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Auswahl geeigneter Desinfektionsmittel und Desinfektionsverfahren

Auswahl geeigneter Desinfektionsmittel und Desinfektionsverfahren
Ein sicherer Weg durch den Dschungel der Krankheitserreger

Ein sicherer Weg durch den Dschungel der Krankheitserreger
Das Thema Desinfektion hat durch die Coronapandemie an Bekanntheit und Relevanz gewonnen. Desinfektion ist auch in vielen anderen Bereichen relevant. Foto: © dottedyeti – stock.adobe.com
In vie­len Arbeits­bere­ichen ist neben ein­er Reini­gung auch eine Desin­fek­tion oder sog­ar Ster­il­i­sa­tion von Gegen­stän­den und Medi­en, wie Wass­er oder Luft und Haut, nötig. Desin­fek­tion­s­mit­tel bergen hier­bei oft Gefahren­poten­ziale, die auf den ersten Blick nicht sofort auf­fall­en. Hier muss eine Risikoab­wä­gung zwis­chen den Gefahren, aus­ge­hend von möglicher­weise vorhan­de­nen Mikroor­gan­is­men, und den zu ver­wen­den­den Desin­fek­tion­s­meth­o­d­en erfolgen.

Bevor man sich mit der Auswahl des geeigneten Desin­fek­tionsver­fahrens beschäftigt, muss fol­glich zuerst eine Bew­er­tung der Mikroor­gan­is­men und der mit ihnen ver­bun­de­nen Gefahren erfolgen.

Mikroorganismen

Als am ein­fach­sten zu beseit­i­gen sind Bak­te­rien zu nen­nen; diese besitzen einen eige­nen Stof­fwech­sel, ver­brauchen Nährstoffe und ver­mehren sich selb­st­ständig. Bak­te­rien besitzen keinen Zel­lk­ern und sind rel­a­tiv sim­pel aufge­baut. Zu den Bak­te­rien gehören zum Beispiel E. coli, S. aureus (mit MRSA) oder auch Y. pestis. Desin­fek­tionsver­fahren, die gegen Bak­te­rien wirken, sind bak­ter­izid beziehungsweise mycobac­ter­izid, wenn sie gegen die mit ein­er deut­lich sta­bil­eren Zellmem­brane aus­ges­tat­teten Mycobak­te­rien wirken, welche Krankheit­en wie Lep­ra oder Tuberku­lose aus­lösen können.

Eine etwas schw­er­er zu deak­tivierende Form von Mikroor­gan­is­men sind die Hefen, welche als ein­fache Form der Pilze im Gegen­satz zu Bak­te­rien einen Zel­lk­ern besitzen. Hefen haben einen Stof­fwech­sel und ver­mehren sich sel­ber. Zu den Hefen gehören zum Beispiel C. albi­cans oder auch Sac­cha­romyces cere­visi­ae (Back-/Bier­hefe). Desin­fek­tionsver­fahren, die gegen Hefen wirk­sam sind, nen­nt man lev­urozid. Noch schwieriger zu deak­tivieren sind Pilze, welche eine sehr sta­bile Zell­hülle besitzen. Zu den Pilzen gehören S. atra, A. fumi­ga­tus, aber auch nüt­zliche Arten wie P. roque­for­ti. Geeignete Desin­fek­tionsver­fahren sind fungizid.

Bei den Viren, welche sich nicht selb­st ver­mehren kön­nen, son­dern immer eine geeignete Wirt­szelle benöti­gen, die sie zu ihrer eige­nen Ver­mehrung zwin­gen, unter­schei­det man zwis­chen behüll­ten und unbe­hüll­ten Viren.

Zu den behüll­ten Viren, die auf­grund ihres sehr empfind­lichen Auf­baus ähn­lich leicht zu deak­tivieren sind, gehören Influenza‑, Corona‑, Ebo­la- oder auch HI-Viren. Sie bieten, bed­ingt durch ihren Auf­bau, viele Angriff­s­möglichkeit­en für Desin­fek­tionsver­fahren. Wirk­same Ver­fahren beze­ich­net man als begren­zt viruzid.

Unbe­hüllte Viren wie das Poliovirus und andere sind deut­lich robuster aufge­baut und schwieriger durch voll­ständig viruzide Ver­fahren zu deaktivieren.

Bes­timmte Bak­te­rien aus den Gat­tun­gen Bacil­lus oder Clostrid­i­um sind in der Lage, in Sit­u­a­tio­nen, die für sie über­leben­sungün­stig sind, Bak­te­rien­sporen zu bilden. Diese zeich­nen sich durch extreme Halt­barkeit gegen physikalis­che und chemis­che Ein­flüsse aus und sind nur durch sporozide Desin­fek­tion­s­mit­tel zu deak­tivieren. Hierzu gehören B. anthracis, C. dif­fi­cile und andere.

Weit­ere mögliche Krankheit­ser­reger, wie Pri­on­pro­teine, Par­a­siten, Amöben und Biofilme, sollen in dieser Über­sicht außen vor bleiben.

Generell wer­den sich Mikroor­gan­is­men, die sich selb­st ver­mehren kön­nen, bei unzure­ichen­der Desin­fek­tion­s­maß­nahme in über­schaubar­er Zeit, expo­nen­tiell ver­mehren (Bak­te­rien, Hefen, Pilze). Bei den Viren bleibt die Anzahl (die nach ein­er nicht voll­ständi­gen Desin­fek­tion erre­icht wurde) gle­ich oder wird durch natür­liche Deak­tivierung geringer.

Um die genan­nten Mikroor­gan­is­men zu deak­tivieren, gibt es grund­sät­zlich zwei unter­schiedliche Wege.

Physikalis­che Verfahren:

  • UV (oder γ) Strahlung – Bei der Desin­fek­tion oder gar Ster­il­i­sa­tion durch Strahlung wer­den wichtige struk­turelle Bestandteile der Mikroor­gan­is­men irre­versibel beschädigt. Inter­es­san­ter­weise ist hier eine Bak­terie (Deinococ­cus radio­du­rans) mit einem D‑Wert von 2,2 bis 5 kGy am resisten­testen, gefol­gt von Bak­te­rien­sporen und dem Poliovirus. Ein D‑Wert von 1 kGy bedeutet, dass die Anzahl des entsprechen­den Mikroor­gan­is­mus bei ein­er Bestrahlung mit 1 kGy auf 1/10 reduziert wird und bei ein­er Bestrahlung mit 4 kGy auf 1/104 oder um 99,999 %. Eine Bestrahlung mit 20 kGy wird fol­glich in den meis­ten Fällen zu einem ster­ilen Objekt führen.
    Bei der Keim­re­duk­tion durch Bestrahlung ist zu beacht­en, dass nur die Mikroor­gan­is­men deak­tiviert wer­den, die von der Strahlung erre­icht wer­den (Ver­schat­tung) und möglicher­weise auch die bestrahlten Objek­te beschädigt werden.
  • Hitze (in Form von rein­er Wärmes­trahlung oder durch Dampf) – Hier­bei wer­den wichtige Bestandteile der Mikroor­gan­is­men ther­misch zer­stört. Auch bei Tem­per­a­turen von 120 °C liegt der D‑Wert hier für Sporen­bild­ner bei 1,5 Minuten (Reduk­tion auf 1/10tel). Dampf bietet gegenüber trock­en­er Hitze den Vorteil, dass der Dampf mehr Wärme an den Mikroor­gan­is­mus über­tra­gen kann als reine Wärmes­trahlung (trock­ene Hitze).
  • Ultra­schall ist eine weit­ere physikalis­che Möglichkeit, Mikroor­gan­is­men zu deak­tivieren, wobei die Fak­toren für die Durch­führung nicht triv­ial sind und er nur in flüs­si­gen Medi­en erfol­gre­ich einge­set­zt wird.
  • Durch Ster­il­fil­tra­tion kön­nen Mikroor­gan­is­men mit sehr fein­pori­gen Fil­tern aus der Luft und flüs­si­gen Medi­en gesam­melt wer­den. Es ist zu beacht­en, dass die Mikroor­gan­is­men in dem Fil­ter verbleiben, was beim Wech­sel des Fil­ters drin­gend beachtet wer­den muss. Die Fil­ter müssen regelmäßig aus­ge­tauscht wer­den, wobei eine Desin­fek­tion und/oder Schutz­maß­nah­men zwin­gend erforder­lich sind.
    Hepa-Fil­ter sam­meln Mikroor­gan­is­men aus der Raum­luft. Mikroor­gan­is­men, die sich z. B. mit dem Staub oder anders auf Ober­flächen ablagern, wer­den nicht erre­icht und bieten ein unver­min­dertes Risiko.

Chemis­che Verfahren

Chemis­che Desin­fek­tionsver­fahren basieren darauf, dass Wirk­stoffe aus bes­timmten Stof­f­grup­pen mit bes­timmten funk­tionellen Kom­po­nen­ten von Mikroor­gan­is­men reagieren und diese irre­versibel schädi­gen (s. unten Tabelle 1).

Die aufge­führten Wirk­stoffe wer­den oft­mals auch in Kom­bi­na­tion einge­set­zt, um sich zu ergänzen.

Alde­hyde wer­den aktuell nur noch wenig einge­set­zt, da sie lange Ein­wirkzeit­en haben und die Wirk­samkeit in Anwe­sen­heit von Pro­teinen und in der Kälte schnell nach­lässt (Eiweißfehler bzw. Kältefehler).

Alkohol/Wassergemische mit Alko­hol­ge­hal­ten von mehr als 65% (z. B. Ethanol, n‑Propanol oder Iso­propanol) haben sehr kurze Ein­wirkzeit­en im Sekun­den- bis Minuten­bere­ich, sind sehr gut biol­o­gisch abbaubar und ver­dun­sten schnell von der Ober­fläche. Sie kön­nen als Hände- und Ober­flächen­desin­fek­tion­s­mit­tel einge­set­zt wer­den. Diese Desin­fek­tion­s­mit­tel sind gut brennbar und haben bei der Lagerung und Anwen­dung ein sig­nifikantes Gefahren­poten­zial. Bei der Desin­fek­tion von Kun­st­stof­fen und beson­ders bei Acryl­glas ist darauf zu acht­en, dass Alko­hol oft zu ein­er Ver­sprö­dung von Kun­st­stof­fen führt.

Aktivchlor/Chloroxide haben in höheren Konzen­tra­tio­nen eine schnelle Ein­wirkzeit, kön­nen dann allerd­ings auch ble­ichend wirken. Die Wirk­samkeit wird von Pro­teinen und Blut beein­trächtigt – aus diesem Grund wird oft nur unter „clean con­di­tions“ getestet. Viele Pro­duk­te auf Basis von Aktivchlor kön­nen bei ihrer Reak­tion organ­is­che Chlorverbindun­gen bilden, was nicht unbe­den­klich ist. Bei Aktivchlor­pro­duk­ten sind dur­chaus Pro­duk­t­for­mulierun­gen mit geringem Wirk­stof­fge­halt möglich, die nicht als Gefahrstoffe zu bew­erten sind. Ihre Ein­wirkzeit beträgt dann aber oft­mals Minuten bis Stun­den. Sie kön­nen unter sauren Bedin­gun­gen Chlor­gas freiset­zen. Auf der anderen Seite sind diese Pro­duk­te sehr gün­stig in der Her­stel­lung und bei richtiger For­mulierung des Pro­duk­tes dur­chaus zwei Jahre stabil.

Desin­fek­tion­s­mit­tel auf der Basis von Aktivsauer­stoff, wie zum Beispiel H2O2, Ozon oder organ­is­che Peroxide/Persäuren, zeigen schon bei geringer Wirk­stof­fkonzen­tra­tion eine schnelle Wirkung und kön­nen sog­ar Bak­te­rien­sporen inner­halb weniger Minuten deak­tivieren (z. B. Per­es­sigsäure). Desin­fek­tion­s­mit­tel auf Basis organ­is­ch­er Perverbindungen/Persäuren kön­nen so for­muliert wer­den, dass sie inner­halb von Sekun­den bis Minuten gegen alle Arten von Mikroor­gan­is­men auch unter „dirty con­di­tions“, also in Gegen­wart von Eiweiß und Blut, schnell wirken, ohne durch Kälte beein­trächtigt zu wer­den und sog­ar Biotox­ine oxida­tiv abbauen kön­nen. Bei entsprechend niedrigem Wirk­stof­fge­halt han­delt es sich bei diesen Desin­fek­tion­s­mit­teln nicht um Gefahrstoffe.Trotzdem kön­nen sie die schnelle Wirk­samkeit von alko­holis­chen Desin­fek­tion­s­mit­teln erre­ichen und sind bei richtiger For­mulierung für zwei Jahre sta­bil. Beson­ders bei Pro­duk­ten auf der Basis von Per­es­sigsäure ist eine gute For­mulierung entschei­dend, da Per­es­sigsäure einen dur­chaus sehr unan­genehmen und stechen­den Geruch haben kann. Sowohl bei Desin­fek­tion­s­mit­teln auf der Basis von Aktivchlor als auch Aktivsauer­stoff ist die richtige For­mulierung entschei­dend dafür, ob das Desin­fek­tion­s­mit­tel kor­ro­siv ist oder nicht.

Quar­täre Ammo­ni­umverbindun­gen und Biguanide bieten üblicher­weise Ein­wirkzeit­en im Bere­ich von Minuten bis Stun­den. Diese wäss­ri­gen Desin­fek­tion­s­mit­tel sind üblicher­weise keine Gefahrstoffe, haben aber auch nur ein begren­ztes Wirkungsspek­trum. Sie sind üblicher­weise nicht sehr leicht biol­o­gisch abbaubar und kön­nen einen kle­bri­gen Film auf den desin­fizierten Ober­flächen hin­ter­lassen. Bei eini­gen Wirk­stof­fen aus dieser Wirk­stoff­fam­i­lie ist zu beacht­en, dass der Wirk­stoff sel­ber dur­chaus schädi­gend auf men­schliche Zellen wirken kann, wenn er nicht mehr aus­re­ichend verdün­nt vor­liegt, weil das Lösungsmit­tel Wass­er von der Ober­fläche ver­dampft ist und nun der reine Wirk­stoff teil­weise als luft­gängiges Par­tikel vor­liegt. Diese Desin­fek­tion­s­mit­tel soll­ten daher auch nach Möglichkeit nicht ver­sprüht werden.

Auswahl

Fol­gende Punk­te sind bei der Auswahl eines geeigneten Desin­fek­tion­s­mit­tels generell zu beachten:

  1. Welche Mikroor­gan­is­men sind bei der Desin­fek­tion­s­maß­nahme zu deaktivieren?
    Eine Ober­flächen­desin­fek­tion im üblichen Umfeld, wie einem Arbeit­splatz, einem Restau­rant oder Ähn­lichem, kann mit jedem der oben genan­nten Wirk­stoffe sich­er gewährleis­tet wer­den, dieses auch im Hin­blick auf Coro­n­aviren. Selb­st ein Ebolavirus wider­ste­ht keinem der oben genan­nten Wirk­stoffe über mehrere Minuten, da es ein behülltes Virus ist.
    Eine umfan­gre­iche Desin­fek­tion, wie zum Beispiel in einem Über­flu­tungs­ge­bi­et, stellt sehr hohe Anforderun­gen an das Desin­fek­tion­s­mit­tel. Hier sind auch unbe­hüllte Viren oder sporen­bildende Bak­te­rien anzutr­e­f­fen. Zusät­zliche starke Ver­schmutzun­gen auf den zu desin­fizieren­den Ober­flächen brin­gen die meis­ten Desin­fek­tion­s­mit­tel an ihre Leistungsgrenze.
  2. Inner­halb welch­er Ein­wirkzeit muss die Desin­fek­tion­swirkung erfolgen?
  3. Welche Gefährdungspoten­ziale gehen von der Anwen­dung des Desin­fek­tion­s­mit­tels aus und was ist bei der Lagerung des Desin­fek­tion­s­mit­tels zu beachten?
    TRGS 600 und TRGS 510 müssen hier unbe­d­ingt beachtet wer­den, da oft­mals ein Desin­fek­tion­s­mit­tel mit niedrigem oder ohne Gefahren­poten­zial statt einem Gefahrstoff ver­wen­det wer­den kann, um die Desin­fek­tion sich­er in der geforderten Ein­wirkzeit mit dem benötigten Wirk­spek­trum zu gewährleis­ten. Hier erspart der Blick auf unter­schiedliche Pro­duk­te eventuell viel Zeit und Ärger.

Zu beachtende Regularien bei der Auswahl der Desinfektionsmittel

Grund­sät­zlich sollte bei allen zu ver­wen­den­den Biozid­pro­duk­ten geprüft wer­den, ob diese auch offiziell für das gewählte Anwen­dungs­ge­bi­et reg­istri­ert sind. Ein Pro­dukt, dessen bes­tim­mungs­gemäßer Gebrauch die Deaktivierung/Reduzierung von Mikroor­gan­is­men ist, muss entwed­er als Biozid (BAuA), Arzneimit­tel oder Medi­z­in­pro­dukt angemeldet beziehungsweise zuge­lassen sein.

Unter die Arzneimit­tel fall­en einige der Händ­edesin­fek­tion­s­mit­tel und diese sind leicht anhand ihrer Zulas­sungsnum­mer zu erken­nen. Händ­edesin­fek­tion­s­mit­tel, die Arzneimit­tel sind, soll­ten nur in den entsprechen­den Spender­flaschen beschafft wer­den, da ein Umfüllen aus Kanis­tern in Spender­flaschen nach den stren­gen Regeln des Arzneimit­telge­set­zes zu erfol­gen hätte.

Desin­fek­tion­s­mit­tel, die Medi­z­in­pro­duk­te sind, erken­nt man am CE-Zeichen.

Alle anderen Desin­fek­tion­s­mit­tel sind Biozid­pro­duk­te und müssen eine BAuA Reg­istri­er­num­mer tragen. 

Bezüglich der Ein­wirkzeit­en und der Wirk­samkeit für die unter­schiedlichen Mikroor­gan­is­men sind die Ergeb­nisse der Prü­fun­gen nach DIN/EN zu bew­erten. Diese sind üblicher­weise auf dem Etikett und im Pro­duk­t­daten­blatt vermerkt.

Zur Entschei­dungs­find­ung für ein geeignetes Desin­fek­tion­s­mit­tel ver­gle­icht man die Ergeb­nisse der Prü­fun­gen auf Bak­ter­izi­die, Lev­urozi­die, Fun­gizi­die und Viruzi­die jew­eils nach DIN/EN miteinan­der. Es ist darauf zu acht­en, dass das prüfende Labor auch für die entsprechen­den DIN/EN-Prü­fun­gen akkred­i­tiert ist. Her­steller geben üblicher­weise bekan­nt, in welchem Labor die Prü­fun­gen durchge­führt wur­den. Eine VAH-Lis­tung oder eine Lis­tung bei anderen Inter­essen­ver­bän­den kann in die Über­legung ein­be­zo­gen wer­den, erset­zt aber keine DIN/EN-Prü­fung, da die Prüfver­fahren dieser Inter­essen­ver­bände teil­weise leicht von der DIN/EN abwe­ichen und im Übri­gen wed­er vorgeschrieben sind noch außer­halb von Deutsch­land eine Rolle spie­len und sich durch den zusät­zlichen Prü­faufwand in einem höheren Pro­duk­t­preis nieder­schla­gen. Eine Prü­fung nach DIN/EN ist immer aus­re­ichend. Eine Lis­tung des Pro­duk­tes durch das RKI spielt bei ange­ord­neten Desin­fek­tion­s­maß­nah­men im Seuchen­fall eine Rolle, im All­t­ag allerd­ings nicht.

Wie beschrieben unterteilt man die Anforderun­gen an das Desin­fek­tion­s­mit­tel bei der Wirk­samkeit­sprü­fung in „clean con­di­tions“, wobei das Desin­fek­tion­s­mit­tel nur in Gegen­wart von gerin­gen Pro­tein­men­gen als störende Verun­reini­gung seine Wirk­samkeit beweisen muss. Bei ein­er Prü­fung nach DIN/EN unter „dirty con­di­tions“ muss die Wirk­samkeit in Gegen­wart ein­er zehn­fach höheren Pro­tein­be­las­tung und zusät­zlich Blut als Verun­reini­gung der Prü­fober­fläche unter sehr prax­is­na­hen Bedin­gun­gen gezeigt werden.

Bei den Desin­fek­tion­s­mit­te­larten unter­schei­det man Haut- und Händ­edesin­fek­tion­s­mit­tel, Ober­flächen­desin­fek­tion­s­mit­tel für die Sprühdesin­fek­tion und Ober­flächen­desin­fek­tion­s­mit­tel für die Wis­chdesin­fek­tion, bei der eine zusät­zliche mech­a­nis­che Kom­po­nente zum Desin­fek­tionsver­fahren und der Wirk­samkeit­sprü­fung hinzukommt. Es gibt im medi­zinis­chen Bere­ich noch die Instru­menten­desin­fek­tion und als neue Desin­fek­tion­s­meth­ode die Raum­luft­desin­fek­tion, wobei die Prüfver­fahren hier­für noch sehr neu sind.

Fazit

Zur sicheren Desin­fek­tion gehört die Bew­er­tung der zu erwartenden Mikroor­gan­is­men, um ein Desin­fek­tion­s­mit­tel mit entsprechen­dem Wirkungsspek­trum auszuwählen.

Die Desin­fek­tion­sauf­gabe gibt die geforderte Ein­wirkzeit vor.

Die Verkehrs­fähigkeit des Desin­fek­tion­s­mit­tels wird durch Prü­fung der Arzneimit­tel­reg­istri­er­num­mer, der CE-Reg­istri­er­num­mer oder der BAuA-Reg­istri­er­num­mer als Biozid­pro­dukt sichergestellt.

Die Wirk­samkeit­snach­weise nach DIN/EN ermöglichen einen qual­i­ta­tiv­en Ver­gle­ich der Desin­fek­tion­s­mit­tel. Lis­tun­gen nach VAH etc. sind nicht zwin­gend erforder­lich und eine RKI-Lis­tung ist nur in Spezialfällen nötig.

Bezüglich Anwen­dung, Lagerung und Trans­port der Desin­fek­tion­s­mit­tel muss beson­ders im Hin­blick auf TRGS 600 und TRGS 510 ein genauer Blick auf die Gefährdungs­beurteilung der geeigneten zur Auswahl ste­hen­den Desin­fek­tion­s­mit­tel gewor­fen werden.

Auch der Umweltaspekt sollte nicht außer Acht gelassen wer­den. Ein Liter eines üblichen alko­holis­chen Desin­fek­tion­s­mit­tels entspricht 1,7 bis 2,3 kg CO2, ein üblich­es Pro­dukt auf Basis von Aktivsauer­stoff 0,05 bis 0,1 kg CO2 und ein Pro­dukt auf der Basis von Aktivchlor 0 kg CO2. Bei den Pro­duk­ten auf Aktivchlor-Basis ist die Bil­dung von möglichen chloror­gan­is­chen Verbindun­gen zu berück­sichti­gen und bei den quar­tären Ammo­ni­umverbindun­gen und Biguaniden die oft­mals schwierige biol­o­gis­che Abbaubarkeit.

Für tiefer­ge­hende Fra­gen zu Wirk­stof­fen, Prüfver­fahren und Wirk­mech­a­nis­men bietet sich Wall­häußers Prax­is der Ster­il­i­sa­tion, Desin­fek­tion, Anti­sep­tik und Kon­servierung als Nach­schlagew­erk an.


Foto: privat

Autor: Sven Reichwagen

Geschäfts­führer Nevs Biotec UG

E‑Mail: S.Reichwagen@nevs-biotec.com

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