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Aus der Praxis – auch von Lesern dieser Zeitschrift – wird immer wieder die Frage gestellt, welche Bedeutung die MAK-Werte-Liste der DFG für die Arbeit der Sicherheitsfachkräfte hat, da die in Deutschland gültigen Luftgrenzwerte doch heute in der TRGS 900 „Luftgrenzwerte“ stehen. Der nachfolgende Beitrag erläutert die Hintergründe und beschreibt die Änderungen in der aktuellen Liste der DFG, die im Juli dieses Jahres veröffentlicht wurde.
Dr. Ulrich Welzbacher
Welche (rechtliche) Bedeutung hat die DFG-Liste?
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft übergibt ihre MAK-Werte-Liste – in diesem Jahr als Mitteilung 47 der Kommission – alljährlich dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) als Bestandteil ihrer Politikberatung.
Bis 2005 hatte der Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) die Änderungen und Ergänzungen in der MAK- und BAT-Werte-Liste nach ihrer Veröffentlichung im Unterausschuss (UA) III „Bewertung von Gefahrstoffen“ fachlich diskutiert; dabei sollte festgelegt werden, welche neuen und geänderten Grenzwerte und welche neuen Stoffbewertungen in das Technische Regelwerk aufgenommen werden sollen.
Heute haben alle betroffenen und interessierten Kreise nach der alljährlichen Veröffentlichung der neuen MAK-Werte-Liste im Juli eines jeden Jahres bis zum Ende des Jahres Gelegenheit, zu den Neuerungen Stellung zu nehmen und Kommentare hierzu einzureichen. Dabei geht es allerdings ausschließlich um wissenschaftliche Stellungnahmen. Fragen der praktischen Umsetzung von neuen oder abgesenkten Grenzwerten werden hierbei nicht berücksichtigt. Diese Aufgabe obliegt dem AGS, wenn er im nächsten Jahr über die Aufnahme neuer oder geänderter Grenzwerte in die TRGS 900 „Luftgrenzwerte“ oder geänderter Stoffbewertungen in die TRGS 905 „Verzeichnis krebserzeugender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoffe“ beschließt.
Die Kommission wird die eingereichten Stellungnahmen im nachfolgenden Jahr diskutieren und ihre Vorschläge ggf. ändern oder ergänzen, bevor diese endgültig verabschiedet werden, erforderlichenfalls auch zurückziehen. Dies ist in den zurückliegenden Jahren auch bereits mehrfach geschehen (wenn auch nicht in diesem oder im vergangenen Jahr).
Wenn die Übernahme neuer oder geänderter Grenzwerte in die TRGS 900 in der Praxis Probleme bereitet, wird der AGS auch hierüber beraten und ggf. passende Präventionsmaßnahmen vorschlagen, erforderlichenfalls auch spezielle Präventionsprogramme auflegen.
Aus alledem ergibt sich, dass es auch für die betrieblichen Praktiker von Bedeutung ist, sich schon beizeiten mit den neuen Vorschlägen der DFG auseinanderzusetzen und falls erforderlich im eigenen Betrieb zu überprüfen, ob die neuen Werte eingehalten werden können. Sollte dies offensichtlich nicht möglich sein, sollten Sie frühzeitig mit den Technischen Aufsichtsdiensten, z.B. der Unfallversicherung Kontakt aufnehmen, um nach geeigneten Lösungen zu suchen. Dort wird man erforderlichenfalls dann auch den AGS einschalten.
Unterschiede zwischen DFG-Kriterien und Europäischem Recht
Darüber hinaus ist der Hinweis von Bedeutung, dass der AGS die Vorschläge der DFG-Kommission bezüglich der Einstufung als krebserzeugend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend anhand der Kriterien und Vorgaben der einschlägigen EG-Regelungen – heute also der CLP-Verordnung (GHS) – prüfen wird; dies bedeutet insbesondere, dass zum Beispiel krebserzeugende Stoffe der (DFG)-Kategorien 4 und 5 sowie Keimzellmutagene der Kategorien 4 und 5 möglicherweise anderen Gruppen zugeordnet oder gar nicht übernommen werden, solange es diese Kategorien der DFG nach EG-Recht nicht gibt.
Allerdings sind auch die DFG-Kriterien im Fluss. So verwendet die Kommission seit dem vergangenen Jahr für Grenzwerte, die aus Tierversuchen mit oraler Aufnahme von Stoffen abgeleitet werden, Umrechnungsfaktoren (Korrelationsverfahren), wie sie in ähnlicher Form auch im europäischen Bereich, zum Beispiel im Zusammenhang mit der REACH-Verordnung verwendet werden [1].
Wie für alle Stoffe hat die Kommission für jede Bewertung eine ausführliche wissenschaftliche Begründung erarbeitet, die einige Monate nach der MAK-Liste in einer Ergänzungslieferung zu den „Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründungen von MAK-Werten und Einstufungen“ [2] veröffentlicht werden.
Zahlreiche Änderungen in 2011
Was hat sich aber nun in diesem Jahr geändert?
Die Liste enthält in diesem Jahr mit insgesamt 57 neuen oder geänderten Einträgen – davon 46 Positionen bei den Luftgrenzwerten (MAK-Werte-Liste) und 11 bei den biologischen Werten – ungewöhnlich viele Einträge. Darüber hinaus wurde die Bewertung von 13 Stoffen überprüft, ohne dass Änderungen erforderlich wurden. Schwerpunkt bei 11 von 13 dieser Überprüfungen war in diesem Jahr die Schwangerschaftsgruppe C, bei der eine fruchtschädigende Wirkung bei Einhaltung des MAK- und BAT-Wertes nicht befürchtet werden braucht.
Wegen des Bezuges dieser Schwangerschaftsgruppe zum MAK- und BAT-Wert bezieht die Einstufungsüberprüfung auch immer die jeweiligen Grenzwerte mit ein.
Neue Luftgrenzwerte 2011
In die Liste der MAK-Werte wurden in diesem Jahr 12 Stoffe neu aufgenommen; dabei wurden für fünf neue Stoffe und für zwei bereits vorhandene Einträge erstmals MAK-Werte festgelegt:
- tert-Butyl-4-hydroxyanisol (BHA) 20 mg/m³ (E) (neuer MAK, Schwangerschaftsgruppe C)
- iso-Butylvinylether 20 mL/m³ = 83 mg/m³ (Neueintrag, Schwangerschaftsgruppe D).
- Destillate (Erdöl), mit Wasserstoff behandelte leichte 20 mL/m³ = 140 mg/m³ (Neueintrag, Schwangerschaftsgruppe C),
- Di-tert-dodecylpentasulfid und Di-tert-dodecylpolysulfid 100 mg/m³ (E) (Neueintrag, Schwangerschaftsgruppe C),
- Ethylbenzol 20 mL/m³ = 88 mg/m³ (neuer MAK, Schwangerschaftsgruppe C),
- Methenamin-3-chlorallylchlorid 2 mg/m³ (E) (Neueintrag, Schwangerschaftsgruppe B) und
- Methylvinylether 200 mL/m³ = 480 mg/m³ (Neueintrag, Schwangerschaftsgruppe C).
Der bisherige MAK-Wert für Portlandzement (5 mg/m³) wurde wegen der Zuordnung zu krebserzeugenden Stoffen Kategorie 3B (Anhaltspunkte für eine krebserzeugende Wirkung, die jedoch zur Einordnung in eine andere Kategorie nicht ausreichen – so genannte „echte“ Krebsverdachtsstoffe) ausgesetzt.
Damit hat sich in diesem Jahr in die Anzahl der MAK-Werte insgesamt um sechs erhöht.
Für den Neueintrag „Uran und seine anorganischen Verbindungen“ hat die Kommission eine Beziehung zwischen der Konzentration in der Luft und dem Grenzwert der Strahlenschutzkommission von 20 mSv/Jahr bzw. 400 mSv/Arbeitsleben) hergestellt, was in der Praxis mit einem MAK-Wert gleichgestellt werden kann.
Sechs Neueinträge – davon drei Kühlschmierstoffkomponenten (Hinweis auf Abschnitt Xc) – konnten lediglich dem Abschnitt IIb zugeordnet werden, in dem Stoffe aufgeführt sind, für die derzeit keine MAK-Werte aufgestellt werden können.
Die bisherigen MAK für insgesamt zehn Stoffe wurden abgesenkt, und zwar
dreimal um den Faktor 5:
Allgemeiner Staubgrenzwert (alveolengängige Fraktion [A]),
Hexamethylenbis(3-(3,5‑di-tert-butyl-4-hydroxyphenyl)propionat) und
Phosphor, weiß/gelb.
einmal um den Faktor 4 (D‑Limonen),
einmal um den Faktor 3 (Cyanamid) sowie
fünfmal um den Faktor 2:
Butylhydroxytoluol (BHT),
Dipropylenglykol,
Endrin,
2‑Ethylhexanol und
n‑Octylzinnverbindungen.
Allgemeiner Staubgrenzwert (A‑Fraktion)
Die größte praktische Bedeutung dürfte wohl die Absenkung des Allgemeinen Staubgrenzwertes (alveolengängige Fraktion) – einem der wichtigsten Grenzwerte überhaupt – von bisher 1,5 mg/m³ auf 0,3 mg/m³ haben. Der Grenzwert in der DFG-MAK-Werte-Liste bezieht sich allerdings auf eine Dichte von 1 g/cm³, der entsprechende Grenzwert in der TRGS 900 „Arbeitsplatzgrenzwerte“ von 3 mg/m³ dagegen auf den in der Praxis eher relevanten Wert von 2,5 g/cm³.
Diese Absenkung des Grenzwertes steht im Zusammenhang mit der Zuordnung von „granulären biobeständigen Stäuben (GBS)“ als Bestandteil der alveolengängigen Fraktion im Allgemeinen Staubgrenzwert zu krebserzeugenden Stoffen Kategorie 4 (keine genotoxischen Wirkungen mit der Möglichkeit zur Festlegung eines MAK-Wertes). Diese Einstufung ist der Endpunkt einer jahrelangen Diskussion über die generelle Bewertung von alveolengängigen Stäuben als krebserzeugend.
Dieses Ergebnis bedeutet aber auch, dass die DFG-Arbeitsstoffkommission bei Überschreitung des MAK-Wertes ein Krebsrisiko für die exponierten Personen sieht.
Der AGS wird nun entscheiden müssen, wie er auf die Absenkung bei der DFG und die Zuordnung zu den krebserzeugenden Stoffen Kategorie 4 (die es im staatlichen Recht nicht gibt) reagieren will; diese Frage ist vor dem Hintergrund bedeutend, dass schon heute die Einhaltung des bestehenden Grenzwertes in der Praxis oft Probleme bereitet.
Anhebung von MAK-Werten
Diesmal gab es auch – entgegen der üblichen Entwicklung – auch einige MAK-Anhebungen:
- um ca. 30 % für Sulfotep,
- um den Faktor 1,8 für 2‑Butin‑1,4‑diol,
- um den Faktor 2,5 für m‑Phthalsäure sowie
- um den Faktor 50 (!) für p‑Phthalsäure.
Während die Einstufungsüberprüfung für o‑Phthalsäure keine Änderungen ergab (Verweis auf Abschnitt IIb bleibt bestehen), beträgt der MAK-Wert für die beiden anderen Isomere nunmehr einheitlich 5 mg/m³ in der einatembaren Staubfraktion (E). Kurzzeitwertkategorie I(2) und Schwangerschaftsgruppe C blieben dabei unverändert.
Kurzzeitwerte
Bei den neuen MAK hat die Kommission
- 1 x die Kurzzeitwertkategorie I(1) (iso-Butylvinylether),
- 1 x die Kurzzeitwertkategorie II(1) (tert-Butyl-4-hydroxyanisol [BHA]) und
- 5 x die Kategorie II(2):
Destillate (Erdöl), mit Wasserstoff behandelte leichte,
Di-tert-dodecylpentasulfid und Di-tert-dodecylpolysulfid,
Ethylbenzol,
Methenamin-3-chlorallylchlorid und
Methylvinylether.
vergeben.
Änderungen bei bestehenden Kurzzeitwertkategorien sind meist – aber nicht immer – mit Absenkungen des jeweiligen MAK-Wertes verbunden. In diesem Jahr gab es hier neun Änderungen:
- 1 x I(2) (Eisenpentacarbonyl – bisher II(2)),
- 1 x II(1) (Cyanamid – bisher II(2)),
- 4 x II(2) (bisher 2 x II(1) – Kohlenmonoxid, n‑Octylzinnverbindungen und 2 x II(4) – Dimethylformamid, Tri-n-butylphosphat,
- 2 x II(4) (Butylhydroxytoluol (BHT), D‑Limonen – bisher II(2)) sowie
- 1 x II(8) (Allgemeiner Staubgrenzwert (A‑Fraktion) – bisher ohne Kurzzeitwertkategorie).
Die Bedeutung der beiden Kategorien wird im nachfolgenden Kasten erläutert:
Die Zahl in Klammern hinter der Kategorie bezeichnet den zulässigen Überschreitungsfaktor; dabei ist eine solche Überschreitung höchstens viermal pro Arbeitsschicht als Mittelwert für jeweils 15 Minuten zulässig. Der zeitliche Abstand der einzelnen Überschreitungsperioden soll dabei mindestens eine Stunde betragen.
Sensibilisierende Stoffe und Aufnahme durch die Haut
Drei (Neu)Einträge erhalten in der diesjährigen Liste die Anmerkung „Sh“ für Sensibilisierung bei Hautkontakt:
- 2,2‑Dibrom-2-cyanacetamid,
- Dipentamethylenthiuramdisulfid und
- Methenamin-3-chlorallylchlorid.
Die Neuaufnahme 2‑Chloracetamid erhielt die Anmerkung Sh in Kombination mit der Anmerkung „H“ für Gefährdung durch Hautkontakt.
Die Anmerkung „Sa“ für „sensibilisierend beim Einatmen“ wurde in diesem Jahr nicht vergeben.
Portlandzementstaub erhält eine neue Fußnote zur Spalte „H;S“, die keinen Hinweis auf sensibilisierende Eigenschaften enthält: „Gilt nur für chromatarme Zemente mit einem Chrom(VI)-Gehalt von unter 2 ppm (2 mg/kg). Für Zemente mit einem höheren Chrom(VI)-Gehalt siehe Chrom(VI)-Verbindungen“.
Die Anmerkung „H“ für Gefährdung durch Hautkontakt wurde in diesem Jahr für fünf bestehende Positionen sowie für zwei Neuaufnahmen vergeben; bei diesen Stoffen trägt die Aufnahme durch die Haut wesentlich zum toxischen Gefährdungspotenzial bei:
- Amitrol,
- Chlordecon,
- Dipropylenglykol,
- Eisenpentacarbonyl,
- D‑Limonen,
- Uran und seine anorganischen Verbindungen (Neuaufnahme) und
- Zinkpyrithion (Neuaufnahme).
Krebserzeugende Stoffe
Zwei Neueinträge wurden in diesem Jahr als krebserzeugend eingestuft:
- leichte Erdöldestillate, mit Wasserstoff behandelt (Kategorie 3B – so genannte „echte“ Krebsverdachtsstoffe, s.o.)
- Uran und seine anorganischen Verbindungen:
schwer löslich: Kategorie 2 (krebserzeugend im Tierversuch)
löslich: Kategorie 3B (Krebsverdachtsstoffe, s.o.)
Bei den vorhandenen Einträgen wurde eine ganze Reihe von Stoffen umgestuft:
- Bei Chrom(VI)-Verbindungen wurden die Ausnahmen für Barium- und Bleichromat gestrichen, so dass auch diese Stoffe jetzt als krebserzeugend beim Menschen (Kategorie 1) gelten;
- Chlordecon wurde von Kategorie 3B (Krebsverdachtsstoffe, s.o.) umgestuft nach Kategorie 2 (krebserzeugend im Tierversuch);
- tert-Butyl-4-hydroxyanisol und Portlandzementstaub, die bisher keine Einstufung hinsichtlich krebserzeugender Eigenschaften hatten, erhielten die Bewertung: Kategorie 3B (Krebsverdachtsstoffe, s.o.);
- drei Stoffe erhielten eine Zuordnung zu Kategorie 4 (keine genotoxischen Wirkungen mit der Möglichkeit zur Festlegung eines MAK-Wertes):
Die Einstufung von granulären biobeständigen Stäuben (GBS) wurde vorstehend im Zusammenhang mit der Absenkung des MAK-Wertes für die alveolengängige Fraktion im Allgemeinstaub bereits erwähnt;
Amitrol (bisher Kategorie 3B (Krebsverdachtsstoffe, s.o.) sowie
Ethylbenzol (bisher krebserzeugend Kategorie 3A mit Stoffen, für die die Voraussetzungen erfüllt wären, um sie in Kategorie 4 oder 5 einzustufen, für die aber (bisher) keine ausreichenden Informationen zur Festlegung eines MAK- oder BAT-Wertes vorlagen).
Bei Portlandzementstaub weist eine neue Fußnote darauf hin, dass Quarzanteil und Chromatanteil separat zu bewerten sind. Der bisherige Hinweis auf Abschnitt V (Aerosole) entfällt.
Wie für alle Stoffe hat die Kommission für jede Zuordnung eine ausführliche wissenschaftliche Begründung erarbeitet, die einige Monate nach der MAK-Liste in einer Ergänzungslieferung zu der Loseblattsammlung „Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründungen von MAK-Werten und Einstufungen“ [2] veröffentlicht werden.
Keimzellmutagene
Bei den Keimzellmutagenen gibt es in diesem Jahr nur einen neuen Eintrag bei Uran und seinen anorganischen Verbindungen (Neuaufnahme), das der Kategorie 3A zugeordnet wurde, in der Stoffe mit nachgewiesener Schädigung der Keimzellen im Tierversuch aufgeführt sind.
Schwangerschaftsgruppen
Die Zuordnung zu Schwangerschaftsgruppen ist mit insgesamt 27 neuen Bewertungen (bei insgesamt 59 Einträgen) ein Schwerpunkt der diesjährigen MAK-Werte-Liste. Neben der bereits erwähnten Überprüfung von 11 Einträgen zur Schwangerschaftsgruppe C wurde
- ein Neueintrag (Methenamin-3-chlor- allylchlorid) der Schwangerschaftsgruppe B (Stoffe, bei denen mit einer fruchtschädigenden Wirkung nach den vorliegenden Informationen auch bei Einhaltung des MAK- und BAT-Wertes gerechnet werden muss),
- vier Neueinträge der Schwangerschaftsgruppe C (Stoffe, bei denen eine fruchtschädigende Wirkung bei Einhaltung des MAK- und BAT-Wertes nicht befürchtet werden braucht) und
- ein Neueintrag (iso-Butylvinylether) der Schwangerschaftsgruppe D (Stoffe, bei denen die vorliegenden Daten für eine Einstufung in eine der Gruppen A, B oder C nicht ausreichen)
zugeordnet (siehe auch oben bei der Beschreibung der neuen MAK-Werte).
Bei den vorhandenen Stoffeinträgen ergaben sich insgesamt 10 Änderungen:
Sieben Mal wurde die Schwangerschaftsgruppe B (fruchtschädigende Wirkung auch bei Einhaltung des MAK- und BAT-Wertes möglich) für Stoffe vergeben, die zuvor der Schwangerschaftsgruppe C (keine fruchtschädigende Wirkung zu erwarten) zugeordnet waren:
Di-n-butylzinnverbindungen/ Tri-n-butylzinnverbindungen,
- 1,3‑Dioxolan (Dioxacyclopentan),
- 2‑Ethylhexanol,
Natriumfluoracetat,
Natriumpyrithion,
Perfluoroctansäure und ihre anorganischen Salze sowie
Triethylenglykol;
dreimal wurde die Schwangerschaftsgruppe C für Stoffe vergeben, die zuvor hinsichtlich dieser Eigenschaft nicht klassifiziert waren:
Allgemeiner Staubgrenzwert (A‑Fraktion; Granuläre biobeständige Stäube (GBS)),
tert-Butyl-4-hydroxyanisol (BHA)
Ethylbenzol.
Nachdem im vergangenen Jahr die Schwangerschaftsgruppen für n‑Octylzinnverbindungen differenziert wurden, waren 2011 die n‑Butylzinnverbindungen an der Reihe:
- Für Mono- und Tetra-n-butylzinnverbindungen blieb die bisherige Schwangerschaftsgruppe C erhalten;
- für Di- und Tri-n-butylzinnverbindungen wurde jetzt die Schwangerschaftsgruppe B (bisher Schwangerschaftsgruppe C) vergeben (s.o.).
Die in diesem Jahr auffällig häufigen Umstufungen
- von Schwangerschaftsgruppe C: fruchtschädigende Wirkung bei Einhaltung des MAK- und BAT-Wertes nicht zu erwarten
- nach Schwangerschaftsgruppe B: fruchtschädigende Wirkung auch bei Einhaltung des MAK- und BAT-Wertes möglich
unterstreichen deutlich, dass MAK-Werte und Einstufungen immer nur den gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse widerspiegeln und keinesfalls „ewige Wahrheiten“ darstellen.
Biologische Werte
Bei den biologischen Werten gibt es in diesem Jahr Einträge für insgesamt 11 Stoffe oder Stoffgruppen, davon 6 neue Stoffe oder Stoffgruppen mit zwei neuen BAT-Werten für Hexamethylendiisocyanat und Vitamin K‑Antagonisten sowie vier BAR-Werten (Biologischer Arbeitsstoff-Referenz-Wert) für
- 1,2‑Epoxypropan (zwei Parameter),
- Polychlorierte Biphenyle (drei Parameter),
- Uran (natürlich und abgereichert) und seine schwer löslichen anorganischen Verbindungen (nicht festgelegt, vgl. Abschn. XV.2) sowie
- lösliche anorganische Uranverbindungen (nicht festgelegt, vgl. Abschn. XV.2).
Für Uran und Uranverbindungen konnte kein Biologischer Arbeitsstoff-Referenz-Wert festgelegt werden, da die natürliche Hintergrundbelastung in Deutschland regional stark schwankt – entsprechend dem Urananteil im Grund und Boden.
Vitamin K‑Antagonisten erhielten die neue Fußnote „Ableitung des BAT-Wertes als Höchstwert wegen akut toxischer Effekte“, die im Übrigen erstmals auch für Acetylcholinesterase-Hemmer, Methämoglobin-Bildner und Kohlenmonoxid vergeben wurde.
Bei den bestehenden Einträgen wurde ein BAT-Wert (Ethylbenzol), zwei neue BAR-Werte (beide für Acrylamid mit unterschiedlichen Parametern) und ein BLW (Biologischer Leitwert) für 4,4’-Diaminodiphenylmethan hinzugefügt.
Für Ethylbenzol bedeutet dies, dass für diesen Stoff neben dem neuen BAT-Wert EKA-Tabellen für zwei unterschiedliche Parameter bestehen (EKA = Expositionsäquivalente für krebserzeugende Arbeitsstoffe werden definitionsgemäß nur für solche Stoffe aufgestellt; vielleicht hat die Kommission einfach vergessen, die Tabellen zu streichen?). Beim EKA-Probenahmezeitpunkt wurde dabei der Hinweis auf Langzeitexposition © gestrichen. Es verbleibt lediglich die Angabe „Expositionsende oder Schichtende“ (b).
Insgesamt viermal wurde bei den Neueinträgen und den Änderungen in der Spalte „Parameter“ ein Hinweis auf vorhergehende Hydrolyse eingefügt.
Untersuchungsmaterial: BE statt E
Von langfristiger und übergreifender Bedeutung ist die Änderung des bisherigen Untersuchungsmaterials „Erythrozyten“ (E) in „Erythrozytenfraktion des Vollblutes“ (BE), das bei den diesjährigen Neueinträgen und Änderungen insgesamt fünfmal zur Anwendung kam.
Allerdings wurden bei den Änderungen in diesem Jahr auch der BLW für Acrylamid sowie der BAR für 4,4’-Diaminodiphenylmethan von bisher „Vollblut“ (B) auf den neuen BE umgestellt, letzterer ohne Anpassung des Zahlenwertes, was de facto wohl einer Absenkung des Wertes gleichkommt.
Weitere Informationen:
Alle Neuaufnahmen und Änderungen im Einzelnen können auf der Internetseite der DFG unter der Adresse www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/gremien/senat/arbeitsstoffe/aenderungen_und_neuaufnahmen_2011.pdf nachgelesen werden. Die gedruckte Fassung der Liste (mit CD-ROM) kann beim Wiley-VCH-Verlag, Boschstrasse 12, D‑69469 Weinheim, Telefon 06201/606–0, Fax 06201/606–328, E‑Mail: info@wiley-vch.de oder im Buchhandel käuflich erworben werden (59,– Euro).
Unter der Adresse www.mak-collection.com besteht auch Zugang zu einer (englischsprachigen und kostenpflichtigen) Online-Version der aktuellen MAK-Werte-Liste.
Literaturhinweise:
- 1. Bekanntmachung zu Gefahrstoffen (BekGS) 901 „Kriterien zur Ableitung von Arbeitsplatzgrenzwerten“, GMBl. 2010 Nr. 32 vom 21.05.2010 S. 691–696
- 2. Hartwig, Andrea (Hrsg.) „Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe – Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründungen von MAK-Werten und Einstufungen“, 50. Lieferung MAK-Werte Begründungen (DFG) (Band 50) April 2011 II, 476 Seiten, Loseblattwerk: Ergänzungslieferung – Handbuch/Nachschlagewerk (ISBN-10: 3–527–32572–7; ISBN-13: 978–3–527–32572–6); Wiley-VCH, Weinheim, 219,– Euro
Autor
Dr. Ulrich Welzbacher
Sankt Augustin
Autor@ Gefahrstoffinformation.de
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