Der studierte Informatiker kam 2001 nach seiner Promotion als Forscher zu SAP. Die Research-Abteilung in Karlsruhe war damals zentraler Standort für die mittel- bis langfristige Technologieforschung des Konzerns. Dorner stieg zum stellvertretenden Standortleiter auf und übernahm wenig später selbst die Leitung. Um die Forschung näher an die Entwicklung heranzurücken, wurde die Abteilung 2013 dezentralisiert: Die verschiedenen Forschungsteams wurden mit ihren Forschungsthemen organisatorisch mehreren Entwicklungsabteilungen zugeordnet. „Seit ich Personalverantwortung übernommen habe, hat sich gezeigt, dass ich gerne mit Leuten zusammenarbeite. Das macht mir wirklich Spaß“, erklärt er – beste Voraussetzung, um auch als Sicherheitsbeauftragter einen guten Job zu machen.
Wirken im Kleinen
Dorners „Karriere“ als Sicherheitsbeauftragter begann im Jahr 2009: Der Standort Karlsruhe, der heute rund 80 Mitarbeitende zählt, war gewachsen. Um den gesetzlichen Regularien zu entsprechen, mussten folglich Sicherheitsbeauftragte bestellt werden. Nach einem Aufruf der Geschäftsführung übernahm Dorner das Amt zusammen mit einer Kollegin, inzwischen übt er es allein aus. Auf der einen Seite, über Jahre eine Leitungsfunktion, auf der anderen Seite Sicherheitsbeauftragter – wie passt das zusammen? „Ich habe das gar nicht als Zwei-Stühle-Situation wahrgenommen“, sagt er. Dabei war und ist ihm durchaus bewusst, dass er als Sicherheitsbeauftragter im übertragenen Sinn nicht viel zu melden hat: „Man weist hin, regt an, aber entscheidet nicht“, charakterisiert er sein Ehrenamt.
Grundgedanke sei, mit vielen kleinen Taten zur Sicherheit und Prävention beizutragen. Dazu hält Dorner Augen und Ohren für die Bedürfnisse aller Kollegen und Kolleginnen offen – auch für diejenigen, die schon mal vergessen werden. Unter den Beschäftigten in Karlsruhe befindet sich beispielsweise ein Rollstuhlfahrer, der den Zugang zur Tiefgarage schlecht passieren konnte. „Auf dem Gitterrost im Zwischenraum blieb er mit den kleinen Rädern seines Rollstuhls hängen und drohte zu kippen“, erzählt Dorner. Er machte die Hausverwaltung auf das Problem aufmerksam, die ihrerseits für einen glatten Übergang zur Tiefgarage sorgte.
Hindernisse im Flur
Auch bei anderen Gelegenheiten nimmt Dorner bewusst den Blickwinkel weniger mobiler Personen ein. So etwa, wenn Umzüge innerhalb der zweieinhalb Etagen anstehen, die SAP in Karlsruhe belegt hat. „Das kommt bei uns öfter vor. Das heißt, es werden Kisten gepackt, die dann schon mal vor der Tür landen“, beschreibt er das Problem. Denn der Flur, der vorn und hinten über Fluchtwegausgänge verfügt, ist lang und schmal. Stehen Kisten darin, ist er für Rollstuhlfahrer oder Menschen mit Gehbehinderungen schwer passierbar. „Ich werbe also dafür, auch an andere zu denken, für die dies eine potenzielle Gefahrensituation darstellt.“
Ein weiteres Klientel, das er als Sicherheitsbeauftragter auf dem Schirm hat, sind Menschen, die mit den Räumlichkeiten und der Umgebung noch nicht vertraut sind. „Durch die vielen Studierenden bei uns am Standort haben wir mit einem häufig wechselnden Personenkreis zu tun.“ Dorner wirbt dafür, die „Neulinge“ umgehend mit sicherheitsrelevanten Aspekten, insbesondere mit den Fluchtwegen, vertraut zu machen. „Ich sage immer, denkt daran, den neuen Leuten am ersten Tag oder zeitnah zu zeigen, wo die Gegebenheiten sind.“ Zudem konnte er erwirken, dass den Einsteigern aus der Uni die Sicherheitsanweisungen schon im sogenannten Welcome Package ans Herz gelegt werden. „Sehr praktisch. Das Paket gab es schon vorher, aber dieser Punkt wurde noch aufgenommen“, freut sich Dorner.
Kampf mit dem Verbandbuch
Über den Sinn und Zweck seiner Empfehlungen muss Dorner mit den Kolleginnen und Kollegen in der Regel nicht streiten. „Die Unterstützung, die wir Sicherheitsbeauftragte bieten, wird angenommen und wertgeschätzt“, meint er. Nur bei Einträgen in das Verbandbuch sei bisweilen Überzeugungsarbeit zu leisten: „Wegen möglicher Spätfolgen sollte jeder Vorfall eingetragen werden. Auch wenn es nur um kleine Verletzungen geht – zum Beispiel, wenn sich jemand am Papier geschnitten hat“, unterstreicht er, mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Dies erscheint manchen wohl übertrieben. „Da hilft nur eine gute Argumentation.“
Zuspruch bekommt Dorner in jedem Fall von seinen Vorgesetzten aus dem Arbeitsschutz: Im Januar machte Beate Hinze, ihres Zeichens Head of Safety Germany, dies auch schriftlich: Wie anderen engagierten Sicherheitsbeauftragten bei SAP verlieh sie Dorner einen „Appreciation Award“ mit Anschreiben und Urkunde für sein Engagement und die Mitgestaltung von Projekten. Dorner hat zum Beispiel einen Fahrradhelm-Informationstag mit Beratung durch den ADAC, Gesundheitstage und Erste-Hilfe-Kurse organisiert. Auch eine Brandschutzhelferausbildung mit einem lokalen Feuerlöscher-Produzenten hat er in Karlsruhe auf die Beine gestellt. „Dafür möchte ich mich bedanken“, sagt Beate Hinze. Die Ingenieurin weiß genau, was sie an ihren Sicherheitsbeauftragten hat: „Je mehr Multiplikatoren es im Unternehmen gibt, die unsere Anliegen und Angebote in die Teams kommunizieren, desto besser.“
„Nicht schön, aber wichtig“
Hinze, seit fünf Jahren Head of Safety Germany bei SAP, weiß aber auch, dass die Arbeitssicherheit im Allgemeinen und das Engagement der Sicherheitsbeauftragten im Speziellen nicht von jedem Manager gleichermaßen gewürdigt und unterstützt wird. Im Vergleich zum Thema Gesundheit, das gesellschaftlich im Trend liege, wirke Arbeitssicherheit „ugly but important“ – nicht schön, aber notwendig. Hinzu komme die relativ überschaubare Gefahrenlage in dem Softwareunternehmen, sodass der Stellenwert der Arbeitssicherheit leicht unterschätzt werde. Dies entspricht auch Elmar Dorners Erfahrung: „Zwischenzeitlich war die Unterstützung vom Management nicht optimal“, meint der Sicherheitsbeauftragte. Sein aktueller Vorgesetzter stehe allerdings voll hinter dem Thema: „Da gibt es überhaupt kein Problem.“
Rolle stärken
Grundsätzlich hat Dorner Verständnis dafür, dass die Arbeitssicherheit nicht für jeden Top-Prio Nummer eins darstellt. „Man kann nicht erwarten, dass bei allen Beschäftigten das Bewusstsein dafür so groß ist“, sieht er seine Bemühungen durchaus pragmatisch. Er selbst kann sich aber weiterhin für seine Aufgabe begeistern: „Sie wird nicht langweilig“, versichert er. Dafür sorgt auch Beate Hinze. Denn mit einer neuen, speziell auf die SAP-Spezifika abgestimmten Weiterbildung will sie die Rolle der Sicherheitsbeauftragten erweitern und ihnen mit einem neuen Titel den Rücken stärken. „Bei uns heißen die Sicherheitsbeauftragten dann ‚Safety and Fire Agents‘“, kündigt Hinze an. „Wer die Standard-Ausbildung macht, weiß nicht, was bei SAP Sache ist“, begründet sie diesen Vorstoß, der vom Aufsichtsbeamten der Berufsgenossenschaft VBG unterstützt und umgesetzt wird.
Die zweigeteilte Ausbildung, zu der die VBG für zwei Tage ins Haus kommt und weitere zwei Tage zu sich ins Schulungszentrum einlädt, umfasst Gesundheitsaspekte wie psychische Belastungen und wertet darüber hinaus den Brandschutz auf – ein Mehrwert für hochqualifizierte Sicherheitsbeauftragte. Für Elmar Dorner in jedem Fall eine interessante und sinnvolle Weiterbildungsmöglichkeit: „Die Verquickung von Brandschutzhelfer und Sicherheitsbeauftragtem passt aus meiner Sicht sehr gut zusammen“, meint er. Klar, dass er zu den ersten Kursteilnehmern in der Pilotphase zählt. „Da habe ich nicht lang gefackelt.“
Petra Jauch
- Dr. Elmar Dorner
- 51 Jahre
- Position: Director Central Research Services
- Branche: Software
- Sicherheitsbeauftragter seit 2009
SAP SE
Die SAP SE ist ein deutscher Softwarehersteller mit Hauptsitz im baden-württembergischen Walldorf. Tätigkeitsschwerpunkt ist die Entwicklung von Software zur Optimierung sämtlicher Geschäftsprozesse eines Unternehmens wie zum Beispiel Buchführung, Controlling, Vertrieb, Einkauf, Produktion, Lagerhaltung und Personalwesen.
- Gründung 1972 von fünf ehemaligen Mitarbeitern der IBM – Claus Wellenreuther, Hans-Werner Hector, Klaus Tschira, Dietmar Hopp und Hasso Plattner – als SAP Systemanalyse und Programmentwicklung GbR in Weinheim.
- Das Unternehmen beschäftigt heute weltweit rund 95.000 Mitarbeiter an 130 Standorten, davon circa 80 am Standort Karlsruhe.
- www.sap.de