Das neue Ausbildungsjahr hat begonnen – und damit für zahlreiche junge Menschen ein neuer Lebensabschnitt. Doch junge Beschäftige und damit auch Auszubildende sind am Arbeitsplatz einem vielfach höheren Risiko ausgesetzt, einen Unfall zu erleiden oder arbeitsbedingt zu erkranken als ihre älteren Kolleginnen und Kollegen. Die jungen Berufseinsteiger verfügen (noch) nicht über die Kenntnisse, sich sicher im neuen Umfeld zu bewegen, sie müssen viele neue Eindrücke verarbeiten und sich in der Arbeitswelt zurechtfinden – gar nicht so einfach!
Damit der Ausbildungsstart gesund und sicher gelingt, unterstützt das Präventionsprogramm „Jugend will sich-er-leben“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) schon seit mehr als 40 Jahren Betriebe dabei, Auszubildende für Themen rund um Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zu sensibilisieren.
Verschiedene Unfallschwerpunkte
Jedes Schuljahr steht unter einem bestimmten Motto. 2017/2018 drehte sich alles um das Thema „Wegeunfälle“. Aus gutem Grund: „42,4 Prozent der tödlichen Straßenverkehrsunfälle in der Schüler-Unfallversicherung entfallen auf Berufsschülerinnen und Berufsschüler“, so Christoph Preuße von der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM), der das Präventionsprogramm leitet. „Das zeigt uns, wie enorm wichtig es ist, Azubis auf das Thema aufmerksam zu machen.“
Wegeunfälle können aus heftigen Emotionen, wie Streit oder Wut, aus Stress, Unachtsamkeit oder aber auch Ablenkung durch Smartphones oder Mitfahrern resultieren. „Junge Verkehrsteilnehmer sind unerfahrene Autofahrer, oft risikobereiter oder ungeduldiger“, so Preuße. „Doch nicht nur im Straßenverkehr, sondern auch im Betrieb kann es zu Unfällen kommen, beispielsweise durch Stolpern, Rutschen, Stürzen, durch Improvisation oder nicht bestimmungsgemäße Verwendung von Handwerkzeugen.“
Sicherer Umgang mit Arbeitsmitteln
Preuße rät Ausbildern bzw. den verantwortlichen Kollegen, die Berufseinsteiger eng zu begleiten, den Arbeitseinsatz gut vorzubereiten und eine angemessene Einarbeitungszeit einzuplanen. Dabei spielt der richtige und sichere Umgang mit den Arbeitsmitteln eine wichtige Rolle. „Es muss geprüft werden, dass sichere Werkzeuge zur Verfügung stehen. Unterweisungen sind vor jeder neuen Arbeit notwendig – oft wird nicht bedacht, dass Azubis viele Tätigkeiten zum ersten Mal machen. Eine Kontrolle der Arbeiten unter Arbeitsschutz-Aspekten ist kein Misstrauen, sondern Ausdruck der Wertschätzung gegenüber der großen Herausforderung, vor der Azubis stehen.“
Arbeitsschutz als Unternehmenskultur
Azubis lassen sich für Unfallgefahren außerdem besonders gut sensibilisieren, wenn sie spüren, dass Arbeitsschutz gelebt wird und Teil der Unternehmenskultur ist. Es ist gut, sicheres und gesundes Verhalten für junge Beschäftigte nachvollziehbar und selbstverständlich werden zu lassen. „Dadurch werden sie sich bewusst, dass auch sie eine Verantwortung für ihre Sicherheit tragen und im Zweifel nachfragen sollten. Vorbildliche Betriebe stellen Azubis hierzu einen Paten oder Mentor zur Seite. Das können Sicherheitsbeauftragte oder ältere Azubis sein. Manche Unternehmen bilden die Azubis selbst zu Sicherheitsbeauftragten aus, damit der Arbeitsschutz von Anfang an für sie im Fokus steht. Zahlreiche Verantwortliche, Ausbilder und junge Beschäftigte machen bereits seit vielen Jahren vieles richtig und tragen dazu bei, Unfälle zu verhindern – dabei hilft ihnen auch das Präventionsprogramm ‚Jugend will sich-er-leben‘.“
Das Konzept
Im Rahmen von „Jugend will sich-er-leben“ (JWSL) stellt die DGUV sowohl Betrieben als auch Berufsschulen umfangreiche Unterrichts- und Schulungsmaterialien zur Verfügung. Die Unterweisungskonzepte für Betriebe enthalten verschiedene Module zum jeweiligen aktuellen Präventionsthema. So bekommen Ausbilderinnen und Ausbilder konkrete Vorschläge für Schulungsinhalte an die Hand gegeben. Zusätzlich beinhaltet das Konzept Arbeitsblätter, Hintergrundinformationen, Fakten und Statistiken.
Ergänzend dazu findet ein jährlicher Kreativwettbewerb statt. Dieser richtet sich an die Berufsschulen. Es geht darum, als Klasse oder Schule einen kreativen Beitrag zum aktuellen Präventionsprogramm ideenreich und ansprechend für andere Schülerinnen und Schüler umzusetzen.
Ideen von Gleichaltrigen
„Dass Inhalte von jungen Menschen für junge Menschen erstellt werden, bildet einen ganz wichtigen Faktor, um Auszubildende wirklich zu erreichen“, erklärt Preuße. „Denn wenn die Tipps von Gleichaltrigen und nicht von Lehrerinnen, Lehrern oder Vorgesetzten kommen, ist die Zielgruppe dafür meist besonders empfänglich.“ Wenn Azubis sich selbst ganz intensiv zum Beispiel mit Wegeunfällen beschäftigen, kann das dazu führen, dass sie Gefahren im Straßenverkehr frühzeitig erkennen und ihr Verhalten anpassen.
Wettbewerb mit Mehrwert
Das Präventionsprogramm „Jugend will sich-er-leben“ wurde 1972 ins Leben gerufen und erreicht jährlich bis zu 800.000 junge Beschäftigte. Das Programm soll ihnen helfen, sich zu Beginn ihres Berufslebens mit den Risiken der Arbeitswelt vertraut zu machen. Gleichzeitig erhalten sie Tipps für sicherheits- und gesundheitsbewusstes Verhalten. Ein wesentliches Element ist der jährlich stattfindende Kreativwettbewerb.
Im kommenden Schuljahr widmet sich JWSL dem Schwerpunktthema „Fehler und Fehlerkultur“. Hierbei sollen die jungen Leute Näheres über den konstruktiven Umgang mit Fehlern erfahren, dass und wie man aus ihnen lernen kann und einen positiven Zugang dazu finden. Lehrende an Berufsschulen sind ebenso wie Ausbilderinnen und Ausbilder in Betrieben und Einrichtungen dazu aufgerufen, ihre Azubis zum Mitmachen zu motivieren.
Weitere Informationen unter www.jwsl.de