1 Monat GRATIS testen, danach für nur 3,90€/Monat!
Startseite » Gesundheitsschutz » Unternehmenskultur » Führung »

Sorgen nicht unter den Teppich kehren

Psychische Belastungen
Sorgen nicht unter den Teppich kehren

Sorgen nicht unter den Teppich kehren
Zu viel Stress sollte man ansprechen, statt still zu leiden. Foto: lichtmeister - Fotolia.com
Wenn der Zeit­druck einen in die Enge treibt oder sich im Büro ein Sturm zusam­men­braut, fühlt sich das schlecht an. Kom­men solche Sit­u­a­tio­nen regelmäßig vor, kann es krank machen. Alle Branchen ken­nen Sit­u­a­tio­nen, die einen emo­tion­al oder psy­chisch belas­ten. Manche sind sog­ar typ­isch und deshalb kann man auch etwas dage­gen unternehmen.

Karin B. arbeit­et im Kun­denser­vice eines großen Unternehmens. Sie nimmt Rekla­ma­tio­nen am Tele­fon an. Das ist nicht immer angenehm. Manche Kun­den sind unfre­undlich, verärg­ert oder aggres­siv. Trotz­dem muss sie ruhig, sach­lich und fre­undlich bleiben. Mit einem Lächeln auf den Lip­pen ver­sucht sie eine pos­i­tive Atmo­sphäre zu erzeu­gen und geduldig weit­erzuhelfen. Doch wenn sie selb­st Sor­gen wegen ihrer pflegebedürfti­gen Mut­ter pla­gen, fällt ihr das sehr schwer.
Ulrich E. hat sich mit den Jahren ein dick­es Fell zugelegt. Er ist Bus­fahrer in Köln und ken­nt seine Fahrgäste. Nervig ist die Fahrerei vor allem mor­gens und zum Feier­abend hin, wenn die Straßen voll sind und alle zur Arbeit oder in die Schule wollen. Im Bus wird dann geschoben und geschub­st, beim Ein- und Ausstieg gedrän­gelt. Auch nachts fährt Ulrich E. nicht gerne, denn dann sind die Fahrgäste nicht nur fröh­lich aus­ge­lassen, son­dern oft auch angetrunk­en. Doch sein schlimm­stes Erleb­nis war im ver­gan­genen Jahr, als ihm ein Kind vor den Bus gelaufen ist. Er kon­nte nicht mehr rechtzeit­ig brem­sen. Das Kind starb noch an der Unfallstelle.
Nicht immer sind psy­chis­che Belas­tun­gen so heftig und offen­sichtlich, wie in den bei­den Beispie­len. Schwieriger zu erken­nen sind die Belas­tun­gen im Hin­ter­grund, über die zudem sel­ten jemand spricht.
Die Gefahr sich zu viel zuzumuten
Psy­chis­che Belas­tun­gen sind so wie kör­per­liche Belas­tun­gen generell kein Prob­lem. Zum Prob­lem wer­den Belas­tun­gen erst dann, wenn sie zu stark sind, zu lange andauern und wenn sie nicht aus­re­ichend durch Entspan­nung und Regen­er­a­tion aus­geglichen werden.
Zu den psy­chis­chen Belas­tun­gen zählen unter anderem:
  • Kon­flik­te,
  • fehlen­des Mitspracherecht,
  • Zeit­druck,
  • Störun­gen oder Unter­brechun­gen bei der Arbeit,
  • Ver­ant­wor­tung,
  • Schicht­di­enst,
  • trau­ma­tis­che Erleb­nisse wie z. B. ein Unfall oder ein Überfall,
  • emo­tionale Belas­tun­gen aus dem pri­vat­en Bere­ich wie Schei­dung, Tod eines Ange­höri­gen oder finanzielle Sorgen,
  • aber auch äußere Ein­flüsse wie Hitze oder Lärm kön­nen psy­chisch belasten.
Wenn sich jemand über­lastet fühlt und darauf kör­per­lich oder psy­chisch reagiert, spricht man üblicher­weise von Stress. Reak­tio­nen auf Stress kön­nen Verspan­nun­gen und Rück­en­schmerzen, erhöhter Blut­druck, Gereiztheit oder Konzen­tra­tionsprob­leme sein. Wer durch Stress über­fordert ist, wird häu­figer kör­per­lich krank, lei­det unter Angstat­tack­en oder Depressionen.
Ger­ade Men­schen, denen es eigentlich gut gehen kön­nte, entwick­eln ver­mehrt Äng­ste, Depres­sio­nen oder Süchte. Grund dafür ist oft eine Selb­stüber­forderung. So kann es sein, dass Mitar­beit­er mit der Arbeit und der Atmo­sphäre im Betrieb zwar zufrieden sind, aber trotz­dem von der Arbeit krank wer­den. Das ist zum Beispiel bei Lehrern, in der IT-Branche oder bei Architek­ten so. Diese Beruf­s­grup­pen haben hohe Erwartun­gen an sich selb­st und sind mit Herzblut bei der Arbeit. Auftre­tende Warnsignale des Kör­pers wer­den ignori­ert. Ter­mine und Fris­ten müssen einge­hal­ten wer­den und so dauert der Arbeit­stag dann 12 bis 14 Stun­den. Ein gesun­des Ver­hält­nis zwis­chen Anspan­nung und Druck auf der einen Seite und Entspan­nung und Regen­er­a­tion auf der anderen ist nicht mehr möglich. Sich zu viel zuzu­muten spielt häu­fig auch eine Rolle, wenn Ange­hörige zu pfle­gen sind.
Über Sor­gen spricht man nicht gern
Paul M. arbeit­et als Kom­mis­sion­ier­er seit ein paar Wochen mit Head­set, also mit einem Kopfhör­er und Mikro­fon. Eigentlich eine gute Sache, da er jet­zt bei­de Hände frei hat. Doch er kann sich nicht an das tech­nis­che Gerät auf seinem Kopf gewöh­nen. Es drückt und rutscht häu­fig. Das ist ganz schön stres­sig. Paul M. kon­nte sich sein Head­set nicht aus­suchen, er hat es von seinem Arbeit­ge­ber eines Tages ein­fach in die Hand gedrückt bekom­men. Doch bekla­gen will er sich nicht, denn er befürchtet, dass sein Chef ihn missver­ste­hen könnte.
Über emo­tionale oder psy­chis­che The­men spricht man nicht gern. Und schon gar nicht bei der Arbeit mit Kol­le­gen oder Vorge­set­zten. Doch dieses Schweigen führt dazu, dass schwierige The­men nicht ange­sprochen wer­den. Und weil das so ist, hat auch kaum jemand Erfahrung, angemessen damit umzuge­hen oder gar Lösun­gen erar­beit­en zu können.
In dieser Hin­sicht war und ist es im kleinen Fam­i­lien­be­trieb oft bess­er. Denn dort ken­nt man die Mitar­beit­er lange und gut. Man ken­nt die Freuden und Sor­gen und spricht im Ide­al­fall auch darüber. Schwierig kön­nen in der famil­iären Umge­bung allerd­ings die Beziehun­gen untere­inan­der sein. Denn da kann es sein, dass man beru­flichen Ärg­er in den Feier­abend mit­nimmt, weil eine klare Tren­nung von Beruf und Fam­i­lie nicht so ein­fach möglich ist. Und das kann dazu führen, dass die Beziehungsebene zur psy­chis­chen Belas­tung wird.
Wie wirkt sich ein Zuviel an psy­chis­ch­er Belas­tung aus?
Eine erste Reak­tion auf starke psy­chis­che Belas­tung ist häu­fig das Gefühl von Stress. Und ein Zuviel an Stress löst kör­per­liche Reak­tio­nen aus, wie Ner­vosität, erhöht­en Pulss­chlag, hohen Blut­druck, Schwächung des Immun­sys­tems oder Verspannungen.
Wenn der Rück­en weh tut, kön­nen Stress, Sor­gen oder Kon­flik­te dafür ver­ant­wortlich sein. Denn nicht nur kör­per­liche Anstren­gun­gen oder man­gel­nde Bewe­gung stressen den Rück­en. Er reagiert auch mit Schmerzen, wenn man sich nicht wohl in sein­er Haut fühlt. Doch nur sel­ten bringt man den Schmerz im Rück­en mit der Psy­che in Verbindung.
Wenn man unter Stress oder Zeit­druck lei­det, einen Sor­gen oder Äng­ste pla­gen, würde man am lieb­sten davon­laufen. Ein Fluchtin­stinkt aus der Urzeit. Für die mögliche Flucht schär­fen sich die Sinne, Herzfre­quenz und Blut­druck steigen an und Hor­mone wer­den aus­geschüt­tet. Doch in der mod­er­nen Arbeitswelt bleibt die Flucht aus. Die Folge davon: Der Organ­is­mus kann die Hor­mone nicht loswer­den. Durch die über­schüs­sige Energie verspan­nen sich die Muskeln. Verspan­nte Muskeln führen dazu, dass wir uns nur ungern bewe­gen, vielle­icht die Schul­tern hochziehen, den Rück­en scho­nen. Und so wer­den aus den Verspan­nun­gen Rück­en­schmerzen. Auf Dauer kann es zu ein­er Fehlhal­tung kom­men, die den Kör­p­er schädigt.
Bei anderen nehmen Infek­tion­skrankheit­en wie etwa Erkäl­tun­gen zu, da bei Stress das Immun­sys­tem nicht aus­re­ichend schützt. Oder es treten Kopf­schmerzen, Schlaf­störun­gen, Schwindel oder ein Tin­ni­tus auf. Wis­senschaftler unter­suchen zurzeit, ob Stress dick macht, da man schneller und deshalb mehr isst und zu viel vom Stresshormon Cor­ti­sol aus­geschüt­tet wird.
Wenn die Psy­che lei­det, lei­det also auch der Kör­p­er. Deshalb sollte man bei kör­per­lichem Unwohl­sein auch ein­mal über­legen, wie es einem psy­chisch geht.
Die Ver­ant­wor­tung des Arbeitgebers
Egal ob die Arbeit Stress erzeugt oder ob der Arbeit­splatz ein höheres Risiko für eine psy­chis­che Gefährdung hat: Der Arbeit­ge­ber muss sich darum küm­mern. Im Rah­men ein­er Gefährdungs­analyse lassen sich Stressquellen aus­find­ig machen. Außer­dem soll­ten Führungskräfte im Unternehmen über Ursachen und Fol­gen von psy­chis­chen Belas­tun­gen informiert und fort­ge­bildet wer­den. Hier lohnt es sich, fach­liche Kom­pe­tenz wie zum Beispiel einen Psy­cholo­gen ins Haus zu holen.
Wenn es stres­sig und nervig wird, sollte man seine Gefüh­le und Reak­tio­nen darauf nicht unter den Tep­pich kehren. Bess­er ist es, spätestens dann, etwas zu verän­dern. Noch bess­er ist es allerd­ings, neg­a­tiv­en psy­chis­chen Belas­tun­gen frühzeit­ig entgegenzuwirken.
So kann man als Führungskraft emo­tionaler Über­forderung von Mitar­beit­ern entgegenwirken:
  • Sich zu den eige­nen Gefühlen, Äng­sten und Wertvorstel­lun­gen bekennen.
  • Mit einem Beschäftigten, der emo­tion­al belastet wirkt, ein per­sön­lich­es Gespräch führen.
  • Belas­tende Sit­u­a­tio­nen, die immer wieder vorkom­men – wie etwa Beschw­er­den –, im Team besprechen und den Umgang damit üben.
  • Prüfen, ob die emo­tionale Über­forderung mit man­gel­nder Arbeit­sor­gan­i­sa­tion zusammenhängt.
  • Kurze Pausen häu­fig und fest in den Arbeit­stag ein­pla­nen und kon­trol­lieren, dass sie auch einge­hal­ten werden.
  • Anerken­nung und Wertschätzung gegenüber den Mitar­beit­ern in Ruhe und angemessen ausdrücken.
  • Regelmäßig einen Aus­tausch unter Kol­le­gen – auch in informeller Atmo­sphäre – ermöglichen, zum Beispiel in Form eines gemein­samen Frühstücks.

 

Bet­ti­na Brucker

Unsere Webi­nar-Empfehlung
Newsletter

Jet­zt unseren Newslet­ter abonnieren

Webinar-Aufzeichnungen

Webcast

Jobs
Sicherheitsbeauftragter
Titelbild Sicherheitsbeauftragter 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Sicherheitsingenieur
Titelbild Sicherheitsingenieur 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Special
Titelbild  Spezial zur A+A 2023
Spezial zur A+A 2023
Download

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de