Drohnen halten inzwischen Einzug in die unterschiedlichsten gewerblichen Bereiche. Vor allem die einfache Handhabung, Verfügbarkeit, moderne Navigationstechnik sowie die relativ niedrigen Anschaffungs- und Betriebskosten machen ihre Anwendung so attraktiv. Drohnen können dabei einerseits herkömmliche Arbeitsmittel ersetzen aber auch gleichzeitig vollkommen neue Anwendungsmöglichkeiten erschließen. Dieser Beitrag fasst die aktuell geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen sowie weitere notwendige Informationen für den Einsatz von Drohnen zusammen.
Kommerzielle Nutzung von Drohnen
Alleine in der Bundesrepublik Deutschland sind momentan insgesamt weit über 400.000 Drohnen im Umlauf. Insbesondere in der kommerziellen Nutzung erfahren die Geräte einen immer stärkeren Zuspruch. So stieg der Anteil kommerziell genutzter Drohnen seit 2019 um 138 Prozent auf jetzt über 45.000.
Begriffsbestimmung: Drohne
Der Begriff „Drohnen“ – historisch war dieser eher militärisch belegt – umfasst ferngesteuerte Geräte, welche sich am Boden, zu Wasser oder in der Luft bewegen. Drohnen können sich sowohl autonom fortbewegen, als auch durch den Menschen gesteuert werden. Für luftbewegte Systeme wird dabei der Terminus „Unbemannte Luftfahrtsysteme“ (ULS, engl. Unmanned Aircraft System – UAS) benutzt. Dabei wird mit dem Begriff UA (engl. Unmanned Aircraft) das eigentliche Luftfahrzeug bezeichnet und mit UAS (Unmanned Aircraft System) das unbemannte Fluggerät einschließlich des Systems zur Kontrolle oder Fernsteuerung.
Umgangssprachlich werden für unbemannte Luftfahrzeuge auch die Begriffe Drohnen (engl. drones), Multikopter oder Kopter verwendet. Die meisten Starrflügler-UA, die aktuell am Markt verfügbar sind, besitzen zwischen vier, sechs oder acht Rotoren und werden daher auch je nach Anzahl der Rotoren als Quad‑, Hexa- oder Oktokopter bezeichnet. In diesem Artikel wird im Weiteren der Begriff Drohne verwendet.
Einsatzszenarien
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Indoor- und Outdoor-Anwendung. Zu beachten ist, dass für diese beiden Bereiche die rechtlichen Rahmenbedingungen sehr unterschiedlich sind. Gelten im Outdoor-Bereich die allgemeinen Luftfahrtregelungen sowie die EU-Drohnenverordnung, sind bei einer reinen Indoor-Anwendung unter anderem die Maschinenrichtlinie und Betriebssicherheitsverordnung anzuwenden.
Zu den typischen Outdoor-Anwendungen zählen aktuell:
- Landvermessung
- Medienerstellung (z. B. Foto, Film)
- Meteorologie
- Luftaufnahmen
- Umwelt- und Naturschutz (unter anderem Wildtierzählung, Gletscherüberwachung)
- Wissenschaft und Forschung
- Transportlogistik
- Inspektionsflüge (unter anderem Bahnstrecken, Gebäude, Stromtrassen, Windkraftanlagen, Kühltürme)
- Straßenverkehrsüberwachung
Aber auch Rettungsdienste und Feuerwehren nutzen inzwischen diese Technologie bei ihren Einsätzen. Im Indoor-Bereich ist es vor allem die Logistik, die sich der Vorteile des Einsatzes von Drohnen bedient.
Typische Indoor-Einsatzgebiete sind aktuell:
- Transport (Die typische Nutzlast für ein Indoor-Transport liegt aktuell bei ca. 0,5 bis 8 kg: Damit können zum Beispiel dringend benötigte Ersatzteile, Sonderbauteile, Werkzeuge oder leichte ‧Serien-Bauteile aber auch Produktproben transportiert werden)
- Durchführung von Inventuren
- Kontroll- und Prüfaufgaben, wie das Sammeln von Informationen über den Zustand der Verpackung von Waren, den Füllzustand von Paletten oder den Instandhaltungsgrad der Lagerinfrastruktur (Regalprüfung)
- Verarbeitung von Informationen zur Steuerung ‧logistischer Abläufe
- Bereichsüberwachung
Vorteile des Luftraums
Durch die Nutzung des Luftraums oberhalb von Arbeitsbereichen und klassischen Verkehrswegen ergeben sich vielfältige Möglichkeiten, bisherige Abläufe auch innerhalb von Gebäuden in die Luft zu verlegen. Die Ausnutzung des dreidimensionalen Raums führt zu einer damit verbundenen höheren Flexibilität. Gleichzeitig sind weniger „Fahrzeuge“ im Bodenbereich, was mit einer geringeren Anzahl an möglichen „Risiko-Begegnungen“ verbunden ist. Daneben geht mit dem Wegfall von erforderlichen zusätzlichen Arbeitsmitteln zum Erreichen höhergelegener Arbeitsplätze (Leitern, Gerüste, Hubarbeitsbühnen, …) sowie dem Verzicht auf erforderliche und häufig aufwendige Vorarbeiten unter anderem auch eine Reduzierung der Gefahr des Absturzes einher. Und nicht zuletzt natürlich ist damit auch eine Zeit- und Kostenersparnis verbunden.
Gefährdungsbeurteilung beim Einsatz von Drohnen
Allerdings erfordern die Vorbereitung und Planung des Einsatzes von Drohnen gerade im Indoor-Bereich eine spezielle Beurteilung der aus diesen Anwendungen resultierenden Gefährdungen. Insbesondere die möglichen Wechselwirkungen mit den in der Verwendungsumgebung befindlichen Personen und Einrichtungen. Häufig ist auch zu entscheiden, ob eigene oder gemietete beziehungsweise geleaste Drohnen zum Einsatz kommen sollen. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen kann sich gegebenenfalls auch die Beauftragung eines Dienstleisters im Rahmen eines Dienstleistungs- beziehungsweise Werksvertrags gegenüber einer Anschaffung als günstiger erweisen.
Wer ist der Betreiber der Drohnen?
Die entsprechenden Betrachtungen sind jedoch unabhängig davon, ob man selbst Betreiber ist, oder ob man einen Dienstleister mit der Durchführung beauftragt. Gewerbliche Betreiber von Arbeitsmitteln, zu denen die Drohnen zählen, sind generell verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Sicherheit und den Schutz der Gesundheit von eigenen Beschäftigten sowie von Dritten zu gewährleisten. Vor der Verwendung sind die auftretenden Gefährdungen zu ermitteln, zu beurteilen und daraus notwendige und geeignete Arbeitsschutzmaßnahmen abzuleiten. Dabei sollte sich der Betreiber bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung zum Beispiel von seiner Fachkraft für Arbeitssicherheit oder bei Bedarf darüber hinaus von weiteren Experten unterstützen lassen.
Die Gefährdungsbeurteilung für den Einsatz von Drohnen berücksichtigt unter anderem
- allgemeine Gefährdungen bei deren Umgang,
- herstellerseitige Sicherheitshinweise (Bedienungsanleitung) und
- einsatzbezogene Gefährdungen (Wechselwirkungen mit anderen Arbeitsplätzen und Einrichtungen wie zum Beispiel Einbauten, Maschinen/Anlagen, Leitungssysteme, elektrische und funktechnische Einrichtungen, Gefahrstoffe, etc.).
Beim Einsatz von Drohnen liegt nach den aktuell vorliegenden Erfahrungen das Hauptaugenmerk dabei auf den mechanischen Gefährdungen, der Gefährdung durch Lärm sowie Brand- und Explosionsgefährdungen im Zusammenhang mit den verwendeten Batterien.
Mechanische Gefährdungen
Hier sind es vor allem der Absturz der Drohne beziehungsweise von Teilen davon sowie Verletzungsgefahren durch die Rotoren. Die zu bevorzugende Maßnahme zur Reduktion der mechanischen Gefährdungen ist in der Regel die Schaffung einer räumlichen Trennung zwischen Drohne und anwesenden Personen.
Da bauliche Maßnahmen wie Netze oder Trennwände zur Gewährleistung einer räumlichen Trennung zwischen Drohne und Mensch oftmals jedoch nicht realisierbar sind beziehungsweise die Wirtschaftlichkeit und Flexibilität des Drohneneinsatzes signifikant reduzieren, müssen alternative Maßnahmen eingesetzt werden, um die Gefährdung auf ein akzeptables Minimum zu reduzieren. So führt die Auswahl einer für den Einsatz möglichst kleinen und leichten Drohne zwangsläufig zur Reduktion der kinetischen und potenziellen Energie.
Weiterhin bieten mittlerweile verschiedene Anbieter redundant ausgeführte Flugsteuerungssysteme an, sodass auch im Falle eines Fehlers oder Defekts die Flugstabilität gewährleistet bleibt und geeignete Maßnahmen zur Notlandung oder Fehlerbehandlung eingeleitet werden können. Abhängig von der Bauform und der eingesetzten Hardware besteht weiterhin die Möglichkeit, auch im Falle von Motorausfällen flugfähig zu bleiben oder auftretende Fehler zu indizieren, um das Absturzrisiko weiter zu minimieren.
Durch den Einsatz von Drohnen mit gekapselten Rotoren wird das Verletzungsrisiko durch diese reduziert. Dabei ist aber zwangsläufig mit Einschränkungen in der Flugdynamik zu rechnen. Regelmäßige Kontrollen vor jedem Einsatz und die Einhaltung der vorgeschriebenen Prüfintervalle minimieren darüber hinaus das Risiko von sich lösenden Komponenten oder mechanischem Versagen.
Bei der Betrachtung der sicherheitstechnischen Aspekte ist weiterhin zu unterscheiden, ob die Drohne manuell gesteuert wird oder im Automatikbetrieb eingesetzt werden soll. Gerade im Automatikbetrieb müssen Möglichkeiten vorhanden sein, bei Bedarf den Betrieb der Drohne, gegebenenfalls auch von Dritten ungefährlich zu beenden.
Ergänzend, soweit möglich, sind zusätzliche organisatorische und individuelle Schutzmaßnahmen zu treffen. Zu den geeigneten organisatorischen Maßnahmen zählt beispielsweise die Sicherstellung, dass sich während des Einsatzes keine Personen oder möglichst wenige Personen in der Flugzone aufhalten bis hin zu individuellen Schutzmaßnahmen in Form von persönlicher Schutzausrüstung. Entsprechende sicherheitstechnische Überlegungen sind auch für alle ‧anderen Gefährdungsfaktoren zu treffen.
Wesentlich ist, dass die Bedienung der Drohnen ausschließlich durch geeignetes Personal erfolgt. Dementsprechend ist geeignetes und geschultes Bedienpersonal auszuwählen und zu beauftragen.
Outdoor-Einsatz von Drohnen
Sofern die Nutzung sich nicht auf den Indoor-Bereich beschränkt, seien zusammengefasst die wesentlichen Anforderungen entsprechend EU-Drohnenverordnung genannt. Zum einen wird nach sogenannten Betriebskategorien unterschieden, wobei vorrangig nach dem beim Betrieb der Drohne ausgehenden Risiko unterschieden wird:
Offene Kategorien (OPEN)
In der offenen Kategorie werden Flugmanöver zusammengefasst, die für andere Personen nur ein geringes Risiko darstellen. Für derartige Operationen ist dazu keine Erlaubnis von einer Behörde erforderlich. Damit eine Nutzung in die offene Kategorie fällt, müssen jedoch insbesondere die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:
- Flug nur außerhalb von festgelegten Flugbeschränkungszonen
- sichere Entfernung zu Personen und Menschenansammlungen
- Flug innerhalb der Sichtweite, eventuell mit ‧zusätzlichem Beobachter
- Flughöhe maximal 120 m
- Versicherungspflicht (Haftpflicht)
- Registrierung des Betreibers und Kennzeichnung von Drohnen ab Klasse C1 und von allen kameratragenden Drohnen
Die offene Kategorie wird darüber hinaus in drei Unterkategorien unterteilt, für die zusätzliche Bestimmungen gelten. Darüber hinaus wird, je nach Größe des zu erwartenden Risikos für Personen und den Luftverkehr, in der offenen Kategorie zusätzlich nach Klassen unterschieden, mit unterschiedlichen technischen Anforderungen (z. B. Gewicht, maximale Geschwindigkeit, maximale Flughöhe etc.). Sofern eine Nutzung nicht von der offenen Kategorie abgedeckt werden kann, fällt der Flug in die spezielle oder sogar in die zulassungspflichtige Kategorie.
Spezielle Kategorie (SPECIFIC)
Die spezielle Kategorie beschreibt Drohnenflüge mit einem erhöhten Risiko für andere Personen oder für den Luftverkehr. Auch in der speziellen Kategorie ist es nicht erlaubt, mit einer Drohne Personen zu ‧befördern oder gefährliche Güter zu transportieren. Diese Sonderfälle fallen dann in die zulassungspflichtige Kategorie.
Sofern in der speziellen Kategorie geflogen werden soll, ist dies nur nach einer vorherigen Risikobewertung zulässig. Außerdem ist die Genehmigung durch die zuständige Behörde erforderlich. Zuständig ist immer die Behörde in dem Land, in dem der Drohnenbetreiber beziehungsweise die Drohnenbetreiberin registriert ist.
Die Genehmigung kann auf verschiedene Arten ‧erteilt werden:
- Erfolgt die Nutzung in einem definierten Standardszenario, können Inhaber und Inhaberinnen, die eine sogenannte kleine UAS-Operator-Lizenz (Light UAS Certificate LUC) besitzen, diese ohne weitere Genehmigungen ausführen.
- Sofern es kein Standardszenario für die geplante Flugoperation gibt, muss im Rahmen des Genehmigungsverfahrens eine Risikobewertung Special Operation Risk Assessment (SORA) [9] durchgeführt werden.
Zulassungspflichtige Kategorie (CERTIFIED)
In dieser Kategorie sind alle Szenarien von Operationen zusammengefasst, die ein großes Risikopotenzial aufweisen. Das sind zum Beispiel Drohnen mit mehr als 300 cm Durchmesser oder für den Transport von Personen. Hierfür gelten umfangreiche besondere Anforderungen wie in der bemannten Luftfahrt.
EU-Nachweise für Steuernde
Mit Inkrafttreten des neuen Luftverkehrsrechts gibt es auch spezielle Anforderungen an Steuerer und Steuerinnen von Drohnen. Ein EU-Kompetenznachweis für die Unterkategorie A1/A3 ist erforderlich für Drohnen ab Klasse C1. Der Nachweis kann in Deutschland durch einen Online-Lehrgang beim Luftfahrtbundesamt (LBA) erreicht werden, der mit einer erfolgreichen Theorieprüfung abgeschlossen werden muss. Für den Betrieb in der Unterkategorie A2 ist ein EU-Fernpilotenzeugnis erforderlich. Dieses erfordert einen bestandenen Kompetenznachweis A1/A3, ein praktisches Training und eine theoretische Zusatzprüfung bei einer vom LBA benannten Prüfstelle.
Für die Erlangung von Erlaubnissen in der speziellen Kategorie beziehungsweise für das LUC-Zertifikat sind anwendungsspezifische Nachweise einzureichen. Diese können zum Beispiel Prüfnachweise für Drohnen und Zubehör sowie die Durchführung eines praktischen Prüfungsfluges, angepasst auf das individuelle Einsatzszenario, umfassen.
Für eine Nutzung von Drohnen ausschließlich im Indoor-Bereich ist eine Ausbildung aktuell nicht gefordert. Es empfiehlt sich aber auch hier, eine geeignete theoretische Schulung verbunden mit einem betriebsspezifischen Praxisteil durchzuführen.
Unfälle, die von Drohnen verursacht werden, sind in der Regel nicht über die üblicherweise bestehenden Haftpflichtversicherungen abgedeckt. Vielmehr ist eine Halterhaftpflichtversicherung erforderlich, welche die gewerbliche Nutzung abdeckt. Gerade auch für den Indoor-Bereich ist der Abschluss einer solchen Haftpflichtversicherung deshalb sinnvoll.
Fazit zum Einsatz von Drohnen
Bereits heute kann durch den Einsatz von Drohnen in den unterschiedlichsten Bereichen inzwischen eine Vielzahl von Arbeitsprozessen sicherer, schneller und kostengünstiger ausgeführt werden. Dabei zeigt die Entwicklung, dass der Weg von der klassischen manuellen Bedienung der Drohne heute hin zu teil- und vollautomatischen Abläufen führt. Damit wachsen auch zwangsläufig die Anforderungen an die ‧sicherheitstechnischen Betrachtungen vor und während des Einsatzes dieser Technologie. Dieser Beitrag soll einen Überblick über die aktuelle rechtliche Situation geben und gleichzeitig eine Hilfestellung für alle diejenigen sein, die den Einsatz von Drohnen in ihren betrieblichen Abläufen planen.
Autor:
Dr. Wolfgang Uslar
Stellv. Präventionsleiter der BGHW
Fachbereich Handel und Logistik
Leiter Projektgruppe „Drohnen“