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Die 5S-Methode - Ordnung als Prinzip

Ordnung als Prinzip
Die 5S-Methode

Die 5S-Methode
Alles im Griff: Eine nach der 5S-Methode aufgeräumte Werkzeugwand Foto: © Sport Moments - stock.adobe.com
In fünf Schrit­ten zu mehr Ord­nung und damit zugle­ich den Arbeitss­chutz verbessern – darauf zielt eine Meth­ode aus dem Lean-Man­age­ment. Was aber ver­birgt sich genau dahin­ter und was hal­ten Experten davon?

Man beze­ich­net sie mitunter auch als 5A-Meth­ode, je nach­dem, wie die fünf Schritte for­muliert wer­den. In jedem Fall ste­hen die großen Anfangs­buch­staben für die fünf aufeinan­der­fol­gen­den Schritte, mit denen sich let­ztlich (Produktions)prozesse ver­schlanken und somit opti­mieren lassen. Der Arbeitss­chutz beziehungsweise die Ergonomie ist ein zen­traler Teil davon, wie Dr. Stephan San­drock vom ifaa – Insti­tut für ange­wandte Arbeitswis­senschaft e.V. bestätigt (siehe Inter­view näch­ste Seite).

Kontinuierliche Verbesserungen

Die 5S-Meth­ode ist ein wesentlich­er Kern des bere­its in den 1930er Jahren etablierten Toy­ota-Pro­duk­tion­ssys­tems. Sie wird gemein­hin als Ein­stiegsmeth­ode für die Etablierung von Lean-Man­age­ment-Sys­te­men beze­ich­net. Das über­ge­ord­nete Ziel ist dabei, in einem abge­gren­zten Ver­ant­wor­tungs­bere­ich der Beschäftigten einen geord­neten Grundzu­s­tand her­beizuführen und auf nach­haltige Weise zu bewahren. Dies bet­rifft Arbeit­splätze und Pro­duk­tion­san­la­gen genau­so wie Hilfsmittel.

Beim ifaa ist man überzeugt vom Sinn und Nutzen dieser Meth­ode. Sie steigert dem­nach nicht nur die Über­sicht und Sicher­heit am Arbeit­splatz, son­dern bildet auch eine Basis dafür, dass die Beschäftigten mehr Ver­ant­wor­tung für den eige­nen Arbeit­splatz übernehmen kön­nen. Außer­dem hil­ft die 5S-Meth­ode unter anderem dabei, verzögernde Fak­toren wie zum Beispiel Laufzeit­en, Suchen, Wartezeit­en und Trans­port zu ver­mei­den. Die Stan­dar­d­isierung macht Arbeit­splätze und Arbeit­sprozesse effek­tiv­er, nachvol­lziehbar­er und trans­par­enter. Sie sichert eine Vertre­tung bei Aus­fall und trägt dazu bei, den Mate­ri­alver­brauch zu reduzieren.

Für Sicher­heits­beauf­tragte beson­ders rel­e­vant ist die Tat­sache, dass die 5S-Meth­ode auch die Arbeits- und Prozess­sicher­heit steigert. Sie gilt als erforder­liche Grund­lage für den kon­tinuier­lichen Verbesserung­sprozess und „neben­bei“ wird ein diszi­plin­iertes, kon­se­quentes Ver­hal­ten bei Mitar­beit­ern wie Führungskräften trainiert.


5S-Methode Dr. Stephan Sandrock
Foto: ifaa

Interview mit Dr. Stephan Sandrock

„Die 5S-Methode betrifft auch den Arbeitsschutz“

Für Dr. Stephan San­drock, Leit­er des Fach­bere­ichs Arbeits- und Leis­tungs­fähigkeit beim ifaa – Insti­tut für ange­wandte Arbeitswis­senschaft e.V. in Düs­sel­dorf, gehören Maß­nah­men zur Pro­duk­tiv­itätssteigerung und ergonomis­che Arbeits­gestal­tung zusam­men. Warum bei­de The­men gemein­sam betra­chtet wer­den soll­ten, erk­lärt er in fol­gen­dem Gespräch.

Das Gespräch führte Chris­tine Lendt.

Herr Dr. San­drock, bei der 5S-Meth­ode geht es um Ord­nung und Sauberkeit. Was hat das mit dem The­ma Arbeitss­chutz zu tun?

Eine ganze Menge. Im Lean-Man­age­ment ist 5S die Ein­stiegsmeth­ode, wenn es darum geht, Pro­duk­tion­sprozesse zu ver­schlanken und zu verbessern. Es fängt damit an, den eige­nen Arbeit­splatz über­sichtlich­er zu gestal­ten – und zwar mit dem ersten Schritt der Meth­ode, dem Sortieren beziehungsweise Aus­sortieren von über­flüs­si­gen Din­gen. Wenn zum Beispiel nur die Werkzeuge bere­itliegen, die für den jew­eili­gen Arbeit­sprozess auch wirk­lich nötig sind, habe ich eine Basis dafür gelegt, effizien­ter arbeit­en zu kön­nen – was auch ein Ziel der Ergonomie ist – und bin somit direkt im Bere­ich Arbeitss­chutz gelandet. Schließlich ist Ergonomie ein Teil des Arbeitsschutzes.

Sie sehen also speziell auch einen Bezug der Ergonomie zur 5S-Methode?

Ganz genau, denn die Ergonomie ver­fol­gt zwei Ziele. Erstens geht es darum, das Wohlbefind­en der Beschäftigten zu erhal­ten und durch die Anwen­dung ergonomis­ch­er Meth­o­d­en möglichst noch zu verbessern. Ergonomie zielt zugle­ich darauf, die Leis­tung des Sys­tems zu verbessern. Konkret bedeutet das zum Beispiel Arbeit­splätze so zu gestal­ten, dass sich die benötigten Arbeitsmit­tel in einem vernün­fti­gen Greifraum befind­en – also der Mitar­beit­er nicht umständlich um sieben Eck­en greifen oder die Handge­lenke unnötig beu­gen muss. Wenn dies gelingt, wurde mit der Meth­ode des Aufräu­mens und Sortierens zugle­ich eine ergonomis­che Lösung gefunden.

Ergonomie sollte also ein wesentlich­er Teil der 5S-Meth­ode sein?

Genau. Im Grunde sollte man die Meth­ode um ein sech­stes S erweit­ern, also immer auch das The­ma Sicher­heit mit im Hin­terkopf haben. Wir empfehlen grund­sät­zlich die The­men 5S und Ergonomie beziehungsweise Arbeitss­chutz zusam­men zu behan­deln, also bei der Gestal­tung des Arbeit­splatzes unter anderem auch darauf zu acht­en, dass vernün­ftige Arbeit­shöhen und Greifräume einge­hal­ten wer­den. Und es soll­ten nur die Mate­ri­alien vor Ort bere­itliegen, die der Mitar­beit­er oder die Mitar­bei­t­erin tat­säch­lich benötigt.

Damit wären wir bei einem auch im All­ge­meinen sicher­heit­srel­e­van­ten Aspekt: Wenn alle am Arbeit­splatz benötigten Teile über­sichtlich in zum Beispiel einem Shad­ow-Board griff­bere­it sind, lässt sich ver­mei­den, dass der oder die Beschäftigte hek­tisch in eine Schublade greifen muss, um Teile her­auszusuchen und sich dabei wom­öglich die Hand klemmt.Diese Ord­nung spart auch Zeit und beugt ungün­sti­gen Beanspruchungs­fol­gen wie Stress vor, da man nicht noch extra etwas suchen muss.

Es geht also bei der 5S-Meth­ode vor allem um Sauber­ma­chen und Aufräumen?

Jein, 5S ist die Grund­lage dafür, Ver­schwen­dun­gen zu min­imieren und damit auch die Grund­lage weit­er­er Lean Meth­o­d­en. Es geht nicht vor­rangig ums Aufräu­men – dieses sorgt dann aber dafür, den Blick auf die wesentlichen Dinge zu leg­en. Dies umfasst die ersten drei Schritte: Selek­tieren, Sortieren und den Arbeit­splatz sauber hal­ten. Das kann sich­er auch eine hil­fre­iche Meth­ode im Büro sein- allerd­ings geht es vor­rangig nicht um einen einzel­nen Schreibtisch und dabei zum Beispiel darum, nur drei Bleis­tifte in der Schublade zu haben. Das wird lei­der oft falsch ver­standen. Wenn man die ursprünglich für Pro­duk­tion­sar­beit­splätze herange­zo­gene Meth­ode 5S und die für die Arbeit­sprozesse benötigten Teile ver­gle­icht, geht es im Büro zum Beispiel auch um das Schaf­fen trans­par­enter Ablagesys­teme – sowohl physisch als auch in Dateisys­te­men – und um das Beseit­i­gen nicht mehr benötigter Ord­ner, Prozesse und so weiter.

Inwieweit ist „sauber hal­ten“ dabei wörtlich zu nehmen?

Es geht weniger darum, den Put­zlap­pen zu schwin­gen, damit alles blitzblank ist – wobei sich die näch­ste Schicht sicher­lich auch über solch einen Arbeit­splatz freut. Nein, wir sind hier vor allem auch wieder mit­ten­drin im The­ma Arbeitss­chutz. Denn wenn etwa die Früh­schicht zerspantes Mate­r­i­al herum­liegen lassen hat oder aus­ge­laufene Kühlschmier­stoffe – oder gar eine Kom­bi­na­tion aus bei­dem – dann bedeutet dies für die Kol­le­gen aus der Spätschicht ein beson­deres Verletzungsrisiko.

Denken Sie dabei also vor allem an Stolper‑, Rutsch- und Sturzunfälle?

So ist es. Schließlich han­delt es sich hier um die häu­fig­sten Arbeit­sun­fälle, aber ger­ade die lassen sich leicht ver­mei­den. In einem Unternehmen habe ich zum Beispiel gese­hen, dass ein Mitar­beit­er ein großes Werk­stück von einem zum näch­sten Bear­beitungszen­trum getra­gen hat, um es dort weit­er zu bear­beit­en, und die ent­stande­nen Pfützen dann nicht beseit­igt hat. Kol­le­gen hät­ten da leicht aus­rutschen kön­nen. Wer den Arbeit­splatz sauber hält, gewin­nt also auch an Sicher­heit. Wenn dabei die Beschäftigten ein­be­zo­gen wer­den und eine gewisse Diszi­plin entwick­eln, dann macht es ihnen auch Spaß, wie die Erfahrung zeigt. So bekommt man auch das manch­mal als etwas lästig ange­se­hene The­ma Arbeitssicher­heit eher an den Mann oder an die Frau.

Ord­nung kann ja außer­dem auch motivieren, weil man sich wohler fühlt an seinem Arbeitsplatz.

Ganz genau, damit wären wir beim The­ma psy­chis­che Belas­tung, denn Unord­nung kann auch Frust aus­lösen. Es gibt zwar einige Men­schen, die sagen, ein Genie beherrscht das Chaos, aber das halte ich für wenig förder­lich, vor allem dann, wenn andere Per­so­n­en im gle­ichen Arbeitssys­tem arbeiten.

Hinzu kommt, dass der Arbeit­ge­ber auch die getrof­fe­nen Maß­nah­men des Arbeitss­chutzes ständig hin­ter­fra­gen und ergänzen muss. Vor dem Hin­ter­grund der Opti­mierung kann man diese Maß­nah­men auch im Rah­men der 5S-Meth­ode ange­hen. Entsprechend sin­nvoll ist, wenn sich die Beteiligten der unter­schiedlichen Diszi­plinen schon bei der Pla­nung von Arbeitssys­te­men und Prozessen an einen Tisch set­zen und über­legen, wie sich dieses gemein­same Anliegen am besten lösen lässt. Dazu gehören neben Lean- oder Indus­tri­al-Engi­neer­ing Experten sich­er auch Fachkräfte für Arbeitssicher­heit und gegebe­nen­falls Erfahrun­gen weit­er­er Play­er. Das hat auch den Vorteil, dass nicht ver­schiedene Abteilun­gen durch den Betrieb laufen müssen, die sagen: Heute machen wir Ergonomie und mor­gen 5S und über­mor­gen dann den restlichen Arbeitsschutz.

Vie­len Dank für das Gespräch!

Fachliteratur und Handlungshilfen

  • Das vom ifaa her­aus­gegebene Fach­buch „5S als Basis des kon­tinuier­lichen Verbesserung­sprozess­es“ enthält O‑Töne und prak­tis­che Beispiele aus Unternehmen, die diese Meth­ode zur Prozes­sop­ti­mierung gewählt haben. Das Buch ist 2016 im Springer Ver­lag erschienen.
  • Das ifaa hat zudem zwei Excel­tools entwick­elt, um die unter­schiedlichen Aspek­te der 5S-Meth­ode im Unternehmen bew­erten beziehungsweise audi­tieren zu kön­nen: „Arbeit gesund und pro­duk­tiv gestal­ten Audit Pro­duk­tion“ und „Arbeit gesund und pro­duk­tiv gestal­ten Audit Office“.

Foto: Simone Friese

Autorin: Chris­tine Lendt

Fachau­torin und freie Journalistin


Die fünf Schritte auf einen Blick

Die 5A / 5S sind Merkhil­fe für fol­gende fünf Schritte:

  • 1. Aus­sortieren / Selektieren
  • 2. Aufräu­men / Sortieren
  • 3. Arbeit­splatz sauber hal­ten / Säubern
  • 4. Anord­nung zur Regel machen (Stan­dar­d­isieren)
  • 5. Alle Schritte wieder­holt durch­laufen / Selb­st­diszi­plin und Ein­hal­ten von Standards

Dies soll zu einem geord­neten Grundzu­s­tand in einem abge­gren­zten Ver­ant­wor­tungs­bere­ich des Mitar­beit­ers oder Teams (Arbeit­splätze, Gemein­schaft­sräume wie Mate­ri­al­raum, Server­raum, Pos­traum, Hil­f­s­mit­tel) führen (Quelle: ifaa).


Beispiele aus der Unternehmenspraxis

  • Lange Suchzeit­en nach Betrieb­smit­teln, Mate­ri­alien und Infor­ma­tio­nen; Wartezeit­en auf­grund von Fehlteilen – dies sind zwei von etlichen Punk­ten, die den Eppinger Maschi­nen- und Anla­gen­bauer Dief­fen­bach­er 2010 dazu ver­an­lassten, die 5S-Meth­ode einzuführen. Die Meth­ode habe sich als Grund­lage der Verbesserung­sprozesse und Effizien­zsteigerun­gen an jedem Arbeit­splatz in der Pro­duk­tion bewährt, lautet das Fazit.
  • Die Wen­gel­er & Kalthoff Ham­mer­w­erke GmbH & Co. KG aus Wit­ten pro­duziert seit mehr als hun­dert Jahren Spezial­w­erkzeuge aus Stahl. Die über diesen Zeitraum gewach­se­nen Struk­turen soll­ten unter anderem durch die 5S-Meth­ode reformiert wer­den. 5S führte zu einem Ver­trauensgewinn zwis­chen Geschäfts­führung und Belegschaft und motivierte die Mitar­beit­er zum Mit­machen und Wei­t­er­denken: Anknüpfend an den Erfolg der 5S-Aktiv­itäten kon­nten Stan­dards für den Bere­ich des Rüstens erar­beit­et wer­den. Ein aufgeräumter Rüst­werkzeugsatz hätte ein Jahr zuvor keine Akzep­tanz in der Belegschaft gefun­den, heute gehört er zum betrieblichen Alltag.

Quelle: „5S als Basis des kon­tinuier­lichen Verbesserung­sprozess­es“, ifaa-Edi­tion 2016

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