Im Umgang mit Gefahrstoffen ist die REACH-Verordnung zu berücksichtigen. Diese, von der Europäischen Union (EU) erlassene Verordnung, soll die menschliche Gesundheit sowie die Umwelt vor den Risiken schützen, die durch Chemikalien entstehen können. Zur Erfüllung der Verordnung müssen Unternehmen die Risiken, die mit den von ihnen in der EU hergestellten und in Verkehr gebrachten Stoffen verbunden sind, identifizieren und beherrschen. Darüber hinaus müssen sie aufzeigen, wie die Stoffe sicher verwendet werden können, und sie müssen Informationen über Risikomanagementmaßnahmen bereitstellen. Sollten die vom jeweiligen Stoff ausgehenden Risiken nicht beherrschbar sein, können die Behörden die Verwendung einschränken. Langfristiges Ziel ist es, die gefährlichsten Stoffe durch weniger gefährliche zu ersetzen.
Dr. Martin Wieske, Leiter Arbeits- und Gesundheitsschutz beim WirtschaftsVereinigung Metalle e.V. und Mitglied des Ausschusses für Gefahrstoffe (AGS), erläutert im Interview, wie die REACH-Verordnung und Arbeitsschutz zusammenhängen. Er zeigt auf, welche Rolle Sicherheitsdatenblätter spielen und welche Hilfsangebote es für Unternehmen gibt. Tiefergehende Informationen zu dem Thema vermittelt Dr. Martin Wieske beim “Innovationstag Gefahrstoffe” der am 13. Juni online stattfindet.
Was ist der Kontext zwischen REACH und Arbeitsschutz?
Neben den Vorgaben aus dem Arbeitsschutzrecht ergeben sich auch aus der REACH-Verordnung Verpflichtungen für den Arbeitsschutz, die vom Arbeitgeber umgesetzt werden müssen. Dies sind zum Beispiel spezifische Vorgaben aus Beschränkungen und Zulassungen, aber auch die mit dem Sicherheitsdatenblatt transportierten Informationen können für die Basis der Arbeitsschutz-Aktivitäten, also die Gefährdungsbeurteilung, von Relevanz sein.
Welche Rolle spielt das Sicherheitsdatenblatt? Welche Informationen liefert es für die Erfüllung der Pflichten nach Gefahrstoffverordnung?
Das Sicherheitsdatenblatt, kurz SDB, ist das zentrale Instrument der Informationsübermittlung unter REACH und gleichzeitig die wichtigste Informationsquelle für die Gefährdungsbeurteilung gemäß der Technischen Regel für Gefahrstoffe, TRGS 400 “Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen”. Über das SDB beziehungsweise das erweiterte SDB, das eSDB abgekürzt wird, kommuniziert der Lieferant wichtige Informationen an den Abnehmer und liefert damit dem Arbeitgeber für alle Schritten der Gefährdungsbeurteilung sowie für die Unterweisung der Beschäftigten relevante Informationen.
Im Sicherheitsdatenblatt sind auch Schutzmaßnahmen vorgegeben, wie verhalten sich diese zu den in der Gefährdungsbeurteilung ermittelten zu ergreifenden Maßnahmen?
Für die Gefährdungsbeurteilung können die durch REACH verfügbaren Risikomanagementmaßnahmen ein guter Einstieg sein, müssen aber an die vorliegenden betrieblichen Gegebenheiten angepasst werden. Die ausschließliche Übernahme von Schutzmaßnahmen auf der Basis von Informationen aus der REACH-Verordnung, wie beispielsweise SDB, Beschränkungen und Zulassungen, kann die arbeitsplatz- und tätigkeitsspezifische Festlegung von geeigneten Schutzmaßnahmen auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung nicht ersetzen.
Was regeln die Bekanntmachungen zu Gefahrstoffen (BekGS) und konkret die BekGS 409?
Die Empfehlung behandelt das Zusammenwirken beziehungsweise die Schnittstellen der REACH- und Arbeitsschutzgesetzgebung. Sie orientiert sich dabei am Ablauf der Gefährdungsbeurteilung und den Vorgaben der TRGS 400. Insofern stellt sie die Perspektive des Arbeitsschutzes in den Mittelpunkt und gibt Hilfestellungen, wie vom Arbeitgeber Informationen auf Basis der REACH-Verordnung für die Gefährdungsbeurteilung genutzt werden können und wann diese einen Anlass zu einer Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung geben. Dieser Perspektivwechsel ist auch die wesentliche Neuerung gegenüber der bisherigen BekGS 409. Außerdem wurde der Stil des Fragen-Antwort-Katalogs zugunsten eines Fließtextes aufgegeben. Auflockerung erfährt die Neufassung dabei durch eingestreute Wissenskästen mit vertieften Informationen zu einzelnen Aspekten oder Beispielen.
Inwiefern wirkt sich die Neufassung auf Arbeitsprozesse in Unternehmen aus?
Der für den Arbeitsschutz verantwortliche Arbeitgeber soll durch die Empfehlung in die Lage versetzt werden, die durch REACH verfügbaren Informationen und Vorgaben zur Erfüllung seiner Arbeitsschutzverpflichtungen zu nutzen. Gleichzeitig werden die Grenzen beziehungsweise Fallstricke bei deren Verwendung aufgezeigt. Insofern kann die BekGS 409 zur Steigerung der Effektivität bei der Gefährdungsbeurteilung und der Bewältigung der Vorgaben aus der Arbeitsschutz- und der REACH-Welt beitragen.
Programm und Anmeldung zum “Innovationstag Gefahrstoffe”