Das Urteil vom 23.02.2023 (Az.: 8 Ns 4 Js 12490/16) gibt Anlass zu der Frage: Welche Verkehrssicherungspflichten treffen die Kommunen und ihre Amtsträger?
I. Die Ausgangskonstellation
Der Teich mit fast 2400 m² lag in einer Parkanlage mit Grillhütte, Beachvolleyballfeld und Toilettenanlage. Von seinem östlichen, teils noch natürlich belassenen Ufer an war das Wasser seicht. Über eine Treppe konnte man in das zunächst ca. 45 cm tiefe Wasser gelangen. Die Wassertiefe nahm nur langsam zu. In der Teichmitte war das Wasser ca. 1,70 m tief.
Ungefähr am südöstlichen Ufer des Teiches lief ein Bach zu. Der weitere Verlauf des Baches befand sich am westlichen Teichufer. Letzteres war durch einen Damm vom Bach getrennt. An dem geraden Ufer befanden sich der Überlauf des Teiches sowie ein Steg, der in den Teich hineinragte [1]. Im Dammbereich fiel das westliche Ufer in einem Winkel von ca. 39 bis 45 Grad ab, bis die Bepflasterung in die betonierte Teichsohle überging. Am Westufer erreichte der Teich stellenweise eine Tiefe von bis zu 1,85 m.
Die Beschaffenheit des Teiches unterhalb der Wasserlinie war selbst für eine direkt am Ufer stehende Person aufgrund des sehr trüben Wassers nur schwer erkennbar. Der Dammbereich war zum Unfallzeitpunkt nicht mit Bäumen oder Büschen bewachsen. Die Bepflasterung des Uferbereiches zumindest am Westufer war aufgrund von Nässe und Verschlammung derartig rutschig, dass das Verlassen des Teiches an dieser Stelle selbst für erwachsene Schwimmer kaum möglich war.
Unter anderem im Bereich des Stegs war ein viereckiges Schild aufgestellt, das in weiß auf grünem Grund die Aufschrift „Teichanlage – Betreten auf eigene Gefahr – Eltern haften für ihre Kinder“ trug. Weitere Maßnahmen mit der Zwecksetzung, vor Gefahren am Westufer des Teiches zu warnen oder Besucher von dem Betreten des westlichen Uferbereiches abzuhalten, gab es nicht. Technische Vorrichtungen, die einen Ausstieg aus dem Teich an dieser Stelle ermöglichen oder erleichtern konnten, gab es nicht. Gleiches gilt für Rettungsmittel (Rettungsring o. Ä.).
Am westlichen Ufer ertranken die drei Kinder am 18.6.2016 zwischen 19:00 und 20:40 Uhr. Aus den Verletzungen eines Kindes im Fußbereich konnte geschlossen werden, dass dieses erfolglos versucht haben könnte, die steile Böschung des Westufers zu erklimmen. Dieser Bereich war zwei Jahre zuvor mit Gehwegpflastern durch die Bürgerschaft mit Kenntnis des Bürgermeisters befestigt.
Aufgrund dieser Instandsetzungsarbeiten setzte sich ein Mitarbeiter der Stadt mit dem zuständigen Haftpflichtversicherer in Verbindung. Die Versicherung mahnte aufgrund der Tiefe des Wassers und des teilweisen steilen Gefälles eine Absicherung des Gewässers an. Das Schreiben der Versicherung war vom Bürgermeister abgezeichnet worden.
II. Rechtliche Probleme
1. Eröffnung des Verkehrs und Entstehen einer Verkehrssicherungspflicht
Nach der Rechtsprechung ist entscheidend, ob die Kommune den Bade- und Erholungsverkehr „eröffnet“ hat [2]. Hierfür kommt es primär auf die Sicht der Bürgerinnen und Bürger, also der potenziellen Nutzer, an.
Entscheidend sind die äußeren (tatsächlichen) Umstände, die der Nutzer wahrnimmt, also wie hier die Pflasterung der Wege, die Schaffung eines Beachvolleyballfeldes und die Ertüchtigung der Grillhütte, der Toilettenanlage sowie die Duldung der Befestigung des Westufers. Die Rechtsprechung spricht in diesem Zusammenhang auch von sogenannten „Anreizen“, die für die Badenutzung gesetzt werden.
In rechtlicher Hinsicht wird der Bade- und Erholungsverkehr dann eröffnet, wenn Uferflächen und Gewässer durch Ortsrecht (Satzung) entsprechend „gewidmet“ wurden. Dies ist hier nicht geschehen, aber die Duldung der tatsächlichen Nutzung sowie die oben genannten Begleitmaßnahmen reichen aus. Nach der strafrechtlichen Rechtsprechung ist dabei nicht entscheidend, ob die Kommune zur Verkehrseröffnung rechtlich verpflichtet oder berechtigt war; entscheidend ist die tatsächliche Pflichtenübernahme.
Sind solche Umstände gegeben, wurde der Bade- und Erholungsverkehr eröffnet; die Kommune ist hierfür verkehrssicherungspflichtig. Im Ergebnis haben die Verkehrseröffnung bzw. die Anreize zur Nutzung eine Doppelwirkung. Einerseits bewirkt die Verkehrseröffnung zum Baden grundsätzlich das Entstehen von Verkehrssicherungspflichten für die Badenutzung des Gewässers. Andererseits erhöhen die Anreize den Pflichtenstandard, den die Kommune zur Gefahrabwendung erfüllen muss.
Sollte sich hingegen herausstellen, dass überhaupt keine Verkehrseröffnung stattgefunden hat, besteht auch grundsätzlich keine Verkehrssicherungspflicht. Allerdings gibt es hiervon eine wichtige Ausnahme.
2. „Lebensbedrohliche Fallen“
Selbst in Fällen fehlender Verkehrseröffnung können Verkehrssicherungspflichten bestehen. Es entspricht anerkannten Rechtsgrundsätzen, dass jeder, der Gefahrenquellen schafft oder unterhält, die notwendigen Vorkehrungen zur Sicherheit Dritter zu ergreifen hat.
Kommunale Entscheidungsträger müssen in ihr „ex-ante“-Urteil also immer die Fallgruppe der „lebensbedrohlichen Fallen“ mit einbeziehen, und zwar sogar dann, wenn sie den Verkehr an der fraglichen Stelle verboten haben. Das hohe Gefährdungspotenzial für hochrangige Rechtsgüter, wie Leib und Leben, ist einer der Gründe, warum vor solchen „Fallen“ auch dort zu schützen ist, wo der Verkehr überhaupt nicht eröffnet wurde. Entscheidend ist, ob das naheliegende Risiko besteht, dass Personen mit dieser lebensbedrohlichen Gefahr in Berührung kommen können.
Auch diese Fallkonstellation läge hypothetisch hier zumindest für das Westufer vor.
a) Befestigung des Dammes
Zu einer Gefahrerhöhung hat es ganz wesentlich geführt, dass das natürliche Ufer des Teiches abgetragen und der Damm am Westufer in einem Winkel von 39 bis zu 45 Grad mit Gehweg-Pflastersteinen befestigt worden ist. Diese Maßnahme wirkte gleich in mehrfacher Hinsicht gefahrerhöhend, indem sie die Möglichkeiten, den Teich am Westufer aus eigener Kraft zu verlassen, ganz erheblich reduziert hat.
Zunächst war zu beachten, dass die verwandten Pflastersteine aufgrund ihrer Oberflächenbeschaffenheit bei Nässe und insbesondere noch in Verbindung mit dem Teichschlamm bzw. dem Bewuchs eine äußerst rutschige Oberfläche ergaben. Durch den Winkel, in dem die Befestigung angebracht war, wurde der Ausstieg aus dem Teich an dieser Stelle nochmals gravierend erschwert.
Hierbei ist zu beachten, dass eine Uferneigung von etwa 45 Grad einen Winkel darstellt, der bei natürlichen Gewässern in der Regel nicht vorkommt, da bei einer derartig steilen Ufergestaltung stets Landmasse abrutschen und automatisch zu einer Verflachung des Uferbereiches führen würde.
Zudem brachte es die Versiegelung des Ufers mit sich, dass ein Bewuchs mit möglicherweise rettendem Pflanzen- oder Wurzelwerk, an dem sich eine Person, die versehentlich an dieser Stelle ins Wasser geraten ist, festhalten könnte, weitgehend verhindert wird.
Dass diese angeführte Gefahrerhöhung durch die Befestigung des Dammes nicht nur theoretisch möglich, sondern auch praktisch eingetreten ist, ergab sich insbesondere daraus, dass weder der Ersthelfer noch die eingesetzten Rettungstaucher den Teich in diesem Uferbereich aus eigener Kraft wieder verlassen konnten.
b) Wasserfläche, Wassertiefe und Beschaffenheit der Teichsohle
Zu der steilen Befestigung des Teichufers kam – wiederum gefahrerhöhend – die Befestigung der Teichsohle durch Beton, wobei zumindest am Westufer die Befestigung mit den Pflastersteinen unmittelbar in die Betonsohle überging. Das befestigte Teichufer setzte sich hierbei im Winkel von bis zu 45 Grad fort.
Ein Besucher des Teiches, der versehentlich am Ufer ins Rutschen kommt, rutscht bei diesen Gegebenheiten voraussichtlich bis zur tiefsten Stelle des Teiches oder bis seine Füße den Kontakt zum Boden verlieren. Mit Blick auf die Wassertiefe im Bereich der Teichsohle stellte dies für Kinder eine weitere, massive Gefahrerhöhung dar, die aufgrund des trüben Wassers auch dann nicht zu erkennen war, wenn man direkt am Teichufer stand.
Aufgrund der Uferbeschaffenheit wäre – insbesondere für ein Kind – die einzige Möglichkeit, aus dem Teich hinauszugelangen, diejenige gewesen, die Teichfläche von mehr als 2000 m² zu überqueren und an einer seichteren Stelle aus dem Wasser zu gelangen.
Im Hinblick auf die Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen, dass bereits nach wenigen Sekunden bei ungeübten Menschen ein Atemreflex auftritt und kurz darauf Panik eintritt, war insbesondere von Kindern nicht zu erwarten, dass sie sich in einer entsprechenden Situation rational verhalten und sich zu einem weiter entfernt liegenden Ufer begeben würden.
c) Geringe Erkennbarkeit der gefahrerhöhenden Umstände
Die die erhöhte Gefährlichkeit des Teiches am Westufer begründenden Umstände waren von außen nur schwer erkennbar. Durch das trübe, veralgte Wasser waren für eine am Ufer stehende Person weder die Wassertiefe noch die im Wasser liegende Fortsetzung der Uferbepflasterung oder die betonierte Teichsohle so deutlich erkennbar, dass die sich aus diesen Umständen ergebende Gefahr hätte abgeschätzt werden können.
3. Keine ausreichende Warnung durch Beschilderung
1988 ging es in einer Entscheidung des BGH, um das Ertrinken eines achtjährigen Jungen in einem nicht zum Baden freigegebenen Teil eines Baggersees. Hier hat das Gericht gefordert, dass auf die besonderen Gefahren an einer Stelle des Sees nicht nur ein Schild mit der Aufschrift „Betreten verboten“ aufgestellt wird.
Hier fiel nach einem 5 mal 5 Meter großem Plateau mit 20 cm Wassertiefe der See auf 18 m ab. Eine derartige Warnung sei „viel zu undifferenziert, um auf die besondere Gefahr, wie sie sich hier verwirklicht hat, hinzuweisen. Hier hätten wirksamere Schutzmaßnahmen ergriffen und zumindest für Kinder einprägsamere Warnschilder aufgestellt werden müssen [3].
Vorliegend erkannte auch das LG Marburg, dass die im Hinblick auf die mehrfache, wesentliche Gefahrerhöhung im Sommer 2016 vorhandene Beschilderung des Teiches zur Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht nicht ausreichend gewesen sei. Insbesondere für Kinder war die im Vergleich zu natürlichen Teichen ganz wesentlich erhöhte Gefährlichkeit am Westufer des Teiches nicht in ausreichendem Maß erkennbar.
Weder Form noch Farbe des Schildes lassen darauf schließen, dass dieses Schild vor einer erheblichen Gefahr warnt. Auch der Wortlaut des Schild-Textes vermittelt eher den Eindruck eines Haftungsausschlusses als einer konkreten Warnung.
Das gilt erst recht im Hinblick auf eine für Kinder ausreichend erfass- und verstehbare Warnung vor den spezifischen Gefahren des Teiches im Bereich des westlichen Ufers. Gerade gegenüber Kindern ist der Verkehrssicherungspflichtige zu einem besonderen Schutz (auch durch wirksame Warnungen) verpflichtet, weil von diesen nicht wie bei Erwachsenen die Einsicht in die besonderen Gefahren einer Einrichtung erwartet werden kann.
4. Begrenzung durch das „allgemeine Lebensrisiko“?
Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht wird begrenzt durch das so genannte „allgemeine Lebensrisiko“, vor dem auch der Inhaber einer grundsätzlich gefährlichen Anlage Dritte nicht schützen muss. Dies bedeutet, dass nicht jeder abstrakten Gefahr durch vorbeugende Maßnahmen begegnet werden muss, es vielmehr nur solcher Sicherungsmaßnahmen bedarf, die ein verständiger und umsichtiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zumutbar sind.
Wenn ein Betreiber eine öffentliche Freizeiteinrichtung der Allgemeinheit zur Verfügung stellt, hat er die Verpflichtung, die Benutzer vor den Gefahren zu schützen, die über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinausgehen, nicht ohne weiteres erkennbar und auch vom Benutzer nichtvorhersehbar sind.
Wo besonderer Anreiz für einen kindlichen Spieltrieb besteht, muss der Gefahr, die das Kind nicht erkennen kann, durch entsprechende Sicherungsmaßnahmen begegnet werden. Grundsätzlich fällt es unter das „allgemeine Lebensrisiko“, sich einem natürlichen Gewässer zu nähern.
Anders liegt es jedoch bei diesem Teich. Hier wurde durch die unterschiedlichen Maßnahmen, die mit Wissen und Billigung des Angeklagten an dem Teich und auf dem Gelände um den Teich vorgenommen worden sind, das Gefahrenpotenzial des Teiches ganz erheblich über natürliche, überschaubare und kalkulierbare Risiken hinaus erhöht, sodass zusätzliche Sicherungsmaßnahmen erforderlich waren.
5. Verkehrssicherungspflicht des Angeklagten
Seiner zivilrechtlichen und strafrechtlichen Handlungsverantwortlichkeit entsprechend hat der Bürgermeister weitgehende Befugnisse, die Verwaltung zu gestalten. Gemäß § 138 der hessischen Landesverfassung ist der Bürgermeister „Leiter der Gemeinden“, er ist der Dreh- und Angelpunkt der Kommunalpolitik.
Der Bürgermeister leitet als Behördenchef den Geschäftsgang der gesamten Verwaltung (§ 70 HGO) und ist Dienstvorgesetzter aller Gemeindebediensteten mit Ausnahme der Beigeordneten (§ 73 Abs. 2 S. 1HGO). Der Bürgermeister muss rechtswidrigen Beschlüssen des Gemeindevorstands widersprechen und kann Beschlüssen, die dem Gemeinwohl zuwiderlaufen, ebenfalls widersprechen (§§ 63, 74 HGO).
Ihm obliegt die Vorbereitung der Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung, also auch die Festsetzung der Tagesordnung. Eine Beschlussfassung der Stadtverordnetenversammlung ist ohne Festsetzung in der Tagesordnung regelmäßig nicht möglich.
Mit diesen Befugnissen korrespondiert es, dass der Bürgermeister auch strafrechtlich dafür verantwortlich ist, erforderliche Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung oder des Magistrats nicht herbeigeführt bzw. im Rahmen seiner eigenen Möglichkeiten erforderliche Maßnahmen selbst nicht ergriffen zu haben.
Für das Gericht war der Ursachenzusammenhang zwischen dem Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht und dem Tod der drei Kinder objektiv und subjektiv vorhersehbar und hätte durch weitergehende Sicherungsmaßnahmen durch den Bürgermeister verhindert werden können.
6. Zurechnungszusammenhang
a) Keine eigenverantwortliche Selbstgefährdung
Der Zurechnungszusammenhang wurde nicht durch eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung der Kinder unterbrochen. Der Angeklagte durfte nicht darauf vertrauen, dass die Kinder in diesem Alter die von dem befestigten Teich ausgehenden Gefahren erkennen konnten. Vielmehr war gerade damit zu rechnen, dass der Teich einen derartig großen Reiz auf die Kinder ausüben würde, dass die Kinder mögliche Sicherheitsbedenken hinter den Spaß zurückstellen würden, der mit dem Spielen am Teich einhergeht.
Hinzu kommt, dass in dem trüben Wasser des Teiches die von der Ufergestaltung und der Tiefe des Wassers ausgehenden Gefahren nicht ausreichend erkennbar waren. Ferner war der Beschilderung kein (kindgerechter) Hinweis auf die Gefahr zu entnehmen. Das Risiko, das von dem umgebauten Teich ausging, konnte durch die Kinder nicht überblickt werden.
Selbst wenn man annimmt, dass sogar kleine Kinder sich eigenverantwortlich selbst gefährden können, war eine solche Entscheidung bzw. Abwägung den Kindern mangels Risikobewusstseins nicht möglich. Hierfür fehlte es jedenfalls an einer basalen Kenntnis der wesentlichen, die Lebensgefährlichkeit des Verhaltens begründenden Umstände.
b) Aufsichtspflichtverletzung der Eltern
Auch wird der Zurechnungszusammenhang nicht durch die grobe Aufsichtspflichtverletzung der Mutter der drei Kinder unterbrochen. Die Aufsichtspflicht der Eltern soll die Kinder vor Gefahren schützen, die sich aus dem allgemeinen Lebensrisiko ergeben.
Die (hier durch die Baumaßnahmen am Teich hervorgerufenen) Gefahren gehen jedoch weit über das allgemeine Lebensrisiko hinaus. Mit einer solchen Gefahr konnten und mussten die Eltern nicht rechnen, vielmehr durften die Eltern sich darauf verlassen, dass die Gemeinde das überdurchschnittliche Risikopotenzial ihrer Parkanlage durch Sicherungsmaßnahmen abwendete.
III. Fazit
Die Entscheidung des LG Marburg zeigt sehr ausführlich Fragen der Verkehrssicherungspflichten von kommunalen Amtsträgern an öffentlichen Gewässern auf:
- Eröffnung des Badeverkehrs durch Gestaltung einer attraktiven Umgebung um den Teich,
- Teich in der Nähe des Dorfes,
- Duldung des Schwimmens,
- Unterstützung bei der Befestigung des Westufers durch Materialüberlassung,
- Keine Beseitigung der Gefahrenquelle Westufer: steile Böschung mit Bewuchs, für Kinder gefährliche Wassertiefe von 1,85 Metern,
- Unzureichend Beschilderung und Unterlassen der Absicherung des Teiches.
Weitere Informationen liefern folgende Schriften, die online abrufbar sind:
- Marc Lechleitner, Verkehrssicherungspflichten an kommunalen Badegewassern. Haftungsrisiken nach der geltenden Rechtslage. Mögliche Rechtsänderungen für Badestellen (Landtag Brandenburg, Parlamentarischer Beratungsdienst) 2020.
- Bayerisches Staatsministerium der Justiz, Leitfaden: Verkehrssicherungspflicht an Badegewässern, 2021.
Literaturhinweise:
[1] Badestege können besondere Verkehrssicherungspflichten auslösen, wenn das Gewässer im Bereich des Stegendes nicht über eine ausreichende Sprungtiefe verfügt. Wenn sich durch einen Kopfsprung ins zu seichte Wasser ein Kind (zwölf Jahre) bzw. ein junger Erwachsener verletzen, haftet die Kommune im Fall des verunglückten Erwachsenen nicht (OLG Brandenburg, Urt. v. 27.08.2013 – Az. 6 U 84/12), anders jedoch – aufgrund der besonderen Schutzbedürftigkeit und mangelnden Einsichtsfähigkeit – im Fall des verunglückten Kindes (OLG Brandenburg, Urt. v. 22.02.2006 – Az. 13 U 107/05).
[2] Das Folgende beruht auf: Bayerisches Staatsministerium der Justiz, Leitfaden: Verkehrssicherungspflicht an Badegewässern, 2021, S. 19 ff.
[3] BGH, Urt. v. 18.10.1988 – Az. VI ZR 94/88.