Sind bei Ihnen Fremdfirmen im Betrieb beschäftigt? Nein, denken Sie jetzt? Doch, was ist mit der Gebäudereinigung, mit der externen Dienstleistung des Sicherheitsdienstes oder mit der Kantine? Wie sieht es mit den externen Betreuern Ihrer IT-Systeme aus? Wer übernimmt die Revision Ihrer Anlagen oder Maschinen im Unternehmen? Wer macht den Grünschnitt auf dem Firmengelände? Wie Sie an diesem Punkt schon klar erkennen können, sind Fremdfirmeneinsätze im eigenen Unternehmen nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel. Dabei gibt es einige rechtliche Aspekte zu beachten.
Einsatz von Fremdfirmen im Betrieb vorbereiten
Wer Fremdfirmen beschäftigt, sollte sich Gedanken machen, wie man mit dem Thema Fremdfirmen im Betrieb umgeht. Auf die vielen Handwerksunternehmen, wie zum Beispiel Schlosser, Heizungsbauer oder Elektriker, die in Ihrem Unternehmen tätig werden können, sind wir noch gar nicht eingegangen. Auch wäre es durchaus denkbar, dass Ihr Unternehmen sich vergrößert, neue Produktionsplattformen aufgesetzt oder Maschinen und Anlagen modernisiert werden. Auch hier werden eine Vielzahl von Fremdfirmen tätig und arbeiten manchmal sogar zeitgleich.
Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeber
Aber zurück auf Null. Warum sollten mich Fremdfirmen im Betrieb interessieren? Gibt es rechtliche Anforderungen, die hier zu beachten sind? Man könnte meinen, das Thema sei für den Auftraggeber nicht relevant, da auch eine Fremdfirma die gesetzlichen Vorschriften wie das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) oder die DGUV Vorschrift 1 einhalten muss. Doch das ist ein Trugschluss. Denn im ArbSchG findet sich auch der § 8, dessen Überschrift lautet: „Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeber“. Verantwortlich nach dem ArbSchG ist der Arbeitgeber zunächst für die eigenen Beschäftigten. Doch muss er im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung (§ 5 ArbSchG, § 3 DGUV Vorschrift 1, § 3 BetrSichV, § 3 ArbStättV, § 6 GefStoffV) ermitteln, ob und inwiefern der Einsatz einer Fremdfirma zu Gefährdungen für die eigenen Mitarbeitenden führen kann. Ist dem so, wäre die Entscheidung, auf das Beauftragen der Fremdfirma zu verzichten und so – ganz wie es das ArbSchG vorsieht – die Gefahr an der Quelle zu bekämpfen, keine Lösung. Denn die einzukaufende Fremdleistung würde ohne eine Fremdfirma aller Voraussicht nach nicht abgearbeitet werden.
Nun ist zu überlegen, ob beim Einsatz einer Fremdfirma im Betrieb mehrere Arbeitgeber zusammenarbeiten. In § 8 ArbSchG ist dazu zu lesen: „Werden Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber an einem Arbeitsplatz tätig, sind die Arbeitgeber verpflichtet, bei der Durchführung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzbestimmungen zusammenzuarbeiten.“ Die gleiche Aussage ist sinngemäß in der DGUV Vorschrift 1 zu finden.
Mehrere Beschäftigte an einem Arbeitsplatz
Wie können wir für uns feststellen, ob es sich um eine Tätigkeit mehrerer Beschäftigter an einem Arbeitsplatz handelt, wenn eine Fremdfirma im Betrieb tätig ist? Wie haben wir einen Arbeitsplatz zu verstehen beziehungsweise einzugrenzen? Ein Blick in die Begriffsdefinition der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) kann helfen. Entsprechend § 2 Abs. 4 ArbStättV sind Arbeitsplätze „Bereiche, in denen Beschäftigte im Rahmen ihrer Arbeit tätig sind“. Dies umfasst damit z. B auch Baustellen und Montagestellen außerhalb des eigentlichen Betriebes. Damit hätten wir bei der Frage des Arbeitsplatzes schon mal Klarheit.
Nun ist noch offen, was unter „tätig werden“ zu verstehen ist. Dabei handelt es sich nicht darum, dass an einem Arbeitsplatz arbeitsteilig zusammengewirkt werden muss. Unter „tätig werden“ ist viel mehr zu verstehen, dass Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber an einem Arbeitsplatz tätig werden, wenn sich Tätigkeiten eines dieser Arbeitgeber auf Grund der räumlichen oder zeitlichen Nähe auf Beschäftigte eines anderen Arbeitgebers auswirken können. Zeitliche Nähe bedeutet nicht zwingend gleichzeitig! Es kann durchaus sein, dass Arbeitgeber A einen neuen Bodenbelag verlegt und Arbeitgeber B im Anschluss in diesem Raum weitere Arbeiten ausführt oder die eigenen Beschäftigten in diesem Raum ihre Arbeit wieder aufnehmen. Durch das Ausgasen des Klebstoffes beispielsweise, könnte nun eine Gefährdung der Beschäftigten des Arbeitgebers B oder der eigenen Beschäftigten bestehen. Denn besondere Gefährdungen aus den Tätigkeiten anderer Beschäftigter wirken trotz Beendigung der Arbeiten häufig nach. Das kann zum Beispiel bei Werkstoffprüfungen mit ionisierender Strahlung, beim Reinigen mit ätzenden Gefahrstoffen oder bei Ansammlung von Dämpfen von brennbaren Flüssigkeiten der Fall sein.
Die Arbeitgeber sind insofern auch dann zur arbeitsschutzrechtlichen Zusammenarbeit verpflichtet, wenn ein Teilwerk bereits fertig gestellt wurde wie der oben erwähnte Bodenbelag, aber noch keine Tapeten an der Wand angebracht sind. Der später hinzukommende Arbeitgeber muss darüber informiert sein, welche Arbeiten bereits geleistet wurden und welche Gefährdungen dadurch für die Sicherheit und Gesundheit der eigenen Beschäftigten entstehen können. Der Auftraggeber muss dafür sorgen, dass alle Auftragnehmer die erforderlichen Informationen über fortwirkende Gefahrenquellen erhalten. Diese Beispiele sollen zeigen, wie schnell man mit Fremdfirmen im Betrieb zu tun haben kann, ohne sich der Folgen stets bewusst zu sein. Wo liegt nun der Hebel für mehr Sicherheit im Unternehmen in einer solchen Situation?
Person mit Weisungsbefugnis
Laut DGUV Vorschrift 1 ist – soweit es zur Vermeidung einer möglichen gegenseitigen Gefährdung erforderlich ist – eine Person zu bestimmen, die die Arbeiten aufeinander abstimmt. Zur Abwehr besonderer Gefahren ist diese Person mit entsprechender Weisungsbefugnis auszustatten. Es gibt insofern einen kleinen inhaltlichen Unterschied zwischen der DGUV Vorschrift 1 und dem ArbSchG. Denn im ArbSchG ist die Weisungsbefugnis nicht erwähnt.
Wenn mehrere Arbeitgeber an einem Arbeitsplatz tätig sind, ist eine Person zu bestimmen, die gewisse Aufgaben rund um den Arbeits- und Gesundheitsschutz zu erfüllen hat. Nennen wir diese Person nun Fremdfirmenkoordinator. Warum ich ausgerechnet auf Koordinator komme, werde ich in den folgenden Zeilen erläutern. Nicht nur das ArbSchG oder die DGUV Vorschrift 1 fordern Maßnahmen, wenn wechselseitige Gefährdungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz zwischen den Beschäftigten mehrerer Unternehmen nicht ausgeschlossen werden können. Auch die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) nehmen Bezug auf die wechselseitige Gefährdung. Bei den Gefahrstoffen zeigt die Praxis, dass viele Unternehmen gar nicht wissen, welche Gefahrstoffe in welcher Menge mit in das Unternehmen gebracht werden und wo diese Gefahrstoffe dann wie gelagert und wie verarbeitet werden.
Fassen wir kurz zusammen, was bei Fremdfirmeneinsätzen im eigenen Unternehmen zu beachten ist. Laut ArbSchG sollen die Arbeitgeber zusammenarbeiten mit dem Ziel, gegenseitige Gefährdungen der Beschäftigten auszuschließen. In der DGUV Vorschrift 1 ist dann von einer Person die Rede, die festzusetzen ist. Diese Person hat die Aufgabe, die Arbeiten aufeinander abzustimmen. Zur Abwehr besonderer Gefahren ist diese Person mit entsprechender Weisungsbefugnis gegenüber den eigenen und den Fremdfirmenmitarbeitern auszustatten. In der BetrSichV ist von einem Koordinator die Rede, der durch die beteiligten Arbeitgeber schriftlich zu bestellen ist. Er führt und moderiert die Abstimmung der erforderlichen Schutzmaßnahmen zwischen den verschiedenen Arbeitgebern. Auch in der GefStoffV ist von einem Koordinator die Rede, der durch die beteiligten Arbeitgeber zu bestellen ist. Haben wir eine Person nach DGUV Vorschrift 1 bzw. ArbSchG bestellt, kann diese auch die Aufgaben gemäß BetrSichV und/oder GefStoffV übernehmen.
Fremdfirmenkoordinator nicht mit dem SiGeKo verwechseln
An dieser Stelle sei angemerkt, dass der Fremdfirmenkoordinator nicht mit dem Sicherheits- und Gesundheitskoordinator (SiGeKo) zu verwechseln ist. Der SiGeKo hat seine Rechtsgrundlage in der § 3 der Baustellenverordnung (BauStellV). Somit ist dieser nur erforderlich, wenn es sich um eine Baustelle gemäß BauStellV handelt, was beim Grünschnitt oder der Revision an einer Anlage nicht unbedingt gegeben ist. Handelt es sich aber um eine Baustelle, könnte ein SiGeKo durchaus auch die Rolle des Fremdfirmenkoordinators mit übernehmen. Eine weitere Möglichkeit aus der Praxis wäre es, den Bauleiter nach Landesbauordnung § 45 in Personalunion zum Fremdfirmenkoordinator für die Baustelle zu bestellen. Der Bauleiter hat im Rahmen seiner Aufgaben auf den sicheren bautechnischen Betrieb der Baustelle, insbesondere auf das gefahrlose Ineinandergreifen der Arbeiten der Unternehmer zu achten. Somit übernimmt er zum Teil Aufgaben, die auch der Fremdfirmenkoordinator zu erledigen hat. Hier könnten somit Synergien genutzt werden. Auf der anderen Seite kann eine andere Person als Fremdfirmenkoordinator für mehr Sicherheit sorgen, indem sich beide Akteure, Bauleiter und Fremdfirmenkoordinator, gemeinsam um Sicherheitsbelange kümmern. Hier den richtigen Weg zu finden, wird jedes Unternehmen für sich selbst entscheiden müssen.
Arbeitsschutzkontrollgesetz fordert schriftliches Abstimmen
Ab dem Jahr 2023 wird dem sogenannten Fremdfirmenkoordinator vermutlich einiges mehr an Aufmerksamkeit zugestanden werden. Hintergrund ist das Gesetz zur Verbesserung des Vollzugs im Arbeitsschutz (Arbeitsschutzkontrollgesetz) von Dezember 2020. Dort ist zu finden, dass im § 22 ArbSchG folgender Satz eingefügt wird: „Werden Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber an einem Arbeitsplatz tätig, kann die zuständige Behörde von den Arbeitgebern oder von den verantwortlichen Personen verlangen, dass das Ergebnis der Abstimmung über die zu treffenden Maßnahmen nach § 8 Absatz 1 schriftlich vorgelegt wird.“ Somit kann die Behörde sich das Ergebnis der Abstimmung unter den Arbeitgebern und die daraus abgeleiteten Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten schriftlich vorlegen lassen. Diese kleine Änderung im ArbSchG könnte eine große Wirkung für die kontrollierten Unternehmen entfalten, wenn diese das Ergebnis der Abstimmung nicht schriftlich vorlegen können.
Pflicht des Arbeitgebers für „fremde“ Beschäftigte
Abschließend ein Blick auf § 8, Absatz 2 ArbSchG. Hier nimmt das Arbeitsschutzgesetz meines Wissens nach das einzige Mal den Arbeitgeber in die Pflicht, etwas zu tun, was die Beschäftigten eines anderen Arbeitgebers betrifft. Es genügt nicht, eine Person schriftlich zu bestellen, die die Maßnahmen der Arbeitgeber koordiniert, sondern es heißt: „Der Arbeitgeber muß sich je nach Art der Tätigkeit vergewissern, daß die Beschäftigten anderer Arbeitgeber, die in seinem Betrieb tätig werden, hinsichtlich der Gefahren für ihre Sicherheit und Gesundheit während ihrer Tätigkeit in seinem Betrieb angemessene Anweisungen erhalten haben.“ Inhaltlich findet sich diese Aussage in § 6, Absatz 2 der DGUV Vorschrift 1.
Wie genau das Vergewissern auszusehen hat, ist nicht konkret festgelegt. Es kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht. Die einfachste Option wäre, die Fremdfirmenmitarbeiter stichprobenmäßig zu fragen, was sie denn tun müssen, wenn einer von ihnen verunfallt, wo sich der nächste Feuerlöscher befindet oder der Sammelplatz im Fall einer Alarmierung. Stellt sich heraus, dass die Fremdfirmenmitarbeiter die nötigen Informationen zum sicherheitsgerechten Verhalten im Fremdunternehmen erhalten haben und motiviert sind, diese umzusetzen, ist dies zu dokumentieren, um zu belegen, dass man der Aufgabe aus dem ArbSchG nachgekommen ist.
Oft taucht die Frage auf, wie die Forderung nach einem Fremdfirmenkoordinator am besten im Unternehmen umzusetzen ist. Denn auch wenn Vorgesetzte anhand der entsprechenden Paragrafen auf die Pflicht hingewiesen werden, kann es an Unterstützung zur Umsetzung im Unternehmen fehlen. Dann könnte helfen, wenn im Unternehmen ein Arbeitsschutzmanagementsystem implementiert ist. In der DIN ISO 45001 geht es unter Punkt 4.2 um das Verstehen der Erfordernisse und Erwartungen von Beschäftigten und anderen interessierten Parteien. Eine andere interessierte Partei könnte zum Beispiel die Fremdfirma darstellen. Aber auch die eigenen Beschäftigten haben ein Interesse daran, durch Beschäftigte einer Fremdfirma nicht gefährdet zu werden. Bei Punkt 7.4.2 der DIN ISO 45001 („Interne Kommunikation“) und 7.4.3 („Externe Kommunikation“) kann man die Einweisung der Fremdfirma, das Bekanntmachen des Fremdfirmenkoordinators inklusive seiner Weisungsbefugnis als einen festen Prozess des Managementsystems fixieren. Da die Geschäftsführung sich dem Managementsystem verpflichtet hat, kann man eine solche Argumentation bei der Einführung eines Fremdfirmenkoordinators nutzen.