Nur wer weiß was drin ist, kann auch richtig damit umgehen. Nach diesem Grundsatz sind alle Druckgasflaschen eindeutig durch eine Kombination aus Gefahrstoff-/Gefahrgutaufkleber gekennzeichnet, der gefahr- oder gasespezifischen Farbe der Flaschenschulter sowie der Flaschenprägung.
Georg Schroeder
Informationen zum Flascheninhalt und zu typischen Gefahrenmerkmalen befinden sich auf dem Aufkleber. Dieser wird auf der Flaschenschulter angebracht, um ihn vor Zerstörung durch Reibung an anderen Flaschen zu schützen und eine einfache Kontrolle auch innerhalb einer Palette zu ermöglichen. Unter den Punkten 1 bis 9 erhalten Anwender folgende Angaben zum Flascheninhalt:
- 1. Produktbezeichnung des Herstellers ggf. mit Reinheitsangabe
- 2. Bei Gemischen steht hier die Zusammensetzung
- 3. Interne Herstellerangaben (Produktnummer)
- 4. Name, Anschrift und Notrufnummer des Herstellers
- 5. Gefahrzettel gemäß Gefahrgutrecht (ADR/RID)
- 6. UN-Nummer und Benennung gemäß Gefahrgutrecht
- 7. EG-Nummer (bei Einzelstoffen)
- 8. Gefahrenhinweise und Sicherheitsratschläge (R&S‑Sätze)
- 9. Rückgabehinweis
Am 1.12.2010 endet eine wichtige Übergangsfrist. Ab diesem Termin müssen bei reinen Stoffen (z. B. Wasserstoff, Stickstoff oder Argon) die Vorschriften der CLP-Richtlinie (Classification, Labelling and Packaging=Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung), die jetzige EC Regulation 1272/2008, umgesetzt werden.
Was heißt das für die Flaschenkennzeichnung?
- Die „alten R‑und S‑Sätze“ weichen den P- und H‑Phrasen.
- Auf dem Etikett muss neben der bekannten Kennzeichnung ein sogenanntes Signalwort (GEFAHR oder ACHTUNG) angedruckt werden.
- Die bisherigen Gefahrstoffsymbole werden durch sogenannte Gefahrenpiktogramme ersetzt.
Bunt, aber meist nicht lustig – der Gefahrzettel
Die verschiedenen Farben und Piktogramme des Gefahrzettels lassen auch von Ferne eine schnelle Einschätzung möglicher Gefahren zu. Zu unterscheiden sind:
Grüne Raute mit Gasflasche
Nicht entzündbare, nicht giftige Gase: Diese neutralen oder inerten Gase wie Argon, Helium oder Stickstoff unterstützen nicht die Verbrennung und sind ungiftig. Sie können allerdings erstickend wirken, da sie den Sauerstoffgehalt der Umgebungsluft herabsetzen. Gefahr besteht immer dann, wenn der Sauerstoffgehalt unter 19 % sinkt.
Vorsichtsmaßnahmen: Die Sicherheitsmaßnahmen wie wirksame Be- und Entlüftung, Messung der Sauerstoffkonzentration, Kennzeichnung potentieller Gefahrenbereiche sind in den jeweiligen Sicherheitsdatenblättern beschrieben. Inerte Gase werden von den menschlichen Sinnen nicht wahrgenommen und wie Luft eingeatmet. Behälter, Gruben oder andere umschlossene Bereiche mit inertem Gas daher erst nach Kontrolle des Sauerstoffgehalts betreten!
Gelbe Raute mit Flamme und „O“
Brandfördernde (oxidierende) Gase: Diese Gase brennen selbst nicht, fördern und unterhalten jedoch die Verbrennung. Sauerstoff ist der wichtigste Vertreter dieser Klasse, aber auch Distickstoffmonoxid (Lachgas), Stickstoffdioxid, Stickstoffmonoxid und Fluor zählen dazu. Die Anreicherung brandfördernder Gase in der umgebenden Atmosphäre kann zur erheblichen Beschleunigung von Verbrennungsprozessen beitragen. Insbesondere können sich unter normalen Umständen als „unbrennbar“ geltende Materialien entzünden.
Vorsichtsmaßnahmen: Öl- und fettfrei arbeiten, Sauerstoff-Anreicherung in der umgebenden Atmosphäre vermeiden, ausreichende Be- und Entlüftung usw.
Rote Raute mit Flamme
Leichtentzündliche und brennbare Gase: Diese Gase (z. B. Wasserstoff, Kohlenwasserstoffe, Acetylen) verbrennen an der Luft oder in einem anderen oxidierenden Gas. Weiterhin können explosionsgefährliche Atmosphären entstehen, wenn sie in einem bestimmten Verhältnis mit Luft vermischt werden. Die unteren und oberen Zündgrenzen sind gasartspezifisch. Innerhalb der Zündgrenzen existiert ein Bereich, in dem die Flammgeschwindigkeit sehr hoch ist und es zur Detonation mit beträchtlicher Wirkung kommt. Veränderungen von Temperatur, Druck oder Konzentration des oxidierenden Gases können den Zündbereich beträchtlich verändern. Um eine Reaktion in Gang zu setzen, ist nur eine geringe Energiemenge erforderlich – wie viel ist gasartabhängig.
Vorsichtsmaßnahmen: Vermeidung offener Flammen und sonstiger Zündquellen, Überwachung von explosionsgefährdeten Bereichen usw.
Weiße Raute mit Totenkopf
Giftige Gase: Diese Gase (z. B. Arsenwasserstoff, Phosphorwasserstoff, Stickstoffmonoxid, Stickstoffdioxid) stellen eine erhebliche potenzielle Gefahr für den Menschen dar und erfordern daher eine besondere Handhabung. Die Giftigkeit ist definiert als ein durchschnittlicher Expositionswert (Arbeitsplatzgrenzwert / AGW-Wert), der die zulässige Durchschnittskonzentration eines giftigen Stoffs definiert, dem ein Arbeitnehmer über einen bestimmten Zeitraum (i. A. 8 Stunden bei einer 5‑Tage-Woche) ausgesetzt sein darf. Diese Gase können auch noch zusätzlich andere Gefahren aufweisen, wie zum Beispiel leichtentzündlich (z. B. Kohlenmonoxid) sein.
Vorsichtsmaßnahmen: Als Faustregel gilt, jeglichen Kontakt zu vermeiden und, falls nötig, das Konzentrationsniveau zu kontrollieren.
Schwarz-weiße Raute mit Reagenzgläsern, Hand und Platte
Korrosive, ätzende Gase: Diese Gase (z. B. Chlorwasserstoff, Fluor, Stickstoffmonoxid, Schwefeldioxid) greifen aufgrund chemischer Reaktionen viele Stoffe wie Metalle und Kleidung an. Korrosive Gase schädigen menschliches Gewebe und führen zu Verätzungen der Haut. Diese Verbrennungen sind unter Umständen nicht sofort sichtbar. In den meisten Fällen sind korrosive Gase außerdem toxisch.
Vorsichtsmaßnahmen: Als Faustregel gilt auch hier, jeglichen Kontakt zu vermeiden und, falls nötig, das Konzentrationsniveau zu kontrollieren.
Air Liquide Deutschland GmbH
E‑Mail: georg.schroeder@airliquide.com
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