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Berufskrankheiten: Was tun bei einem Verdacht?

Arbeit kann auch krank machen
Berufskrankheiten: Was tun bei einem Verdacht?

Berufskrankheiten: Was tun bei einem Verdacht?
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Beschäftigte sind im Rah­men ihres Arbeitsver­hält­niss­es geset­zlich unfal­lver­sichert. Weil bei der Arbeit nicht nur Unfälle passieren kön­nen, son­dern diese auch krank machen kann, wur­den im Jahr 1925 Beruf­skrankheit­en in die Unfal­lver­sicherung ein­be­zo­gen. Liegt eine solche vor, wer­den die Ver­sicherten von den Unfal­lver­sicherungsträgern „mit allen geeigneten Mit­teln“ medi­zinisch reha­bil­i­tiert und finanziell entschädigt.

Der geset­zliche Unfal­lver­sicherungss­chutz ist im Siebten Buch des Sozialge­set­zbuchs (SGB VII) geregelt. Ver­sichert sind dort neben Arbeit­sun­fällen auch Beruf­skrankheit­en. Das sind Krankheit­en, die ver­sicherte Per­so­n­en durch ihre beru­fliche Tätigkeit erlei­den und die in der ein­schlägi­gen Rechtsverord­nung, näm­lich der Beruf­skrankheit­en-Verord­nung (BKV), aufge­führt sind.

Was sind Berufskrankheiten?

In der BKV sind solche Erkrankun­gen als Beruf­skrankheit­en beze­ich­net, die nach medi­zinis­chen Erken­nt­nis­sen durch beson­dere – gesund­heitss­chädliche – Ein­wirkun­gen verur­sacht wer­den und denen bes­timmte Per­so­n­en­grup­pen auf­grund ihrer Arbeit in erhe­blich höherem Maße aus­ge­set­zt sind als die übrige Bevölkerung. Derzeit gibt es 82 anerken­nungs­fähige Beruf­skrankheit­en. Diese sind nach der Art ihrer Entste­hung in Grup­pen eingeteilt. Unter­schieden werden

  • durch chemis­che Ein­wirkun­gen verur­sachte Krankheit­en: Hierunter fall­en beispiel­sweise Erkrankun­gen durch Met­alle wie Blei, Gase oder chemis­che Stoffe wie Pestizide
  • durch physikalis­che Ein­wirkun­gen verur­sachte Krankheit­en: Hierzu zählen unter anderem mech­a­nis­che Ein­wirkun­gen wie langjähriges Heben oder Tra­gen schw­er­er Las­ten, Lärm oder Strahlen
  • Infek­tion­skrankheit­en
  • Erkrankun­gen der Atemwege, der Lunge oder des Rip­pen­fells etwa durch Stäube wie Asbest oder Quarzstaub
  • Hautkrankheit­en: Hierunter fällt zum Beispiel Hautkrebs durch Ruß, Teer oder auch natür­liche UV-Strahlung
  • son­stige Ursachen. Hier ist zulet­zt noch das Augen­zit­tern der Bergleute genannt.

Psy­chis­che Erkrankun­gen zählen bis­lang nicht zu den Beruf­skrankheit­en. Allerd­ings hat das Bun­dessozial­gericht kür­zlich in ein­er weg­weisenden Entschei­dung erst­mals eine psy­chis­che Erkrankung bei einem Ret­tungssan­itäter als soge­nan­nte Wie-Beruf­skrankheit anerkannt.

„Wie-Berufskrankheit“

Eine Erkrankung kann in Einzelfällen als „Wie-Beruf­skrankheit“ anerkan­nt wer­den, wenn eine ver­sicherte Per­son sie durch ihre beru­fliche Tätigkeit erlit­ten hat, diese aber nicht zu den in der Beruf­skrankheit­en-Verord­nung aufgezählten Beruf­skrankheit­en gehört. Zudem müssen neue Erken­nt­nisse der medi­zinis­chen Wis­senschaft vor­liegen, die bele­gen, dass die Krankheit durch beson­dere Ein­wirkun­gen verur­sacht wird, denen bes­timmte Per­so­n­en­grup­pen durch ihre Arbeit in erhe­blich höherem Maße aus­ge­set­zt sind als die übrige Bevölkerung. Der Zusam­men­hang ein­er Erkrankung mit ein­er beru­flichen Tätigkeit allein reicht nicht aus, um eine Krankheit als Beruf­skrankheit anerken­nen zu können.

Verdacht auf Berufskrankheit melden

Sowohl für Ärzte als auch für Arbeit­ge­ber beste­ht eine geset­zliche Verpflich­tung, den Ver­dacht auf das Vor­liegen ein­er Beruf­skrankheit der zuständi­gen Beruf­sgenossen­schaft oder Unfal­lka­sse zu melden. Hier­für gibt es stan­dar­d­isierte For­mu­la­re. Auch Krankenkassen sind gehal­ten, entsprechende Hin­weise an die Unfal­lver­sicherung weit­erzugeben. Selb­stver­ständlich kön­nen sich auch die Betrof­fe­nen selb­st oder ihre Hin­terbliebe­nen an den zuständi­gen Träger wenden.

 

Langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten kann die Berufskrankheit „Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule“ hervorrufen
Langjähriges Heben oder Tra­gen schw­er­er Las­ten kann die Beruf­skrankheit „Band­scheibenbe­d­ingte Erkrankun­gen der Lenden­wirbel­säule“ her­vor­rufen.
Foto: © Alexan­der Raths — stock.adobe.com

Zur Mitwirkung verpflichtet

Geht beim Unfal­lver­sicherungsträger eine Ver­dacht­sanzeige ein, ermit­telt dieser den Sachver­halt von Amts wegen und prüft, ob tat­säch­lich eine Beruf­skrankheit im Sinne des Geset­zes vor­liegt. Der Betrof­fene muss jedoch mitwirken. Die Schwierigkeit beste­ht oft­mals darin, den Zusam­men­hang zwis­chen der beru­flichen Tätigkeit und der Erkrankung nachzuweisen. Denn bei ein­er Beruf­skrankheit vol­lzieht sich die schädi­gende Ein­wirkung in der Regel nicht plöt­zlich, son­dern über Jahre hinweg.

Im Unter­schied zum Arbeit­sun­fall beste­ht daher auch keine zeitliche Beschränkung der Ein­wirkun­gen auf eine Arbeitss­chicht. Bei asbest­be­d­ingten Erkrankun­gen etwa liegen zwis­chen der gesund­heitss­chädlichen Expo­si­tion und dem Aus­bruch der Krankheit meist Jahrzehnte. Nach so ein­er lan­gen Latenzzeit ist es oft­mals schwierig, die dama­li­gen Ver­hält­nisse noch aufzuk­lären, weil der Arbeit­splatz oder gar der ganze Betrieb wom­öglich nicht mehr vorhan­den sind.

Vom Unfal­lver­sicherungsträger ermit­telt wer­den zum einen die arbeit­stech­nis­chen Voraus­set­zun­gen, zum anderen die arbeitsmedi­zinis­chen Voraus­set­zun­gen. Bei den arbeit­stech­nis­chen Voraus­set­zun­gen geht es um die Belas­tun­gen und Ein­wirkun­gen, denen die betrof­fene Per­son während ihres Arbeit­slebens aus­ge­set­zt war – also Beschäf­ti­gungszeit­en, aber auch ver­richtete Tätigkeit­en mit Häu­figkeit und Dauer von Arbeitsvorgän­gen und dabei aufge­tretene gefährdende Einwirkungen.

Hierzu wer­den Frage­bö­gen an die Ver­sicherten sowie an die Betriebe, bei denen sie beschäftigt waren, ver­sandt. Zusät­zlich kön­nen per­sön­liche Befra­gun­gen sowie Unter­suchun­gen am (ehe­ma­li­gen) Arbeit­splatz stat­tfind­en. Auch frühere Unter­la­gen, beispiel­sweise über Schad­stoffe oder Luftmes­sun­gen am Arbeit­splatz, kön­nen herange­zo­gen werden.

Gab es Vorerkrankungen?

Bei den arbeitsmedi­zinis­chen Voraus­set­zun­gen wird nicht nur ermit­telt, ob das für die fragliche Beruf­skrankheit typ­is­che Krankheits­bild vor­liegt, son­dern auch, ob bes­timmte Vor­erkrankun­gen der Ver­sicherten bei der Bew­er­tung des Ursachen­zusam­men­hangs berück­sichtigt wer­den müssen. In der Regel wird auch ein ärztlich­es Sachver­ständi­gengutacht­en eingeholt.

Sind sowohl die arbeitsmedi­zinis­chen als auch die arbeit­stech­nis­chen Voraus­set­zun­gen erfüllt und liegt ein Ursachen­zusam­men­hang zwis­chen der Tätigkeit am Arbeit­splatz, den Ein­wirkun­gen und der Krankheit vor, wird die Beruf­skrankheit förm­lich anerkannt.

Nach der Anerkennung

Anerkan­nte Beruf­skrankheit­en sind Ver­sicherungs­fälle im Sinne des SGB VII. Sie wer­den also grund­sät­zlich genau­so entschädigt wie Arbeit­sun­fälle. Die Beruf­sgenossen­schaften und Unfal­lka­ssen haben dann die Auf­gabe, die Gesund­heit und die Leis­tungs­fähigkeit der Ver­sicherten mit allen geeigneten Mit­teln wiederherzustellen.

Hier­für müssen sie alle Maß­nah­men tre­f­fen, durch die eine möglichst frühzeit­ig ein­set­zende und sachgemäße Heil­be­hand­lung gewährleis­tet wird. Dazu gehört erforder­lichen­falls auch eine beson­dere Beruf­skrankheit­en-Behand­lung. Ein Durch­gangsarztver­fahren wie bei Arbeit­sun­fällen gibt es bei Beruf­skrankheit­en übri­gens nicht. Die Betrof­fe­nen haben freie Arztwahl.

Vielfältige Leistungen

Bei ein­er anerkan­nten Beruf­skrankheit ste­hen den Betrof­fe­nen vielfältige Leis­tun­gen zu, zum Beispiel Heil­be­hand­lung, Ver­let­zten­geld oder Leis­tun­gen zur Teil­habe am Arbeit­sleben. Eben­so wird den Ver­sicherten eine Ver­let­zten­rente gewährt, wenn die geset­zlichen Voraus­set­zun­gen dafür vor­liegen – ins­beson­dere eine Min­derung der Erwerb­s­fähigkeit von min­destens 20 Prozent.

Eine Beson­der­heit gibt es bei den Beruf­serkrank­ten, sie kön­nen auch soge­nan­nte Über­gangsleis­tun­gen erhal­ten: Gibt eine ver­sicherte Per­son eine gefährdende beru­fliche Tätigkeit auf, weil anderen­falls die Gefahr der Entste­hung, des Wieder­au­flebens oder der Ver­schlim­merung ein­er Beruf­skrankheit beste­ht, so gle­ichen die Unfal­lver­sicherungsträger eine hier­durch verur­sachte Ver­di­en­stein­buße oder andere wirtschaftliche Nachteile aus. Dieser Aus­gle­ich kann in Form ein­er ein­ma­li­gen Zahlung bis zur Höhe der Jahresvoll­rente erfol­gen oder als monatliche Zahlung bis zur Höhe eines Zwölf­tels der Voll­rente für max­i­mal fünf Jahre.


Autorin: Tan­ja Sautter
Lei­t­erin der Dien­st­stelle Unfallfürsorge
BG Verkehr
 
Foto: pri­vat

Verdacht auf beruflich bedingte Hauterkrankungen

Was soll­ten Sicher­heits­beauf­tragte tun, wenn sie ver­muten, dass ein Kol­lege oder eine Kol­le­gin an ein­er beru­flich bed­ingten Hauterkrankung lei­den kön­nte? Konkrete Hil­festel­lung in diesem Fall bietet die neue DGUV Infor­ma­tion 250–005 „Ver­fahrens­ablauf bei Ver­dacht auf beru­flich bed­ingte Hauterkrankungen“.

Hautkrankheiten_stehen_mit_an_vorderer_Stelle_sowohl_bei_den_gemeldeten_­Erkrankungen_als_auch_bei_den_anerkannten_Berufskrankheiten._Auslöser_sind_in_den_meisten_Fällen_Feuchtarbeit,_Tätigkeiten_mit_reizenden_oder_­allergieauslösenden_Stoffen_sowie_häufige,_oft_zu_aggressive_Haut­reinigung,_­vielfach_auch_in_Kombination_mit_mechanischer_Belastung._Betroffenen_und_betrieblichen_Akteurinnen_und_Akteuren_soll_mit_dieser_DGUV_­Information_ein_Leitfaden_in_die_Hand_gegeben_werden,_der_Ihnen_konkrete_und_praktikable_Hilfestellung_bietet._
Foto: © DGUV

Der Anteil an Hauterkrankun­gen bei den gemelde­ten Erkrankun­gen wie auch bei den anerkan­nten Beruf­skrankheit­en ist hoch. Die Infor­ma­tion bringt Trans­parenz in dieses wichtige The­men­feld und zeigt dazu auf, welche Auf­gaben und Hand­lungsmöglichkeit­en die ver­schiede­nen Akteurin­nen und Akteure – betrof­fene Per­son, Unternehmen, Betrieb­sarzt oder Betrieb­särztin, Sicher­heits­beauf­tragte, Arbeit­nehmervertre­tung, Hau­tarzt oder Hautärztin – in diesem Zusam­men­hang haben. Auf diese Weise soll eine Sen­si­bil­isierung der Beteiligten erre­icht und der Umgang mit berufs­be­d­ingten Hauterkrankun­gen erle­ichtert wer­den. Ziel ist, die Gesund­heit der Betrof­fe­nen zu erhal­ten beziehungsweise wieder­herzustellen und ihren Verbleib im Beruf zu ermöglichen. Die neue Infor­ma­tion ste­ht in der Pub­lika­tions­daten­bank zum Down­load zur Ver­fü­gung oder kann dort als gedruck­te Ver­sion bestellt werden.

https://publikationen.dguv.de

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