Herr Trauth, welche Inhalte werden den Ersthelfern in den Schulungen (Grundkursen) vermittelt? Unterscheiden sich die Inhalte abhängig von den Abteilungen, in denen die Ersthelfer arbeiten?
Die Kurse folgen grundsätzlich einem einheitlichen Curriculum, das von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung vorgegeben wird. Unser BASF-Werkrettungsdienst ist ebenfalls eine entsprechend akkreditierte Ausbildungsstätte. Dabei ist es uns wichtig, dass die Trainer auch selbst aus unserem Team stammen und das Werk, die Abläufe im Notfall und die Besonderheiten der chemischen Industrie genau kennen. Wir gehen bei den Kursen daher auch besonders auf Themen wie Alarmierung, Eigenschutz und Dekontamination ein. Über die Ausbildung der Ersthelfer hinaus bieten wir aber auch Kurse und Seminare vor Ort
in den Betrieben oder Einheiten an, in denen wir dann sehr spezifisch auf die dortigen Belange eingehen können.
Haben sich die Inhalte der Schulungen in den vergangenen Jahren verändert? Wenn ja, woran liegt dies?
Seit 2015 werden alle betrieblichen Ersthelfer auch in der Benutzung eines Automatischen Externen Defibrillators geschult. Damit wird auch bei der Ersthelferschulung der Bedarf an Personen mit Kompetenz in der Laienreanimation in der Gesellschaft gefördert. BASF hat 2018 mit der an allen Standorten weltweit durchgeführten Gesundheitsaktion Helden.Retten.Leben das Thema Laienreanimation noch einmal zusätzlich unterstützt und insgesamt mehr als 40.000 Mitarbeiter, darunter mehr als 10.000 in Ludwigshafen in freiwilligen 45-Minuten Kursen in Herzdruckmassage geschult. Für uns war bei diesem Projekt insbesondere die enge Zusammenarbeit mit externen Partnern wichtig. Beispielhaft möchte ich hier die BG-Unfallklinik in Oggersheim, das Klinikum Ludwigshafen, die Ärzteorganisation Go-Lu und das German Resuscitation Council nennen.
Wie stellen sie sicher, dass in einem so komplexen Werk wie dem der BASF in Ludwigshafen die erforderliche Zahl an Ersthelfern in jedem Betrieb ausgebildet wird?
Zunächst ist das natürlich Teil der sogenannten Betreiberpflichten. Wir unterstützen unsere Führungskräfte aber in der Erfüllung dieser Pflicht, indem wir, und auch die Kollegen der Arbeitssicherheit, bei den regelmäßigen Begehungen und Inspektionen die vorgeschriebene Ersthelferquote überprüfen. Die Zahl der durchgeführten Schulungen gibt uns eine grobe Einschätzung fürs Werk insgesamt. Da liegen wir mit über 17 Prozent in einem guten Bereich. Um das auf Betriebsebene herunter zu brechen, berechnen wir die Ersthelferquote für jeden Meldebau, indem wir die Information über das Vorliegen gültiger Ersthelferzertifikate mit der Gesamtzahl der dort gemeldeten Mitarbeiter verknüpfen. So können wir auf den digitalen Werksplan für alle Meldebauten die entsprechend aktuell erreichte Quote visualisieren und bei Bedarf eine direkte Rückmeldung geben.
Was machen Ersthelfer in den ersten Minuten nach dem Unfall im Falle einer durch eine Chemikalie verursachten Verletzung?
Soweit es der Eigenschutz zulässt helfen sie den Verletzten den Gefahrenbereich zu verlassen. Ist dies nicht risikolos möglich, wird unsere Werkfeuerwehr zur Rettung alarmiert. Weitere Aufgaben der Ersthelfer sind die Unterstützung bei der Dekontamination unter der Notdusche und gegebenenfalls die sachgerechte Lagerung und Betreuung der Betroffenen, bis der Rettungsdienst eintrifft. Dieser wird vom Betrieb mit genauen Gefahrstoffinformationen versorgt und übernimmt dann die weitere Versorgung der Verletzten sowie den Transport.
Nehmen Ersthelfer auch an
Alarmübungen teil?
Unbedingt! Es ist uns sehr wichtig, dass alle Teile der Rettungskette in
Notfallübungen regelmäßig überprüft werden. Und da kommt den Ersthelfern eine sehr entscheidende Aufgabe zu. Wir haben in der BASF die Regel, dass auch kleine Standorte, die über keinen eigenen Rettungsdienst verfügen wie im Stammwerk in Ludwigshafen mindestens einmal im Jahr eine Notfallübung zur Überprüfung der Rettungskette durchführen. Auch an unseren Großschadensübungen nehmen regelmäßig Ersthelfer teil, denn neben ihren üblichen Aufgaben als Ersthelfer dienen sie auch im Großschadensfall als direkte Unterstützung der Einsatzkräfte am Verbandplatz oder zur Betreuung von Leichtverletzten.
Werden bei solchen Großübungen die Ersthelfer dann schon vorher informiert?
Nein. Ihre Alarmierung entspricht der in einem Realfall und läuft über das zentrale Informationssystem am Standort. Wir haben in früheren Übungen festgestellt, dass es auch zum Schutz der Ersthelfer erforderlich ist, dies zu koordinieren. Daher alarmiert unsere BASF-Leitstelle nur Ersthelfer aus Betrieben und Gebäuden, die sich in nahe gelegenen Blockfeldern zum angenommen Schadensort befinden und von wo aus sie sich mit der Windrichtung nähern können. Am Rand des Einsatzbereichs baut die Werkfeuerwehr einen Sammelpunkt für die eintreffenden Ersthelfer auf, wo sie informiert werden und von wo aus sie gezielt zum Beispiel als Tragehilfe und für den Verbandplatz abgerufen werden können. Zur Erkennung tragen sie eine Armbinde, und viele bringen auch noch ihren Erstehilfekasten mit, so dass sie schon mit Schutzhandschuhen und Verbandmaterial „bewaffnet“ sind.
Vielen Dank für das Gespräch.