In den letzten Jahren hat die Anzahl der Menschen, die teilweise oder vollständig von zu Hause aus arbeiten, zugenommen. Auch die Art der Tätigkeiten, die sich für Heimarbeit eignen, hat sich aufgrund der neuen technischen Möglichkeiten sehr gewandelt. Wo früher hauptsächlich eher eintönige Arbeiten in den häuslichen Bereich verlagert wurden, wird die Arbeit von zu Hause aus heute gerade für hochqualifizierte Tätigkeiten in Anspruch genommen.
Antje Didlaukat
Bis zu 6,5 Millionen Menschen arbeiten Studien zufolge in Deutschland vom Home Office aus. Die flexiblen Arbeitszeiten und die damit in Zusammenhang stehende bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gestiegene Benzin- und Dieselpreise sowie die Aussicht darauf, nicht jeden Morgen im Verkehrsstau ins Großraumbüro fahren zu müssen, macht die Arbeit im Home Office zunehmend attraktiver. Vorreiter dieser Arbeitsform sind die Computerhersteller, Softwareentwickler und Telekommunikationsanbieter.
Heimarbeit ist dabei in sehr unterschiedlichen Formen und Ausgestaltungen anzutreffen. Es gibt alternierende Modelle, wo ein Teil der Zeit im Home Office und der andere Teil im Betrieb verbracht wird oder auch die Form, in der ausschließlich von zu Hause aus gearbeitet wird.
Besteht Versicherungsschutz auch im häuslichen Arbeitsbereich?
Wenn Personen im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung eine Arbeitsstätte haben und dann im Haus zu Schaden kommen, ist die Beurteilung des Versicherungsschutzes oft schwierig.
Grundsätzlich sind Heimarbeiter und Heimarbeiterinnen wie jeder Arbeitnehmer kraft Gesetzes in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Die unmittelbare Ausübung der Tätigkeit für den Arbeitgeber steht auch im häuslichen Bereich unter Versicherungsschutz. Das bedeutet, dass alle Tätigkeiten des Beschäftigten, die dem Unternehmen wesentlich dienen und mit den in Auftrag gegebenen Arbeiten im Zusammenhang stehen, versichert sind. Auch der Umgang mit den Arbeitsgeräten, Möbeln, Einrichtungen der Informations- und Kommunikationstechnik ist vom Versicherungsschutz umfasst. Unterbrechungen der Arbeitstätigkeit werden aber als private Tätigkeiten angesehen und sind daher nicht versichert. Dem Versicherungsschutz unterliegen dagegen auch hier Unfälle, die beim Verwahren, Befördern, Instandhalten oder Erneuern des Arbeitsgerätes eintreten.
Welche Wege sind versichert?
Die Wege in dem vom Versicherten bewohnten Haus sind in der Regel nicht versichert. Bei häuslichen Arbeitsplätzen beschränkt sich der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Bereiche des Hauses, die der versicherten Tätigkeit dienen. Wenn der häusliche Arbeitsbereich verlassen wird, besteht kein Versicherungsschutz mehr.
Der Weg zur Einnahme einer Mahlzeit oder auch das Aufsuchen der Toilette ist, da es privaten Belangen zuzuordnen ist, nicht versichert. Der Weg zum Telefon, das nicht direkt am häuslichen Arbeitsplatz installiert ist, kann unter Versicherungsschutz stehen, wenn ein beruflicher Anruf getätigt werden soll oder erwartet wird. Der Weg von den privaten Räumen zum Arbeitszimmer ist nicht versichert. Der Versicherungsschutz beginnt an Tagen, an denen zu Hause gearbeitet wird, erst mit dem Betreten des Arbeitszimmers.
Was gilt für die Wege zur Firma?
Nur ein sehr geringer Anteil der Heimarbeiter geht nie persönlich ins Unternehmen. Für Telearbeiter, die wechselweise am Arbeitsplatz im Betrieb und am Telearbeitsplatz ihrer Tätigkeit nachgehen, gelten an den Tagen, an denen sie das Büro aufsuchen, die Grundsätze wie für die anderen Beschäftigten auch. Der versicherte Weg beginnt mit dem Durchschreiten der Wohnhaus-Außentür.
Beispiel:
- K ist Außendienstmitarbeiter einer Versicherung und bewohnt in einem Mehrfamilienhaus eine Wohnung, wobei eines der Zimmer ein Arbeitszimmer ist. K arbeitete am Unfalltag zunächst in seinem Arbeitszimmer, packte einige Sachen zusammen und verließ dann die Wohnung, um einen Kunden zu besuchen und an einer Sitzung der Bezirksdirektion der Versicherung teilzunehmen. Im Treppenhaus stürzte er und verletzte sich die Wirbelsäule.
Das Bundessozialgericht hat dazu entschieden, dass ein Arbeitsunfall nicht vorliegt, wenn ein Vertreter auf dem Weg zu einem Kundenbesuch nach Verlassen seines häuslichen Arbeitsbereichs innerhalb des von ihm bewohnten Hauses verunglückt. Bei Wegen wirft die Bestimmung des Grenzpunktes für den Beginn bzw. das Ende des Versicherungsschutzes in Abgrenzung zum unversicherten privaten Lebensbereich besondere Schwierigkeiten auf.
Zur Frage Abgrenzung hat sich das Bundessozialgericht (BSG) bereits im Jahr 1956 positioniert. Seitdem gelten Wege in dem vom Versicherten bewohnten Haus als nicht vom Versicherungsschutz umfasst. Auch für das Treppenhaus in städtischen Mehrfamilienhäusern gilt, dass es sich dabei um keinen öffentlichen Raum handelt, es den Versicherten besser als anderen Personen bekannt ist, eine Mitverantwortung für die Gefahrenquelle besteht und es daher noch nicht vom Versicherungsschutz umfasst ist. Die Grenze Außentür des Gebäudes trennt klar den öffentlichen Verkehrsraum von dem unversicherten Bereich ab. Bei Räumen oder Treppen, die weder eindeutig der Privatwohnung noch der Betriebsstätte zugeordnet werden können, kann diese Beurteilung anders ausfallen. (Urteil des Bundessozialgerichts vom 12.12.2006, Az: B 2 U 1 / 06 R)
Und der Arbeitsschutz?
Im Home Office sind ebenfalls die Arbeitsschutzvorschriften, z. B. das Arbeitsschutzgesetz, die Betriebssicherheitsverordnung, die Bildschirmarbeitsverordnung usw., zu beachten. Für die Ausgestaltung des Arbeitszimmers, z. B. Mindestgröße, das Büromobiliar, die Beleuchtung, die Bildschirme, gelten die gleichen Anforderungen wie im Betrieb auch. Der Arbeitgeber hat die Verantwortung, dass die Arbeitsbedingungen ordnungsgemäß ausgestaltet sind. Das bedeutet u. a., dass Heimarbeiter einmal jährlich zu unterweisen sind. Die Besichtigung von Heimarbeitsplätzen ist nur mit dem Einverständnis des Arbeitnehmers zulässig. Aufgrund der Sorgfaltspflicht muss der Arbeitgeber bzw. für ihn die Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie ggf. Betriebsärzte den heimischen Arbeitsplatz in Augenschein nehmen können. Das notwendige Zugangsrecht des Arbeitgebers sollte daher entweder im Arbeitsvertrag oder in einer betrieblichen bzw. individuellen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Heimarbeiter geregelt werden.
Fazit
Um arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu vermeiden, ist insbesondere bei Heimarbeitsplätzen auf die ergonomische Einrichtung des Arbeitsplatzes, die regelmäßige Untersuchung der Augen und des Sehvermögens sowie die Unterstützung durch den Arbeitgeber bei der Bewältigung der Herausforderungen der Heimarbeit (soziale Isolation, Zeitmanagement) zu achten.
Antje Didlaukat
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