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Ungesicherte oder nicht ausreichend gesicherte Ladung kann rutschen, sich verschieben und durch die hohe Fliehkraft sogar auf die Fahrbahn oder nachfahrende Fahrzeuge stürzen. Jeder fünfte LKW-Unfall in Deutschland könnte durch ausreichende Ladungssicherung verhindert werden.
Ungesicherte oder falsch gesicherte Ladung ist und bleibt ein unberechenbares Risiko. Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ist bei Verkehrskontrollen der Polizei in Zusammenarbeit mit dem GDV bei 70 Prozent aller kontrollierten LKW die Ladung nicht oder nur schlecht gesichert, mangelhafte Ladungssicherung ist die Ursache für über 20 Prozent der Unfälle im Schwerlastverkehr. Ungesicherte Ladung kann die Fahrer und andere Verkehrsteilnehmer gefährden – übrigens auch, wenn beim Entladen schlecht gesicherte Ladung herunterfällt. Warum also wird Ladung oft nicht oder nur unzureichend gesichert? Die Gründe dafür sind häufig Zeitmangel und Unterschätzung der Gefahr. Dazu kommt mangelndes Wissen über physikalische Grundlagen, Festigkeit von Fahrzeugaufbauten, die verschiedenen Arten der Ladungssicherung und die Rechtslage, wenn es tatsächlich zum Unfall durch nicht oder schlecht gesicherte Ladung kommt.
Beschleunigung und Reibung
Ziel der Ladungssicherung ist es, Rutschen und unkontrolliertes Verschieben einer Ladung auf der Ladefläche des Transportfahrzeugs im „normalen Fahrbetrieb“ zu verhindern. Im normalen Fahrbetrieb eines Nutzfahrzeuges können diese Beschleunigungswerte auftreten:
- In Fahrtrichtung 0,8 g (beim Bremsen; g = 9,81 m/s²)
- Zu den Seiten 0,5 g (bei Kurvenfahrt)
- Nach hinten 0,5 g (beim Anfahren und Beschleunigen)
- Nach oben und unten 1,0 g (auf schlechter Straße)
Auf die Ladung wirken die Gewichtskraft und die Reibungskraft:
- Die Gewichtskraft ist die Kraft, mit der die Ladung auf die Ladefläche gedrückt wird.
- Die Reibungskraft wirkt der Ladungsverschiebung entgegen. Je rauer zwei Oberflächen sind, desto größer ist die Reibung zwischen ihnen und desto schwerer lassen sie sich gegeneinander verschieben. Gemessen wird der Widerstand, den ein Gegenstand dem Verschieben entgegensetzt. Der Gleit-Reibbeiwert µ ergibt sich aus den Oberflächenpaarungen von Ladung und Ladefläche.
Der Widerstand gegen das Rutschen der Ladung auf der Ladefläche ist also nicht abhängig vom Gewicht, sondern von der Reibung. Das heißt, unterschiedlich schwere Ladeeinheiten fangen bei gleicher Beschleunigung gleichzeitig an zu rutschen.
Baumaschine oder 500 einzelne Kartons?
Nicht jede Ladung kann nach der gleichen Methode gesichert werden. Die Baumaschine auf einem Tieflader fordert deutlich andere Ladungssicherungsmaßnahmen als 500 einzelne Kartons in einer Wechselbrücke. Um eine Ladung ordnungsgemäß zu sichern, müssen Sie also verschiedene Kriterien berücksichtigen. Da sind zum einen die Ladung selbst und zum anderen das Fahrzeug, mit dem die Ladung transportiert werden soll.
Für die Auswahl der richtigen Ladungssicherungsmethode und der entsprechenden Zurr- und Hilfsmittel müssen hinsichtlich der Ladung folgende Kriterien berücksichtigt werden:
- Wie hoch ist das Gewicht der Ladung?
- Wie ist die Oberflächenbeschaffenheit?
- Welche Form hat die Ladung?
- Aus welchem Material ist die Ladung?
- Wie ist die Ladung verpackt?
- Wo befindet sich der Schwerpunkt der Ladung?
- Ist die Ladung formstabil?
- Ist die Ladung als Gefahrgut einzustufen?
- Befinden sich an der Ladung Zurrpunkte?
- Ist die Ladung kippgefährdet?
Grundvoraussetzung für den sicheren Transport ist ein geeignetes Fahrzeug. Fahrzeugaufbauten müssen so stabil sein, dass bei bestimmungsgemäßer Verwendung die Ladung gesichert ist oder mit Ladungssicherungsmitteln gesichert werden kann. Dafür müssen Ihnen die Festigkeiten der Laderaumbegrenzungen – Stirnwand, Seitenwände und die hintere Bordwand – bekannt sein. Die europäische Norm DIN EN 12642 definiert, welchen konkreten Belastungen die Fahrzeugaufbauten standhalten müssen.
Lasten richtig verteilen
Doch nicht nur die Sicherung der Ladung, auch ihre Verteilung auf der Transportfläche darf nicht willkürlich erfolgen. Gerne werden Fahrzeuge in der umgekehrten Reihenfolge der Entladestellen beladen. Das geht zwar einfach und schnell, verändert aber möglicherweise das Fahrverhalten des Fahrzeugs dramatisch. Das kann im schlimmsten Fall zu Unfällen führen. Deshalb gehört zu jedem Lkw eine individuelle Information über die richtige Lastverteilung: der Lastverteilungsplan. Er gewährleistet, dass die zulässigen Achslasten nicht überschritten und die Mindestlast von Lenk- und Traktionsachse nicht unterschritten werden.
Falls Sie zur Sicherung Ihrer Ladung Zurrmittel einsetzen, verwenden Sie die am Fahrzeug vorhandenen Zurrpunkte. Zurrpunkte sind die Verbindungsstelle zwischen den Zurrmitteln und den tragenden Teilen des Fahrzeuges. In der DIN EN 12640 werden Anforderun-gen und Anwendungsbereiche der Zurrpunkte definiert.
Zurrmittel: textil oder Ketten
Zur Ladungssicherung eignen sich sowohl textile Zurrsysteme als auch Zurrketten. Wird eine hohe Zurrkraft oder eine hohe Vorspannkraft gefordert, sind Zurrketten eine Option. Hohe Vorspannkräfte kommen jedoch nur beim Niederzurren zum Tragen. Ein Vorteil der Zurrketten ist auch die mechanische Widerstandsfähigkeit. Für textile Zurrgurte sprechen Gewichts‑, Handlings- und Preisvorteile. Textile Zurrsysteme können beim Diagonalzurren ebenfalls sehr hohe Ladungsgewichte normgerecht sichern. Wer Zurrmittel richtig einsetzen will, muss deren technische Eigenschaften kennen. Die jeweiligen Angaben dazu stehen z.B. bei Zurrgurten auf dem Etikett. Zurrgurtetiketten müssen laut DIN EN 12195–2 u. a. folgende Angaben enthalten:
- LC (Lashing Capacity) = Zurrkraft: Kraft des Zurrgurtes, d.h., die Höchstkraft, mit der ein Zurrgurt belastet werden darf. Die Werte sind in daN (DekaNewton) angegeben.
- SHF (Standard Hand Force) = Normale Handkraft: Kraft, die Sie zum Spannen der Ratsche aufwenden müssen. Sie wird in der Norm mit 50 daN vorgegeben.
- STF (Standard Tension Force) = Normale Spannkraft: Kraft der Ratsche. Sie bezeichnet die Anpresskraft, mit der die Ladung auf die Ladungsfläche gedrückt und so gegen Verrutschen gesichert wird. Diese in einem Normtest ermittelte Kraft ist auf dem Label ausgewiesen und wird in die Berechnung der Ladungssicherung übernommen.
Vor Benutzung auf Mängel prüfen
- Zurrgurte sollten vor jeder Benutzung auf Mängel untersucht und abgelegt werden, wenn folgende Mängel auftreten:
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- Einschnitte am Gurtband, beschädigte Nähte, Verformung durch Hitzeeinwirkung, Kontakt mit Säuren oder Laugen.
- Verformungen an der der Ratsche, Verschleiß an den Zahnkränzen oder gebrochener Spannhebel.
- Aufweitung des Hakens um mehr als fünf Prozent, Brüche, Korrosion, Verformung.
- Unleserliches oder fehlendes Etikett.
- Reparaturen dürfen nur vom Hersteller oder von ihm beauftragten Personen durchgeführt werden!
Nutzen Sie Antirutschmatten!
- Damit Sie jede Ladung individuell angepasst sichern können, steht Ihnen eine breite Palette von Hilfsmitteln zur Verfügung.
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- Rutschhemmende Materialien wie Antirutschmatten erhöhen die Reibung zwischen Last und Ladefläche. Dadurch können Sie die Anzahl der benötigten Zurrmittel auf eine praktikable und wirtschaftliche Menge reduzieren.
- Festlegende Hilfsmittel, wie Sperrbalken, Klemmstangen und Keile blockieren die Last auf der Ladefläche und sichern sie so gegen Verrutschen.
- Ausfüllende Hilfsmittel, wie Staupolster oder Leerpaletten füllen Zwischenräume aus und sichern die Ladung gegen Bewegung.
- Netze und Planen
- Kantenschutzwinkel
Kraftschlüssig und formschlüssig
- Grundsätzlich unterscheidet man zwi-schen kraftschlüssiger Ladungssicherung (80% der Fälle) und formschlüssiger Ladungssicherung (20% der Fälle).
Bei der kraftschlüssigen Ladungssicherung, auch Niederzurren genannt, wird die Ladung mit Zurrgurten auf die Ladefläche gepresst. Dieser Anpressdruck erhöht die Reibung zwischen Ladung und Ladefläche und sichert damit die Ladung gegen Verrutschen.
Bei der formschlüssigen Ladungssicherung wird die Ladung direkt bis an die Stirn- und Bordwände oder die Rungen geladen. Eine weitere Methode der formschlüssigen Verladung ist das Direktzurren. Diese wiederum lässt sich in Schräg‑, Diagonal- und Schlingenzurren unterteilen. Grundvoraussetzung ist jedoch in allen Fällen, dass die Abstützungen wie zum Beispiel die Bordwände oder Anschlagpunkte stabil genug sind, um den auftretenden Rückhaltekräften standhalten zu können. Verwenden Sie formschlüssige Ladungssicherung, wann immer Sie die Möglichkeit haben, denn diese Form der Ladungssicherung ist besonders effektiv und sicher.
Ladungssicherung berechnen
Beim Berechnen der Ladungssicherung spielen die Gewichtskraft FG und die Reibungskraft FR zwischen Ladefläche und Ladung eine zentrale Rolle. Daraus können die erforderlichen Kräfte zum Sichern der Ladung errechnet werden.
- Sicherungskraft FS = FG – FR (Formschluss)
- Vorspannkraft FV = ((a – µ) / (µ x sin α)) x FG (Kraftschluss)
Beim Schräg- und Diagonalzurren betrachten Sie also primär die LC-Angabe (Lashing Capacity) an Ihren Zurrmitteln. Beim Niederzurren dagegen ist die STF- Angabe (Standard Tension Force) die Grundlage zur Berechnung.
Drei Regelwerke sind relevant für die Berechnung der Ladungssicherung:
VDI 2700 Blatt 2:2014, DIN EN 12195–1:2004 und DIN EN 12195–1:2011. Sie unterscheiden sich unter anderem durch die Art der Berechnung und durch die Art der Ermittlung der für die Berechnung notwendigen Werte. Auch ist das Berechnen nach komplexen Formeln für den normalen Anwender in der täglichen Praxis kaum möglich. Im Sinne möglichst einfacher und klarer Handhabung ist daher zweckmäßig, Tabellen oder Software-Lösungen zur Berechnung der Sicherungsmaßnahmen heranzuziehen.
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