Der Begriff Managementsystem ist in aller Munde, beinahe schon etwas abgegriffen. Dennoch gibt es immer wieder Anforderungen, bei denen solche Systeme sehr vorteilhaft sind. Das gilt auch und erst recht für den Arbeitsschutz.
Die Einstellung der Verantwortlichen zu Managementsystemen ist in jüngster Vergangenheit zwiespältig. Einerseits besteht eine natürliche Abwehrhaltung, was verständlich ist, da es als Modethema eine Zeit lang in Medien und Schulungen überreizt wurde und man teilweise mit der Aufrechterhaltung vorhandener Systeme sehr beschäftigt ist. Andererseits lassen sich die komplexen Anforderungen und Aufgaben vieler Betriebsfaktoren wie Qualität, Umweltschutz, Personal und auch Arbeitsschutz am besten mit Managementsystemen bewältigen. Dabei darf ein Managementsystem kein Selbstzweck sein, sondern muss für den jeweiligen Betrieb so gestaltet sein, dass definierte Strukturen und geregelte Abläufe die im Betrieb tätigen Personen unterstützen.
Bundesbetrieben, die ihre Arbeitsschutzorganisation verbessern oder ein Arbeitsschutzmanagementsystem (AMS) einführen wollen, bietet die Unfallkasse des Bundes (UK-Bund) seit mehreren Jahren Unterstützung an. Die Angebote der UK-Bund basieren auf dem Nationalen Leitfaden für Arbeitsschutzmanagementsysteme und den Konkretisierungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)1. Im Zuge des Beratungsprozesses kann ein AMS für sich eingeführt oder mit anderen Managementsystemen verbunden werden. Wichtig ist, dass zu allen wesentlichen Themenfeldern des Arbeits- und Gesundheitsschutzes verbindliche Regelungen vorhanden sind.
Wesentliche Elemente eines AMS sind:
- Politik, Ziele
- Organisation
- Beurteilung der Arbeitsbedingungen
- Qualifizierung und Unterweisung
- Arbeitsmedizinische Vorsorge
- Planung und Beschaffung
- Prüfung von Arbeitsmitteln
- Betriebsstörungen und Notfälle
- Begehungen und Auswertungen
- Interne Audits
- Bewertungen durch die Leitung
Entsprechend der Abbildung „Elemente eines AMS“ können die Elemente sinnvoll in drei Bereiche eingeteilt werden: Mit der Erklärung einer Arbeitsschutzpolitik, der Festlegung von konkreten, messbaren Zielen, dem Aufbau der Arbeitsschutzorganisation und den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilung erfolgen Vorgaben für die Umsetzung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes durch die Führung.
Für Betriebsprozesse gleich welcher Art sind immer zwei Faktoren entscheidend: Personal und Arbeitsmittel. Durch eine geregelte arbeitsmedizinische Vorsorge und systematische Unterweisung bzw. Qualifikation wird dafür gesorgt, dass gesunde Beschäftigte ihre Arbeit sicher und fehlerfrei erledigen. Im Rahmen der Planung und Beschaffung muss der Arbeitgeber für die Bereitstellung sicherer Arbeitsmittel und eines geeigneten Arbeitsumfeldes sorgen. Durch regelmäßige Prüfungen wird sichergestellt, dass die Arbeitsmittel auch sicher bleiben. Da es trotz unterwiesener Beschäftigter und sicherer Arbeitsmittel zu Unfällen kommen kann, müssen die Vorkehrungen hierfür geregelt sein. Die Betriebsprozesse sind das Tagesgeschäft der örtlichen Führungskräfte und aller Beschäftigten – sie müssen teilweise arbeitstäglich erledigt oder nachgesteuert werden.
Die Umsetzung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes im Betrieb muss durch Begehungen und Auswertungen beobachtet werden. Auch hierzu sind Regelungen erforderlich, z.B. über die Intervalle oder die Teilnehmer. Die Wirksamkeit des gesamten Managementsystems muss im Rahmen von internen Audits durch möglichst unbefangene Auditoren regelmäßig bewertet werden. Hierfür werden anhand fester Audit-Pläne u.a. die Betriebsprozesse oder die Ergebnisse der Begehungen ausgewertet. Nicht zuletzt muss die Führung regelmäßig einen Bericht zur Wirksamkeit des Managementsystems entgegennehmen und für kontinuierliche Verbesserung sorgen. Durch die drei letztgenannten Steuerungsprozesse erfolgen ständige Rückkopplungen und Korrekturen an allen anderen Elementen des Systems. Aber nicht nur das Managementsystem als ganzes, auch die einzelnen Bestandteile (wie z.B. Qualifizierung und Unterweisung) müssen regelmäßig auf ihre Wirksamkeit hinsichtlich der Ziele überprüft, bewertet und wenn erforderlich korrigiert oder angepasst werden.
Die oben beschriebenen Elemente und deren Strukturen beziehen sich nicht zwangsläufig auf den Arbeitsschutz – mit diesem System lassen sich viele unterschiedliche Betriebsfaktoren managen.
Die Angebote der UK-Bund an Unternehmen zu Arbeitsschutzmanagementsystemen gliedern sich in drei Phasen (s. Abb. „Der Weg zum AMS“). Im Rahmen der regulären Unternehmensbetreuung zum Arbeits- und Gesundheitsschutz erfolgt die orientierende Beratung, bei der die Unternehmensleitungen über die Vorteile von AMS und die Angebote der UK-Bund informiert werden. In der zweiten Phase wird das betreffende Unternehmen systematisch und methodisch beraten und unterstützt – insbesondere durch:
- Information der zuständigen Personen über die Grundlagen und Elemente eines AMS
- Beratung bei der Zusammenstellung und der Gliederung der Regelungen zum AMS
- Beratung bei der Formulierung einzelner Regelungen und Dokumente
- Prüfung von Regelungen und Dokumenten nach Fertigstellung
- Unterstützung bei der praktischen Umsetzung einzelner AMS-Elemente
Nach der systematischen Beratung und vollständigen Einführung des Managementsystems bietet die UK-Bund den Unternehmen an, das AMS durch neutrale Begutachter überprüfen zu lassen. Das AMS kann auch ohne Begutachtung eingeführt werden. Die Begutachtung bietet jedoch mehrere Vorteile:
- Die Begutachtung verdeutlicht allen im Unternehmen den Stellenwert, den der Arbeits- und Gesundheitsschutz für die Unternehmensleitung hat.
- Sie schafft Rechtssicherheit bei der Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften.
- Die neutrale Bewertung unterstützt die kontinuierliche Verbesserung des Systems.
- Die Begutachtung schafft Vertauen z.B. gegenüber Geschäftspartnern, Versicherungen und Behörden.
Im Bundesdienst wurde bisher das AMS des Bundesverwaltungsamtes erfolgreich begutachtet. Weitere große Betriebe des Bundes, wie das Bundeskriminalamt, das Julius Kühn-Institut und die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, arbeiten zurzeit an der Einführung ihres AMS.
1 DGUV Fachausschuss Organisation des Arbeitsschutzes (FA ORG), Themenfeld Systematische Integration von Sicherheit und Gesundheit in den Betrieb, weitere Infos unter www.dguv.de Webcode d69359.
Autor
Dieter Laude Unfallkasse des Bundes E‑Mail: Dieter.Laude@ uk-bund.de
Weiterführende Infos
- Nationaler Leitfaden für AMS (BAuA 2002)
- Arbeitsschutz – mit System sicher zum Erfolg (BGI/GUV‑I 8690)
- Organisation des Arbeitsschutzes (GUV‑I 8631)
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