention Zentrallabor,