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Akteure im Arbeitsschutz: Evakuierungshelfer

Im Notfall sicher aus der Gefahrenzone
Akteure im Arbeitsschutz: Evakuierungshelfer

Akteure im Arbeitsschutz: Evakuierungshelfer
Foto: © APchanel - stock.adobe.com
Wenn Men­schen im wahrsten Wortsinn „um ihr Leben laufen“, ist es nicht ver­wun­der­lich, dass sie oft panisch reagieren. Das kann schlimme Fol­gen haben. Evakuierung­shelfer haben trainiert, in diesen Sit­u­a­tio­nen einen kühlen Kopf zu bewahren.

In einem Lebens­mit­tel­be­trieb in Süd­deutsch­land läuft Salpeter­säure aus. Ein Großaufge­bot an Feuer­wehr rückt an, 20 Per­so­n­en wer­den evakuiert, zum Glück wird nie­mand ver­let­zt. In einem Kranken­haus in Nor­drhein-West­falen bren­nt es, mehrere Sta­tio­nen müssen evakuiert wer­den, eine Pati­entin ver­stirbt. Der Fund ein­er Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg legt einen Flughafen in Nieder­sach­sen lahm, die Umge­bung wird großräu­mig evakuiert. Die Bombe kann zum Glück ohne weit­ere Zwis­chen­fälle entschärft wer­den, Men­schen kom­men nicht zu Schaden.

Diese Beispiele aus den ver­gan­genen Monat­en zeigen: Sit­u­a­tio­nen, in denen Betriebe oder Betrieb­steile evakuiert wer­den müssen, sind gar nicht so sel­ten. Sie kön­nen alle Branchen und Unternehmen jed­er Größe betr­e­f­fen. Es gibt dafür die unter­schiedlich­sten Aus­lös­er: Neben Chemie­un­fällen und Brän­den kön­nen auch Naturkatas­tro­phen oder Über­fälle und Amok­läufe zu Sit­u­a­tio­nen führen, in denen Men­schen so schnell wie möglich in Sicher­heit gebracht wer­den müssen. Profis unter­schei­den zwis­chen inter­nen und exter­nen Anlässen für eine Evakuierung.

Das Ergeb­nis ist das­selbe: Men­schen müssen informiert, gewarnt und aus der Gefahren­zone gebracht wer­den. Die Ver­ant­wor­tung dafür liegt beim Arbeit­ge­ber. Das Arbeitss­chutzge­setz fordert diesen in § 10 aus­drück­lich auf, entsprechend der Art der Arbeitsstätte und der Tätigkeit­en sowie der Zahl der Beschäftigten die Maß­nah­men zu tre­f­fen, die zur Ersten Hil­fe, Brand­bekämp­fung und Evakuierung der Beschäftigten erforder­lich sind.

Ers­thelfer im Arbeitsschutz

Doch er muss nicht alles allein bewälti­gen: Damit Arbeitsstät­ten im Not­fall sich­er evakuiert wer­den, kön­nen Evakuierung­shelfer benan­nt wer­den. In der Prax­is sind auch die Beze­ich­nun­gen „Räu­mung­shelfer“, „Eta­gen- beziehungsweise Stock­w­erks­beauf­tragte“ oder „Pat­en“ gebräuchlich.

Das sind die Aufgaben

Wie ihr Name schon ver­rät, helfen diese Beauf­tragten anderen Per­so­n­en dabei, sich in Sicher­heit zu brin­gen. Sie koor­dinieren die Evakuierung für ihren Bere­ich, zeigen vor allem Betrieb­s­frem­den den Weg und unter­stützen bei Bedarf Men­schen mit kör­per­lichen oder geisti­gen Ein­schränkun­gen beim Ver­lassen gefährde­ter Bere­iche. Sie über­prüfen zudem, ob evakuierte Bere­iche tat­säch­lich kom­plett geräumt sind.

Und sie sind auch an der Sam­mel­stelle aktiv und vergewis­sern sich, dass sich wirk­lich alle Per­so­n­en aus ihrem Bere­ich in Sicher­heit befind­en. Hier arbeit­en sie in der Regel ihren Vorge­set­zten zu, die dann an die Ein­satzkräfte melden, welche Bere­iche über­prüft wur­den und ob noch Per­so­n­en ver­misst wer­den. Während ein­er Übung kön­nen Evakuierung­shelfer darüber hin­aus als Beobachter einge­set­zt wer­den, denn sie haben einen guten Blick für mögliche Schwach­stellen im Ablauf.

 

Evakuierungshelfer achten darauf, dass alle den Gefahrenbereich verlassen
Evakuierung­shelfer acht­en darauf, dass alle den Gefahren­bere­ich ver­lassen.
Foto: © wit­ty­bear — stock.adobe.com

Benennung und Anzahl

Nicht in jedem Unternehmen gibt es die Posi­tion der Evakuierung­shelfer. Diese ehre­namtlichen Beauf­tragten wer­den einge­set­zt, wenn

  1. Lage,
  2. Aus­dehnung und
  3. Benutzung der Arbeitsstätte dies erforder­lich machen.

Ein weit­eres Kri­teri­um für die Entschei­dung, ob Evakuierung­shelfer gebraucht wer­den, ist die Anwe­sen­heit beziehungsweise Anzahl von betrieb­s­frem­den Per­so­n­en im Gebäude. Das kön­nen zum Beispiel Besuch­er, Ange­hörige von Fremd­fir­men oder Kun­den sein. All diese Kri­te­rien wer­den im Rah­men ein­er Gefährdungs­beurteilung betra­chtet. Sie sind auch auss­chlaggebend dafür, ob das Unternehmen einen Flucht- und Ret­tungs­plan erstellen muss.

Die näch­ste Frage in diesem Zusam­men­hang lautet: Wie viele Evakuierung­shelfer wer­den gebraucht? Hier hält sich der Geset­zge­ber bedeckt. In der Prax­is hil­ft ein Blick in die Tech­nis­che Regel für Arbeitsstät­ten ASR A2.2 „Maß­nah­men gegen Brände“. In Abschnitt 7.3 Zif­fer 2 gibt es eine Vor­gabe zu den Brand­schutzhelfern, an denen sich Unternehmen auch für den Ein­satz von Evakuierung­shelfern ori­en­tieren kön­nen: „Ein Anteil von fünf Prozent der Beschäftigten ist in der Regel aus­re­ichend. Eine größere Anzahl von Brand­schutzhelfern kann zum Beispiel bei erhöhter Brandge­fährdung, der Anwe­sen­heit viel­er Per­so­n­en, Per­so­n­en mit eingeschränk­ter Mobil­ität sowie großer räum­lich­er Aus­dehnung der Arbeitsstätte erforder­lich sein.“

Der Blick auf die Brand­schutzhelfer ist auch deshalb sin­nvoll, weil Brand­schutzhelfer gle­ichzeit­ig als Evakuierung­shelfer einge­set­zt wer­den kön­nen. Dazu muss allerd­ings in der Gefährdungs­beurteilung sichergestellt wer­den, dass genü­gend Brand­schutzhelfer vorhan­den sind und diese durch ihren Ein­satz bei Evakuierun­gen nicht in ihren eigentlichen Auf­gaben eingeschränkt werden.

Akteure im Arbeitss­chutz: Brandschutzhelfer

Ausrüstung und Ausbildung

Auch für die Aus­bil­dung und eventuell erforder­liche Aus­rüs­tung der Evakuierung­shelfer gibt es keine detail­lierten Vor­gaben. Arbeit­ge­ber haben dies­bezüglich freie Hand – wobei sie allerd­ings die Zahl der Beschäftigten und son­sti­gen anwe­senden Per­so­n­en sowie das betriebliche Gefährdungspoten­zial angemessen berück­sichti­gen müssen.

Der Unternehmer kann die ehre­namtlichen Kräfte selb­st unter­weisen oder zum Beispiel die Fachkraft für Arbeitssicher­heit damit beauf­tra­gen. Auch externe Dien­stleis­ter bieten eine Unter­weisung an, oft in Kom­bi­na­tion mit der Aus­bil­dung für die Brand­schutzhelfer. Ein Tipp: Unter­weisun­gen gemäß VDI 4062 beleucht­en das The­ma auf ein­er soli­den fach­lichen Basis.

Wie eine Evakuierung organ­isiert und durchge­führt wer­den sollte, beschreibt die Richtlin­ie des Vere­ins Deutsch­er Inge­nieure (VDI) 4062. Darin wer­den branchenüber­greifende Meth­o­d­en vorgestellt und Hin­weise zu baulichen und tech­nis­chen Mit­teln gegeben, aber auch organ­isatorische und per­son­elle Lösun­gen beschrieben. Auch an beson­dere Sit­u­a­tio­nen ist gedacht, etwa wenn ein Tag der offe­nen Tür oder Ver­samm­lun­gen auf dem Werks­gelände geplant sind.

Unterweisung für alle Beschäftigten

Die Unter­weisung der Evakuierung­shelfer startet nicht bei Null. Grund­sät­zlich müssen alle Beschäftigten ein­mal im Jahr zu den betrieblichen Not­fall­maß­nah­men unter­wiesen wer­den. Darauf kann dann die Unter­weisung für die Helfer auf­bauen. Wichtige The­men sind:

  • Alarmierung­sein­rich­tun­gen (zum Beispiel Handfeuermelder)
  • Alarmierungssig­nale (zum Beispiel akustisch, optisch)
  • Fluchtwege
  • Sicher­heit­sein­rich­tun­gen (zum Beispiel Brand­schutztüren, Löschanlagen)

Die Unter­weisung muss doku­men­tiert wer­den. In der Prax­is hat es sich bewährt, nach ein­er Unter­weisung möglichst bald eine (nicht angekündigte) Evakuierungsübung durchzuführen.

Regelmäßige Übungen

Hat die Gefährdungs­beurteilung ergeben, dass das Unternehmen einen Flucht- und Ret­tungs­plan braucht, stellt dieser die Basis für Evakuierungsübun­gen dar. Das regelt die Arbeitsstät­ten­verord­nung. Damit alle – Helfer und Beschäftigte – im Ern­st­fall wis­sen, wie sie sich in Sicher­heit brin­gen, soll dies ein­mal jährlich geübt werden.


Autorin: Uta Fuchs
Fachjournalistin

Foto: pri­vat


Evakuierung oder Räumung?

Wenn Per­so­n­en einen gefährde­ten Bere­ich auf organ­isierte Weise ver­lassen, um in einen sicheren Bere­ich zu gelan­gen, wird das als Evakuierung beze­ich­net. Umgangssprach­lich wird häu­fig der Begriff „Räu­mung“ syn­onym ver­wen­det. Doch der stammt eigentlich aus dem Polizeirecht und beze­ich­net genaugenom­men eine polizeitak­tis­che Maß­nahme zur Gefahrenabwehr.

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