Ein ISO-Container, auch Seefrachtcontainer, Schiffscontainer, Frachtcontainer oder Importcontainer genannt, ist ein genormter Großraumbehälter, der zumeist aus Stahl beziehungsweise Stahlblech besteht und ein einfaches und schnelles Verladen, Befördern, Lagern und Entladen von Gütern ermöglicht. Trotz (oder gerade wegen) seiner schlichten Form ist er ein Symbol der Globalisierung und des weltweiten Güteraustauschs geworden.
In den so steril wirkenden Behältern lauern aber teilweise große Gefahren für die Menschen, die damit arbeiten müssen, wie auch für die Empfänger der in den Containern gelagerten Waren. Denn mindestens ein Fünftel aller einkommenden Container ist im Herkunftsland zuvor begast worden.
Die Container werden begast, um Schadorganismen abzutöten, die ansonsten die Waren beschädigen, verschmutzen oder vergiften könnten. Allerdings werden nicht immer alle Schädlinge durch die Begasung vernichtet. Zudem können sich bei Nässebildung während des langen Transports zusätzlich Schimmelpilze und Bakterien bilden, die eine weitere Gesundheitsgefährdung bei der Entladung darstellen.
Schließlich ist das Gas bei Öffnung des Containers zumeist nicht ganz aus den luftdichten Containern verschwunden. Das verbliebene Gas wird daher freigesetzt, sobald der Container bei einer Kontrolle, beim Löschen der Ladung oder teilweise auch noch beim Kunden geöffnet wird.
Fatale Folgen für Beschäftigte
Das freigesetzte Gas kann aber fatale Folgen haben, vor allem, wenn in den Ursprungshäfen der Container Gase verwendet wurden, die innerhalb der EU bereits verboten sind, oder die Gase in hoher Konzentration vorliegen. Sie können bei den Hafenfacharbeitern und Lageristen Nervenentzündungen, Atemwegsprobleme, Allergien und eine Reihe anderer Gesundheitsstörungen oder Krankheiten hervorrufen. Explosionen der gashaltigen Atmosphäre können sogar zum Tod führen.
Doch auf das Gas kann nicht verzichtet werden: Während und nach der Pandemie mussten viele Container länger in ihren Ursprungshäfen verbleiben, um Kosten zu reduzieren. Da die Lagerbedingungen in vielen Ländern aber nach wie vor mangelhaft sind, kann es daher noch häufiger zur Kontamination mit Schadorganismen kommen und eine effektive Schädlingsbekämpfung ist daher noch notwendiger als ohnehin schon.
Biologische Gefährdungen
Gleichermaßen wächst die Gefahr der Einfuhr von Schädlingen, die trotz Begasung der Container vor dem Transport nicht abgetötet wurden oder die sich erst im Laufe des Transports in den Containern gebildet haben. Diese Schadorganismen können in vielerlei Hinsicht eine Gefahr darstellen.
Einige Schädlinge aus tropischen Regionen, beispielsweise Schlangen oder Spinnen, können ganz unmittelbar durch Bisse oder Stiche die Arbeiter verletzen und sie mit ihren körpereigenen Giften schädigen. Parasiten wie Stechmücken wiederum können Infektionskrankheiten wie Malaria oder die Schlafkrankheit durch Stichverletzungen auslösen, insbesondere durch Stiche in offene Wunden.
Schimmelpilze schließlich können Menschen gefährden, indem sie allergene oder toxische Sporen in die Luft abgeben. Schimmelpilz-Sporen, die beim Öffnen der Containertüren und beim Entladen von pilzbefallenen Materialien abgelöst und aufgewirbelt werden, können durch Einatmen oder über offene Wunden in den Körper gelangen und dabei Allergien, Mykosen oder Reizungen der Atemwege auslösen.
Besonders gefährlich: geruchlose Gase
Gase werden aufgrund der Schädlingsgefährdung daher auch weiterhin eingesetzt. Besonders tückisch für den Arbeitsschutz: Einige der in Containern eingesetzten Begasungsmittel und Industrie-Chemikalien sind geruchlos und können daher nicht sofort erkannt werden.
Aber auch Gase, deren Gerüche normalerweise von Menschen gerochen werden könnten, werden von den Beschäftigten oft nicht wahrgenommen, weil sie durch andere Gerüche im Container überdeckt werden. Das gilt unter anderem auch für das besonders gefährliche Methylbromid, das in der EU mittlerweile verboten ist.
Aber auch die Geruchsschwelle des allseits verwendeten Phosphorwasserstoffs liegt weit über dem zulässigen Grenzwert für gefährliche Arbeitsstoffe am Arbeitsplatz. Wenn der Stoff zu riechen ist, muss also in jedem Fall von einer Gesundheitsgefahr für die Beschäftigten ausgegangen werden.
Problemgas Sulfurylfluorid
Besonders problematisch aus gesundheitlicher Perspektive ist das Sulfurylfluorid. Obwohl es vom Umweltbundesamt als giftig und vor allem besonders klimaschädlich eingestuft wird, wird es selbst innerhalb der EU weiterhin zur Begasung von Containern eingesetzt. Es ist farb- und geruchlos und wird unter anderem bei Lebensmitteln wie Getreide, Nüssen oder zur Bekämpfung von Holzschädlingen eingesetzt.
Besonders besorgniserregend: Zwischen 2018 und 2019 hatte sich die im Hamburger Hafen eingesetzte Menge fast vervierfacht und lag bei rund 204 Tonnen. Das Umweltbundesamt startete damals eine Initiative, um das Bundesimmissionsschutzgesetz zu ändern und nach Ersatzstoffen suchen zu lassen – bislang ohne Ergebnis. Schlimmer noch: Die Einsatzmenge von Sulfurylfluorid stieg zwischen März 2020 und März 2021 sogar noch einmal auf 218 Tonnen.
Öffnen von Containern: Freigabemessungen
Vor dem Öffnen von Containern, die mit Sicherheit oder großer Wahrscheinlichkeit begast sind, muss die aufsichtführende, sach- oder fachkundige Person eine Reihe von Maßnahmen anordnen. Diese sachverständigen Personen sind in immer weniger Fällen Mitarbeitende des für die Löschung der Containerladung zuständigen Unternehmens selbst, sondern zumeist Experten von spezialisierten Dienstleistern oder Behörden. Diese Maßnahmen sind:
- Prüfung des Innenraumes der geschlossenen Transporteinheit mit Hilfe eines Messsystems (Messlanze) von außen.
- Festlegung eines Sicherheitsbereiches von mindestens 10 Metern um die zu öffnende Ladungstür.
- Festlegung der Belüftungsdauer (Wichtig: Diese kann nur durch eine sachkundige Person, nicht durch eine fachkundige Person beurteilt werden!).
In den begasten Containern finden die Beschäftigten nur in Ausnahmefällen lediglich eine Gasart vor, typischerweise bestimmt eine Mischung diverser Gase die Atmosphäre in einem Container. Da verschiedene Gase in unterschiedlichen Konzentrationen schädlich werden, muss eine Messmethode angewandt werden, mit der jedes einzelne Gas in der Probe individuell gemessen werden kann.
Entgasung und Lüftung
Container müssen wirksam belüftet und entgast werden, wenn durch die Freimessungen hohe Konzentrationen schädlicher Substanzen ermittelt wurden beziehungsweise die Container bereits bei Ankunft als begast bekannt sind. Container haben zumeist kleine Öffnungen an den oberen Ecken, die eine natürliche Belüftung ermöglichen.
Wenn aber ein Container im Ursprungsland begast wurde, sind diese Öffnungen in der Regel von innen zugeklebt. Container, die lediglich eine niedrige CO2-Konzentration aufweisen und bei denen die Konzentrationen anderer Gase nicht über den Grenzwerten für die berufsbedingte Exposition liegen, können einfach geöffnet und in der Folge natürlich belüftet werden.
Bei allen anderen Gasen sollte die Entgasung durch eine mechanische Belüftung beziehungsweise Entgasung erfolgen. Das natürliche Lüften von Containern auf den dafür bestimmten Plätzen erfordert allein noch keine besondere Erlaubnis oder eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Allerdings dürfen sich im Abstand von zehn Metern um den Stellplatz des Containers keine anderen Einrichtungen befinden.
Anders bei der mechanischen Lüftung: Grundsätzlich sind alle mechanisch betriebenen Entgasungsplätze, also auch die nur gelegentlich für die Entgasung mobiler Container genutzten Plätze, nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) genehmigungspflichtig. Vor allem Container mit hohen und daher besonders gesundheitsgefährdenden Konzentrationen an Schadstoffen werden aber in der Regel in Großanlagen entgast, die von den Hafenverwaltungen betrieben werden.
Freigaben und Begehungen
In nicht wenigen Fällen sinken trotz mechanischer Lüftung des Containers die Freigabegrenzwerte nicht so schnell wie gewünscht. Diese Container müssen dann in speziell ausgewiesenen Lagerhallen so lange weiter behandelt werden, bis der Freigabegrenzwert erreicht ist. Erst dann gelten Waren/Güter wieder als verkehrsfähig und es kann eine Freigabe nach TRGS 512 erfolgen.
Sollte ein noch nicht freigegebener Container dennoch begangen werden, müssen die Beschäftigten spezifische PSA, insbesondere Atemschutzmasken, verwenden. In der Regel betreten aber nicht die Beschäftigten des Logistikunternehmens in dieser Phase den Container, sondern vornehmlich Mitarbeitende des Zolls und/oder der Lebensmittelüberwachungsbehörden. Die Freigabe zur Begehung erfolgt, möglichst durch einen Sachkundigen, ist aber auch fachkundigen Personen erlaubt (mit Ausnahme der Festlegung der Lüftungszeit).
Die Freigabe wird dem Inhaber des Containers bescheinigt, der das betreffende Dokument zu seinen Frachtpapieren beifügen muss. Während begaste Container im internationalen Seeverkehr als UN 3359, Klasse 9, und im nationalen Verkehr nach den Sondervorschriften des ADR (Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße) gekennzeichnet werden müssen, gilt diese Kennzeichnungspflicht nicht mehr für freigegebene Container.
Nur wenige Kontrollen
Zwar sind Lieferanten und Importeure verpflichtet, begaste Container anzumelden und zu deklarieren. Die Praxis zeigt aber immer wieder, dass es viele „schwarze Schafe“ gibt. Idealerweise müsste daher jeder Container bei Ankunft am Bestimmungsort entgast werden. Allerdings wird nur ein geringer Prozentsatz der umgeschlagenen Container in europäische Häfen so umfassend behandelt.
Alle übrigen Container werden direkt weiter ins Landesinnere befördert. Selbst im Hamburger Hafen beispielsweise findet keine allumfassende Prüfung von Importcontainern auf gesundheitsverträgliche Innenraumluft in Containern statt.
Lediglich Gefahrgutcontainer werden von der Wasserschutzpolizei regelhaft überprüft. Immerhin: Die Wasserschutzpolizei und der Zoll führen Messungen der Innenraumluft von Containern durch, bevor sie diese betreten. Auffälligkeiten werden von ihnen auch sofort dem Amt für Arbeitsschutz der Stadt Hamburg mitgeteilt und von diesem an die zuständigen Behörden am Sitz des Empfängers weitergeleitet.
Nach Auskunft der zuständigen Behörde für Justiz und Verbraucherschutz der Freien und Hansestadt Hamburg sind darüber hinaus die Gefahren beim Öffnen von Importcontainern fester Bestandteil bei der Qualifizierung von Hafenbeschäftigten und Schulungen der Wasserschutzpolizei.
Der hohe Anteil an unkontrollierten Containern aber, die anstandslos ins Landesinnere weiterbefördert werden, macht dennoch Sorgen. Daher stellen die Containerladungen weiterhin nicht nur eine große Gefahr für die Hafenfacharbeiter und Lageristen dar, die den Container an der Rampe eines Spediteurs oder eines anderen Unternehmens entladen und lagern, sondern auch für die Verbraucher im Binnenland – von der Natur und ganzen Ökosystemen ganz zu schweigen, die durch eingeschleppte Schädlingsarten bedroht werden.
Erkennungsmerkmale begaster Container
Wie erkennt man aber einen begasten Container? Anhand folgender Merkmale können Beschäftigte davon ausgehen, dass es sich um einen begasten Container handelt und alle relevanten Schutzmaßnahmen umgesetzt werden müssen:
- Kennzeichnung des Containers als begast nach gefahrgutrechtlichen Vorschriften. Diese Kennzeichnung darf nicht älter als drei Monate sein.
- Einschlägige Angaben in den Lade- und Frachtpapieren, beispielsweise UN-Nr. 3359 in Kombination mit IMDG-Code 9 „Fumigation“.
- Messung von potenziellen Begasungsmitteln nach Einführung einer Messlanze in den ungeöffneten Container durch Türdichtungen oder Lüftungsschlitze.
- Lüftungsschlitze des Containers sind verklebt oder verschlossen.
- Frachtgut laut Lade- und Frachtpapieren auf Holzpaletten oder in Holzverpackungen gepackt oder verstaut.