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Lohnt sich ein Studium?

Weiterbildung im Arbeitsschutz
Lohnt sich ein Studium?

Erhöht ein Hochschu­la­b­schluss die Chan­cen ein­er Fachkraft für Arbeitssicher­heit auf eine gut dotierte Fes­tanstel­lung in der Indus­trie? Oder ist Hochqual­i­fizierung vielmehr ein Hin­der­nis bei der Stel­len­suche in kosten­be­wussten Unter-nehmen? Und welche Möglichkeit­en beste­hen über­haupt, nachträglich noch einen Hochschu­la­b­schluss zu machen?

Arbeits­markt
Im Jahr 2007 gab es in Deutsch­land 100.352 Fachkräfte für Arbeitssicherheit1, kurz „Sicher­heits­fachkräfte“. Größte Arbeit­ge­ber waren die Met­allindus­trie (37.740), Han­del und Ver­wal­tung (17.490) und die Bauin­dus­trie (9.464). Die Sta­tis­tik bildet die tat­säch­liche Sit­u­a­tion allerd­ings nur schein­bar scharf ab, weil min­destens vier unter­schiedliche Beschäf­ti­gungs­for­men für Sicher­heits­fachkräfte typ­isch sind und damit eine präzise Branchen­zuord­nung oft scheit­ert. Es gibt
  • inner­be­triebliche Vol­lzeit-Sicher­heits­fachkräfte mit und ohne Leitungsfunktion,
  • inner­be­triebliche Teilzeit-Sicher­heits­fachkräfte mit und ohne zusät­zliche Leitungsfunktion,
  • bei über­be­trieblichen Dien­sten angestellte Sicher­heits­fachkräfte und
  • freiberu­flich-selb­st­ständi­ge Sicherheitsfachkräfte.
Eine Langzeit­studie zur Tätigkeit von Sicherheitsfachkräften2 fand in ein­er deutsch­landweit­en Stich­probe lediglich einen Anteil von 5,4 % wirk­lich freiberu­flich­er Sicher­heits­fachkräfte. Dage­gen standen 94,6 % der Befragten in einem Beschäf­ti­gungsver­hält­nis. Es darf also unter­stellt wer­den, dass eine Fes­tanstel­lung primäre Beruf­sop­tion ist. Somit spie­len for­mal fest­stell­bare Qual­i­fika­tion­s­merk­male (Bil­dungsab­schlüsse, Beruf­ser­fahrung, Zusatzqual­i­fika­tio­nen) in einem Auswahlver­fahren und bei der Lohn­find­ung eine große Rolle.
Fachkräftebe­darf und offene Stellen
Geht man von ein­er 30-jähri­gen Ver- weil­dauer im Beruf aus, ergibt sich durch alterungs­be­d­ingte Fluk­tu­a­tion ein Ersatzbe­darf von jährlich 3.345 Nach­wuchs-kräften. Tat­säch­lich zur öffentlichen Auss­chrei­bung gelan­gen erhe­blich weniger Stellen. Eine Abfrage bei der Bun­de­sagen­tur für Arbeit3 förderte bun­desweit 163 sofort zu beset­zende Stellen zutage. Die Gültigkeit der kosten­losen Ein­träge ist allerd­ings sel­ten nachvol­lziehbar, da viele schon sehr lange online standen, einige unvoll­ständig waren oder sich als Dup­likate zu erken­nen gaben. Zuver­läs­sig und für Arbeit­ge­ber kostenpflichtig präsen­tiert sich dem Benutzer das pri­vate Por­tal „Monster.de“. In ein­er Kundenbefragung4 kan­nten es 80 % aller Job­börsen­nutzer und es kam auf höhere Pop­u­lar­itätswerte als die Bundesagentur.
Eine konkrete Suche auf „Monster.de“ lieferte 26 aktuelle Stel­lenof­fer­ten für Sicherheitsfachkräfte5 (siehe Tabelle auf Seite 46). In der Tabelle wur­den diese nach ein­fachen Merk­malen analysiert. In erster Lin­ie war dabei von Inter­esse, welche zusät­zlichen Anforderun­gen an Bewer­ber gestellt wer­den, die nicht unmit­tel­bar der Erfül­lung der Auf­gaben nach § 6 Arbeitssicher­heits­ge­setz zuzuord­nen sind. Danach wurde unter­sucht, ob sich ein Zusam­men­hang zwis­chen Qual­i­fika­tion, Hier­ar­chi­estufe (Führungsauf­gaben oder nicht) und Vergü­tung her­stellen lässt.
Qual­i­fika­tion und zusät­zliche Anforderungen
Bei 14 Stel­lenange­boten wird ein Hochschu­la­b­schluss ver­langt, wobei im Text nicht zwis­chen Uni­ver­sität und Fach­hochschule oder zwis­chen Bach­e­lor und Mas­ter unter­schieden wird. Hinge­gen suchen zwölf Unternehmen expliz­it nach ein­er Sicher­heits­fachkraft mit Tech­niker- oder Meis­terqual­i­fika­tion. Hochschu­la­b­sol­ven­ten sind bei den Bewer­bungsmöglich- keit­en leicht im Vorteil, zumal sie sich natür­lich auch auf alle Tech­niker- und Meis­ter­stellen bewer­ben kön­nten. „Zu hoch“ qual­i­fizierte Bewer­ber wer­den in kein­er der Offer­ten aus­geschlossen, was in der Prax­is ver­mut­lich trotz­dem vorkommt.
Zusatzken­nt­nisse über das all­ge­meine Berufs­bild hin­aus oder Spezialer­fahrun­gen wer­den sel­ten aus­drück­lich ver­langt, mit ein­er deut­lichen Aus­nahme: anwen­dungs­bere­ites Englisch, näm­lich in 18 von 26 Fällen. Ohne aus­re­ichende Englis­chken­nt­nisse schrumpft die Zahl der Bewer­bungsmöglichkeit­en auf ein knappes Drit­tel, und das unab­hängig von der Qualifikation.
Vergü­tung­shöhe und Führungs- verantwortung
Sta­tis­tiken über das Erwerb­seinkom­men von Sicher­heits­fachkräften gibt es nicht. In der betrieblichen Hier­ar­chie befind­en sie sich oft auf ein­er Stab­stelle ohne eigene Führungsauf­gaben. Allerd­ings sind dur­chaus auch höhere Posi­tio­nen im Arbeits- und Umweltschutz mit Sicher­heits­fachkräften zu beset­zen, die wiederum eigene Mitar­beit­er führen. In den analysierten Stel­lenange­boten sind Führungsauf­gaben in allen vier Fällen den Hochschu­la­b­sol­ven­ten vorbehalten.
Bei ein­er Durch­sicht der Stel­lenange­bote fällt auf, dass sich die Arbeit­ge­ber bei den Gehalt­sangaben bedeckt hal­ten. Zwei konkrete Benen­nun­gen ein­er Summe oder ein­er Tar­if­stelle sind daher zwar auf­schlussre­ich, aber sta­tis­tis­che Arte­fak­te. In zwei weit­eren Fällen wird der Spiel­raum erk­lärter­maßen von der Qual­i­fika­tion bes­timmt. Ein möglichst hoher Hochschu­la­b­schluss liefert also die bessere Verhandlungsposition.
Welche Weit­er­bil­dung ist richtig?
Dieser kurze Blick auf den Stel­len­markt mag eine Momen­tauf­nahme sein, deutet aber auf zwei wichtige Trends hin:
  • Ein Studi­um lohnt sich. Hochschu­la­b­sol­ven­ten haben wesentlich mehr Bewer­bungsmöglichkeit­en, bessere Ver­hand­lungspo­si­tio­nen beim Gehalt und bessere Chan­cen auf Führungsposi- tionen.
  • Ohne die Qua­si-Welt­sprache Englisch kom­men Sicher­heits­fachkräfte kaum noch aus.
Sicher­heits­fachkräfte ohne Hochschu­la­b­schluss sind ohne aus­re­ichende Englis­chken­nt­nisse dop­pelt benachteiligt: Von 26 offe­nen Stellen kom­men nur noch vier für eine Bewer­bung in Frage.
Während es zum Englis­chler­nen stets greif­bare Möglichkeit­en gibt (Abend­kurse, Pri­vatun­ter­richt, Sprachreisen, Volk­shochschulen), ist der nachträgliche Erwerb eines Hochschu­la­b­schlusses an einige Vorüber­legun­gen geknüpft:
  • 1. Lässt die beru­fliche und famil­iäre Sit­u­a­tion ein Weit­er­bil­dungsstudi­um über­haupt zu? Ein berufs­be­glei­t­en­des Studi­um dauert meist zwei Jahre und nimmt min­destens fünf Tage pro Monat für Lehrver­anstal­tun­gen und Prü­fun­genin Anspruch. Hinzu kommt noch viel Zeit zum Selbststudium.
  • 2. Welch­es ist die geeignete Stu­di­en­form? Eine Alter­na­tive zum berufs­be­glei­t­en­den Studi­um ist ein reines Fern­stu-dium. Bei let­zterem beste­ht nur zu den Prü­fun­gen Anwe­sen­heit­spflicht am Hochschu­lort. Dafür ist die Auswahl der Fäch­er eingeschränkt.
  • 3. Welch­es ist das passende Stu­di­en­fach? Uni­ver­sitäten und andere Hochschulen bieten in Deutsch­land ein bre­ites Spek­trum an Bach­e­lor- und Mas­ter­stu­di­engän­gen in den Fäch­ern Arbeits‑, Umwelt und Gesund­heitss­chutz. Spezielle Stu­di­en­möglichkeit­en wur­den an dieser Stelle bere­its früher vorgestellt6. Das Por­tal „studieren.de“ lis­tet zu allen drei Such­be­grif­f­en zahlre­iche Angebote.
  • 4. Was kostet ein Weit­er­bil­dungsstudi­um? Kosten­freie Ange­bote sind rar. An pri­vat­en oder öffentlich getra­ge­nen Hochschulen wer­den Stu­di­enge­bühren zwis­chen 12.000,- und 17.000,- Euro fäl­lig. Das ist im inter­na­tionalen Ver­gle­ich recht gün­stig. Angesichts der besseren Arbeits­markt- und Einkom­men­schan­cen ist ein Weit­er­bil­dungsstudi­um eine rentable und sichere Investition.
Studieren auch ohne Abitur?
Die Trans­parenz des Bil­dungsauf­stiegs hat die Bun­desregierung zum bil­dungspoli­tis­chen Ziel erhoben. Im Jan­u­ar 2012 haben die Wis­senschaftsmin­is­ter von Bund und Län­dern in ein­er gemein­samen Erk­lärung fest­gestellt, dass die Abschlüsse „Tech­niker“ und „Meis­ter“ als Stu­di­en­vo­raus­set­zung anerkan­nt wer­den dür­fen. Deshalb gibt es in allen Bun­deslän­dern inzwis­chen Hochschulen, die neben dem Abitur auch andere Zugangsvo­raus­set­zun­gen anerken­nen. Let­ztlich entschei­det aber immer die einzelne Hochschule, wer unter welchen Voraus­set­zun­gen studieren darf. Eine geset­zliche Regelung ist wegen der Hochschu­lau­tonomie nicht zu erwarten. Immer­hin hat sich auf dem Gebi­et einiges getan: Das Por­tal „Hochschulkompass.de“ ken­nt rund 6.400 Stu­di­engänge, die ohne Abitur, aber oft erst nach ein­er Auf­nah­meprü­fung zugänglich sind. Passende Weit­er­bil­dungsstu­di­engänge mit hohem Bezug zum Arbeitss­chutz wer­den zum Beispiel von den Hochschulen Furt­wan­gen, Kaiser­slautern und Magde­burg-Sten­dal angeboten.
Faz­it
Wer den Arbeitss­chutz zum Beruf gemacht hat, kann opti­mistisch sein. Der Arbeits­markt befind­et sich in guter Ver­fas­sung und der Bedarf an Sicher­heits­fachkräften dürfte auch in Zukun­ft unge­brochen sein. Mit dem hohen gesellschaftlichen Anse­hen des The­men­feldes „Arbeit und Gesund­heit“ wer­den Anforderun­gen an die for­male Qual­i­fizierung eher noch steigen. Der Weit­er­bil­dungs­markt und die Poli­tik haben darauf bere­its reagiert. Ange­bote zum Weit­er-bil­dungsstudi­um wur­den verbessert und manche Hürde für den Hochschulzu­gang ist niedriger geworden.
  • 1 Sta­tista GmbH, Ham­burg 2014.
  • 2 Trim­pop et.al.: Sifa-Langzeit­studie: Tätigkeit­en und Wirk­samkeit von Fachkräften für Arbeitssicher­heit (Abschluss­bericht); Dres­den 2012
  • 3 http://jobboerse.arbeitsagentur.de am 20. Sep­tem­ber 2014
  • 4 The Nielsen Com­pa­ny (Ger­many) GmbH: Vetrieb­sre­port Juni 2013
  • 5 http://monster.de am 20.September 2014
  • 6 Schmaud­er, Mar­tin; Didi­er, Volk­er: Arbeitss­chutz: Kar­ri­erechance für Inge­nieure? In: Der Sicher­heitsin­ge­nieur – Fachzeitschrift für betrieblich­es Sicher­heits­man­age­ment und Präven­tion 10/2012, S. 26 – 27.
Autor
Dr. Volk­er Didi­er, Berg­bauin­ge­nieur, Fachkraft für Arbeitssicher­heit und Tech­nis­ch­er Auf­sichts­beamter a.D., berät Stu­di­en­in­ter­essierte und ist Lehrbeauf­tragter für Sicher­heit­sor­gan­i­sa­tion an der Dres­den Inter­na­tion­al University
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