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Brandschutz in Betriebliches Risikomanagement integrieren

Brandschutz sucht „Herrchen“
Brandschutz in Betriebliches Risikomanagement integrieren, Teil 1

Brände und Explo­sio­nen zählen zu den ver­gle­ich­sweise sel­te­nen Schadensereignis­sen, sind aber in der Regel mit beson­ders schw­er­wiegen­den Auswirkun­gen für Beschäftigte, Unternehmen und Umwelt ver­bun­den. Für die Sicher­heitsin­ge­nieure stellen die Ermit­tlung und Bew­er­tung von Brandge­fahren, die Entwick­lung und Real­isierung adäquater Sicher­heitsstrate­gien sowie deren Inte­gra­tion in die betriebliche Sicher­heit­sphiloso­phie eine beson­dere Anforderung dar, die hin­sichtlich ein­er Konkretisierung des Arbeitss­chutzge­set­zes zu erfüllen sind.
 

Mit Brand­schutz im eigentlichen Sinne hat sich der Arbeitss­chutz in Deutsch­land in der Ver­gan­gen­heit eher sel­tener befasst, da die Brand­ver­hü­tung his­torisch bed­ingt den örtlichen Feuer­wehren sowie den Sachver­sicherten zugeschrieben wurde. Der Brand- und Katas­tro­phen­schutz gehört in die Geset­zge­bungszuständigkeit der Bun­deslän­der (Art. 70 Abs. 1 i.V.m. 72–74 GG). Unter­schiede in den Brand­schutzge­set­zen der einzel­nen Bun­deslän­der beruhen im Wesentlichen auf unter­schiedlichen Kom­mu­nalver­fas­sun­gen und his­torischen Gegeben­heit­en. Diese Geset­ze gehören darüber hin­aus zum großen Bere­ich des Polizei- und Ordnungsrechts.
Zudem bieten die Maß­nah­men eines präven­tiv­en Brand­schutzes immer wieder Anlass zu engagierten Diskus­sio­nen, da die Vor­sorge für ein höchst sel­ten ein­tr­e­f­fend­es Ereig­nis unter Umstän­den mit hohen Investi­tio­nen ver­bun­den ist. Emo­tionale Ein­flussgrößen wie Angst, Frus­tra­tion, Ehrgeiz, aber auch materielle Über­legun­gen wie Gewinn, Ver­lust und Konkur­ren­zsi­t­u­a­tion prä­gen die Diskus­sion. Dieses Span­nungsver­hält­nis zwis­chen Wirtschaft, Behörde und Poli­tik stellt ein lebendi­ges Gebilde dar, von welchem die sicher­heit­spolizeilichen Über­legun­gen mit­ge­tra­gen wer­den müssen.
Ander­er­seits fordert die Europäis­che Gemein­schaft schon 1994 im Grund­la­gen­doku­ment Brand­schutz Nr.2: Wesentliche Anforderun­gen: „Inge­nieurmeth­o­d­en für die Brand­sicher­heit sind ein Ansatz zur Anwen­dung inge­nieurgemäßer Grund­sätze zur Bew­er­tung des erforder­lichen Brand­sicher­heit­sniveaus und zur Bemes­sung und Berech­nung der notwendi­gen Schutzmaßnahmen“.
Mit der Umset­zung ver­schieden­er EU-Richtlin­ien rückt der Brand­schutz ver­stärkt in den Fokus des Arbeitss­chutzes. Dieses ins­beson­dere für Betreiberpflicht­en unter dem Gesicht­spunkt der Anforderun­gen aus der Gefahrstoff-Richtlin­ie 98/24/EG und der Richtlin­ie für Arbeit­en in explo­sions­fähiger Atmo­sphäre 1999/92/EG, als auch für den Her­steller eines Pro­duk­tes entsprechend der Maschi­nen-Richtlin­ie 2006/42/EG sowie der Explo­sion­ss­chutz-Richtlin­ie 94/9/EG. Deut­lich wird, dass es Strate­gie der Brüs­sel­er Kom­mis­sion ist, dem Brand­schutz ein erhöht­es Augen­merk zu wid­men und über alle Bere­iche des betrieblichen Brand­schutzes ein schlüs­siges Regel­w­erk zu leg­en. Dieser Ansatz bes­timmt nun­mehr auch die Sichtweise des Arbeitss­chutzes. So fordert die Gefahrstof­fverord­nung in Umset­zung der Richtlin­ie 98/24/EG in „§12 Ergänzende Schutz­maß­nah­men gegen physikalisch-chemis­che Ein­wirkun­gen, ins­beson­dere gegen Brand-und Explo­sion­s­ge­fahren“, dass der Arbeit­ge­ber auf der Grund­lage der Gefährdungs­beurteilung nach § 5 Arb­SchG und § 7 Gef­Stof­fV „tech­nis­che und organ­isatorische Maß­nah­men“ durchzuführen hat, um die Beschäftigten gegen Gefährdun­gen durch physikalisch-chemis­che Eigen­schaften von Gefahrstof­fen zu schützen. Hierin zeigt sich die erweit­erte Koor­dinierungskom­pe­tenz, die sich in der Auf­gaben­wahrnehmung der Sicher­heitsin­ge­nieure widerspiegelt.
Bei tiefer­ge­hen­der Betra­ch­tung wird aber ein Kom­pe­ten­zkon­flikt zwis­chen tradiert­er Lan­des­ge­set­zge­bung und der Arbeitss­chutzge­set­zge­bung des Bun­des deutlich.
Betrieblich­er und organ­isatorisch­er Brandschutz
Ein klas­sis­ches Feld sicher­heit­stech­nis­ch­er Beratung und wesentlich­er Bestandteil des vor­beu­gen­den Brand­schutzes sind die Bere­iche Brand­ver­hü­tung und das Ver­hal­ten von Per­so­n­en im Brand­fall. Die dafür notwendi­gen Regeln und Ver­hal­tensweisen wer­den im betrieblichen Brand­schutz durch die Ein­führung ein­er Brand­schut­zor­gan­i­sa­tion beschrieben. Ziel dieser betrieblichen Brand­schut­zor­gan­i­sa­tion ist:
  • die Ver­hin­derung eines Entstehungsbrandes,
  • die wirkungsvolle Brand­bekämp­fung durch die Mitarbeiter,
  • eine schnelle und sichere Alarmierung und Räu­mung des Objektes,
  • die notwendi­gen Vor­bere­itun­gen für den Ein­satz der Feuerwehr,
  • Haf­tungsrechtliche Absicherung des Betreibers/Unternehmers (Verkehrssicherungspflicht­en, Organisationsverschulden).
Um diese Ziele zu erre­ichen, bedarf es fol­gen­der Schritte:
  • Auswer­tung der Bau- und Betriebsgenehmigungen,
  • Analyse der inter­nen Organisationsstruktur,
  • Fes­tle­gung von han­del­nden Per­so­n­en im Brand­fall (Brand­schutz­funk­tion­sstellen),
  • Erar­beitung eines Alarmierungskonzeptes sowie eines Räumungsplans,
  • Schaf­fung von Hand­lungsan­weisun­gen für jede Brandschutzfunktionsstelle,
  • Regelmäßige Unter­weisun­gen der Mitarbeiter.
Der for­male Rah­men für die Beschrei­bung ein­er betrieblichen Brand­schut­zor­gan­i­sa­tion wird auf der Grund­lage der Tech­nis­chen Regeln für Arbeitsstät­ten ASR A 2.2 “Schutz bei Entste­hungs­brän­den” sowie durch die DIN 14096 Teil 1–3 „Brand­schut­zord­nung“ gebildet. In Abhängigkeit von den beson­deren Risiken und Prob­lem­stel­lun­gen des zu betra­ch­t­en­den Objek­ts ist es erforder­lich, über den Rah­men der Brand­schut­zord­nung hin­aus zu gehen.
Brand­schut­zor­gan­i­sa­tion
Die betriebliche Umset­zung des genehmigten Brand­schutzkonzeptes – ggf. in Verbindung mit zusät­zlichen Aufla­gen der Genehmi­gungs­be­hörde – erfordert die Ein­führung ein­er betrieblichen Brand­schut­zor­gan­i­sa­tion. Diese liegt in der Ver­ant­wor­tung des Unternehmers. Er ist für die Betrieb­ssicher­heit ver­ant­wortlich, also sowohl für den Schutz der in seinem Objekt anwe­senden Per­so­n­en als auch für den Schutz der vorhan­de­nen Sachgüter. Entsprechende Pla­nun­gen und Anweisun­gen betr­e­f­fen neben den Mitar­beit­ern beispiel­sweise auch Fremd­fir­men und Besucher.
Ziel der Brand­schut­zord­nung ist es, Ver­hal­tensregeln festzule­gen, die unter anderem. den Ein­tritt eines Schadens ver­hin­dern, die Mitar­beit­er dazu befähi­gen, Entste­hungs­brände wirk­sam zu bekämpfen, eine organ­isierte Räu­mung des Objek­tes zu ermöglichen und die beglei­t­en­den Maß­nah­men für den Ein­satz der Feuer­wehr vorzubereiten.
Nach DIN 14096 Teil 1 – 3 gliedert sich eine Brand­schut­zord­nung in die Teile A, B und C. Die Teile bein­hal­ten im Einzelnen:
Teil A:
all­ge­mein gehal­tener Aushang mit Not­fall­rufnum­mern und Schlag­worten für das Ver­hal­ten im Brandfall.
Teil B:
richtet sich an alle Per­so­n­en, die sich nicht nur vorüberge­hend in der baulichen Anlage aufhal­ten. Dieser Teil enthält weit­er­führende Anweisun­gen und Ver­hal­tensregeln zur Brand­ver­hü­tung und zum Ver­hal­ten im Brandfall.
Teil C:
wen­det sich auss­chließlich an Per­so­n­en, denen beson­dere Auf­gaben für die Gefahren­ab­wehr über­tra­gen wur­den. Teil C beschreibt außer den Funk­tio­nen und Auf­gaben zum Beispiel auch die Alarmierung und konkrete Vorkehrun­gen für die Räu­mung im Alarm­fall sowie Maß­nah­men nach einem Schadensfall.
Auf­bau ein­er Brandschutzorganisation
Die Brand­schut­zor­gan­i­sa­tion soll mögliche Brände ver­hin­dern oder zu ein­er effek­tiv­en Brand­bekämp­fung führen. Zur Beurteilung der notwendig zu tre­f­fend­en Maß­nah­men des vor­beu­gen­den Brand­schutzes wird eine Ermit­tlung der Brandge­fährdung empfohlen.
Die Brandge­fährdung wird dabei in drei Stufen eingeteilt:
  • Geringe Brandge­fährdung liegt vor, wenn Stoffe mit geringer Entzünd­barkeit vorhan­den sind und die örtlichen und betrieblichen Ver­hält­nisse nur geringe Möglichkeit­en für eine Bran­dentste­hung bieten und wenn im Falle eines Bran­des mit geringer Bran­daus­bre­itung zu rech­nen ist.
  • Mit­tlere Brandge­fährdung liegt vor, wenn Stoffe mit hoher Entzünd­barkeit vorhan­den sind und die örtlichen und betrieblichen Ver­hält­nisse für die Bran­dentste­hung gün­stig sind, jedoch keine große Bran­daus­bre­itung in der Anfangsphase zu erwarten ist.
  • Große Brandge­fährdung liegt vor, wenn Stoffe mit hoher Entzünd­barkeit vorhan­den sind; die örtlichen und betrieblichen Ver­hält­nisse große Möglichkeit­en für eine Bran­dentste­hung darstellen und in der Anfangsphase mit großer Bran­daus­bre­itung zu rech­nen ist oder eine Zuord­nung in mit­tlere oder geringe Brandge­fährdung nicht möglich ist.
Von der Ermit­tlung der Brandge­fährdung ist das weit­ere Vorge­hen zur Erar­beitung ein­er funk­tion­ieren­den Brand­schut­zor­gan­i­sa­tion abhängig. Der vor­beu­gende organ­isatorische Brand­schutz umfasst nicht nur die tech­nis­chen Möglichkeit­en, wie z.B. die geeigneten Bau­ma­te­ri­alien, die Ausweisung von Brand­ab­schnit­ten, den Ein­satz geeigneter Werk­stoffe, Flucht- und Ret­tungswe­gen. Er enthält zudem ergänzende Maß­nah­men, die das Ver­hal­ten der Beschäftigten und anderen anwe­senden Per­so­n­en vor, während und nach Brän­den steuern und bee­in­flussen sollen. Hierzu zählen u.a. das Erar­beit­en von Brand­schut­zord­nun­gen, die auch in Form von Aushän­gen das Ver­hal­ten direkt steuern. Die Erstel­lung von Alarm­plä­nen, Feuer­wehrplä­nen sowie die Kennze­ich­nung von Fluchtwe­gen und Notaus­gän­gen ist ein weit­er­er, wichtiger Bestandteil der Brand­schut­zor­gan­i­sa­tion. Die vorzeit­ige Ein­beziehung der örtlichen Feuer­wehr gehört eben­falls dazu. Der Auf­bau ein­er Brand­schut­zor­gan­i­sa­tion kann sich entsprechend Abb. 2 darstellen.
Rauch­abführung durch Lüftung
Bei Brän­den in Gebäu­den liegt die Anzahl der getöteten Per­so­n­en durch Ver­rauchung bei ca. 80 Prozent. Aber auch die Sach­schä­den durch Rauch sowie die damit ver­bun­de­nen Ver­mö­genss­chä­den, z.B. durch Betrieb­sun­ter­brechun­gen, haben eine ganz erhe­bliche Bedeutung.
Bei Neu‑, Änderungs- und Erweiterungs­baut­en gilt es, den Schaden­sum­fang durch Rauch- und Wärme­abzugs­geräte bzw. ‑anla­gen zu ver­ringern. Durch aus­re­ichend dimen­sion­ierte Öff­nungs­flächen und eben­so notwendi­gen Zuluftöff­nungs­flächen wird erre­icht, dass im Brand­fall Rauch- und Brandgase ins Freie abgeleit­et wer­den kön­nen. Dadurch wird erreicht:
  • Sicherung der Flucht- und Rettungswege,
  • geziel­ter und unge­fährde­ter Ein­satz der Löschkräfte,
  • Schutz der Gebäudekon­struk­tion durch Abführung der durch den Brand gebilde­ten Wärme,
  • Ver­min­derung der durch Brandgase und ther­mis­che Zer­set­zung­spro­duk­te verur­sacht­en Brandfolgeschäden.
Abb. 3 zeigt die Erfordernisse ein­er gesicherten Entrauchung und Entwärmung.
Im Gegen­satz zum Bauord­nungsrecht wer­den bei Arbeitsstät­ten nur Fluchtwege und Notaus­gänge betra­chtet. Dabei soll für jeden Beschäftigten die Möglichkeit beste­hen, einen Raum im Schadens­fall auf zwei unab­hängi­gen Fluchtwe­gen ver­lassen zu können.
 

Autor
Dr. Klaus Scheuer­mann ist Inhab­er der Dr. Scheuer­mann GmbH – Man­age­ment Con­sult­ing für Sys­tem­sicher­heit in München. Er ist langjähriges Mit­glied im Ver­band Deutsch­er Sicher­heitsin­ge­nieure (VDSI). Dr. Klaus Scheuer­mann ist darüber hin­aus als Audi­tor für die Gesellschaft für Qual­ität im Arbeitss­chutz (GQA) – eine Tochterge­sellschaft des VDSI – tätig. E‑Mail: info@dr-scheuermann-gmbh.de
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