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Gesund in der Schwangerschaft arbeiten

Mutterschutz
Gesund in der Schwangerschaft arbeiten

„Ich bin schwanger“, verkün­det Nicole K. stolz. Die Kol­le­gen freuen sich mit ihr und grat­ulieren. Der Chef schaut leicht verun­sichert. Denn schwan­gere Frauen und Müt­ter haben das Recht auf beson­deren Schutz und beson­dere Für­sorge. Das Mut­ter­schutzge­setz garantiert beruf­stäti­gen Frauen in der Schwanger­schaft beson­dere Rechte. Als Vorge­set­zter muss er nun eine Menge beachten.

Bitte beacht­en Sie diese Beiträge zum neuen Mut­ter­schutzge­setz, das am 1. Jan­u­ar 2018 in Kraft trat:

Für alle schwan­geren Frauen, die in einem Arbeitsver­hält­nis ste­hen, gilt das Mut­ter­schutzge­setz (MuSchG), ob Vol­lzeit- oder Teilzeitbeschäftigte, Auszu­bildende mit Arbeitsver­trag, Hau­sangestellte oder Heimar­bei­t­erin­nen, Frauen in sozialver­sicherungs­freien Arbeitsver­hält­nis­sen, so genan­nte ger­ingfügig Beschäftigte, sowie im Bun­des­frei­willi­gen­di­enst (BFD), Frei­willi­gen Sozialen Jahr (FSJ) oder Frei­willi­gen Ökol­o­gis­chen Jahr (FÖJ). Wed­er die Staat­sange­hörigkeit noch der Fam­i­lien­stand spie­len beim Mut­ter­schutz eine Rolle. Entschei­dend ist es, dass die Frau ihren Arbeit­splatz in der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land hat.
Wer­dende Müt­ter genießen durch das Mut­ter­schutzge­setz beson­deren Schutz vor Gefahren am Arbeit­splatz. Ziel ist es, Arbeit­nehmerin­nen während Schwanger­schaft und Stil­lzeit vor kör­per­lich­er Über­beanspruchung, wirtschaftlichen Nachteilen und Ver­lust des Arbeit­splatzes zu schützen. Außer­dem sind sie durch Mut­ter­schutzfris­ten vor und nach der Ent­bindung von beru­flichen Arbeit­sleis­tun­gen ent­lastet und haben einen beson­deren Kündi­gungss­chutz. Deshalb soll­ten Arbeit­nehmerin­nen ihre Schwanger­schaft dem Arbeit­ge­ber so früh wie möglich mit­teilen. Dass die entsprechen­den Vorschriften rund um den Arbeitss­chutz einge­hal­ten wer­den, dafür ist dann der Unternehmer verantwortlich.
Sobald der Arbeit­ge­ber von ein­er Mitar­bei­t­erin über ihre Schwanger­schaft informiert wurde, muss er die zuständi­ge Auf­sichts­be­hörde benachrichti­gen und eine Schwanger­schaft­sanzeige vornehmen. Die Behörde überwacht die Ein­hal­tung der Arbeitsschutzbestimmungen.

Fristen und Lohnfortzahlung

In Deutsch­land beträgt die Mut­ter­schutzfrist ins­ge­samt 14 Wochen. Das heißt: sechs Wochen vor dem berech­neten Ent­bindung­ster­min gilt ein Beschäf­ti­gungsver­bot. Nur auf per­sön­lichen und aus­drück­lichen Wun­sch kann die schwan­gere Mitar­bei­t­erin weit­er­ar­beit­en. Um sich rechtlich abzu­sich­ern, sollte sich der Arbeit­ge­ber das aber bess­er schriftlich geben lassen. Während der acht Wochen Mut­ter­schutzfrist nach der Geburt oder bei ärztlichem Ver­bot darf die Frau auch auf eige­nen Wun­sch hin nicht arbeit­en. Bei einem Ver­stoß dro­ht dem Unternehmer ein Bußgeld bis zu 15.000 Euro.
Während der Mut­ter­schutzfrist erhält die Arbeit­nehmerin 100 Prozent ihres Lohnes. Er ori­en­tiert sich am Durch­schnitt der Vergü­tung, die in den let­zten 13 Wochen oder den let­zten drei Monat­en vor Beginn des ersten Schwanger­schaftsmonats gezahlt wurde. Der Ver­di­enst wird solange weit­ergezahlt, bis Mut­ter­schafts­geld bezo­gen wird. Der Arbeit­ge­ber hat einen Erstat­tungsanspruch gegen die Krankenkasse nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz.

Das dürfen Schwangere nicht

Sofort nach Bekan­nt­gabe der Schwanger­schaft muss eine entsprechende Gefährdungs­beurteilung des Arbeit­splatzes und aller Tätigkeit­en vorgenom­men wer­den, falls diese noch nicht vor­liegt (was das neue Mut­ter­schutzge­setz fordert). Nur so lässt sich ver­hin­dern, dass Ver­bote – und davon gibt es eine ganze Menge – mis­sachtet werden.
Ver­boten sind zum Beispiel:
  • Schädliche Ein­wirkun­gen von gesund­heits­ge­fährden­den Stof­fen oder Strahlen, Staub, Gasen oder Dämpfen, Hitze, Kälte oder Nässe, Erschüt­terun­gen oder Lärm.
  • Unnatür­liche Hal­tun­gen wie starkes Streck­en oder Beu­gen sowie Zwang­shal­tun­gen wie dauern­des Hock­en oder Bücken.
  • Arbeit­en, bei denen die Unfall­ge­fahr durch Fall­en oder Abstürzen erhöht ist.
  • Regelmäßiges Heben, Bewe­gen oder Befördern von mehr als fünf Kilo – bzw. gele­gentlich von bis zu zehn Kilo – ohne mech­a­nis­che Hilfsmittel.
  • Akko­r­dar­beit und son­stige Arbeit­en, bei denen durch ein gesteigertes Arbeit­stem­po ein höheres Ent­gelt erzielt wer­den kann.
  • Fließban­dar­beit mit vorgeschrieben­em Arbeitstempo.
  • Das Bedi­enen von Geräten oder Maschi­nen, die eine hohe Fußbeanspruchung erfordern.
  • Arbeit­en, bei denen das Risiko, an ein­er Beruf­skrankheit zu erkranken, beson­ders hoch ist.
  • Ab dem sech­sten Monat Arbeit­en, bei denen die Schwan­gere ständig ste­hen muss und diese Beschäf­ti­gung täglich länger als vier Stun­den dauert.
  • Mehrar­beit. Erlaubt sind für Volljährige 8,5 Std. täglich bzw. max. 90 Stun­den je Doppelwoche.
  • Arbeit­en zwis­chen 20 Uhr und 6 Uhr.
  • Aus­nahme: In der Gas­tronomie darf in den ersten 4 Monat­en bis 22 Uhr gear­beit­et werden.
  • Arbeit an Sonn- und Feierta­gen. Aus­nahme: Das Ver­bot gilt nicht für Beschäftigte im Verkehr­swe­sen, in der Gas­tronomie, im Fam­i­lien­haushalt, in Krankenpflege- und in Badeanstal­ten oder bei Musikauf­führun­gen, The­ater­vorstel­lun­gen oder ähn­lichen Veranstaltungen.

Füße hoch im Liegestuhl ist erlaubt

Schwanger­schaft und Stress sind keine gute Kom­bi­na­tion. Wer schwanger ist, braucht einen entsprechend gestal­teten Arbeit­splatz, ver­lässliche Bedin­gun­gen, angepasste Arbeit­szeit­en und mehr Erhol­ungsphasen. Diese Vorkehrun­gen dienen dem Schutz von Leben und Gesund­heit der wer­den­den oder stil­len­den Mut­ter sowie dem Kind.
Muss die Angestellte bei ihrer Arbeit etwa ständig ste­hen oder gehen, muss ihr eine Sitzgele­gen­heit geboten wer­den. Sitzt sie dage­gen den ganzen Tag, muss sie ihre Arbeit immer wieder kurz unter­brechen dürfen.
Die neue Tech­nis­che Regel für Arbeitsstät­ten, ASR A4.2 „Pausen- und Bere­itschaft­sräume“, berück­sichtigt die Bedürfnisse schwan­ger­er Erwerb­stätiger. Hier heißt es, dass es für sie in den Pausen möglich sein muss sich hinzule­gen und auszu­ruhen und zwar am Arbeit­splatz oder in unmit­tel­bar­er Nähe. Die Ein­rich­tung dafür, etwa ein Lieges­tuhl, muss einen gepol­sterten Belag haben, der waschbar ist oder wegge­wor­fen wer­den kann. Der Stuhl bzw. die Liege muss jed­erzeit genutzt wer­den kön­nen und die Pri­vat­sphäre gewährleisten.
Stil­lende Müt­ter müssen außer­dem genug Zeit haben, ihr Baby zu nähren. Das bedeutet, dass sie min­destens zweimal täglich eine halbe Stunde oder ein­mal täglich eine Stunde dafür frei bekommen.

Beschäftigungsverbote beachten

Wer­dende oder stil­lende Müt­ter dür­fen nicht mit Arbeit­en beschäftigt wer­den, bei denen die Gefährdungs­beurteilung ergeben hat, dass die Sicher­heit oder Gesund­heit von Mut­ter oder Kind durch chemis­che Gefahrstoffe, biol­o­gis­che Arbeitsstoffe oder physikalis­che Schad­fak­toren gefährdet sind. Und auch die Arbeit­szeit ist per Gesetz begrenzt.
Aber auch Kon­flik­te am Arbeit­splatz belas­ten Schwan­gere häu­fig beson­ders stark. Zum Schutz kann etwa bei Mob­bing am Arbeit­splatz ein ärztlich­es Beschäf­ti­gungsver­bot für die Dauer der Schwanger­schaft aus­ge­sprochen werden.
Bei solch einem Beschäf­ti­gungsver­bot wegen „Stress­si­t­u­a­tio­nen am Arbeit­splatz“ oder „Prob­le­men mit Vorge­set­zten oder Kol­le­gen“ kann der Arbeit­ge­ber eine konkrete Beschrei­bung der zugrunde liegen­den Umstände verlangen.
Sechs Wochen vor der Geburt ste­ht dann der Abschied in die Baby­pause an. Im Mut­ter­schutzge­setz ste­ht dazu: „Wer­dende Müt­ter dür­fen in den let­zten sechs Wochen vor der Ent­bindung nicht beschäftigt wer­den, es sei denn, dass sie sich zur Arbeit­sleis­tung aus­drück­lich bere­it erk­lären; die Erk­lärung kann jed­erzeit wider­rufen wer­den“ und für die Zeit nach der Ent­bindung: „Müt­ter dür­fen bis zum Ablauf von acht Wochen, bei Früh- und Mehrlings­ge­burten bis zum Ablauf von zwölf Wochen nach der Ent­bindung nicht beschäftigt werden. (…)“

Gefährdungsbeurteilung sofort durchführen

Es ist grund­sät­zlich ver­boten, dass Schwan­gere gefährliche Arbeit­en ver­richt­en oder schwere kör­per­liche Arbeit­en aus­führen. Und sie dür­fen keinen schädlichen Ein­wirkun­gen von gesund­heits­ge­fährden­den Stof­fen, Hitze, Kälte, Nässe, Lärm oder Erschüt­terun­gen aus­ge­set­zt wer­den. Der Arbeit­splatz muss gesund­heits­gerecht gestal­tet sein. Auch bei sitzen­den Tätigkeit­en müssen Zwang­shal­tun­gen, also ein­seit­ige Kör­per­hal­tun­gen, ver­mieden wer­den. Eben­so Zeit­druck oder monot­o­ne Tätigkeit­en. Die Schwan­gere muss aus­re­ichend Pausen machen können.
Zum Beispiel kann eine Beschäf­ti­gungs­beschränkung als organ­isatorische Maß­nahme eine Schwan­gere schützen. So kann die Frau im Unternehmen weit­er tätig sein, aber eben nicht mit Maschi­nen, die gesund­heitss­chädi­gende Erschüt­terun­gen, Vibra­tio­nen oder enor­men Lärm erzeu­gen. Auch Käl­tear­beit­en im Kühlhaus oder ständig im Freien bei niedri­gen Tem­per­a­turen – unter 17 °C – sind nicht zuläs­sig, eben­so arbeit­en, wenn das Ther­mome­ter dauer­haft auf über 26 °C steigt.
Wer bei der Arbeit mit Strahlen zu tun hat, etwa bei Rönt­genein­rich­tun­gen oder Kon­troll­bere­ichen, muss in der Schwanger­schaft beson­ders auf­passen. Hier sollte immer der Rat des fachkundi­gen Strahlen­schutzver­ant­wortlichen oder des Strahlen­schutzbeauf­tragten einge­holt werden.

Kündigungsschutz gilt bis vier Monate nach der Entbindung

Während der Schwanger­schaft und bis zum Ablauf von vier Monat­en nach der Ent­bindung darf der Arbeit­ge­ber nicht kündi­gen. Allerd­ings bleibt eine Kündi­gung trotz Mut­ter­schutz wirk­sam, wenn der Arbeit­ge­ber nichts von ein­er Schwanger­schaft oder Ent­bindung wusste. Kündigt dage­gen eine schwan­gere Arbeit­nehmerin, muss der Arbeit­ge­ber dies der zuständi­gen Auf­sichts­be­hörde unverzüglich anzeigen.
Und in einem Vorstel­lungs­ge­spräch muss eine Bewer­berin nicht mit­teilen, dass sie schwanger ist. Die Frage ist unzuläs­sig. Sie muss deshalb nicht wahrheits­gemäß beant­wortet werden.

Aufsichtsbehörde gibt Rat zur Arbeitsplatzgestaltung

Falls Sie sich bei der Arbeit­splatzgestal­tung für eine schwan­gere Mitar­bei­t­erin oder Kol­le­gin unsich­er sind, kön­nen Sie sich bei der Auf­sichts­be­hörde Infor­ma­tio­nen und Rat holen.
Und sollte die wer­dende Mut­ter nicht mehr alle Arbeit­en im Betrieb dauer­haft machen kön­nen, lässt sich vielle­icht ein­fach der Arbeitsablauf anders organ­isieren, so dass sie wech­sel­nde Tätigkeit­en ausübt.
Oder über­legen Sie mit ihr gemein­sam, wo sie einge­set­zt wer­den kön­nte. Eventuell ent­deck­en Sie neue Tal­ente und die Pack­erin wird zur Büro­hil­f­skraft. Oder fra­gen Sie in der Per­son­al­abteilung nach, welche Ein­satzmöglichkeit­en es gibt.
 
Bet­ti­na Brucker

Hier gibt’s Infos

Weit­ere Infor­ma­tio­nen erhal­ten Sie beim Bun­desmin­is­teri­um für Fam­i­lie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Unter www.bmfsfj.de kön­nen Sie die Broschüre „Mut­ter­schutzge­setz – Leit­faden zum Mut­ter­schutz“ herunterladen.
Außer­dem gibt es eine Verord­nung zum Schutz der Müt­ter am Arbeit­splatz (MuSchAr­bV), einen Vor­druck zur Schwanger­schaft­sanzeige sowie eine Anleitung zur Gefährdungs­beurteilung für den Arbeit­splatz wer­den­der oder stil­len­der Müt­ter. Die Doku­mente erhal­ten Sie unter dem Stich­wort Mut­ter­schutz auf der Inter­net­seite des Min­is­teri­ums für Arbeit, Inte­gra­tion und Soziales des Lan­des Nor­drhein-West­falen unter
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