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Lithium-Ionen-Akku-Brände: Löschen, kühlen, durchbrennen lassen?

Was ist möglich und sinnvoll?
Lithium-Ionen-Akku-Brände: Löschen, kühlen, durchbrennen lassen?

Lithium-Ionen-Akku-Brände: Löschen, kühlen, durchbrennen lassen?
Foto: © VisualProduction - stock.adobe.com
Lithi­um-Ionen-Akku-Brände: Mel­dun­gen über in Brand ger­atene Akkus aus E‑Bikes, ‑Scootern, ‑Autos oder auch kleineren Mobil­geräten wie Handys und Lap­tops flack­ern immer wieder in den Medi­en auf, eben­so wie die Diskus­sion über das richtige Ver­hal­ten in diesem speziellen Brand­fall. Sind bes­timmte Feuer­lösch­er zum Löschen prädes­tiniert, reicht schlichtweg Wass­er als Mit­tel zum Zweck oder ist ein Akku-Brand auss­chließlich ein Fall für die Feuerwehr?

Kaum jemand kann sich von der Nutzung Akku-betrieben­er Geräte freis­prechen – zu sehr haben sie Einzug in unseren pri­vat­en und beru­flichen All­t­ag gehal­ten. Doch wie brandge­fährlich sind Lithi­um-Ionen-Akkus tatsächlich?

Grund­sät­zlich geht von diesen Energiespe­ich­ern keine erhöhte Gefahr aus – voraus­ge­set­zt, es han­delt sich um serien­mäßig hergestellte Bat­te­rien bei sachgerechter Hand­habung. In vie­len han­del­süblichen Pro­duk­ten ist im Gerät selb­st (zum Beispiel im Mobil­tele­fon oder Note­book), im Ladegerät oder im Akku-Pack ein Bat­terie­m­an­age­mentsys­tem inte­gri­ert, das Über­ladung und Tiefent­ladung und dadurch auch Defek­te ver­hin­dern soll. Dass es durch Akkus den­noch immer wieder zu Brän­den kommt, liegt häu­fig am falschen Umgang mit ihnen.

Wie fängt ein Akku Feuer?

Lithi­um-Ionen-Akkus sind empfind­lich gegenüber ver­schiede­nen Belas­tun­gen. Mech­a­nis­che Beschädi­gun­gen, Über­hitzung, Über­ladung, Tiefent­ladung, falsche Ladegeräte und vieles mehr kön­nen Defek­te am Akku verursachen.

Im Extrem­fall über­hitzt der Akku dadurch und gibt seine elek­tro­chemis­che Energie in Form von Wärmeen­ergie schla­gar­tig und unkon­trol­liert ab – und begin­nt zu bren­nen. Man spricht hier vom „ther­mis­chen Durchgehen“.

Bren­nt erst ein­mal eine Zelle in einem Akku oder Akku-Pack, wer­den die Nach­barzellen meist eben­falls erhitzt; eine Ket­ten­reak­tion wird in Gang geset­zt. Zu welch heftiger Flam­men­bil­dung es dabei kom­men kann – wobei Zellen explodieren und durch die Luft geschleud­ert wer­den – zeigen zahlre­iche Bilder und Videos in den Medi­en und sozialen Netzwerken.

Diese Reak­tion kann inner­halb weniger Sekun­den ablaufen, abhängig von der Größe des Akkus beziehungsweise Akku-Packs jedoch auch wesentlich länger – bis die Zellen durchreagiert sind. Dabei entwick­eln sie Tem­per­a­turen von mehreren hun­dert Grad Celsius.

Lithi­um-Bat­te­rien: Akkubrände beherrschen

Tückisch: Zeitversetzte Reaktion

Beson­ders tück­isch ist, dass ein Akku-Brand nicht unmit­tel­bar nach ein­er Beschädi­gung oder Beein­träch­ti­gung der Bat­terie entste­hen muss. Die chemis­chen Prozesse in ein­er defek­ten Lithi­um-Ionen-Zelle kön­nen auch mit erhe­blich­er Verzögerung ablaufen – von eini­gen Stun­den bis zu mehreren Tagen.

Was das Löschen schwierig macht

Lassen sich Akku-Brände löschen? Dazu erk­lärt Alexan­der Dieterich, Team­leit­er Kon­struk­tion und Entwick­lung bei der Min­i­max Mobile Ser­vices GmbH: „Beim ther­mis­chen Durchge­hen, auch ‚ther­mal run­away‘ genan­nt, entste­ht in der Zelle eine hohe Tem­per­atur, die einen chemis­chen Prozess in Gang setzt.
Abhängig von der Akku-Zelle selb­st und von den Umstän­den, die den Tem­per­at­u­ranstieg aus­gelöst haben, kann es bere­its ab cir­ca 60 °C zu einem ‚ther­mal run­away‘ kommen.
Sobald die Hitze so hoch ist, dass sich der Elek­trolyt entzün­det, set­zen die in den Kath­o­den­ma­te­ri­alien enthal­te­nen Oxid­verbindun­gen gebun­de­nen Sauer­stoff frei. Die defek­te Zelle erhält also Brennstoff (flüs­siger organ­is­ch­er Elek­trolyt) und Sauer­stoff für einen Brand.
Das macht das Löschen von Akku-Brän­den mit Löschmit­tel fast unmöglich, da die für einen Brand erforder­lichen Kom­po­nen­ten auch unter Abschluss von externem Sauer­stoff beste­hen bleiben. Zudem sind die Gehäuse dieser Bat­te­rien häu­fig her­metisch ver­siegelt, wodurch das Löschmit­tel den Brand­herd gar nicht erre­ichen kann.“

 

Lithium-Ionen-Akku-Brände: Nach dem Löschvorgang gehören die Geräte für mehrere Stunden ins Wasserbad
Nach dem Löschvor­gang gehören die Geräte für mehrere Stun­den ins Wasser­bad.
Foto: © Janis Smits — stock.adobe.com

Kühlen sinnvoll, aber bedingt wirksam

Es scheint keine Tech­nolo­gie zu geben, die nach­weis­lich ein ther­mis­ches Durchge­hen in ein­er Zelle stop­pen kann, nach­dem die ther­mis­che Durch­bruch­stem­per­atur erre­icht wurde. Was hat es dann mit den Löschmit­teln auf sich, die offen­bar Lithi­um-Ionen-Akku-Brände löschen können?

Sofern das Löschmit­tel eine aus­re­ichend küh­lende Wirkung von außen hat, kann der Küh­lvor­gang vor­ab dazu beitra­gen, dass diese Tem­per­atur nicht erre­icht und somit ein ther­mis­ches Durchge­hen ver­hin­dert wird.

Sollte es bere­its zu einem „ther­mal run­away“ in ein­er Zelle gekom­men sein, kann das Kühlen der Bat­terie besten­falls die Tem­per­atur unter die Zündtem­per­atur brin­gen, um so einem ther­mis­chen Durchge­hen weit­er­er Zellen ent­ge­gen­zuwirken. Ver­hin­dert wer­den kann die Entzün­dung beziehungsweise Explo­sion inner­halb der bere­its betrof­fe­nen Zelle in diesem Fall jedoch nicht mehr!

Nur der Umgebungsbrand löschbar

In Videos und Doku­men­ta­tio­nen, die vom erfol­gre­ichen Löschen eines Akku-Bran­des mith­il­fe eines Feuer­lösch­ers bericht­en, han­delt es sich erfahrungs­gemäß nicht um das Feuer, das sich beim „ther­mal run­away“ im Akku aus­bre­it­et, son­dern um den Brand des Gehäus­es drum herum – also zum Beispiel des Lap­tops oder Mobil­tele­fons –, der dadurch unmit­tel­bar danach ent­facht wurde.

„Diese Mate­ri­alien lassen sich dur­chaus mit geeigneten, han­del­süblichen Löschmit­teln löschen“, so Dieterich, „vornehm­lich mit Wass­er oder Feuer­lösch­er mit wäss­riger Lösung beziehungsweise Effek­tiv-Sal­zlö­sung. Das sollte dann jedoch – sofern ohne Eigenge­fährdung möglich – unmit­tel­bar geschehen, um eine Bran­daus­bre­itung auf umliegen­des, brennbares Mate­r­i­al zu ver­hin­dern. Sollte das Feuer bere­its um sich gegrif­f­en haben, sind diese Löschmit­tel zum Löschen von Entste­hungs­brän­den der Brand­klasse A eben­so geeignet“, ergänzt er.

Brände größerer Akkus

Weitaus schwieriger wird es beim Brand eines größeren Akkus, wie zum Beispiel eines E‑Bikes. Ist es noch über das Ladegerät mit der Steck­dose ver­bun­den, sollte unbe­d­ingt die Stromzu­fuhr unter­brochen wer­den – sofern gefahr­los möglich; not­falls durch Auss­chal­ten der Sicherung aus entsprechen­der Entfernung.

Für Akkus dieser Größe emp­fiehlt es sich, min­destens einen 9‑Liter-Feuer­lösch­er mit Effek­tiv-Sal­zlö­sung bere­itzuhal­ten, der zudem eine möglichst lange Funk­tions­dauer hat. Das Wärme­bindungsver­mö­gen des Löschmit­tels und die große Löschmit­tel­menge kön­nen – bis zum Ein­tr­e­f­fen der Feuer­wehr – zur Küh­lung des Akkus beitra­gen und eine Aus­bre­itung des Bran­des auf umliegende Mate­ri­alien verhindern.

Aber Vor­sicht: Beim Durchge­hen eines Akkus dieser Größe ist die Gefahr der Ver­let­zung durch Explo­sion und giftige Gas- und Rauchen­twick­lung extrem hoch. Daher sollte unbe­d­ingt zusät­zlich die Feuer­wehr alarmiert werden.

Das „B“ ste­ht für Brandgefahr

To-dos nach dem Löschvorgang

Ist nach dem Löschen alles gut? „Nein“, warnt Dieterich. „Auch nach einem Löschvor­gang ist die Gefahr nicht unbe­d­ingt geban­nt. In Mitlei­den­schaft gezo­gene Bat­te­rien kön­nen sich noch mit erhe­blich­er Verzögerung erneut entzünden.“

Daher soll­ten die Geräte anschließend unbe­d­ingt für mehrere Stun­den in ein aus­re­ichend großes Wasser­bad (zum Beispiel Wassereimer aus Met­all) getaucht und an einen sicheren Ort oder zu einem Entsorg­er gebracht wer­den. Wass­er hat eine küh­lende Wirkung, kann die Zündtem­per­atur senken und dadurch die Gefahr ein­er verzögerten Neuentzün­dung verringern.

Bei Kleingeräten ist dieses Vorge­hen meist auch für einen Laien mach­bar. Bei einem E‑Bike- oder E‑S­coot­er-Akku wird es schon schwieriger, dafür stets einen aus­re­ichend großen Behäl­ter griff­bere­it zu haben und mit Akku und Wass­er gefüllt an einen sicheren Ort zu bringen.

Beim Akku-Brand eines E‑Autos hinge­gen kann nur noch die Feuer­wehr aktiv wer­den. Nach­dem sie den sicht­baren Brand am Auto gelöscht hat, kann sie zum Beispiel das gesamte Fahrzeug mit einem Kran in einen großen, mobilen, mit Wass­er gefüll­ten Löschwasser­tank oder ‑con­tain­er heben.

Ist ein Akku-Brand vorhersehbar?

Soll­ten Mobil­tele­fon, Tablet, Lap­top oder andere kleinere Geräte beim Gebrauch oder im Ladezu­s­tand stark erhitzen oder ungewöhn­lich lange zum Laden brauchen, kön­nte das auf eine Störung im Gerät beziehungsweise im Akku hinweisen.

Sie soll­ten dann nicht weit­er benutzt oder geladen, son­dern draußen an einem nicht brennbaren Platz gelagert und beobachtet wer­den. Not­falls muss der Akku über den Recy­cling­hof oder aus­gewählte Elek­tro­geschäfte entsorgt und gegen einen neuen aus­ge­tauscht werden.

Für den Trans­ports­chutz oder auch vor­beu­gend bei der Lagerung kön­nen die im Han­del ange­bote­nen Brand­schutz­taschen für Handy, Power­bank, E‑Bike-Akku und Co. hil­fre­ich sein. Sie sollen im Brand­fall vor ein­er Bran­daus­bre­itung schützen.

In der Regel pro­duziert der Akku vor einem Brand giftige und ätzende Dämpfe und Gase. Wird dies rechtzeit­ig erkan­nt, beste­ht gegebe­nen­falls die Möglichkeit, durch schnelles und richtiges Han­deln einen Akku-Brand abzuwen­den. Jedoch kann die Zeit vom erkennbaren Auf­blähen der Zelle bis zum ther­mis­chen Durchge­hen schlimm­sten­falls weniger als 60 Sekun­den betragen.

Spektakulär, aber nicht alltäglich

Explodierende Lithi­um-Ionen-Akkus sind zwar spek­takulär, aber nicht alltäglich. Brandge­fährlich wer­den sie durch unsachgemäße Behand­lung und Beschädi­gung. Erhitzt ein Akku stark beim Gebrauch oder beim Laden oder ist die Ladedauer ungewöhn­lich lang, sollte er ord­nungs­gemäß entsorgt und aus­ge­tauscht werden.

Kommt es bere­its zur Rauchen­twick­lung am Gerät, ist höch­ste Vor­sicht geboten. Ein sofor­tiges Abkühlen durch einen geeigneten Feuer­lösch­er beziehungsweise die Versenkung im Wasser­bad kann die Tem­per­atur im Akku drosseln und einen Brand abwenden.

Es muss jedoch im Einzelfall spon­tan entsch­ieden wer­den, ob dieses Vorge­hen noch ohne Eigenge­fährdung möglich ist. Besitzer von E‑Bikes oder E‑Scootern soll­ten im Brand­fall zusät­zlich die Feuer­wehr alarmieren. Akku-Brände von E‑Autos (oder gar größeren Akku-betriebe­nen Anla­gen) sind auss­chließlich ein Fall für die Feuer­wehr. Hier kön­nen sich Per­so­n­en nur noch selb­st in Sicher­heit bringen.


Autorin: Kat­ja Backen
Unternehmen­skom­mu­nika­tion/­Mar­ket­ing-Man­agerin
Min­i­max Mobile Ser­vices GmbH
 
Foto: pri­vat

Praxis-Tipps: Sinnvolle Vorsichtsmaßnahmen

Wie viel Zeit bleibt, um einen Akku zu kühlen und somit einem ther­mis­chen Durchge­hen weit­er­er Zellen ent­ge­gen­zuwirken, lässt sich nicht all­ge­mein beant­worten. In jedem Fall sind Vor­sichts­maß­nah­men anger­at­en, die eine Brandge­fahr min­imieren. Dazu gehört, Lithium-Ionen-Batterien

  • nicht auf brennbarem Unter­grund und möglichst nicht unbeobachtet (nachts) laden.
  • vor­beu­gend in Brand­schutz­taschen beziehungsweise ‑behäl­tern lagern.
  • beim Laden nicht abdeck­en, um eine Luftzirku­la­tion zu ermöglichen.
  • auss­chließlich an Ladegeräte anschließen, die vom Her­steller für den jew­eili­gen Akku beziehungsweise das Gerät vorge­se­hen sind.
  • nicht an bil­li­gen Steck­dosen­leis­ten aufladen (auf CE- oder GS-Zeichen achten!).
  • nach dem Aufladen vom Netz nehmen.
  • trock­en und kühl aufbewahren.
  • nicht in der Nähe von brennbarem Mate­r­i­al lagern.
  • wed­er hohen Tem­per­a­turen über 60 °C (Sonnenein­wirkung) noch Frost (unbe­heizte Garage) aussetzen.
  • vor Stößen und Beschädi­gun­gen, etwa durch Herun­ter­fall­en, schützen.
  • keines­falls öff­nen, zer­legen oder modifizieren.

Zusät­zlich soll­ten Feuer­lösch­er mit wäss­riger Lösung beziehungsweise Effek­tiv-Sal­zlö­sung sowie ide­al­er­weise ein Met­all­ge­fäß für ein gegebe­nen­falls notwendi­ges Wasser­bad in der Nähe ver­füg­bar sein.

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