Bei der Zeitarbeit wird ein Arbeitnehmer (Zeitarbeiter, Leiharbeitnehmer) von seinem Arbeitgeber (Verleiher, Zeitarbeitsunternehmen) einem Dritten (Entleiher) zur Arbeitsleistung überlassen. Zeitarbeit war bis 1971 gesetzlich verboten. Erst mit dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) vom 07. August 1972 wurde die gewerbsmäßige Überlassung von Arbeitnehmern gesetzlich geregelt.
Frau Antje Didlaukat Kügelgenstr. 15 06493 Ballenstedt
Anfänglich war die maximale Überlassungsdauer von Arbeitnehmern auf drei Monate befristet. Darauf ist auch der noch heute verwendete Begriff der Zeitarbeit zurückzuführen. Mittlerweile kann die Überlassung theoretisch unbegrenzt lange erfolgen. Die Anzahl der Beschäftigungsverhältnisse im Rahmen der Zeitarbeit steigt stetig an. 1996 waren 177.936 Menschen als Zeitarbeiter beschäftigt. Im Juni 2008 lag diese Zahl bereits bei 794.363. Neben den zahlreichen in der Öffentlichkeit diskutierten Problemen, die mit der Zeitarbeit verbunden sind (Absenkung des Lohnniveaus, fehlende Eingliederung in die soziale Struktur des entleihenden Unternehmens usw.) kann Zeitarbeit für Arbeitnehmer aber auch eine Chance sein, Arbeitslosigkeit zu beenden und Berufserfahrungen zu gewinnen.
Für den Entleiher hat Zeitarbeit den Vorteil, bedarfsgerecht und sehr flexibel Arbeitnehmer zu beschäftigen. Zeitarbeit ist daher aus unserer Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken. Die Herausforderung an uns ist vielmehr, die Bedingungen der Zeitarbeit noch weiter zu verbessern. Gerade im Hinblick auf den Arbeitsschutz stellen sich dabei immer wieder neue Herausforderungen.
Gesetzliche Grundlagen
Das AÜG ist die Grundlage für die Tätigkeit des Verleihers. Das AÜG dient dem sozialen Schutz der Zeitarbeiter und definiert die Rahmenbedingungen der Zeitarbeit. So benötigen die Zeitarbeitsunternehmen beispielsweise eine behördliche Erlaubnis (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG). Die Erlaubnis wird dabei zunächst nur befristet erteilt und die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften in regelmäßigen Abständen kontrolliert. Bei Verstößen kann die Erlaubnis wieder entzogen werden. Dies hat dann zur Folge, dass die entliehenen Arbeitnehmer in den Personalstamm des Entleihers übergehen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG). Das AÜG regelt darüber hinaus auch in Grundsätzen die Bedingungen der Zeitarbeit. Es besteht z.B. die gesetzliche Verpflichtung, dem Zeitarbeiter die gleichen wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt zu gewähren, die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer gelten (Equal Treatment/ Equal Payment), § 9 Nr. 2 AÜG. Allerdings kann dieser Grundsatz durch einen Tarifvertrag abbedungen werden. Dies geschieht in nahezu der gesamten Zeitarbeitsbranche. Gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes für Arbeiten, die üblicherweise von Arbeitern verrichtet werden, ist im Übrigen unzulässig und kann nur in Ausnahmefällen gestattet werden (§ 1b AÜG).
Sind Zeitarbeitnehmer unfallversichert?
Zeitarbeitnehmer sind in dem gleichen Umfang und ohne Unterschiede zu den im Unternehmen direkt beschäftigten Arbeitnehmern gegen Risiken eines Arbeits- oder Wegeunfall und einer Berufskrankheit unfallversichert. Das Verleihunternehmen ist Arbeitgeber des Zeitarbeitnehmers. Zuständiger Unfallversicherungsträger ist der Versicherungsträger des Verleihers. Die Zugehörigkeit eines Unternehmens tritt auch hier kraft Gesetzes mit der Aufnahme der Tätigkeit ein. Ein gesonderter Bescheid ist nicht erforderlich. Im Hinblick auf die Zuständigkeit kann dabei auf die verwaltende Verleihtätigkeit des Zeitarbeitsunternehmens als Unternehmensgegenstand abgestellt werden (Urteil des BSG vom 09.05.2002, B 2 U 34/04 R). In der Regel ist die Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG) der zuständige Unfallversicherungsträger. Die Beiträge werden auch hier durch die Arbeitgeber, d.h. die Zeitarbeitsfirma, getragen.
Für Leiharbeitsfirmen wurden 1998 spezielle Gefahrtarife geschaffen, da die Zeitarbeit einen eigenständigen Gewerbezweig mit einem berufstypischen Gefährdungsrisiko bildet. Das berufstypische Gefährdungsrisiko und die damit verbundenen höheren Tarife wurden bereits durch das BVerfG bestätigt (Urteil des BVerfG vom 03.07.2007, 1 BvR 1696/03) und damit begründet, dass die Zeitarbeitnehmer sich sehr häufig aufgrund des Einsatzes in fremden Betrieben und der Ausübung von wechselnden Arbeiten an neue Arbeitswelten gewöhnen und immer wieder neue Arbeitswege zurücklegen müssen. Der Gefahrtarif wurde in zwei Gefahrenklassen aufgeteilt. Der Unterschied der Gefahrenklassen besteht darin, ob die ausgeliehenen Beschäftigten ausschließlich bei kaufmännischen und verwaltenden Arbeiten oder in produzierenden oder gewerblichen Unternehmen eingesetzt werden. Die Unfallanzeige wird durch die Zeitarbeitsfirma ausgefüllt und an den zuständigen Unfallversicherungsträger übersandt.
Gibt es besondere Arbeitsschutzmaßnahmen?
Die o.g. besonderen Umstände der Zeitarbeit führen dazu, dass diese Mitarbeiter der Zeitarbeitsbranche stärker gefährdet sind, einen Unfall zu erleiden, als Beschäftigte, die direkt in einem Betrieb angestellt sind. Daraus ergeben sich auch für den Arbeitsschutz besondere Anforderungen. Im Jahr 1996 wurde daher ein Modell zum Aufbau eines integrierten Qualitäts‑, Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagementsystems eingeführt. Dieses Managementsystem sieht zusätzliche Anforderungen an den Arbeitsschutz in Zeitarbeitsunternehmen vor. Dazu gehören beispielsweise:
- Qualitätsanforderungen an Unternehmen
- Anforderungen an die Dokumentation der Arbeitsschutzbelange
- Einführung einer Arbeitsschutzvereinbarung zwischen Verleiher und dem Entleiher
- Durchführung von Arbeitsplatzbesichtigungen durch die Zeitarbeitsfirma.
Dies hatte auch Einfluss auf die Anzahl der meldepflichtigen Unfälle. Obwohl seit 1995 die Anzahl der Beschäftigungsverhältnisse in der Zeitarbeit um 80 Prozent zugenommen hat, sind die meldepflichtigen Unfälle bezogen auf 1000 Versicherungsverhältnisse um rund 40 Prozent .zurückgegangen. Die präventive Arbeitsgestaltung ist eine Voraussetzung für ein funktionierendes Arbeitssystem und damit für die Qualität sowie den wirtschaftlichen Erfolg. Verantwortlich für die Arbeitsschutzmaßnahmen bei der Überlassung ist stets der Verleiher. Er trägt die Verantwortung dafür, dass die geforderten Informationen zum geplanten Einsatz vom Kunden ermittelt werden, dass geeignete Beschäftigte ausgewählt und diese auf den Einsatz vorbereitet werden.
Der Entleiher ist selbstverständlich in gleicher Weise für Arbeitsschutzmaßnahmen zuständig. Seine Verantwortung bezieht sich auf den Einsatz der Zeitarbeitnehmer auf der Grundlage des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags und auf die Integration in die Arbeitsorganisation des Unternehmens. So muss er arbeitsplatzspezifische Unterweisungen durchführen und geeignete Arbeitsmittel zur Verfügung stellen. Die Unfallverhütungsvorschriften des Entleihbetriebs gelten neben den Vorschriften für den Verleiher. Bei Arbeitsunfällen oder einer arbeitsbedingten Erkrankung wird überprüft, ob eine Untersuchung beim Entleiher durchgeführt werden muss. Dazu kann dann auch die Fachkraft für Arbeitssicherheit oder der Betriebsarzt hinzugezogen werden.
Die VBG hat für die präventive Ausgestaltung einen Leitfaden erarbeitet, der hilfreiche Informationen und Praxishilfen z.B. auch zu den Aufgaben und Verantwortlichkeiten, zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen und zur Prüfung von Arbeitsmittel und persönlicher Schutzausrüstung enthält.
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