1 Monat GRATIS testen, danach für nur 3,90€/Monat!
Startseite » Arbeitssicherheit » Unfallgeschehen »

Unfälle in der Grünen Branche rückläufig

Prävention in der Land- und Forstwirtschaft
Unfälle in der Grünen Branche rückläufig

Unfälle in der Grünen Branche rückläufig
Foto: Kletr - stock.adobe.com
Die Unfälle in der Grü­nen Branche zeigen eine erfreuliche Entwick­lung: Im Jahr 2022 ist die Zahl der meldepflichti­gen Arbeits- und Wege­un­fälle in der Grü­nen Branche erst­mals unter die Marke von 60.000 gerutscht. Das geht aus der Unfall­sta­tis­tik der Sozialver­sicherung für Land­wirtschaft, Forsten und Garten­bau hervor.

Konkret ereigneten sich 59.024 meldepflichtige Unfälle. Im Jahr 2021 waren es noch 61.578.

Die Unfallschwerpunkte

Der Blick in die Dat­en und Zahlen 2022 der Sozialver­sicherung für Land­wirtschaft, Forsten und Garten­bau (SVLFG) macht deut­lich: Unfallschw­er­punkt bleibt die Nutztier­hal­tung mit 13.645 Unfällen. Darüber hin­aus verze­ich­nete die SVLFG 12.602 Unfälle im Garten- und Land­schafts­bau, 5.466 Unfälle bei Arbeit­en im Pflanzen­bau sowie 4.302 Unfälle bei der Waldarbeit.

Bed­ingt durch den ver­stärk­ten motor­manuellen Ein­schlag von Brennholz stiegen dort die Unfal­lzahlen ger­ingfügig um 6 % im Ver­gle­ich zu 2021 an. Ins­ge­samt erla­gen 117 Per­so­n­en ihren Unfall­fol­gen, das sind acht weniger als im Vorjahr.

Die meis­ten tödlichen Unfälle ereignen sich bei Forst- und Wal­dar­beit­en: 33 der Todes­opfer erla­gen dabei ihren Ver­let­zun­gen; sieben mehr als im Vor­jahr. Das entspricht einen Anstieg von 27 %. Beson­ders risiko­r­e­ich ist die motor­manuelle Holz­ernte. 24 der 33 tödlichen Unfälle ließen sich darauf zurück­führen, dass Men­schen bei Fäl­lar­beit­en von Baumteilen getrof­fen wurden.

Weit­ere vier Per­so­n­en verunglück­ten tödlich durch indi­rek­te Fol­gen der Holz­ernte. Zum Beispiel tre­f­fen immer wieder nach­fal­l­ende abgestor­bene Bäume Men­schen, die sich im Gefährdungs­bere­ich aufhal­ten. In der Tier­hal­tung kam es zu 17 Unfällen mit tödlichem Aus­gang, im Garten­bau waren es acht.

Schwerpunkt sichere Waldarbeit

Die sichere Arbeit im Schad­holz ste­ht weit­er im Fokus der Forstpräven­tion. Ziel ist es, Waldbe­sitzer von den extrem gefährlichen motor­manuellen Fäl­lar­beit­en in geschädigten Wäldern abzuhal­ten und diese an forstwirtschaftliche Dien­stleis­ter zu vergeben, die über Holz­ern­temaschi­nen und das nötige Know-how verfügen.

Das Präven­tion­sange­bot der SVLFG umfasst unter anderem Prax­isvor­führun­gen, Sem­i­nare und Vorträge zur sicheren Schad­holzfäl­lung, zum Sturmholz, zur Arbeit mit dem funk­fer­nges­teuerten Fäl­lkeil und der Seil­winde. Fern­er unter­stützt die SVLFG bei Forstsicher­heit­sta­gen. Umfan­gre­ich­es Infor­ma­tions- und Unter­weisungs­ma­te­r­i­al, zum Beispiel Broschüren, Fly­er und Erk­lär­filme, gibt es online unter svlfg.de/waldarbeit.

Sichere Wal­dar­beit: Unfälle vermeiden

Unfälle mit Traktoren

Verteilt über alle Arbeits­ge­bi­ete fällt auf, dass beson­ders viele Men­schen (36) bei Arbeit­en mit Fahrzeu­gen tödlich verunglück­ten. Bei 21 dieser Unfälle waren Trak­toren beteiligt. Die ver­stor­be­nen Per­so­n­en wur­den entwed­er über­fahren oder die Fahrzeuge stürzten um, wobei die Fahrer nicht angeschnallt waren. Durch den fehlen­den Sicher­heits­gurt zogen sie sich Ver­let­zun­gen zu, denen sie erlagen.

Trak­toren sind bei Arbeit­en in der Land­wirtschaft nicht wegzu­denken. Laden, Trans­portieren und die Fel­dar­beit gehören zum täglichen Geschäft. Die Gefahren, die beim Fahren, Rang­ieren, Auf- und Absteigen und bei Repara­turen auftreten, müssen ernst genom­men werden.

Über die Hälfte der gemelde­ten Trak­torun­fälle ste­hen im Zusam­men­hang mit dem Auf- und Absteigen. Ins­beson­dere das Absteigen ist riskant. Gefährlich ist beson­ders der Über­gang zwis­chen der let­zten Stufe des Auf­stiegs und dem Boden. Als Grun­dregel gilt immer „vor­wärts rauf und rück­wärts runter“. Wenn es schnell gehen muss, wird dies lei­der mitunter missachtet.

Häu­fig wird die let­zte Stufe über­sprun­gen. Daraus resul­tiert zum einen eine extreme Belas­tung des Muskel-Skelett-Sys­tems, zum anderen liegt in dem salop­pen Sprung eine nen­nenswerte Gefahr, zu verunglück­en. Die unsan­fte Lan­dung auf dem Boden endet häu­fig in ein­er Ver­stauchung, in einem gebroch­enen Knie oder Knöchel oder in einem Bänderriss.

Bei Reparatur- oder Wartungsar­beit­en an Maschi­nen und Trak­toren ereignen sich beson­ders häu­fig Ver­let­zun­gen der Hände. Die SVLFG rät deshalb dazu, der­ar­tige Arbeit­en in Fach­w­erk­stät­ten aus­führen zu lassen.

 

Grafik_Unfaelle_nach_Arbeitsgebieten_SVLFG_(2)_(2).jpg
Unfälle nach Arbeits­ge­bi­eten
Grafik: © SVLFG

Großtierhaltung

Im Bere­ich der Tier­hal­tung verunglück­en vor allem Men­schen, die mit Rindern oder Pfer­den arbeit­en. Die Verteilung der Unfälle zeigt deut­lich, welche Tätigkeit­en beson­ders unfall­trächtig sind. Im Jahr 2022 wur­den 4.338 Men­schen durch Rinder ver­let­zt, 292 hier­von durch Bullen. Die meis­ten Unfälle sind darauf zurück­zuführen, dass Per­so­n­en beim Melken getreten wurden.

Angriffe von Bullen sind beson­ders häu­fig der Grund für schwere oder tödliche Ver­let­zun­gen: Sie verur­sacht­en vier der neun tödlichen Unfälle, die sich im Umgang mit Rindern ereignet haben.

Geänderte Vorschriften für mehr Sicherheit

Die SVLFG hat aus diesem Grund die Vorschriften für Sicher­heit und Gesund­heitss­chutz in der Tier­hal­tung (VSG 4.1) geän­dert. Zum Schutz aller Per­so­n­en, die in der Rinder­hal­tung arbeit­en, gel­ten seit­dem stren­gere Regeln im Umgang mit den Tieren, ins­beson­dere mit Deck­bullen. Die VSG 4.1 fordert unter anderem eine stärkere Tren­nung des Deck­bul­lens von der Milchviehherde. Ide­al wäre der Verzicht auf den in der Herde mit­laufend­en Bullen.

Alter­na­tiv kön­nten die Betriebe auf die Kom­bi­na­tion der kün­stlichen Befruch­tung mit ein­er elek­tro­n­is­chen Brun­sterken­nung umstellen. Das Arbeit­srisiko sinkt dadurch sofort. Die Vorteile solch­er Sys­teme liegen auf der Hand: Sie haben sich in der Prax­is bewährt, sind erschwinglich und liefern dem Unternehmer viele zusät­zliche Infor­ma­tio­nen, etwa zum Gesund­heit­szu­s­tand der Tiere.

Trotz­dem sind Deck­bullen immer noch häu­fig fes­ter Bestandteil der Milchviehherde. Warum? Milchviehhal­ter ver­lassen sich gerne auf Bewährtes. Beson­ders dann, wenn ihre Arbeits­be­las­tung steigt und die Her­den immer größer wer­den. Es bleibt dann ver­meintlich keine Zeit für „solche Exper­i­mente“. Zuver­läs­sig übern­immt der mit­laufende Bulle die Besamung der Kühe.

Der Preis dafür kann jedoch hoch sein. Milchviehhal­tung mit freilaufend­en Bullen ist gefährlich für alle, die mit den Rindern arbeit­en, egal, ob Unternehmer/in, Fam­i­lien­mit­glieder, Beschäftigte, Tierärzte oder Klauenpfleger. Die Tiere sind nicht kalkulier­bar und greifen unver­mit­telt an, zum Beispiel, wenn der Tier­be­treuer mit anderen Tätigkeit­en in der Herde beschäftigt ist.

Schw­er­er Unfall bei Baumfällarbeiten

So wird der Bulle sicher untergebracht

Deck­bullen müssen gemäß VSG 4.1 im Milchviehstall in ein­er sep­a­rat­en Bucht gehal­ten wer­den, die über min­destens eine Fix­iere­in­rich­tung und min­destens eine Flucht­möglichkeit (Per­so­n­en­schlupföff­nung) ver­fügt. Als Fix­iere­in­rich­tung eignet sich beispiel­sweise ein sta­biles, aus­re­ichend dimen­sion­iertes Sicher­heits­fangfress­git­ter. Sta­bile, senkrechte Stan­gen sind eine geeignete Abtren­nung der Deckbullenbucht.

Sie ermöglichen Per­so­n­en bei Gefahr den Durch­schlupf und damit die Flucht. Die Einzel­bucht­en müssen sta­bil sein und über einen rutschfesten Boden­be­lag ver­fü­gen. Diverse Stall­bauer bieten Kom­plet­tlö­sun­gen an. In älteren Ställen rüsten Tier­hal­ter Bul­len­bucht­en mit Hil­fe geeigneter Einzelkom­po­nen­ten nach.

Elek­tro­n­is­che Brun­sterken­nungssyteme und Bul­len­hal­tung lassen sich gut kom­binieren. Diese Vari­ante macht die Milchviehhal­tung etwas sicher­er und der Unternehmer entschei­det gezielt, welche Kühe er dem Deck­bullen in der Bucht zuführt. Ein großer Vorteil: Der Bulle braucht nicht mehr zusam­men mit den Milchkühen auf die Wei­de. Geht er den­noch mit, muss er danach wieder in seine Bucht. Fangfress­git­ter oder Selek­tion­store helfen dabei.

Grund­sät­zlich anders ist es beim Jungvieh oder in der Mut­terkuh­herde. Hier darf der Bulle in der Herde bleiben. Per­so­n­en haben in solchen Fällen sel­tener direk­ten Kon­takt zu den Rindern. Sicher­er ist es aber auch hier, auf den Bullen in der Herde zu verzicht­en. Läuft ein Deck­bulle auf der Wei­de oder im Jungviehbere­ich mit, dür­fen Per­so­n­en die Herde nur in Begleitung von Helfend­en mit entsprechen­den Ken­nt­nis­sen betreten. Zusät­zlich müssen Flucht­möglichkeit­en und sta­bile Treib­hil­fen vorhan­den sein.

 

Unfälle in der Grünen Branche vermeiden: Senkrechte Stangen zur Abgrenzung ermöglichen in Gefahrensituationen die Flucht aus der gesamten Bullenbucht
Senkrechte Stan­gen zur Abgren­zung ermöglichen in Gefahren­si­t­u­a­tio­nen die Flucht aus der gesamten Bul­len­bucht.
Foto: © SVLFG

Kostenlose Bauberatung für Tierhalter

Die SVLFG bietet sowohl bei Stall­neubaut­en als auch bei Umbau­maß­nah­men eine kosten­lose Bauber­atung direkt vor Ort im Betrieb an. So kön­nen Tier­hal­ter sich­er­stellen, dass ihre Stal­lun­gen den geän­derten Vor­gaben der VSG 4.1 entsprechen. Die zuständi­gen Ansprech­part­ner sowie weit­ere Infor­ma­tio­nen ste­hen auf der Inter­net­seite www.svlfg.de/rinderhaltung.

Pferdehaltung

1.877 Men­schen verunglück­ten im Bericht­s­jahr bei der Arbeit mit Pfer­den. Zwei dieser Unfälle ende­ten tödlich. 40 Prozent der Arbeit­sun­fälle ereigneten sich beim Reit­en, Voltigieren und Longieren. Annäh­ernd genau­so häu­fig verunglück­ten Men­schen beim Führen und Loslassen. Meis­tens kommt es zu Ver­let­zun­gen, weil die Tiere aus­treten oder ausschlagen.

Ein typ­is­ch­er Unfall­her­gang sieht so aus: Ein Pferd wird zur Kop­pel geführt. Auf dem Weg dor­thin reißt es sich von der Hand des Pfer­depflegers los und galop­piert, über­mütig bock­end und auss­chla­gend, zur Wei­de. Dabei trifft es den Führen­den mit seinem Hinterhuf.

Arbeit­sun­fall im Mutterkuhstall

Aufmerksamkeit schärfen

Immer wieder erk­lären die ver­let­zten Per­so­n­en: „Das Pferd hat plöt­zlich aus unerk­lär­lichen Grün­den gescheut.“ Oft waren die Betrof­fe­nen aber während der Arbeit abge­lenkt, zum Beispiel durch ihr Handy. Auch Unken­nt­nis über natür­liche Ver­hal­tensweisen der Tiere spielt eine große Rolle.

Unverzicht­bar ist es daher, dass Men­schen, die mit Pfer­den arbeit­en, Ken­nt­nisse über deren Sinneswahrnehmungen und natür­lichen Ver­hal­tensweisen haben. Außer­dem müssen sie konzen­tri­ert arbeit­en. Die Per­sön­liche Schutzaus­rüs­tung (PSA) steigert die Arbeitssicher­heit weit­er. Dazu zählen Rei­thelm und Sicher­heitsweste beim Reit­en sowie Sicher­heitss­chuhe und Hand­schuhe bei allen Arbeit­en rund ums Pferd.

Pferde richtig führen und wenden

Beim Führen ist die richtige Posi­tion wichtig. Sie befind­et sich zwis­chen dem Pfer­dekopf und der Schul­ter. Wird ein Pferd am Halfter geführt, ist dies nur in Kom­bi­na­tion mit einem geeigneten Führstrick zuläs­sig. Wed­er Führstrick noch Zügel dür­fen um das Handge­lenk gewick­elt werden.

Das Wen­den, zum Beispiel um das Pferd loszu­lassen, erfol­gt immer weg vom Men­schen. Die Per­son dreht dabei das Pferd, bis es mit dem Kopf zu ihr ste­ht. Danach löst sie den Strick und das Halfter. Umge­hend ver­lässt sie dann den Gefahren­bere­ich, der inner­halb der Reich­weite der Hin­ter­hufe liegt.

Brin­gen mehrere Men­schen gle­ichzeit­ig Pferde auf die Wei­de, müssen die Tiere auf gle­ich­er Höhe und mit aus­re­ichend Abstand beim Drehen ste­hen. Alle Per­so­n­en lassen die Pferde nach Absprache gle­ichzeit­ig los. Unter www.svlfg.de/pferdehaltung gibt es weit­ere Tipps für Pfer­d­hal­ter. Unter anderem geht es um das Ver­laden der Tiere, um die Gestal­tung sicher­er baulich­er Anla­gen und um die Sinneswahrnehmung von Pferden.

Neben per­sön­lichen Beratungsange­boten bietet die SVLFG auch Online-Vorträge zu aus­gewählten The­men, auch im Bere­ich der sicheren Pfer­de­hal­tung, an. Nähere Infor­ma­tio­nen gibt es unter: www.svlfg.de/onlinevortraege


Autor: Dr. Flo­ri­an Heuser
Stv. Präventionsleiter
der SVLFG
 
Foto: © SVLFG
Unsere Webi­nar-Empfehlung
Newsletter

Jet­zt unseren Newslet­ter abonnieren

Webinar-Aufzeichnungen

Webcast

Jobs
Sicherheitsbeauftragter
Titelbild Sicherheitsbeauftragter 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Sicherheitsingenieur
Titelbild Sicherheitsingenieur 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Special
Titelbild  Spezial zur A+A 2023
Spezial zur A+A 2023
Download

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de