Rund 65.000 Menschen erleiden jedes Jahr in Deutschland einen plötzlichen Herztod. Die meisten der Betroffenen sterben daran. Die Überlebenschancen steigen beträchtlich, wenn Umstehende das Ereignis mitbekommen und schnell die Herz-Lungen-Wiederbelebung einleiten. Als Ergänzung zur Reanimation kann hier vor allem der Defibrillator, im Betrieb oft als „AED“ (automatisierter externer Defibrillator) bezeichnet, Menschenleben retten.
Häufig tritt beim plötzlichen Herztod ein anhaltendes Kammerflimmern des Herzens auf, bei dem sich die Herzkammern ungeordnet zusammenziehen und lösen. Nur durch den elektrischen Schock des Defibrillators kann das Kammerflimmern beendet werden und das Herz wieder geordnete Kontraktionen ausführen.
Eine schnelle Verfügbarkeit des AED ist wichtig, damit bereits vor dem Eintreffen des Rettungsdienstes der erste Schock abgegeben werden kann. Studien belegen, dass die Überlebenswahrscheinlichkeit nach dem Eintritt des plötzlichen Herztods um circa zehn Prozent je Minute sinkt – wenn nicht schnellstmöglich eingegriffen wird.
Eigener Defibrillator sinnvoll?
Die Anschaffung eines AED im Betrieb ist nicht vorgeschrieben, sondern erfolgt in der Regel freiwillig. Die folgenden Kriterien können bei der Entscheidung, einen Defibrillator im eigenen Unternehmen zur Verfügung zu stellen, herangezogen werden.
- 1. Gefährdungsbeurteilung
In der Gefährdungsbeurteilung (auch: „Beurteilung der Arbeitsbedingungen“) werden alle vorhersehbaren Einwirkungen erfasst, die auf die Mitarbeitenden treffen können. In technischen Bereichen kann dazu auch die Gefährdung durch elektrischen Strom gehören, beispielsweise bei der Arbeit an spannungführenden Teilen. Insbesondere bei Wechselstromkontakt ist die Gefahr sehr hoch, dass Herzrhythmusstörungen und Kammerflimmern ausgelöst werden. Eine der in der Gefährdungsbeurteilung festzulegenden Maßnahmen kann somit die Vorhaltung eines AED sein, um in diesem speziellen Fall eine effektive Erste Hilfe zu gewährleisten. Da in den meisten Unternehmen keine derartigen Arbeiten ausgeführt werden, trifft dieses Kriterium nur auf wenige Betriebe zu, zum Beispiel im Bereich der Montage und Wartung von Energieanlagen.
- 2. Anzahl und Altersstruktur der Personen
Mit einer hohen Anzahl beschäftigter Personen vor Ort steigt statistisch auch die Wahrscheinlichkeit plötzlicher Herzstillstände im Unternehmen. Halten sich häufig mehrere hundert Personen im Betrieb auf, sollte über die Anschaffung eines AED nachgedacht werden. Dabei sind nicht nur die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu berücksichtigen, sondern gegebenenfalls auch Kunden und sonstiger Publikumsverkehr.
Kleinere Betriebe mit nur wenigen Mitarbeitenden werden in der Regel nur selten einen AED vorhalten, denn die zu erwartende geringe Einsatzwahrscheinlichkeit des Gerätes führt zu der Frage, ob sich der Aufwand der Anschaffung und Wartung des Gerätes tatsächlich lohnt. Dennoch kann im Einzelfall der Blick auf die Altersstruktur nicht schaden. Insbesondere bei älteren Personen vor Ort kann der Defibrillator eine erhöhte Sicherheit bieten. In einigen Fällen wurde auch nach einem zurückliegenden Notfallereignis die Aufmerksamkeit auf die Frühdefibrillation gelenkt und durch die gestiegene Sensibilisierung ein AED angeschafft.
- 3. Körperliche Aktivität
Dort, wo das Herz bei körperlicher Anstrengung besonders belastet wird, sollte mit einem AED vorgesorgt werden. Dies trifft insbesondere auf alle Sportbereiche zu. In Schwimmbädern, Sportvereinen, (betriebseigenen) Fitnessstudios etc. gehört ein Defibrillator daher häufig zur Grundausstattung.
- 4. Lage des Betriebes
Die Abgabe des ersten Schocks sollte möglichst frühzeitig erfolgen, um das Kammerflimmern schnell zu beenden. In mehreren Studien wurde eine höhere Überlebensrate festgestellt, wenn innerhalb von drei Minuten nach dem Herzstillstand defibrilliert werden konnte. Die Lage des Betriebes sollte daher in die Überlegungen eingeschlossen werden. Eine ländliche abgeschiedene Lage weit entfernt von der nächsten Rettungswache bedeutet in der Regel auch längere Anfahrtszeiten für den Rettungsdienst. Der AED vor Ort ergibt dann besonders viel Sinn.
Die 3‑Minuten-Regel beantwortet auch die Frage, in welchen Entfernungen die AED in größeren Betrieben verteilt sein sollten: Der erste Schock sollte innerhalb von drei Minuten abgegeben sein. Die Platzierung der Geräte orientiert sich daher an den zu erwartenden Laufwegen bis zum nächstgelegenen AED auf dem Betriebsgelände.
- 5. Image
Die Außenwirkung des Unternehmens kann ebenfalls bei der Frage zur Anschaffung eines AED eine Rolle spielen. Für Mitarbeitende und Kunden entsteht das Gefühl erhöhter Sicherheit. Welches Unternehmen möchte nicht gerne als Vorbild vorangehen und sich sichtbar um Sicherheit und Gesundheit kümmern? Solange es nicht nur beim Kauf eines AED bleibt, sondern Arbeits- und Gesundheitsschutz als Ganzes ernsthaft betrieben werden, kann auch die Außendarstellung des Betriebes als (ein) Beweggrund für die Anschaffung eines Defibrillators gelten.
Auswahl und Integration
Bei der Auswahl eines Gerätes und bei der Einbindung in das betriebliche Erste-Hilfe-Konzept sollte der Betriebsarzt oder die Betriebsärztin hinzugezogen werden. Nach der Entscheidung für die Anschaffung eines Defibrillators sollte zudem eine Person als Geräteverantwortliche/r benannt werden, die mit der Pflege und Wartung des AED beauftragt wird.
Außerdem sind die Ersthelfenden mit dem Gerät vertraut zu machen. Durch eine gute Kennzeichnung der Gerätestandorte und durch die Information aller Mitarbeitenden kann dafür gesorgt werden, dass im Ernstfall mit dem Druck auf die blinkende Taste des Defibrillators ein Menschenleben gerettet wird.
Leitung des Sachgebietes „Betriebliches Rettungswesen“
im Fachbereich Erste Hilfe der DGUV
Foto: © Jochen Taubken
Zum Nachlesen
- DGUV-Information 204–010 „Automatisierte Defibrillation im Rahmen der betrieblichen Ersten Hilfe“
- www.dguv.de/erstehilfe