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Sifa 4.0: Die zukünftigen Alleskönner?

Arbeitsschutz und Digitalisierung
Sifa 4.0: Die zukünftigen Alleskönner?

Sifa 4.0: Die zukünftigen Alleskönner?
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Das The­ma Sicher­heit muss von den Unternehmen im Zeital­ter von Indus­trie 4.0 immer bre­it­er aufgestellt wer­den. Dementsprechend verän­dert sich auch das Auf­gaben- und Kom­pe­ten­zpro­fil der Sifa. Von ihr wird zunehmend ver­langt wer­den, dass sie als fach­lich­er Gen­er­al­ist in allen Bere­ichen die Sicher­heit des Unternehmens ganzheitlich denkt und plant. Sifa 4.0: Die zukün­fti­gen Alleskönner?

In allen Bere­ichen der betrieblichen Sicher­heit­skul­tur – vom Arbeitss­chutz über die Gesund­heit­spräven­tion bis hin zum Brand­schutz – wird die Fachkraft für Arbeitssicher­heit (Sifa) die Sicher­heit des Unternehmens ganzheitlich denken und pla­nen. Dazu gehört es auch, die Dig­i­tal­isierung so mitzugestal­ten, dass alle Sicher­heits­bere­iche des Unternehmens durch IT-Struk­turen opti­mal und sin­nvoll miteinan­der ver­bun­den sind.

Die neue Arbeitswelt verän­dert auch die Her­aus­forderun­gen für die Sicher­heit­skul­tur in den Unternehmen. Darauf müssen auch die Ver­ant­wortlichen für Arbeits- und Gesund­heitss­chutz reagieren und ihre Kom­pe­ten­zpro­file entsprechend anpassen. Dies gilt ins­beson­dere für den Sicher­heitsin­ge­nieur beziehungsweise die Sifa.

Denn die Sifa wird zunehmend nicht mehr als Sicher­heits-Spezial­ist mit punk­tuellem Ein­satz bei Unfall und Gefährdung gese­hen, son­dern als Prozess­man­ag­er, der – inte­gri­ert in die Unternehmensführung – an ganzheitlichen Lösun­gen im Betrieb arbeit­et und für nach­haltige Sicher­heit durch Inte­gra­tion in das betriebliche Man­age­ment sorgt.

Die Umset­zung eines ganzheitlichen Arbeitss­chutz- und Gesund­heits­man­age­ments wird immer mehr als ein kon­tinuier­lich­er Prozess ver­standen, bei dem der Unternehmer stetig Beratung benötigt. Und bei dem ins­beson­dere der Sifa die Rolle zukommt, diesen Prozess laufend zu analysieren, anzu­passen und zu optimieren.

Paradigmenwechsel

Wo liegen die Ursprünge dieses fun­da­men­tal­en Wan­dels? Die Dereg­ulierung der betrieblichen Arbeitssicher­heit durch das Arbeitss­chutzge­setz von 1996 und durch die Betrieb­ssicher­heitsverord­nung von 2002 brachte den Arbeit­ge­bern größere Frei­heit­en, eigene Lösungswege für eine nach­haltige Sicher­heits- und Präven­tion­skul­tur in ihren Unternehmen zu find­en. Der Arbeit­ge­ber kann seit­dem all­ge­mein vorgegebene Schutzziele eigen­ver­ant­wortlich gestal­ten und umset­zen, dafür erhält er einen größeren Hand­lungsspiel­raum für deren Umset­zung im eige­nen Betrieb.

Dieser Par­a­dig­men­wech­sel reflek­tierte einen inter­na­tionalen Trend zur Selb­stver­ant­wor­tung der Unternehmen in Bezug auf die Arbeitssicher­heit und den betrieblichen Gesund­heitss­chutz, der im anglo-amerikanis­chen Raum seinen Anfang nahm und teil­weise auch von den Unternehmen selb­st, nicht nur dem Geset­zge­ber, aus­gelöst wurde. Ein wesentlich­er Bestandteil dieses strate­gis­chen Wan­dels in den dor­ti­gen Unternehmen war es (unter anderem als Ergeb­nis von ver­lore­nen Zivil­prozessen wegen Nach­läs­sigkeit­en beim betrieblichen Umwelt- und Gesund­heitss­chutz mit damit ver­bun­de­nen Entschädi­gun­gen in Mil­lio­nen­höhe an die Kläger), betrieb­sin­terne Prozesse auch in den Bere­ichen bess­er steuern zu kön­nen, die (teil­weise) nur indi­rek­ten Ein­fluss auf die Pro­duk­tiv­ität und die ökonomis­che Wertschöp­fung haben.

Mit der Ein­führung von EHS-Sys­te­men (Envi­ron­ment-Health-Safe­ty, Umwelt-Gesund­heit-Sicher­heit) oder HSE-Sys­te­men (Health-Secu­ri­ty-Envi­ron­ment) kamen inte­gri­erte Man­age­mentsys­teme im Rah­men eines über­greifend­en Risiko­man­age­ments zum Ein­satz, bei denen zunächst Qual­itäts­man­age­ment und Umweltschutz, später auch Gesund­heitss­chutz sowie Arbeitssicher­heit und neuerd­ings auch der Daten­schutz und IT-Net­zw­erk­sicher­heit gle­icher­maßen berück­sichtigt und aufeinan­der abges­timmt wurden.

 

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Die Sifa muss sich zunehmend auch um die dig­i­tale Sicher­heit küm­mern.
Foto: © SUPHANSA – stock.adobe.com

EHS-Systeme setzen sich durch

Bis heute haben sich diese Man­age­mentsys­teme zumin­d­est in großen und inter­na­tion­al operieren­den Unternehmen durchge­set­zt. Die Gründe hier­für sind vielfältig: EHS-Sys­teme sor­gen für eine langfristig nach­haltige Entwick­lung in den Bere­ichen Sicher­heit, Qual­itätswe­sen, Gesund­heit und Umweltschutz, im Ide­al­fall entste­hen zwis­chen den einzel­nen Bere­ichen sog­ar Syn­ergieef­fek­te. Mit Hil­fe der Sys­teme gelingt es, Ressourcen zu sparen sowie die Risiken von Pro­duk­ten und Arbeit­sprozessen zu min­imieren beziehungsweise ganz auszuschließen.

Bei allen geschäftlichen Entschei­dun­gen wer­den die Auswirkun­gen auf Umwelt, Gesund­heit und Arbeitssicher­heit abge­wogen. Indem der Ist-Zus­tand kon­tinuier­lich mit immer wieder neu for­mulierten Zielvor­gaben ver­glichen wird, gibt es eine per­ma­nente Erfol­gskon­trolle und damit die Möglichkeit, Fehler sofort zu beheben. Zusät­zlich zu den bere­its oben genan­nten The­men­feldern ist in den ver­gan­genen Jahren die Betrieb­ssicher­heit mit all ihren Facetten (IT-Sicher­heit und Daten­schutz, Brand­schutz etc.) ein immer wichtigeres Hand­lungs­feld gewor­den, dessen Man­age­ment eine weit­ere große Her­aus­forderung darstellt und daher von EHS-Sys­te­men zunehmend mit­berück­sichtigt wird.

Von der Sifa zum EHS-Manager

Dieser Wan­del fordert auch eine neue Rolle der Sifa, was sich teil­weise auch schon in der Änderung der Berufs­beze­ich­nung zeigt. Denn in den Stel­lenanzeigen großer Unternehmen ist schon längst nicht mehr von Sifa die Rede, son­dern diese suchen nach soge­nan­nten EHS-Man­agern. In Deutsch­land wurde in den let­zten Jahren der Begriff „Man­ag­er für Sicher­heit und Gesund­heit“ eingeführt.

Alle diese Begriffe ver­weisen schon darauf, dass die Auf­gaben­felder der Sifa in den ver­gan­genen Jahren stark expandierten. Die Sifa soll nicht mehr nur Fachkraft für Sicher­heit, son­dern gle­ichzeit­ig auch für Gesund­heit, betrieblichen Umweltschutz und sog­ar IT-Sicher­heit zuständig sein – und darüber hin­aus muss sie es auch ver­ste­hen, die unter­schiedlichen dig­i­tal­en Infor­ma­tion­stech­nolo­gien hier­für zu nutzen und anzuwenden.

Fachkräfte für Arbeitssicher­heit: Ohne sie geht es nicht

Neue Gefahren für Unternehmen

Dieser Wan­del ist nicht nur auf frei­williger Basis erfol­gt. Die Unternehmen des 21. Jahrhun­derts wer­den schließlich mit neuen Gefahren kon­fron­tiert, die sie bis­lang nicht kan­nten. Das The­ma Sicher­heit muss dabei immer bre­it­er aufgestellt wer­den – und dies muss sich auch im Kom­pe­ten­zspek­trum der Sifa nieder­schla­gen. Diese Gefährdung hat vor allem mit der notwendi­gen Dig­i­tal­isierung der Unternehmen zu tun, bei der alle Funk­tions­bere­iche des Unternehmens durch IT-Struk­turen miteinan­der ver­bun­den werden.

So wichtig diese Ver­net­zung für die Unternehmen ist, so leicht angreif­bar machen sie die dig­i­tal­en Net­zw­erke. Die ver­net­zten Sys­teme der glob­al­isierten Arbeitswelt wer­den immer anfäl­liger für Cyberan­griffe und sind durch Manip­u­la­tio­nen von außen jed­erzeit angreif­bar. Dadurch kann ein immenser Schaden für die Unternehmen entste­hen – und ger­ade auch für ihre Sicher­heitssys­teme, egal ob diese zur Sicherung der IT oder zum Brand­schutz instal­liert sind.

Eine weit­ere Entwick­lung verkom­pliziert die Lage: Die exter­nen Angreifer set­zen zunehmend selb­stler­nende Tech­niken ein, um ihre Angriff­s­muster kon­tinuier­lich zu verän­dern und wer­den dadurch immer schw­er­er zu bekämpfen. Die Unternehmen brauchen daher Experten, die sowohl IT-Architek­turen als auch Sicher­heits­bere­iche wie den Brand­schutz beherrschen und für ihre Unternehmen wirk­same und flex­i­ble Sicher­heit­sar­chitek­turen entwer­fen und umset­zen kön­nen. Viele Sifa haben bere­its wertvolle Kom­pe­ten­zen, beispiel­sweise im Bere­ich des Brand­schutzes. Auch hier­bei bietet sich also die Sifa an, um als umfassende Sicher­heit­sex­per­tin im Unternehmen einge­set­zt wer­den zu können.

Softwareentwicklung sicher planen

Die Sifa müssen dabei als fach­liche Gen­er­al­is­ten mithelfen, die Grund­la­gen ein­er ganzheitlichen dig­i­tal­en Sicher­heit­sar­chitek­tur zu entwer­fen und zu pla­nen, in denen der Arbeits- und Gesund­heitss­chutz fest inte­gri­ert ist. Ein wichtiger strate­gis­ch­er Ansatzpunkt, um dieses Ziel zu real­isieren, bildet dabei die Auswahl der richti­gen Soft­ware für die spez­i­fis­chen betrieblichen Anforderun­gen. Denn deren Ergonomie, Störan­fäl­ligkeit und Benutzungssicher­heit beziehungsweise Benutzer­fre­undlichkeit entschei­det darüber, wie erfol­gre­ich die IT-Struk­turen und ‑prozesse arbeit­en, wie resistent sie gegenüber exter­nen Angrif­f­en sind und inwiefern sie in der Lage sind, alle Belange und Anforderun­gen des betrieblichen Arbeits- und Gesund­heitss­chutzes opti­mal abzubilden.

Die Sifa hat auf diesen Prozess unmit­tel­baren Ein­fluss und sollte die ihr wichti­gen Kri­te­rien bere­its bei der Pla­nung, spätestens bei der Beschaf­fung der Soft­ware berück­sichti­gen. So müssen Sifa bere­its im Sta­di­um der Soft­wa­reen­twick­lung oder ‑auswahl ihr Unternehmen kom­pe­tent berat­en kön­nen, welche Soft­ware angeschafft wer­den sollte, oder, sollte die Soft­ware erst speziell entwick­elt wer­den, wie die The­men Sicher­heit und Gesund­heit durch die Algo­rith­men abge­bildet beziehungsweise inte­gri­ert wer­den müssen.

Dazu brauchen sie nicht nur Ken­nt­nisse über IT-spez­i­fis­che Grund­la­gen wie beispiel­sweise der smarten Prozesss­teuerung oder der Funk­tion­sweise von Plat­tfor­mökonomien, son­dern auch soziale Kom­pe­ten­zen. Denn sie müssen bei der Pla­nung, Entwick­lung und der Imple­men­tierung von Soft­waresys­te­men zumeist im Rah­men inter­diszi­plinär­er Teams arbeit­en und sind daher darauf angewiesen, ihre Inter­essen ziel­grup­pen­gerecht und sen­si­bel ver­mit­teln zu kön­nen. So muss sie etwa dem IT-Admin­is­tra­tor die Bedeu­tung und die spez­i­fis­chen Anforderun­gen der gesund­heitlichen Präven­tion für die betriebliche Prozes­sop­ti­mierung ver­mit­teln kön­nen und wie diese in die IT-Prozesse zu inte­gri­eren sind.

Aber auch mit der poten­ziell man­gel­nden Akzep­tanz inner­halb der Belegschaft für die weit­ere Dig­i­tal­isierung des Arbeits- und Gesund­heitss­chutz­man­age­ments muss die Sifa umge­hen kön­nen und daher in der Lage sein, unter­schiedliche Mei­n­un­gen zu mod­erieren, ziel­grup­pen­gerecht zu informieren, zu motivieren und Bedenken auszuräu­men. Sifa sollen als Gen­er­al­is­ten und Ken­ner aller Bere­iche der Sicher­heit­skul­tur eines Unternehmens die Führung in der Beratung der Unternehmensleitung bei der Ein­führung und For­ten­twick­lung von IT-Sys­te­men (mit-) übernehmen und dafür sor­gen, dass das Arbeitss­chutz­man­age­ment durch die immer stärkere Dig­i­tal­isierung ständig verbessert wird – und die Beschäftigten dabei „mitgenom­men“ wer­den (siehe Infokasten).


Dr. Joerg Hensiek

Der Autor: Dr. Joerg Hensiek
Fachau­tor und freier Journalist

Foto: pri­vat


Technostress: GBU-Psyche und Digitalisierungsprojekte verbinden

Neben der IT-Kom­pe­tenz ist es für die Sifa auch immer wichtiger, sich neben den klas­sis­chen Belas­tungs­fak­toren der indus­triellen Arbeitswelt auch mit psy­chis­chen Belas­tun­gen zu befassen. Diese wer­den in deutschen Unternehmen immer mehr zum Belas­tungs­fak­tor Num­mer Eins, was unter anderem mit der Geschwindigkeit der kon­tinuier­lich fortschre­i­t­en­den Dig­i­tal­isierung von Arbeits- und Kom­mu­nika­tion­sprozessen zu tun hat. Der „Tech­nos­tress“ beein­trächtigt somit auch die Arbeit­sleis­tung der Beschäftigten. Für weit­ere Dig­i­tal­isierung­spro­jek­te in den Unternehmen kann das bedeuten, dass deren Akzep­tanz in der Belegschaft immer geringer wird – ein sicheres Vorze­ichen für deren Scheit­ern in mit­tel- und langfristiger Perspektive.

In der aktuellen Aus­gabe der Zeitschrift „Betriebliche Präven­tion“ schla­gen die Autoren und Sifa Björn Bücks und Katrin Zit­t­lau daher vor, die dig­i­tal­en Verän­derung­sprozesse während ihrer gesamten Laufzeit­en mit regelmäßi­gen psy­chis­chen Gefährdungs­beurteilun­gen zu begleit­en, wobei die Sifa das Indika­toren-Set der mit­tler­weile all­ge­mein angewen­de­ten GBU Psy­che nutzen sollte. So erhält man nicht nur ein regelmäßiges Bild der psy­chis­chen Ver­fas­sung der Beschäftigten, son­dern kann die Arbeitss­chutzan­forderun­gen ständig aktualisieren.

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