Was ist eigentlich dran an den begeisterten Erzählungen über Yoga und Pilates? Kann es wirklich sein, dass die richtige Atmung und die Konzentration auf sich selbst für bessere Stabilität sorgen? Im körperlichen und auch im geistigen Sinn? Unsere Autorin hat sich auf den Weg gemacht, um diese zwei „In-Sportarten“ mal so richtig auf Herz und Nieren zu prüfen.
Brandneu ist Pilates nun wirklich nicht. Bereits vor 70 Jahren hat der deutschstämmige Amerikaner Joseph Pilates (1880 – 1967) diese besondere Bewegungstherapie für den ganzen Körper entwickelt. Als Bodybuilder und Zirkusartist nannte er seine Techniken zum Training zunächst Contrology – denn die Muskeln sollten quasi kontrolliert von innen heraus, mithilfe des Geistes gesteuert werden.
Vor allem Balletttänzer profitierten von dem sehr ausgewogenen Training, das um 1965 viele Tänzer des New York City Ballets begeisterte. Das Training umfasst etwa 500 unterschiedliche Bewegungsmuster. Viele Übungen haben besondere Namen – für fortgeschrittene Sportler reicht es somit, den entsprechenden Begriff auszusprechen, schon ist der Bewegungsablauf klar.
Was bitte ist das Powerhouse?
Das Wichtigste bei allen Pilatesübungen ist die Konzentration auf das Körperzentrum. Bei allen Übungen wird Spannung im sogenannten „Powerhouse“ gehalten. Hierfür werden die tiefen, stabilisierenden Muskeln angesprochen, Anfänger müssen es meist erst lernen, die tiefen Bauchmuskeln, den Beckenboden und die unteren Rückenmuskeln richtig einzusetzen.
Ausgehend von der Körpermitte als Dreh- und Angelpunkt sollen die Übungen den Körper wieder ins Gleichgewicht bringen. Besonders die Bauchmuskulatur erfüllt dabei ein wichtige Aufgabe: Denn sie schützt wie ein natürliches Korsett die Wirbelsäule und die inneren Organe.
- Pilates bietet ein vergleichsweise sanftes Training, das aber dennoch herausfordernd ist.
- Durch regelmäßiges Üben werden vorhandene Bewegungsmuster korrigiert und optimiert.
- Die Körperhaltung bessert sich, da Dysbalancen ausgeglichen und vermieden werden.
- Die spezielle Atemtechnik sorgt dafür, dass auch im Alltag anders „durchgeatmet“ wird. Dadurch werden Körper und Geist erfrischt.
- Die Übungen trainieren die Tiefenmuskulatur. Es werden vor allem die Muskelgruppen angesprochen, die den Rumpf stärken. Dadurch erscheint der Bauch flacher und der Rücken wird effektiv gestärkt.
Anfänger – ab ins Studio
Ähnliches berichten auch andere Teilnehmer, die Pilates über längere Zeit trainieren. Um erst mal einzusteigen in die Übungen, empfiehlt es sich, ein professionelles Studio zu besuchen. Alleine zu Hause mit einem Trainingsplan zu üben, ist also keine gute Idee. Die Bewegungs‑, Atem- und Haltungsmuster sollten zunächst einmal richtig einstudiert werden. Mit gründlicher Anleitung und entsprechender Kontrolle. Am besten ist es, wenn die Gruppen nicht allzu groß sind.
Etwa acht Personen lassen sich noch gut überblicken und anleiten. Anfänger und Fortgeschrittene sollten unbedingt getrennt unterrichtet werden. Ansonsten bedeutet die Stunde Frust für alle Beteiligten. Ein Trainer/eine Trainerin weiß, worauf es ankommt. Das heißt: Es wird genau erklärt, welche Atemtechnik angewendet wird und darauf hingewiesen, in welchen Körperregionen die einzelnen Übungen spürbar sein dürfen. Seien Sie niemals gehemmt oder zurückhaltend, wenn Sie Übungen nicht verstehen – lieber gleich beherzt nachfragen, wie es genau funk- tioniert.
Was der Trainer können sollte
Grundsätzlich sollten die Übungen im Pilates ganz langsam aufgebaut werden. Genaue Anleitung dafür, welches Seite gerade gedehnt oder beansprucht wird, ist unerlässlich. Mit den richtigen Beschreibungen der Bewegungsabläufe steht und fällt eine Übungsstunde. Auch der Atemrhythmus wird in guten Pilatesstunden immer wieder erklärt und vorgegeben. So lange, bis langsame, fließende Bewegungen ganz selbstverständlich ausgeführt werden können. Falls besondere gesundheitliche Beschwerden vorliegen, sollten Sie diese unbedingt mit dem Trainer besprechen. Pilates ist zwar niemals „schädlich“, aber wenn beispielsweise gerade eine Knie-OP überstanden ist, helfen Ausweichübungen, um den Heilungsprozess nicht zu gefährden.
Üben vor dem Fernseher – ist das sinnvoll?
Wenn schon einige angeleitete Trainingseinheiten in Pilates absolviert wurden, können die Übungen später ohne Weiteres auch zu Hause weiterverfolgt werden. Eine DVD mit den bekannten Übungen kann prima dazu anspornen, im eigenen Wohnzimmer zu turnen. Es gibt inzwischen eine riesige Auswahl an „Vorturnerinnen“. Schauen Sie sich kurze Filmsequenzen im Internet an, um zu prüfen, welche Trainerin/welcher Trainer Ihnen am besten gefällt.
Besserer Sex dank Pilates
Da mit Pilatesübungen gezielt der Beckenboden angeregt wird, profitieren vor allem Frauen nach einer Schwangerschaft oder in den Wechseljahren. Pilates wirkt gegen Inkontinenz, unter der in Deutschland viele Millionen Frauen leiden. Oft heimlich, weil sie sich schämen. Dabei kann Pilates die Muskeln im Beckenboden wieder so aktivieren, dass die Beschwerden spürbar nachlassen. Und: Ein sportlich trainierter Beckenboden steigert den Spaß am Sex.
Yoga – ein Allheilmittel?
Im Doppelpack passen Pilates und Yoga recht gut zusammen. Beide Sportarten sind kein Krafttraining, sondern eher ein konzentriertes Beweglichkeitsprogramm. Muskeln werden nicht dicker, sondern definierter. Auch beim Yoga wird die Tiefenmuskulatur angesprochen. In jedem Fall findet eine Fettverbrennung statt und Menschen mit Rückenproblemen profitieren in jedem Fall. Sogar Patienten mit Bandscheibenvorfall können Pilates und Yoga als Fitness-Training betreiben! Da vor allem Bauch und Rückenmuskeln angesprochen werden – die bei „Büroarbeitern“ meist verkürzt und sehr verspannt sind –, können die sanften Übungen hier prima für Abhilfe sorgen. Die wichtigsten Prinzipien, die beide Sportarten vereinen, sind folgende:
- 1. Konzentration auf sich selbst
- 2. Stabiles Körperzentrum
- 3. Langsam und kontrolliert bewegen
- 4. Bewusst atmen
- 5. Harmonisch bewegen
- 6. Präzise arbeiten
Mit Yoga-Stunden kann in jedem Alter begonnen werden, auch Kinder spricht das angenehme Workout schon an. Es sorgt durchaus für Entspannung, der Kopf kommt zur Ruhe, der Körper ebenfalls. Sorgen, Schmerzen, Leid – all diese Empfindungen treten für eine Weile in den Hintergrund, wenn man Yoga richtig beherrscht und für eine Weile wirklich „abschalten“ kann. Man gerät in eine Art Tiefenentspannung. Wie beweglich man ist, spielt zunächst einmal keine Rolle. Fortgeschrittene „Yogis“ schaffen natürlich problemlos einen Kopfstand oder den Sonnengruß. Aber wer mit Yoga startet, sollte sich nicht sofort überfordern.
Vorsicht – nicht übertreiben
Gefährlich kann es werden, wenn überambitionierte Sportler gerade die Zonen im Körper strapazieren, die eigentlich besonders gepflegt werden müssten. Das sind die Wirbelsäule, Schulter‑, Knie- und Hüftgelenke. Im Lotussitz Platz zu nehmen, gelingt nun mal nicht auf Anhieb. Wer es trotzdem erzwingen will, riskiert überdehnte Bänder- und Sehnen. Oder gar einen Riss. Daher lautet der Ratschlag von Profis: Immer nur so weit dehnen, wie es nicht schmerzt! Und besuchen Sie auf keinen Fall einen Kurs, der nicht Ihren Kenntnissen entspricht. Als „blu- tiger“ Anfänger darf man – so ist es zumindest ratsam – auch nur einen Einsteiger-Kurs buchen.
Tolle Orientierung zu den einzelnen Übungen finden Sie auch im Internet:
- www.gesundheit.de: Yogaübungen für Einsteiger. Ob Kobra, Sonnengruß, Krieger oder Hund – hier können Sie schauen, ob Yoga Ihnen gefallen könnte.
- www.pilates.de: Hier wird wirklich alles gezeigt, was Pilates ausmacht. Das neutrale Becken, die richtige Atmung, Kniekreisen, Roll-Down und Single Leg Stretch – alle Begriffe werden erklärt und auch in Bildern gezeigt.
Britta Surholt
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