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Von der Unfallanalyse zur Prävention

Unfälle vermeiden
Von der Unfallanalyse zur Prävention

Von der Unfallanalyse zur Prävention
Foto: Sittinan - stock.adobe.com
Ist der Unfall passiert, sind hin­ter­her alle schlauer. Am besten, es kommt erst gar nicht zum Unfall. Welche Präven­tion­s­maß­nah­men, Kenn­zahlen, Sys­teme und Ideen kön­nen der Fachkraft für Arbeitssicher­heit bei der Vor­beu­gung, Erfas­sung, Mel­dung und Auswer­tung von Unfällen helfen? Denn: Wenn die Präven­tion wirkt, braucht es kaum Unfallanalysen.

Zum All­t­ag der Sifa gehört es, die vie­len The­men zwis­chen den Begrif­f­en Präven­tion und Unfal­l­analyse zu bear­beit­en. Ide­al­er­weise haben Sifas viel Zeit für Präven­tion und müssen wenig Zeit für Unfal­l­analyse auf­brin­gen. Es ist aber belegt, dass die inten­sive Analyse von Unfällen und die ver­stärk­te Betra­ch­tung von Beina­he­un­fällen ein zusät­zlich­es Poten­zial für die Präven­tion von Arbeit­sun­fällen bietet [1].

Daher ist es auch für jede Sifa uner­lässlich, die ganzheitliche Unfal­l­analyse (Root-Cause Analy­sis) zu ken­nen und zu kön­nen. Für Arbeit­sun­fälle in kleinen und mit­tleren Unternehmen (KMU) gibt es einen hil­fre­ichen Leit­faden zur Ermit­tlung grundle­gen­der Ursachen von Arbeit­sun­fällen von der Bun­de­sanstalt für Arbeitss­chutz und Arbeitsmedi­zin [2]. Dieser Leit­faden darf sicher­lich auch bei den „Großen“ angewen­det werden.

All­ge­mein fes­thal­ten lässt sich: Je schw­er­er der Unfall, desto genauer wird er in der Regel erfasst und doku­men­tiert. Dabei muss auch an die Unfallpyra­mide gedacht wer­den (siehe Abbil­dung). Sie müssen unten die Basis reduzieren, damit oben nicht so viel ankommt, also heißt es auch unten möglichst genau hinzuguck­en: bei den unsicheren Hand­lun­gen, Beina­he-Unfällen und den Erste-Hilfe-Fällen.

Vor jed­er Auswer­tung beziehungsweise Unfal­l­analyse ste­ht die Erfas­sung. Dabei ist eine der ersten Fra­gen: Ist der Unfall ein Arbeit­sun­fall? Danach: Wie und wo ist er klas­si­fiziert? Wurde beispiel­sweise eine Erste-Hil­fe-Leis­tung doku­men­tiert, ein Vor­fall gemeldet oder ein Unfall angezeigt?

 

Von der Unfallanalyse zur Prävention: die Unfallpyramide
Unfallpyra­mide
Grafik: © Magiera

Erfassung und Auswertung

Einige Soft­ware-Anbi­eter wer­ben mit Unfal­lanzeigen ohne Papierkram. Wer häu­fig Unfälle zu melden hat und dig­i­ta­laf­fin ist, für den sind solche Anwen­dun­gen wirk­lich eine Hil­fe. Viele KMUs haben noch nicht in dieser Tiefe die Mehrdi­men­sion­al­ität der Präven­tion­skul­tur erkan­nt beziehungsweise umgesetzt.

Sie sehen noch nicht die sich wech­sel­seit­ig bee­in­fluss­baren Zusam­men­hänge zwis­chen den psy­chol­o­gis­chen, ver­hal­tens­be­zo­ge­nen und struk­turellen Fak­toren der betrieblichen Präven­tion. Auch aus diesen Grün­den find­en sich diese Soft­ware-Lösun­gen auch eher in großen, mitar­beit­er­starken Unternehmen als Sozial­dat­en-Infor­ma­tion­ssys­tem wieder und weniger bei den KMUs.

Viele KMUs reizen ihre Präven­tions- und Dig­i­tal­isierungs-Poten­ziale im Arbeitss­chutz noch nicht aus­re­ichend aus und haben daher lei­der weit­er­hin mit Wet­tbe­werb­snachteilen zu rech­nen. [3] Die Coro­na-Krise hat ihnen schmer­zlich gezeigt, an welchen Stellen sie im Bere­ich Dig­i­tal­isierung noch Lück­en haben. Daher förderte das Wirtschaftsmin­is­teri­um mit dem Pro­gramm „Dig­i­tal Jet­zt“ KMUs bis 31.12.2023 durch finanzielle Zuschüsse bei den dig­i­tal­en Tech­nolo­gien sowie bei der Qual­i­fizierung ihrer Beschäftigten [4].

Was leis­tet die Arbeitsschutz-Software?

  • Doku­men­ta­tion und Ver­wal­tung von Betrieb­sun­fällen und Über­mit­tlung an die zuständi­gen Stellen
  • Gezielte Suche nach Unfallanzeigen
  • Inte­gra­tion in das jew­eilige Employ­ee Self Service
  • Dig­i­tale Über­mit­tlung aus dem Sys­tem direkt an die Berufsgenossenschaft
  • Auswer­tun­gen von Arbeitsunfällen
  • Steuerung von Zuständigkeit­en bei Arbeitsunfällen

Sin­nvoller­weise wird die Anschaf­fung eines Sozial­dat­en-Infor­ma­tion­ssys­tem oder ein­er Per­son­al­soft­ware ide­al­er­weise im Vor­feld zusam­men mit dem Per­son­al­bere­ich abgestimmt.

 

Von der Unfallanalyse zur Prävention: Unfälle auswerten, Schwerpunkte identifizieren und Maßnahmen ergreifen
Unfälle auswerten, Schw­er­punk­te iden­ti­fizieren und Maß­nah­men ergreifen
Foto: © Goro­denkoff — stock.adobe.com

Einbindung des Sibe

Das Ziel von Präven­tion ist das Ver­hin­dern von Arbeit­sun­fällen und Beruf­skrankheit­en sowie arbeits­be­d­ingte Gesund­heits­ge­fahren zu min­imieren. Wer weiß, wann und wo Gefahren entste­hen, der kann rechtzeit­ig han­deln. Dabei ist es essen­ziell, den Sicher­heits­beauf­tragten (Sibe) miteinzu­binden. Ein zusät­zlich­es Paar Augen und Hände kann nur unter­stützen. So kann man beispiel­sweise als Werkzeug einen Sibe-Melde­bo­gen nutzen, der sich in vie­len Betrieben für Sicher­heits­beauf­tragte etabliert hat [5].

Stellen Sicher­heits­beauf­tragte fest, dass eine betriebliche Ein­rich­tung ohne notwendi­ges Schutzniveau ist, Schutzvor­rich­tun­gen fehler­haft sind oder Män­gel aufweisen, sollte diese Beobach­tung ide­al­er­weise zeit­nah und ein­deutig, am besten schriftlich an den Vorge­set­zten und je nach Arbeitss­chutzprozess an die SiFa bekan­nt gegeben wer­den. Genau­so sieht es mit Ideen/Vorschlägen rund um die Verbesserung der Sicher­heit­skul­tur aus.

Die Erfahrun­gen der Sicher­heits­beauf­tragten aus der betrieblichen Prax­is sind wertvolle Quellen für eine Erhöhung der Sicher­heit­skul­tur und müssen ans Tages­licht gefördert werden.

Dafür lassen sich die schon bekan­nten und geschul­ten 5 Ws aus der Ersten Hil­fe nutzen:

  • Wo
  • Wer
  • Was
  • Wie
  • Warten auf Rückmeldung

HSSE-Meldebogen

Statt eines Melde­bo­gens, wie von den Beruf­sgenossen­schaften und der DGUV vorgeschla­gen, kön­nte es „HSSE-Mit­teilung“ heißen. HSSE ste­ht für Health, Safe­ty, Secu­ri­ty & Envi­ron­ment und meint betriebliche Prozesse, die Gesund­heit, Arbeitss­chutz, Sicher­heit und Umweltschutz sich­er­stellen sollen. Die Beson­der­heit­en sind dabei Kom­mu­nika­tions­feed­back beziehungsweise eine Rück­mel­dungss­chleife und die mögliche Ver­wen­dung auch für die Aspek­te Secu­ri­ty und Environment.

Ziel ist es dabei, die interne Kom­mu­nika­tion zwis­chen den Beteiligten (zum Beispiel Vorge­set­zte, Sibe und Sifa und andere) zu verbessern und vor allem zu vere­in­fachen. Dieser Bogen lässt sich auch leicht an alle Mitar­bei­t­en­den kom­mu­nizieren und mit etwas Geschick lässt sich das The­ma Beina­he-Unfälle auch gle­ich mit ein­binden. Aktuell oft noch als Papier­lö­sung zu find­en, ist es nicht schw­er, eine passende Smart­phone-App­lika­tion zu find­en oder eigen­ständig daraus pro­gram­mieren zu lassen.

 

HSSE_Mitteilung.jpg
Muster HSSE-Mit­teilung
Grafik: Magiera

Beinahe-Unfälle

Wie zuvor erwäh­nt, ist es gut und richtig, Beina­he-Unfälle zu melden und zu erfassen. Damit lässt sich eine Ein­bindung und Mitwirkung aller Mitar­beit­er erre­ichen. Allerd­ings muss dann auch eine Hand­lung erfol­gen – son­st ver­pufft die Maß­nahme. Erfol­gre­ich wird diese erst, wenn im Detail aus­gew­ertet wird und per­son­elle und zeitliche Kapaz­itäten für eine aktive Nachver­fol­gung und Feed­back gegeben sind, son­st wird nur Papi­er erzeugt und das Instru­ment ver­liert an Bedeutung.

Wie son­st kön­nten Sicher­heits­fach­män­ner und ‑frauen erfahren, welche Beina­he-Ereignisse zu einem sehr schw­eren oder tödlichen Unfall geführt hät­ten? Nur – wie wird die Qual­ität ein­er solchen Beina­he-Mel­dung wahrgenom­men? Nur als „In der Fer­ti­gung stand schon wieder eine Leit­er rum“?

Qual­ität über Quan­tität sorgt dafür, dass Ressourcen sin­nvoll einge­set­zt wer­den kön­nen. Wer hier Quan­tität pri­or­isiert, ver­bren­nt oft unnötig Energie, Zeit, Ner­ven und Geld. Die Kenn­zahl „Anzahl von Beina­he-Unfallmel­dun­gen pro Jahr“ hat wenig Wirkung, denn sagt sie wirk­lich etwas aus? Sind viele gemeldete Beina­he-Unfälle ein gutes Zeichen oder sind wenige Mel­dun­gen besser?

Wer­den diese jedoch ins Ver­hält­nis zu den realen Unfällen geset­zt, ist die Aus­sagekraft größer. Am besten noch in Kor­re­la­tion zu der Anzahl der gemelde­ten Beina­he-Ereignisse, die zu einem sehr schw­eren oder tödlichen Unfall hät­ten führen kön­nen, je Mitar­beit­er­an­zahl oder geleis­teten Arbeitsstunden.

 

statistik_DGUV.jpg
Verteilung der Arbeit­sun­fälle nach Alters­grup­pen (Tabelle 19)
Grafik: © Arbeit­sun­fallgeschehen 2022 DGUV

HSSE-Zahlen – KPIs im Arbeitsschutz

Wie bei allen anderen Geschäftsvorgän­gen in einem Betrieb wer­den auch beim Arbeitss­chutz Dat­en zum Nach­weis der Leis­tung gesam­melt und aus­gew­ertet. Daraus wer­den je nach Auswahl ver­lässliche Schlüs­selkenn­zahlen KPI (Key Per­for­mance Indi­ca­tor = Schlüs­selkenn­zahlen) genutzt [6].

Mit Kenn­zahlen lassen sich

  • Betriebliche Vorgänge messen
  • Kom­plexe betriebliche Sachver­halte beurteilen und ein­fach zutr­e­f­fend darlegen
  • Gradmess­er für die Zukun­ft festhalten
  • Kri­tis­che Erfol­gs­fak­toren festmachen
  • Sachver­halte messen beziehungsweise beurteilen

KPIs sind oder soll­ten inte­graler Bestandteil der Arbeit eines jeden HSSE/OSH-Man­agers sein. Der KVP (Kon­tinuier­lich­er Verbesserung­sprozess) in einem erfol­gre­ichen Sicher­heits­man­age­mentsys­tem mit seinen Gesund­heits- und Sicher­heits­stan­dards sowie Sicher­heitsver­fahren kann nur dann funk­tion­ieren, wenn man die Aktion­spunk­te ken­nt. KPI – wenn auch gerne spöt­tisch als „Kein-Plan-Indika­tor“ beze­ich­net – bilden richtig genutzt eine wertvolle Chance zur Verbesserung.

Kenn­zahlen erset­zen keine Men­schen, die aktiv wer­den, aber je nach Ein­satz kön­nen diese Dat­en zur Kon­trolle und Steuerung gut einge­set­zt wer­den: zum Beispiel Kenn­zahlen, die die derzeit­ige Sit­u­a­tion beziehungsweise die Ver­gan­gen­heit beschreiben, oder Kenn­zahlen, die als Steuerungs­größen für die zukün­ftige Entwick­lung dienen. KPIs wer­den häu­fig mit der SMART-Meth­ode bes­timmt, um sie effek­tiv und gut nutzen zu kön­nen. Oft wird dann von charak­ter­is­tis­chen Eigen­schaften der KPIs gesprochen. Sie soll­ten Spez­i­fisch, Mess­bar, Aus­führbar (erreichbar/umsetzbar), Relevant/realistisch und Ter­miniert (fristgerecht/zeitgebunden) sein. Dabei nicht vergessen: Kenn­zahlen, die nicht ein­deutig definiert sind und Spiel­raum für Inter­pre­ta­tio­nen lassen, sind meist sinnlos.

 

Verkehrswegeunfaelle.jpg
Arbeit­sun­fälle beim inner­be­trieblichen Trans­port (Tabelle 54)
Grafik: © Arbeit­sun­fallgeschehen 2022 DGUV

Welche Kennzahlen wählen?

Die Kenn­zahlen müssen das Unternehmen und seine Beson­der­heit­en wider­spiegeln. Ziel ist eine per­sön­liche Bal­ance Score­card im Arbeitss­chutz oder HSSE. Wie so oft im Leben, ist die Mis­chung aus zwei Kenn­zahle­narten (Lag­ging Indi­ca­tors und Lead­ing Indi­ca­tors in Form von Früh- und Spätindika­toren) oft die beste Lösung.

Mit fol­gen­den Fra­gen kann der Start in die Kenn­zahlen-Find­ung erle­ichtert wer­den. Auch hier spielt der PDCA-Zyk­lus aus dem Ablauf der Gefährdungs­beurteilung eine Rolle.

  • Was ist unser Ziel? Welchen dauer­haften Abgle­ich von Ist und Soll möcht­en wir sicht­bar machen?
  • Warum ist uns das wichtig?
  • Wie überprüfen/messen wir Fortschritte/Abweichungen auf dem Weg zum Ziel?
  • Wie kön­nen wir dieses Ergeb­nis beeinflussen?
  • Wer trägt die Ver­ant­wor­tung für das Ergebnis?
  • Wie und woran stellen wir fest beziehungsweise sich­er, dass dieses Ziel erre­icht ist?

Ins­beson­dere die let­zte Frage geht mit der immer wieder gestell­ten betrieblichen Frage ein­her: „Wie und wom­it find­en Über­prü­fun­gen der Wirk­samkeit der im Betrieb fest­gelegten Arbeitss­chutz­maß­nah­men statt?“. Dafür muss nie­mand das Rad neu erfind­en. Hil­fre­ich sind Bench­mark-Ver­gle­iche aus der eige­nen Branche. Welche Zahlen kom­men dort vor, welche wer­den emp­fohlen? So zum Beispiel Kenn­zahlen Chemis­che Indus­trie, „Leit­faden zur Erfas­sung von Per­for­mance-Indika­toren für die Anla­gen­sicher­heit“ oder „Kenn­zahlen im Arbeitss­chutz“ – bei­des vom VCI (Ver­band der Chemis­chen Indus­trie e. V.).

Um die Möglichkeit glob­aler Ver­gle­ich­barkeit bei inter­na­tionalen Konz­er­nen zu sich­ern, kann es hil­fre­ich sein, Kenn­zahlen zu ver­wen­den, die bere­its als Stan­dards ver­bre­it­et sind und die über ihren glob­alen Erfahrungszeitraum/Anwendungszeit wenig Inter­pre­ta­tion beziehungsweise Änderun­gen erfahren haben.

 

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Ver­let­zte Kör­perteile (Tabelle 29)
Grafik: © Arbeit­sun­fallgeschehen 2022 DGUV

Als generell anerkan­nte Kenn­zahlen im Arbeitss­chutz gel­ten die ver­schiede­nen For­men der Unfall­sta­tis­tik wie zum Beispiel die glob­al gebräuch­liche Kenn­zahl LTIR (Loss Time Injury Rate oder Lost Time Inci­dent Rate), bekan­nt als Maß für die Unfall­häu­figkeit. All­ge­mein definiert als Anzahl von Arbeit­sun­fällen mit min­destens einem Tag Aus­fal­lzeit bezo­gen auf die geleis­teten Arbeitsstun­den, fest­set­zt auf 1 Mio. Arbeitsstunden.

Alle Mitar­bei­t­en­den soll­ten ver­ste­hen, wie sie die sicht­baren und gut kom­mu­nizierten KPIs bee­in­flussen kön­nen und was ihr Beitrag zum geset­zten Unternehmen­sziel ist. Daher immer kri­tisch fra­gen: Wie gut ist die Daten­er­fas­sung und wie gut ist die Maß­nah­menum­set­zung? Ana­log zur Gefährdungs­beurteilung müssen auch die Kenn­zahlen regelmäßig auf den Prüfstand.

Wenn Schlüs­selkennze­ichen nicht zur Vor­lage dienen sollen, geht es auch ein­fach­er: Die Bun­de­sanstalt für Arbeitss­chutz und Arbeitsmedi­zin (BAuA) veröf­fentlicht „Arbeitswelt im Wan­del – Zahlen, Dat­en und Fak­ten“ oder die DGUV jährlich ihre Sta­tis­tik zum Arbeit­sun­fallgeschehen [7]. 

Es ist möglich, die DGUV-Unfal­lzahlen mit den betrieblichen Erfahrun­gen abzu­gle­ichen oder zu kom­binieren und Schlussfol­gerun­gen daraus zu ziehen: Was und wo ver­let­zten sich unsere Mitar­beit­er am häu­fig­sten? So gibt die Sta­tis­tik des Arbeit­sun­fallgeschehens 2022 der DGUV Auskun­ft über die ver­let­zten Kör­perteile (Tabelle 29) wie auch über Absturz-Orte und vieles mehr.

Daraus leit­en sich Impulse ab: Nach Tabelle 39 passieren mehr als die Hälfte aller Absturzun­fälle in der Höhe auf Trep­pen und Däch­ern. Impuls: Wann war die let­zte Leiterun­ter­weisung? Wie ste­ht es mit den Dachsicherun­gen und Sekuranten?

Weit­ere Erken­nt­nis: Erfahrene Mitar­bei­t­ende verun­fall­en häu­figer (Tabelle 17). Impuls: Kol­le­gen und Kol­legin­nen im Rah­men der Jahre­sun­ter­weisung auf diese Beson­der­heit aufmerk­sam machen.

 

Tabelle_39_Absturzunfaelle_(2).jpg
Absturzun­fälle (Tabelle 39)
Grafik: © Arbeit­sun­fallgeschehen 2022 DGUV

KI in der Verkehrsunfall-Prävention

Das Pro­jekt Kün­stliche Intel­li­genz für die Verkehrssicher­heit­sar­beit KI4Safety hat es vorgemacht und lässt sich für die Verkehrssicher­heit im Betrieb anpassen. Die Forschen­den haben unter­sucht, wie der Ein­satz von Kün­stlich­er Intel­li­genz (KI) dazu beitra­gen kann, die Unfal­lzahlen zu reduzieren. Aus­gangspunkt war eine Soft­ware, die mit­tels KI Luft­bilder auswerten und Unfal­lzahlen schätzen kon­nte. Als Grund­lage dien­ten Bild­dat­en aus der Luft von Verkehr­swe­gen. Als Ergeb­nis hat das Sys­tem sicher­heit­srel­e­vante Infra­struk­turmerk­male und Muster automa­tisiert erkannt.

Dabei zeigen Beispiele aus dem Maß­nah­menkat­a­log gegen Unfall­häu­fun­gen deut­lich, dass durch die Anwen­dung von KI auf Big Data viele Ein­blicke gewon­nen wer­den kön­nen. Die bish­eri­gen Verkehrssicher­heit­sun­ter­suchun­gen kon­nten dies bish­er nur mit sehr großem per­son­ellem und finanziellem Aufwand beziehungsweise waren gar nicht in der Lage, Dat­en zu liefern. Das Sys­tem bietet Ansätze zur Unter­stützung der prak­tis­chen Verkehrssicher­heits- und Pla­nungsar­beit [8].

In der Prax­is wird es immer schwieriger, Zahlen von inner­be­trieblichen Verkehrsun­fällen zu senken. Auf großen Indus­triegelän­den oder auf unüber­sichtlichen Großbaustellen ist das eine Her­aus­forderung. Das zeigen auch die Zahlen aus den Sta­tis­tiken der let­zten Jahre (Tabelle 54). Es lässt sich schlussfol­gern, es müssen neue Ansätze her. In der Lit­er­atur über Verkehr­swege heißt es: „Die sichere Gestal­tung von Verkehr­swe­gen ist in der Arbeitsstät­ten­regel ASR A1.8 „Verkehr­swege“ geregelt. Damit im späteren Betrieb von Verkehr­swe­gen keine Gefährdun­gen für Sicher­heit und Gesund­heit der Beschäftigten aus­ge­hen, ist bere­its bei der Pla­nung von Verkehr­swe­gen die Art des Betriebes zu berücksichtigen.“

So kön­nte man eine Drohne die betrieblichen Verkehr­swege erfassen lassen und KI die Bilder auswerten lassen. Daraus ließen sich Ansätze zur Unter­stützung der betrieblichen Verkehrssicher­heit und in der Gestal­tungsar­beit von Verkehr­swe­gen gener­ieren. Im Fokus müssen dabei – wie auch im Pro­jekt ersichtlich – die Dat­en und Fak­ten aus der betrieblichen Verkehrssicher­heit­sprax­is in Zusam­me­nar­beit mit den Erfahrun­gen den betrieblichen Akteuren des Arbeitss­chutzes stehen.

Quellen:
[1] siehe Freudemann/Weber, „Die struk­turi­erte Unfal­l­analyse“, SI 11/21.
[2] Ermit­tlung grundle­gen­der Ursachen von Arbeit­sun­fällen in kleinen und mit­tleren Unternehmen“, https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/F2287–2.html
[3] KMU und Präven­tion­skul­tur, https://www.dguv.de/medien/inhalt/praevention/visionzero/kulturderpraevention/pasig.pdf
[4] Pro­gramm „Dig­i­tal Jet­zt“, https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Dossier/digital-jetzt.html
[5] DGUV Infor­ma­tion 211–042 „Sicher­heits­beauf­tragte“, S. 31, Abb. 20.
[6] Kenn­zahlen in der betrieblichen Prax­is. Haufe-Fach­buch, 2014.
[7] DGUV Arbeit­sun­fallgeschehen 2022, https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/4759.
[8] Kün­stliche Intel­li­genz für die Verkehrssicher­heit­sar­beit – KI4Safety https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Artikel/DG/mfund-projekte/kiforsafety.html.


Autor: Carsten Magiera
Sicherheitsingenieur
Sachver­ständi­ger für Arbeitssicher­heit, Arbeits- und Gesund­heitss­chutz, Koor­di­na­tor für Sicher­heit und Gesundheit
 
Foto: pri­vat
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