Hitzeempfinden ist eine sehr individuelle Angelegenheit. Während manchen schon 25 Grad Celsius im Schatten zu viel des Guten sind, fühlen sich andere bei Temperaturen jenseits der 30 Grad rundum wohl. Noch wärmer ist es an ausgewiesenen Hitzearbeitsplätzen. Der Gesetzgeber definiert sie als Arbeitsplätze mit Temperaturen ab 35 Grad, wo Beschäftigte körperliche Arbeit verrichten müssen, also beispielsweise an Hochöfen oder in Gießereien und Großbäckereien.
Hitze kann krank machen
Das Arbeitsschutzgesetz, die Arbeitsstättenverordnung, die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge und mehrere Technische Regeln für Arbeitsstätten geben die daraus folgenden Pflichten für die Unternehmen vor. Denn Hitze kann auch jenseits von Hitzschlag oder Sonnenstich krank machen. Sie kann Kreislaufprobleme verursachen, Hautausschläge durch Schwitzen, Wassereinlagerungen in den Beinen und Knöcheln, Muskelkrämpfe, Schwindelgefühle.
Außerdem kann Hitze Atemwegserkrankungen verschlimmern, den Schlaf beeinträchtigen, zu Nierenproblemen führen sowie die Gefahr von Thrombosen und Herzinfarkten erhöhen. Und da der Körper damit beschäftigt ist, die Hitzebelastung zu kompensieren, verringert sich die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit – mit der Folge, dass die Unfallgefahr steigt.
Viele Arbeitsunfähigkeitstage
Diese Hitzefolgen spiegeln sich in den Arbeitsunfähigkeitsfällen. Die Krankheitsartenstatistik der gesetzlichen Krankenversicherung verzeichnet besonders in Hitzejahren überdurchschnittlich viele Arbeitsunfähigkeitstage. Hinzu kommt eine wahrscheinlich hohe Dunkelziffer, da nicht alle Betroffene ärztliche Hilfe suchen.
„In Anbetracht der klimawandelbedingten Zunahme der Hitzetage kann davon ausgegangen werden, dass zukünftig Arbeitsunfähigkeitstage beziehungsweise Krankheitsfälle aufgrund von Hitze zunehmen werden, sofern nicht umfangreiche Präventionsmaßnahmen ergriffen werden“, so das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.
Immerhin können gerade in langen, heißen Sommern auch an vielen Arbeitsplätzen, die nicht explizit als Hitzearbeitsplätze gelten, die relevanten Temperaturgrenzwerte erreicht oder überschritten werden – bei Tätigkeiten unter freiem Himmel, aber auch in Fahrzeugen, Büros oder Gewerbehallen.
Wie kann diese Prävention aussehen? Obwohl Tätigkeiten und räumliche Gegebenheiten sehr unterschiedlich sind, gibt es vielfältige Ansatzpunkte. Denn auch bei Hitzebelastungen greift das TOP-Prinzip – Priorität haben technische Maßnahmen, gefolgt von organisatorischen und persönlichen Schutzansätzen.
Technische Maßnahmen
Als mögliche technische Maßnahmen empfiehlt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) zum einen mobile oder stationäre Klimaanlagen. Die Temperaturdifferenz zwischen Außen- und Raumluft dürfe aber nicht zu groß eingestellt werden, um beim Gang ins Freie keinen sogenannten Hitzeschock zu riskieren; bewährt hat sich demnach eine Differenz von rund sechs Kelvin.
Mögliche negative Folgen mobiler Klimageräte seien störende Geräusche oder Zugluft, die zu Erkältungen und verkühlten Muskeln führen kann. Daher sei die Betriebsanleitung genau zu beachten, insbesondere in Bezug auf die mögliche Raumgröße und die Führung der Schläuche nach außen.
Als weitere technische Maßnahmen nennt die BAuA eine intensive Durchlüftung der Räume nachts oder am frühen Morgen vor 10 Uhr, das Abschalten nicht benötigter elektrischer Geräte wie Kopierer oder Drucker, das Aufstellen von Tischventilatoren und die Installation von Sonnenschutzvorrichtungen (zu Sonnenschutz in Gebäuden siehe „Nicht zu warm, nicht zu hell“ in Sicherheitsbeauftragter 5/2023).
Organisatorische Maßnahmen
Die nächste Ebene sind unterschiedliche organisatorische Schutzmaßnahmen. Dazu gehört laut BAuA vor allem, Tätigkeiten sowie Arbeits- und Pausenzeiten wenn möglich an die Witterung anzupassen – etwa keine schwere körperliche Arbeit in der Mittagszeit, mehr Pausen, ein früherer Arbeitsbeginn, keine Überstunden.
Weitere Elemente sind demnach Rücksichtnahme gegenüber bestimmten Personengruppen wie ältere oder gesundheitlich gefährdete Beschäftigte sowie die Sensibilisierung der Kolleginnen und Kollegen für das Thema Hitzebelastung am Arbeitsplatz.
Persönliche Maßnahmen
Ein angepasstes Verhalten ist ebenfalls ein wichtiger Baustein. Eine kühle Dusche ist natürlich nicht überall möglich, ab und zu kühles Wasser über die Handgelenke laufen zu lassen schon eher.
Die Kleidung sollte möglichst hell und luftdurchlässig, locker und schweißaufnehmend sein, das Essen eher leicht und frisch als schwer und reichhaltig. Und draußen halten Kopfbedeckungen, speziell mit Nackenschutz, die oft stechende Sonne ab.
Wichtig: Ausreichend trinken!
Besonderes Augenmerk legt die BAuA übrigens auf das Thema Trinken. Von Energydrinks als Durstlöscher wird abgeraten, ebenso von sehr kalten, eventuell sogar eisgekühlten Getränken, da diese den Körper veranlassen, mehr Wärme zu produzieren.
Als besonders geeignet gelten hingegen Trink- und Mineralwasser ohne oder mit nur wenig Kohlensäure, Kräuter- und Früchtetee sowie Saftschorlen, die neben Wasser auch manche durch das Schwitzen verlorengegangenen Elektrolyte und Mineralstoffe enthalten. Vor allem sollten Beschäftigte bei Hitze aber ausreichend trinken, so die BAuA – rechtzeitig noch vor dem Durst und in kleinen Mengen über den Tag verteilt.
Bauliche Voraussetzungen
Bei Arbeitsplätzen im Freien (siehe Artikel „Schatten und Siesta“) gibt es damit unterm Strich weniger Handlungsoptionen als in Gebäuden, deren Hülle zusätzlich eine wichtige Rolle spielt. Denn Unternehmen müssen schon beim Einrichten von Arbeitsstätten darauf achten, dass die baulichen Voraussetzungen an den sommerlichen Wärmeschutz nach den anerkannten Regeln der Technik beziehungsweise nach geltendem Baurecht gegeben sind.
Das Umweltbundesamt kritisiert allerdings, dass diese Vorgabe nur für Neubauten und nicht für bestehende Gebäude oder für Sanierungen gilt. Denn der Sommer 2022, der bei Höchsttemperaturen und Sonnenstunden etliche Rekorde brach, war dem Deutschen Wetterdienst zufolge kein Ausrutscher. „Wir dürften damit in Zeiten des Klimawandels einen bald typischen Sommer erlebt haben“, so der DWD. Hitzeprävention dürfte also zu einem typischen Aufgabengebiet für Sicherheitsbeauftragte werden.
Praxis-Tipps für den Notfall
Achtsamkeit gegenüber sich selbst und den Kolleginnen und Kollegen ist ein wesentlicher Baustein für schnelle Erste Hilfe im Hitzenotfall. Kopfschmerz und Schwindel, Übelkeit und Muskelkrämpfe können erste Alarmzeichen sein, aber auch ungewöhnliches Verhalten, etwa Aggressivität, vermindertes Urteilsvermögen, Apathie oder fahrige Bewegungen.
Betroffene sollten an einen kühleren Ort gebracht und mit Getränken versorgt werden; auch Frischluft, kühlende Umschläge und das Lockern der Kleidung können helfen. Wenn sich die Symptome verschlimmern, sollte über den Notruf Hilfe geholt werden.
Die DGUV hat eine Kurzübersicht über die notwendigen Sofortmaßnahmen bei akuten Hitzeerkrankungen zusammengestellt, die in der Publikationsdatenbank verfügbar ist; https://publikationen.dguv.de (Webcode p204037)
Hilfreiche Links
- Einen Überblick zum Thema Arbeiten bei Hitze gibt die DGUV Information 213–002 „Hitzearbeit; Erkennen – beurteilen – schützen“. https://publikationen.dguv.de (Webcode p213002)
- Kurze und praxisnahe Handlungshilfen enthält die DGUV Information 213–022 „Beurteilung von Hitzearbeit – Tipps für Wirtschaft, Verwaltung, Dienstleistung“. In diesem Zusammenhang ist auch die DGUV Information 215–510 „Beurteilung des Raumklimas“ interessant; https://publikationen.dguv.de (Webcodes p213022 und p215510).
- Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat ein Faltblatt mit dem Titel „Sommerhitze im Büro – Tipps für Arbeit und Wohlbefinden“ zusammengestellt; www.baua.de (Artikelnummer: 2164)
Unternehmen in der Pflicht
Ein Recht auf „Hitzefrei“ haben Beschäftigte zwar nicht. Trotzdem müssen Unternehmen die Temperaturen am Arbeitsplatz sowie in Pausen‑, Bereitschafts‑, Sanitär‑, Kantinen- und Erste-Hilfe-Räumen im Auge behalten, denn laut ASR A3.5 soll es dort während der Nutzung nicht wärmer werden als 26 Grad. Ausschlaggebend dabei ist die den Menschen umgebende Luft ohne Einwirkung von Wärmestrahlung.
Eine Überschreitung dieses Werts ist grundsätzlich nur zulässig, wenn es draußen wärmer ist als 26 Grad, wenn beim Einrichten der Fabrikhallen und Büros auf den sommerlichen Wärmeschutz geachtet wurde und wenn Fenster oder Glaswände mit geeigneten Sonnenschutzsystemen ausgestattet sind. Unternehmen sollen dann laut Arbeitsschutzregel verschiedene Maßnahmen ergreifen – solche Soll-Vorschriften sind übrigens verpflichtend, wenn keine zwingenden Gründe dagegensprechen.
Zu den Maßnahmen gehören etwa eine effektive Steuerung von Sonnenschutz und Lüftung, Gleitzeitregelungen, gelockerte Bekleidungsvorschriften, die Nutzung von Ventilatoren und die Bereitstellung geeigneter Getränke. Bei Temperaturen von über 30 Grad müssen auf jeden Fall Maßnahmen zur Minderung der Beanspruchung ergriffen werden.
Wenn die Lufttemperatur im Arbeitsraum sogar die 35-Grad-Marke überschreitet, müssen Unternehmen wie bei klassischer Hitzearbeit agieren, also etwa für Luftduschen, Wasserschleier oder Entwärmungsphasen sorgen. Sonst dürfen Beschäftigte in dem Raum nicht arbeiten. Die DGUV Information zu Hitzearbeit empfiehlt bei Raumtemperaturen bis 45 Grad und maximal 40 Prozent Luftfeuchtigkeit beispielsweise Entwärmungsphasen von 15 Minuten pro Stunde.